Freie Wähler: Abschlussbericht zur Flutkatastrophe verzögert sich

Stephan Wefelscheid, Obmann FREIE WÄHLER im Untersuchungsausschuss „Flutkatastrophe“ und Parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion.

Koblenz. Der Abschlussbericht des Landtags-Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe wird sich voraussichtlich wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft verzögern. Die Koblenzer Behörde hatte vergangene Woche mitgeteilt, bei ihren Ermittlungen gegen den ehemaligen Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und einen Mitarbeiter noch einen Experten für Bevölkerungsschutz mit einem Gutachten beauftragt zu haben. Der Berliner Professor für Führung im Bevölkerungsschutz, Dominic Gißler, solle das Gutachten bis zum Herbst vorlegen. Das Ergebnis von Gißlers Gutachten für die Staatsanwaltschaft müsse der Untersuchungsausschuss vor dem Abschlussbericht kennen, sagte der Obmann der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, am Mittwoch in Mainz.

Gißler hatte bereits im Untersuchungsausschuss zu ähnlichen Fragestellungen als Sachverständiger ausgesagt, zu denen er jetzt sein Gutachten für die Staatsanwaltschaft verfassen soll. Die Katastrophe mit mindestens 135 Toten im Ahrtal jährt sich an diesem Freitag zum zweiten Mal.

Möglicherweise ergäben sich nach Gißlers Gutachten für die Staatsanwaltschaft noch Fragen an ihn, sagte Wefelscheid. Nach den bisherigen Planungen sollte der Abschlussbericht dem Parlament Ende des Jahres vorgelegt werden. Die Obleute der Fraktionen wollen nächste Woche über das weitere Vorgehen beraten. Eine Wiederaufnahme der Ende April formell geschlossenen Beweisaufnahme hält Wefelscheid aber für unwahrscheinlich.

In seinem Gutachten für den Untersuchungsausschuss war Gißler unter anderem zu dem Schluss gekommen, dass die Einsatzleitung kein ausreichendes Ordnungspotenzial aufgebracht habe. Bei Personalwechseln sei es zu Reibungsverlusten gekommen. «Das hat zu einer allgemeinen Dysfunktionalität geführt.» Einsatzstäbe hätten in relevanten Zeitabschnitten unzureichend funktioniert, hatte der Sachverständige gesagt. «Der Zug war dann quasi abgefahren.»

Ein anderes Fazit des Sachverständigen: Im Katastrophenschutzsystem in Deutschland würden nicht die notwendigen Spezialisten ausgebildet, die sich um das Führungssystem bei solch komplexen Einsätzen kümmern könnten. Es gebe abgesehen von der Polizei nicht mehr als ein Dutzend solcher Spezialisten. Es gebe ein «systematisches Problem».

Bei der Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 im Ahrtal. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pföhler und einen ehrenamtlichen Mitarbeiter des Krisenstabs des Kreises wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. (dpa)

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