Finanznot: Kommunen denken über niedrigere Standards nach

Mainz (dpa/lrs) – Im Spannungsfeld von Geldnot und Fachkräftemangel muss nach Ansicht des Vorsitzenden des rheinland-pfälzischen Landkreistags, Achim Schwickert, über die Absenkung von Standards nachgedacht werden. «Wir werden uns in Zukunft nicht mehr alles leisten können», sagte der CDU-Politiker und Landrat nach einem Treffen der kommunalen Spitzenverbände mit dem Kabinett in Mainz. Als Beispiel nannte er die Größe von Kita-Gruppen und Quereinsteiger als Erziehende. «Das ist nicht ganz einfach, weil die Leute draußen in der Regel den Anspruch haben, dass alles bestqualifiziert sein muss, aber das werden wir uns nicht leisten können.»

Der Geschäftsführende Direktor des Landkreistags, Andreas Göbel, ergänzte: «Eigentlich müssen auch mal Aufgaben auf den Prüfstand.» Es fehle einfach an Geld und Personal. «Wenn wir permanent neue Aufgaben erfinden oder auch qualitativ und quantitativ ausbauen, stößt man irgendwann an Grenzen – und an diesem Punkt sind wir jetzt.» Es sei ein riesiges soziales Thema, wenn Musikschulen und andere freiwillige Leistungen nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten, weil die Kommunen keine ausgeglichenen Haushalte hätten.

«Es ging uns im Wesentlichen darum, einmal die vielen Themenbereiche, die in der letzten Zeit an Dramatik zugenommen haben, zusammen zu erörtern», sagte Schwickert aus dem Westerwaldkreis über das Treffen mit dem Ministerrat. Als Beispiele für die aktuellen grundsätzlichen Probleme nannte Göbel Kostensteigerungen etwa im ÖPNV, die anstehende Ganztagsbetreuung bei den Grundschulen, die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst, den Fachkräftemangel und die Auswirkungen der Beschlüsse der Ampel-Regierung im Bund.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer will beim Bund-Länder-Treffen zu den Flüchtlingskosten im November auf ein mit den Kommunen abgestimmtes «nachhaltiges Finanzsystem» drängen. «Wir haben darüber gesprochen, wie wir in Zukunft ein Finanzsystem mit dem Bund aushandeln» können, damit die Kommunen «auf Dauer mehr Sicherheit bekommen», sagte die SPD-Politikerin.

«Wir müssen mit dem Bund insbesondere in Verhandlung treten, wie man das Jahr 2024 gestalten kann», sagte Schwickert. «Da liegt im Moment noch nicht viel vor.» Göbel ergänzte: «Es geht darum, dass man sich nicht nur von Bund-Länder-Gespräch zu Bund-Länder-Gespräch hangelt, sondern dass es an der Stelle einfach mal längerfristig eine gewisse Planungssicherheit gibt.»

Vor dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werde die Landesregierung sich dafür noch einmal mit den Verbänden der Gemeinden, Städte und Kreise zusammensetzen. Bei den anstehenden Gesprächen soll es erneut um die Finanzierung von Aufnahme, Versorgung und Integration von geflüchteten Menschen gehen.

Das Integrationsministerium verwies unterdessen auch darauf, dass für die Schaffung von Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge bis Jahresende bundesweit rund 100 Millionen Euro von der Europäischen Union zur Verfügung stünden. 2022 hätten die Kommunen Sondermittel des Bundes und des Landes in Höhe von 141,6 Millionen Euro für die Aufnahme und Unterbringung geflüchteter Menschen erhalten. In diesem Jahr seien es 121,6 Millionen Euro.

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