Politik anerkennt CO2-Neutralität holziger Biomasse

von Prof. a.d. Roland Irslinger, Tübingen, und Prof. Ernst-Detlef Schulze, Jena

Wiederholt wurden an Politiker sognannte „Scientist Letter“ gerichtet, die sich mit Bioenergie aus Holz befassen. Meist wird gefordert, die Nutzung von holziger Biomasse für energetische Zwecke einzustellen und dem Holz die CO2-Neutralität abzuerkennen. Dabei muss man trennen zwischen Holz aus nachhaltiger und Holz aus nicht nachhaltiger Forstwirtschaft. Wir wollen erläutern, warum Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft CO2-neutral ist und warum dies auch politisch anerkannt bleiben muss.

In nachhaltig bewirtschafteten Wäldern ist die Summe aus Nutzung und Kalamitäten dauerhaft kleiner als der Zuwachs, der Holzvorrat steigt trotz Nutzung langsam an. In Europa insgesamt und in allen europäischen Staaten sind die Holzvorräte in den letzten Jahrzehnten trotz Nutzung weiter gewachsen. Nachhaltige Nutzung von Holz führt zu keinem zusätzlichen Holzeinschlag. Es kann aber sein, dass die zulässigen Einschläge nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken.

Bäume konkurrieren um Licht, Waldpflege regelt die Konkurrenz zwischen den Bäumen, so dass bewirtschaftete Wälder schneller wachsen als unbewirtschaftete Wälder. Ungenutzte Wälder haben keine höheren Vorräte als genutzte, denn der Wirtschaftswald hat höhere Zuwächse, jüngere Wälder nehmen jährlich mehr CO2 aus der Atmosphäre auf als alte. Die bei der Holzernte entnommene Biomasse wird durch das beschleunigte Wachstum der verbleibenden Bäume mehr als kompensiert.

Es wird behauptet, der Kohlenstoff gefällter Bäume würde erst nach Jahrzehnten im nachwachsenden Wald wieder gebunden. Dadurch würde eine sog. Kohlenstoffschuld entstehen, die klimaschädlich sei.

Diese Argumentation geht an der Realität vorbei, denn es werden in einer Waldlandschaft jedes Jahr nur 1% der Bäume gefällt, 99% aber wachsen weiter und binden den Kohlenstoff bereits nach wenigen Monaten wieder vollständig. Wenn Holzvorräte dauerhaft auf gleicher Höhe bleiben oder sogar steigen, gibt es keine Kohlenstoffschuld. Die durchschnittlichen und maximalen Vorräte sind in Deutschland nicht unterschiedlich zwischen bewirtschaftetem und nichtbewirtschaftetem Wald. Pellets oder Hackschnitzel aus nachhaltiger Waldwirtschaft heizen den Klimawandel nicht an, sondern sind ein unentbehrlicher Beitrag zur Energiewende!

Manche argumentieren, Holz würde wegen seiner geringen Energiedichte höhere CO2-Emissionen verursachen als Heizöl oder Gas. Deshalb sei Heizen mit Holz schlechter für das Klima. Der im Holz enthaltene Kohlenstoff ist aber im Unterschied zum Kohlenstoff in fossilen Energieträgern Teil des atmosphärisch-biosphärischen Kreislaufs, unabhängig davon, ob wir das Holz energetisch nutzen oder nicht. Würden wir Wälder nicht mehr nutzen, würde Totholz im Wald verrotten und dieselbe

Menge CO2 freisetzen, genauso schnell, wie wenn wir das Holz nutzen. Bei nachhaltiger Waldwirtschaft ist dieser Kreislauf intakt. Die Heizung mit Holz ist im ländlichen Raum weit verbreitet. In der EU gibt es mehr als 10 Millionen Waldeigentümer mit einem Besitz von weniger als 5 ha. Diese Eigentümer nutzen den Wald zum Heizen und verbrauchen keine fossilen Brennstoffe.

Ziel nachhaltiger Waldwirtschaft ist die Produktion von qualitativ hochwertigem Holz, um daraus Produkte, z. B. Möbel oder Häuser, herzustellen. Dicke, qualitativ gut geformte Stämme eignen sich dafür am besten. Wälder müssen deshalb gepflegt werden, um hochwertiges Holz ernten zu können. Dabei fallen aber auch Sortimente an, die stofflich nicht verwertet werden können. Dieses Waldrestholz sowie Holzreste, wie Sägespäne, die im Zuge der Holzbe- und -verarbeitung sowie Produktherstellung anfallen, sollten energetisch verwertet werden. Ebenso das Altholz der Produkte am Ende ihrer Lebensdauer.

Ziel der nachhaltigen Forstwirtschaft ist es primär nicht, Bäume zu fällen, um sie dann zu verbrennen, sondern möglichst hochwertige Produkte zu herzustellen und die in der Forst- und Holzwirtschaft anfallenden Rest- und Nebenprodukte sowie stofflich nicht sinnvoll verwertbare Holzsortimente energetisch zu nutzen. Bei der Herstellung von Produkten aus Holz anstatt aus Stahl, Alu, Glas oder Beton werden fossile CO2-Emissionen vermieden. Jeder m3 geerntetes Holz vermeidet davon etwa 1 Tonne, in der EU-27 werden dadurch jährlich etwa 500 Mio. Tonnen fossile CO2-Emissionen vermieden! Deshalb sind wir der Meinung, dass primäre Holz-Biomasse zwar prioritär einer stofflichen Nutzung zugeführt werden soll. Aber stofflich nicht verwertbares Holz sollte energetisch genutzt werden.

Die Holzvorräte sind in vielen Ländern der EU so hoch, dass sie nahe ihrer natürlichen Sättigung liegen. In diesen Fällen ist es kontraproduktiv, Wälder aus der Nutzung zu nehmen, um noch mehr Kohlenstoff anzureichern. Denn mit zunehmendem Alter wächst das Risiko, dass durch Dürre und Hitze der gespeicherte Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre gelangt. Das wäre nicht nachhaltig! Wir halten es für weitaus sinnvoller, Wälder nachhaltig zu pflegen, das Holz für Produkte und Energie zu nutzen und die Resilienz der Wälder aktiv zu steigern.

Wälder großflächig aus der Nutzung zu nehmen, hat keine Vorteile für die Biodiversität, weil Europas Wälder Teil der Kulturlandschaft sind. Nachhaltig genutzte Wälder haben eine größere Strukturvielfalt als ungenutzte. Die meisten geschützten und gefährdeten Pflanzenarten und die Arten, für die eine Nation Verantwortung übernimmt, sind krautige Arten, und die benötigen Licht. So kommt die prioritäre Art von Natura 2000, der Frauenschuh, vor allem im Wirtschaftswald vor. Die Waldarten, die sowohl geschützt als auch gefährdet sind und für die Verantwortung besteht, haben ihre Hauptvorkommen im Wirtschaftswald. Wir sollten versuchen, die Strukturvielfalt der europäischen Wälder aktiv zu pflegen, um biotopzerstörende Holzimporte zu reduzieren. Wir fordern die Politik auf, die CO2-Neutralität von Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung weiterhin anzuerkennen, um eine klimafreundliche Versorgung mit dem heimischen Rohstoff Holz, z.B. durch Climate Smart Forest Management, zu ermöglichen.

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