Regierungserklärung: Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Gemeinsam bauen wir nachhaltig und zukunftsstark wieder auf – 2 Jahre nach der Flut gibt es viele große und kleine Lichtblicke

Ministerpräsidentin Malu Dreyer, RLP

Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat in ihrer Regierungserklärung im rheinland-pfälzischen Landtag anlässlich des zweiten Jahrestages der verheerenden Flutkatastrophe vom Juli 2021 der Flutopfer gedacht: „Unsere Gedanken sind auch heute bei den 136 Toten und bei allen, die durch die Wassermassen ihre Liebsten, ihr Zuhause oder ihren Betrieb verloren haben. Wir alle kannten schwere Hochwasser und haben auf der Grundlage jahrzehntelanger Erfahrungen gehandelt. Aber eine bis zu zehn Meter hohe Flutwelle, die zerstört hat, was über Jahrhunderte aufgebaut wurde, die hat sich niemand vorstellen können.“ Sie stellte in ihrer Rede heraus: „Als Ministerpräsidentin habe ich versprochen, dass das Land die Betroffenen zu keiner Zeit vergisst. Dieses Versprechen leitet uns.“

Zwei Jahre nach dieser Katastrophe sei das Ahrtal die größte Baustelle Deutschlands, das zeige die gigantische Dimension des Wiederaufbaus, so die Ministerpräsidentin weiter: „Unser Ziel ist ganz klar: Gemeinsam mit den Gemeinden, den Städten, den Landkreisen, den Menschen vor Ort sowie vielen Helfern und Helferinnen bauen wir das Ahrtal und die betroffenen Gebiete in der Eifel und der Region Trier nachhaltig und zukunftsstark wieder auf.“

Die Ministerpräsidentin dankte den vielen Helfenden im Ahrtal von Herzen und äußerte ihre „größte Hochachtung vor jedem Einzelnen, der nach den traumatischen Erlebnissen dieser Nacht den Lebensmut gefunden hat, einen neuen Anfang zu wagen“. Sie sehe aber auch diejenigen, die die Kraft zum Wiederaufbau noch nicht hätten. „Um die seelischen Wunden zu heilen, die die Flutnacht gerissen hat, bleibt unser Traumahilfezentrum eine wichtige Anlaufstelle. Wir werden als Land weiter alle Anstrengungen unternehmen, um gute Angebote für die Hilfesuchenden zu schaffen. Dabei haben wir von Anfang an eng mit den Hilfsorganisationen zusammengearbeitet und ich will hier ausdrücklich denen danken, die erklärt haben, dass sie ihre Arbeit fortsetzen werden.“

Die Ministerpräsidentin erläuterte, dass der Wiederaufbau im Ahrtal bereits viele kleine und große Lichtblicke hervorgebracht habe: „Entgegen der Sorge, dass die Menschen das Ahrtal verlassen würden, überwiegt eine beispiellose Heimatliebe. Einer Untersuchung der Handwerkskammer Koblenz zufolge gibt es heute im Landkreis Ahrweiler sogar 400 Handwerksbetriebe mehr als im Jahr vor der Flut.“ Auch die Tatkraft der Winzerbetriebe im Ahrtal sei bewundernswert.

