Gemeinsame Stellungnahme zur Debatte im Bundestag über die Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidhilfe

Trier – Am heutigen Donnerstag, 6. Juli, haben sich die Mitglieder des Deutschen Bundestags nach Jahren teils intensiver Diskussion – insbesondere nach der Aufhebung der gesetzlichen Regelung aus dem Jahr 2015 durch das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2020 – mit Gesetzesentwürfen zur Neuregelung der Suizidassistenz befasst. Keiner der beiden Entwürfe fand die notwendige Mehrheit. Damit bleibt die Situation bis auf Weiteres ungeregelt.

Aus diesem Anlass stellen wir fest: Auch in katholischen Einrichtungen sind die Mitarbeitenden immer wieder mit dem Wunsch nach einem begleiteten Suizid konfrontiert. Zusammen mit den Trägern zahlreicher katholischer Gesundheits- und Sozialeinrichtungen im Bistum Trier weist die katholische Kirche und ihre Caritas seit Jahren auf die wachsende Bedeutung der Hospize und die Notwendigkeit des Ausbaus der palliativen Versorgung hin. Wir als Kirche treten weiterhin gegen aktive Sterbehilfe ein. Dazu gehört auch die Ablehnung von organisierter oder geschäftsmäßiger Assistenz zum Suizid.

Die Lebensumstände, die zu einem Suizidwunsch führen, sind sehr unterschiedlich. Häufig wird der Wunsch nach Selbsttötung bei Patient*innen in ausweglosen Situationen geäußert, etwa bei nicht behandelbaren Krebserkrankungen und bei chronischen Schmerzen. Aber auch Einsamkeit, Lebensmüdigkeit oder Lebensüberdruss spielen eine Rolle. Gleichfalls kann der Wunsch nach Selbsttötung bei psychischen Erkrankungen, etwa bei Depressionen, auftreten. Dieser Wunsch ist ernst zu nehmen. Daher ist eine offene und respektvolle Kommunikation über einen solchen Wunsch unverzichtbar.

Dem Lebensschutz verpflichtet

Das christliche Verständnis von Mensch und Welt ist geprägt von einer fundamentalen Kultur der Lebensbejahung, in der die personale Freiheit, Selbstbestimmung, Nächstenliebe und Verantwortung vor Gott eine zentrale Rolle spielen. Auf dieser Grundlage sind Einrichtungen katholischer Träger dem Lebensschutz verpflichtet. Dabei kommt Menschen, die besonders verletzlich sind, eine besondere Achtung zu.

Dazu ist es notwendig, die Angebote der stationären und ambulanten Palliativ- und Hospizversorgung, der Seelsorge sowie Angebote einer psychosozialen Beratung und einer psychiatrischen Behandlung in den katholischen Einrichtungen konsequent weiter zu etablieren und auszubauen. Es geht um Suizidprävention und um die Entfaltung und Entwicklung einer christlichen Kultur des Sterbens. Das umfasst die Förderung eines möglichst selbstbestimmten Lebens der Patient*innen bzw. Bewohner*innen ebenso wie die Förderung einer palliativen Kultur, die in den Einrichtungen und Diensten auch für die Angehörigen der Schwerstkranken und Sterbenden Sorge trägt, nicht zuletzt auch durch eine Trauerbegleitung.

Übersicht über palliative Angebote im Bistum Trier

Im Rahmen eines mehrjährigen Projektes wurden dazu bereits Handlungsvorschläge erarbeitet; der Ergebnisbericht ist einsehbar unter Hospiz & Palliativ (caritas-trier.de). Nach Abschluss des Projektes “Hospiz- und Palliativkultur in katholischen Einrichtungen und Diensten des Gesundheits- und Sozialwesens im Bistum Trier” im November 2022 wurde eine Karte erarbeitet mit einer Übersicht der palliativen Angebote im Bistum Trier; sie ist unter https://www.bistum-trier.de/hilfe-soziales/begleitung-am-lebensende/ zu finden. Denn als Kirche sind wir in diesem Bereich dann glaubwürdig, wenn in unseren Einrichtungen eine christliche Kultur des Sterbens durch konkrete Angebote und Maßnahmen gelebt wird und spürbar ist.

Den Staat sehen wir in der Pflicht, die Suizidprävention gezielt zu stärken. Deshalb begrüßen wir das Vorhaben des Parlaments, die Suizidprävention gesetzlich zu stärken. Hilfe zur Unterstützung in kritischen Lebens- und Krankheitssituationen muss leichter sein als Hilfe zur Selbsttötung. Das erfordert entsprechende Strukturen und eine auskömmliche Finanzierung. Das gleiche gilt für den Ausbau hospizlicher und palliativer Angebote.

Trier, 6. Juli 2023

 Bischof Dr. Stephan Ackermann, Bistum Trier

Domkapitular Benedikt Welter, Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbands Trier

 

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