Sorgt der Kostendruck für Bussausfälle ?

Kaum schneit es ein paar Flocken mehr als normal, fahren seit Inkrafttreten der neuen Winterreifenpflicht keiner Busse mehr. Nicht nur hier in den Höhenlagen von Rheinland-Pfalz ist das so. In ganz Deutschland blieben Busse in den Garagen. Andere Gegenden Europas (Österreich/Schweiz/Italien/Frankreich) würden sich glücklich schätzen, mit solch "relativ normalen" Schneemengen, wie hier in der Eifel zurecht kommen zu müssen. Bei unseren Nachbarn sind sämtliche Busse auf allen Achsen mit Winterreifen ausgerüstet. So einfach ist das!

Sie haben es sicherlich bereits gehört, dass heute am Donnerstagmorgen (09.12.) viele Schul- und Kindergartenkinder nicht transportiert worden sind. In den Radionachrichten hieß es heute Morgen ungefähr: "….Busse seien nicht vollständig mit Winterreifen ausgestattet und müssten deshalb stehen bleiben. Die Meldung kam aber nur einmal. Warum wohl?     

Rhein-Mosel-Bus (RMV), ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG hatte heute am 9.12.2010 auf seiner Internetseite gemeldet:

„Sicherheit geht vor! –  Heute wird kein Schüler- und Linienverkehr in Hunsrück, Westerwald und Eifel gefahren. Wir gehen davon aus, dass die Straßen im Laufe des Vormittags frei geräumt werden und der normale Busbetrieb dann wieder rollen wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden“.

Auf den ersten Blick betrachtet hat RMV sicherlich alles richtig gemacht. Auf den zweiten Blick muss kann man aber auch hinterfragen, ob RMV vielleicht gar nichts anderes übrig blieb. Warum? – können wir nur vermuten. Möglicherweise gibt es hier eine Grauzone.    

Fakt ist, Ende November 2010 hat der Bundesrat einer Neufassung von § 2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung zugestimmt, um die Winterreifenpflicht gesetzlich abzusichern. Demnach dürfen ab sofort PKWs und Krafträder bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte auf allen Achsen nur mit Winterreifen gefahren werden, welche die Anforderungen einer EU-Richtlinie von 1992 erfüllen (sogenannte “M+S -Reifen”, “M+S” steht für “Matsch und Schnee”, oder darüber hinaus über das „Schneeflocken-Symbol“ verfügen).

Ausnahmeregelung für Busse und LKWs

Ausgerechnet bei Bussen und Lkw (über 3,5 Tonnen) hat der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung geschaffen. Sicherlich auf Druck der Transportgewerbe-Lobby hat der Gesetzgeber zurückrudert.  Kaum zu glauben: Busse mit mehr als acht Sitzplätzen und LKWs über 3,5 Tonnen sieht der Bundesrat als besonders wintertauglich an. Bei diesen Fahrzeugen müssen als Mindestanforderung nur auf den Antriebsachsen Winterreifen montiert werden.

Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft sind sogar von der Winterreifenpflicht komplett ausgenommen. Das Gleiche gilt auch für Fahrzeuge von Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz, soweit für sie bauartbedingt keine “M+S” Reifen erhältlich sind.

Das heißt also, wer Geld spart und nur die Antriebsachsen mit Winterreifen bestückt, bleibt besser stehen wenn es schneit, weil er sonst mit Strafen rechnen muss. Genau diese Situation scheint jetzt der Fall zu sein.    

Eifel-Zeitung fragt nach

Wir sind der Meinung: Wer die Verpflichtung eingeht und Geld damit verdient, Personen – insbesondere Kindergarten- und Schulkinder in der Eifel oder sonst wo – im Linienverkehr zu befördern, sollte seine Busse nicht nur auf der Antriebsachse mit Winterreifen ausstatten und bei "etwas" Schneefall mit dem Vorwand  „Sicherheit geht vor!“ den Linienverkehr einstellen. Der eigentliche Grund könnte auch ein ganz anderer sein. Wollte man vielleicht von einer unzureichenden Winterausrüstung der Busse ablenken? Wohlgemerkt: die Gesetzesanforderungen umschreibt nur die Winter-Mindestausstattung für Busse und LKWs.

Bei Schnee, Matsch und Eis, also bei widrigen Straßenverhältnissen ist es für die Verkehrssicherheit dringend geboten, insbesondere Busse auf allen Achsen mit spezieller Winterbereifung auszustatten. Während Autofahrer ihre PKWs laut Gesetzgeber mit vier Winterreifen ausrüsten müssen, sieht es im gewerblichen Personen- und Güterverkehr ganz anders aus. Dies könnte sicherlich auch an dem verschärften Kostendruck im Transportgewerbe liegen. Auf jeden Fall liegt es am Geld. Dem Transportgewerbe hat also die Politik die Möglichkeit gelassen, Geld zu sparen – möglicherweise auf Kosten von Menschenleben – dank hervorragender Lobbyarbeit!  

Die Eifel-Zeitung hat heute Morgen (09.12.2010) bei RMV Rhein-Mosel Verkehrsgesellschaft mbH in Koblenz und beim Verkehrsverbund Region Trier GmbH (VRT) nachgefragt. Eine Antwort liegt uns leider immer noch nicht vor.

Die vielen besorgten Eltern, die uns heute Morgen in der Redaktion angerufen haben wollen wissen, ob tatsächlich Busse zur Beförderung von Kindergarten- und Schulkindern in der Eifel eingesetzt werden, die nur auf den Antriebsachsen mit Winterreifen ausgestattet sind.Dass wir bisher keine Antwort bekamen, lässt vermuten, dass dies es so ist.   

Fakt ist aber auch, dass der neue § 2 Abs.3a StVO lediglich eine Verhaltensvorschrift ist; schreibt also keine bestimmte Ausrüstung für einen bestimmten Zeitraum vor. Man darf bei widrigen Straßenverhältnissen – das Gesetz nennt Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte – eben nicht fahren, wenn die dafür vorgeschriebene Bereifung fehlt. Deshalb kann beispielsweise auf eine Winterbereifung problemlos verzichten, wer sein Auto bei Schnee und Eis notfalls auch stehen lassen kann. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für Busse und LKWs.

Ob diese Verhaltensvorschrift allerdings im Einklang mit der Verpflichtung steht, Kindergarten- und Schulkinder zu transportieren, ist zumindest moralisch eher fraglich. Schließlich werden diese Personenbeförderungen stark subventioniert. Man kann nicht nur kassieren, man muss auch genügend investieren.

Wer kontrolliert eigentlich die Busse? Was passiert eigentlich, wenn ein Buss nur teilweise mit Winterbereifung ausgerüstet, verunglückt? Bekommt der Fahrer oder Unternehmer nur eine Teilschuld?   

Die Verantwortlichen sollten sich mal ernsthaft Gedanken machen !

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