„Zwei Jahre nach der Flut sind wichtige Brücken und Straßen wieder befahrbar, viele Rathäuser und Ämter sind saniert, die Wochenmärkte neu belebt“, erläuterte die Ministerpräsidentin. Auch die völlig zerstörte „Tallinie“, die 30.000 Menschen mit Wasser, Abwasser, Gas und Strom versorgt habe, sei nun zwischen Insul und Ahrbrück wiederhergestellt. Ein neues Teilstück des Ahr-Radwegs verlaufe jetzt einige Meter vom Flussbett entfernt und „unter dem Asphalt hochwassersicher die neue Versorgungstrasse mit Leitungen, die das Ahrtal später sogar einmal mit klimaneutraler Energie wie Wasserstoff versorgen können.“ Auch die Stromversorgung im Ahrtal werde von den Netzbetreibern auf die Zukunft hin ausgerichtet. Die künftige Energieinfrastruktur berücksichtige den erhöhten Strombedarf zum Beispiel für Wärmepumpen, Energiespeicher oder Elektromobilität. Zudem werde der Ausbau des Glasfasernetzes intensiv vorangetrieben: „Ziel ist es, über 22.000 Haushalte im Flutgebiet von Rheinland-Pfalz an das Glasfasernetz anzuschließen“, informierte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Die Ministerpräsidentin unterstrich auch die große Bedeutung des Tourismus: „Ganz wichtig ist jetzt, dass wieder sehr viel mehr Gäste ins Tal kommen. Das ist für die Region ein zentraler Wirtschaftsfaktor, aber auch ein großes Zeichen der Zuversicht.“ Mittlerweile könnten 60 Prozent der Betten bereits wieder angeboten werden. Zum ersten Mal sei es gelungen, ein gemeinsames Tourismuskonzept für das gesamte Ahrtal zu erreichen. Das „Nachhaltige Tourismuskonzept 2023“ sei ein wichtiger Meilenstein für die ganze Region.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer zeigte auch Verständnis für diejenigen, denen es trotzdem noch zu langsam gehe. Nicht alles liege in der Entscheidungshoheit des Landes. „Aber ich sage ganz klar: Wir nutzen unsere vorhandenen Spielräume und treten wo immer möglich für Vereinfachungen der Verfahren ein.“ So konnte bei der Bundesregierung bereits erreicht werden, dass die Antragsfrist für Hilfen aus dem Wiederaufbaufonds bis Ende Juni 2026 verlängert wurde. Darüber hinaus wurden die Vergaberichtlinien durch das Land und den Bund vereinfacht. Und: „Bereits kurz nachdem auf Bundesebene eine Änderung des Baugesetzes im Hinblick auf Katastrophenfälle in Kraft getreten ist, hat mein Kabinett gestern die entsprechende Länderverordnung beschlossen. Sie wird in den Kommunen im Ahrtal die Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen beschleunigen und vereinfachen.“ Die Landesregierung unterstüze auch den Wunsch der Kommunen, dass künftige energetische Standards – wie sie etwa durch das Gebäudeenergiegesetz geschaffen werden – förderfähig sein sollten. „Ich werde mich gegenüber der Bundesregierung dafür einsetzen, dass entsprechende Investitionen aus dem Wiederaufbaufonds finanziert werden können“, sagte die Ministerpräsidentin.

Nicht zuletzt sei es immens wichtig, aus den Ereignissen der Flutnacht die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen. „Wir werden zum 1. Januar 2025 ein Landesamt für den Brand- und Katastrophenschutz schaffen, das direkt dem Innenministerium unterstellt ist.“ Mit dem Aufbau sei bereits begonnen worden. Herzstück werde ein rund um die Uhr besetztes „Lagezentrum Brand- und Katastrophenschutz“ bilden. Zudem habe das Land ein Sonderförderprogramm für geländegängige Einsatzfahrzeuge beschlossen. „Und wir investieren über 30 Millionen Euro in zwei technisch exzellent ausgerüstete Polizeihubschrauber, die nicht nur eine Personenrettung mittels Rettungswinde ermöglichen, sondern auch fast doppelt so viel Wasser zum Löschen von Waldbränden transportieren können wie bisher“, erläuterte die Ministerpräsidentin. „Alle staatlichen Ebenen müssen ihren Beitrag zur Verbesserung des Katastrophenschutzes leisten. Das gilt für den Bund, für das Land und die Kommunen.“

Damit ein Extremwetterereignis nicht zu einer Katastrophe werde, stelle man auch den Hochwasserschutz im Tal zukunftsfähig auf. Das bedeute vor allem, der Ahr und ihren Zuflüssen mehr Raum zu geben. Damit ein effektiver Hochwasserschutz gelingen kann, stimmten sich die Kommunen im gesamten Ahrtal im Zweckverband Hochwasserschutz ab. „Als wichtiger Meilenstein wird derzeit ein Konzept zur Gewässerwiederherstellung im gesamten Kreis Ahrweiler umgesetzt“, erläuterte die Ministerpräsidentin.

Zu den Finanzmitteln für den Wiederaufbau versicherte die Ministerpräsidentin abschließend: „Die notwendigen Mittel stehen bereit und werden kontinuierlich ausgezahlt. Zukunftsaufgaben, die nicht von der Wiederaufbauhilfe gedeckt sind, wie etwa die Elektrifizierung der Ahrtalbahn, unterstützen wir direkt aus dem Landeshaushalt. Über 212 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt wurden alleine in 2021 und 2022 in Verbindung mit der Flutkatastrophe ausgegeben. Im mittleren Ahrtal, wo die Zerstörungen besonders groß waren, fördern wir den klimagerechten, zukunftsgerichteten Wiederaufbau ganzer Dörfer. Zusätzlich wird das Land jetzt die ehrenamtlichen Ortsbürgermeister und Ortsbürgermeisterinnen mit Kommunalkoordinatoren und -koordinatorinnen unterstützen.“

Bei der Kabinettssitzung im Ahrtal vergangene Woche wurde zudem beschlossen, den Kommunen bei der Vorfinanzierung des Wiederaufbaus noch stärker zu helfen. Bei der Bewilligung von Maßnahmen aus dem kommunalen Wiederaufbau wird das Land künftig einen Abschlag von bis zu 30 Prozent im Voraus leisten und damit wesentlich dazu beitragen, dass die kommunale Liquidität erhalten bleibt.

 

 

 

 

 

 

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