Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz mahnt erneut hohe Gesamtverschuldung der Landesregierung an

Finanzieller Gestaltungsspielraum des Landes durch überdurchschnittlich hohe Verschuldung und Zinsbelastung weiterhin eingeschränkt

„Die Haushalts- und Finanzlage des Landes bleibt infolge der überdurchschnittlich hohen Verschuldung und der damit zusammenhängenden Zins- und Tilgungsleistungen weiterhin angespannt“, stellte Klaus P. Behnke, Präsident des Rechnungshofs, bei der Veröffentlichung des aktuellen Jahresberichts fest. „Trotz eines nochmals deutlich verbesserten Steueraufkommens und eines historisch niedrigen Zinsniveaus reichten die Eigenfinanzierungsmittel im Haushaltsjahr 2015, für das die Landesregierung Entlastung beantragt hat, nicht zur Deckung aller Ausgaben aus. Zur Sicherstellung des Haushaltsausgleichs mussten neue Schulden von 568 Mio. € für den Kernhaushalt und 80 Mio. € für die Landesbetriebe aufgenommen werden. Dadurch stieg die Gesamtverschuldung auf ihren bisher höchsten Stand von 38,1 Mrd. Euro.“

Folgende Rechnungsergebnisse und Ländervergleiche verdeutlichen die angespannte Haushaltssituation:

– Der Überschuss der laufenden Rechnung von 417 Mio. € (Saldo der konsumtiven Einnahmen und Ausgaben) deckte lediglich 28 % der Investitionsausgaben einschließlich der ihnen zugeordneten Zuführungen an den Pensionsfonds.

– Die Kreditfinanzierungsquote (Anteil der Fremdfinanzierung) lag mit 3,6 % deutlich über dem Durchschnittswert der anderen Flächen-länder (0,2 %). Nur das Saarland wies eine höhere Quote auf. Sieben Länder glichen ihre Haushalte ohne neue Kredite aus und verringerten zum Teil ihren Schuldenstand.

– Die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes überstieg mit 7.971 € den Durchschnitt der anderen Flächenländer (5.671 €) um 40,6 %. Höhere Belastungen als Rheinland-Pfalz wiesen nur das Saarland, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt auf. Letztere erhalten Konsolidierungshilfen vom Bund und von den Ländern.

– Die Zinsausgaben des Landes verringerten sich zwar 2015 gegen-über dem Vorjahr um fast 14 % auf 820 Mio. €. Dennoch waren sie im Ländervergleich hoch. Mit 204 € je Einwohner lagen sie um mehr als 29 % über dem Durchschnittswert aller anderen Flächenländer (157 € je Einwohner).

– Der Anteil der Investitionsausgaben an den bereinigten Gesamtaus-gaben (Investitionsquote) betrug in Rheinland-Pfalz 9,5 %. Damit wurde der Durchschnittswert der anderen Flächenländer lediglich um 0,3 Prozentpunkte unterschritten. Wären allerdings die Zuführungen an den Pensionsfonds entsprechend der Praxis anderer Länder nicht als Investitionen, sondern als besondere Finanzierungsausgaben gewertet worden, hätte die Investitionsquote lediglich 6,1 % betragen. Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der über die Landesbetriebe abgewickelten Investitionen wäre der vor-genannte Durchschnittswert nicht erreicht worden.

– Das strukturelle Defizit belief sich Ende 2015 noch auf 234 Mio. €. Damit wurde sowohl der Planansatz als auch der festgelegte lineare Abbaupfad deutlich unterschritten. Zu diesem Ergebnis trugen Zuwächse bei den als konjunkturneutral bewerteten Steuereinnahmen, das niedrige Zinsniveau und ein moderater Anstieg der Personal-ausgaben bei.

Um den Haushalt entsprechend der neuen Schuldenregel bis spätestens 2020 strukturell auszugleichen und darüber hinaus einen „Sicherheitspuffer“ von 188 Mio. € zu realisieren, müssen nach den Ausführungen der Landesregierung in der aktuellen Finanzplanung in den Jahren 2017 bis 2020 Konsolidierungsbeiträge von 440 Mio. € erwirtschaftet werden. Davon ist ein Handlungsbedarf von 160 Mio. € noch nicht mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Dieser soll im Doppelhaus-halt 2019/2020 umgesetzt werden.

Nach dem vor einigen Tagen bekanntgegebenen vorläufigen Rechnungsergebnis schloss das Haushaltsjahr 2016 auch infolge hoher Steuereinnahmen mit einem „Plus“ ab, das heißt mit einer Netto-Tilgung von 322 Mio. €. Somit konnte der Gesamtschuldenstand des Landes erstmals seit 1969 verringert werden.

Präsident Behnke: „Der Rechnungshof begrüßt es, dass der Finanzierungsüberschuss 2016 zur Tilgung von Schulden und nicht zur Finanzierung neuer Aufgaben verwendet wird. Allerdings sollten das vorläufige Abschlussergebnis 2016 und die derzeitigen günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zum Anlass genommen werden, mit den Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung nachzulassen. Neben dem vollständigen Abbau des strukturellen Defizits steht das Land auch vor der Herausforderung, einem weiter steigenden Investitions- und Unterhaltungsstau im Bereich des öffentlichen Sachvermögens entgegen-zuwirken. Denn das Unterlassen von notwendigen Investitionen stellt ebenso wie die Verschuldung ein Risiko für die öffentlichen Haushalte dar.“

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