Die Freiheit der Kinder Gottes

Synode ermöglicht neue Perspektiven und Chancen für ein Leben aus dem Glauben

Bischof Dr. Stephan Ackermann, Foto: Bistum
Bischof Dr. Stephan Ackermann, Foto: Bistum

Trier – Die Synode mit ihren Beschlüssen will der Kirche und den Gläubigen im Bistum Trier neue Perspektiven und Räume eröffnen und „erinnern an die Freiheit der Kinder Gottes“. Mit Blick auf die Umsetzung der Synodenergebnisse hat Bischof Dr. Stephan Ackermann in seiner Predigt an Silvester (31. Dezember) im Trierer Dom daher statt Aufforderungen oder Appelle „Erlaubnisse“ formuliert. Dieser Zugang entspreche dem Grundverständnis der Synode. Damit wolle er nicht behaupten, dass es einfach sei, sich die von ihm vorgeschlagenen Handlungen und Haltung zu eigen zu machen. Geschenkte Freiheiten seien nämlich in der Regel anspruchsvoll, wenn sie verantwortlich ergriffen werden. Niemals zuvor hätten Menschen sich in einer solchen Freiheit für oder gegen den Glauben und die Kirche entscheiden können – laut Ackermann eine „privilegierte Situation“: „Wir müssen nicht, wir dürfen glauben!“

Der Bischof erinnerte daran, dass viele Menschen im Abschlussdokument der Trierer Synode neue Perspektiven und Chancen für ein Leben aus dem Glauben sehen. Doch es gebe auch kritische Stimmen, die weniger die Situationsanalyse bezweifelten als vielmehr die Vorschläge zur Lösung – gerade mit Blick auf den Perspektivwechsel, der weite pastorale Räume und damit eine „Neugestaltung des christlichen Lebens in den künftigen Pfarreien“ vorsieht. Ackermann betonte, er könne die Trauer über den Wegfall der volkskirchlichen Strukturen nachvollziehen, durch die Menschen sich in einem „großen Lebenszusammenhang“ gehalten wussten. Dieses „Lebensgefühl einer spürbaren Einheit“ sei den Älteren wie auch den Jüngeren abhandengekommen. Dies sei jedoch ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, sagte er und verwies auf die andauernden Diskussionen um gemeinsame Werte, die Frage der Wurzeln des Zusammenlebens, nach der Einheit in einer Gesellschaft – alles „Ausdruck für das Gefühl einer starken Fragmentierung im Leben des Einzelnen wie der Gesellschaft“. Als Kirche nicht allein zu stehen mit dieser Erfahrung, könne beruhigen, nehme aber nicht die Herausforderung: „Wenn Menschen die innere Orientierung verlieren und sich unbeheimatet fühlen und deshalb vor allem Zuflucht suchen in realen oder virtuellen Zirkeln von Gleichgesinnten, dann wird dies über kurz oder lang für das Zusammenleben problematisch.“

Die Synode ermögliche, trauern zu dürfen, Abschied zu nehmen und dadurch Neues zu entdecken. Sicher vermisse niemand „Enge, Mief und Scheinheiligkeit“, die es in der Volkskirche auch gab. Doch Ackermann erinnerte auch an die dichte seelsorgliche Nähe, eine wertorientierte Erziehung auf breiter Ebene, den Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, etwa durch politisch engagierte Christen, und das große sozial-karitative Engagement der Kirchen. Wer sich die Trauer eingestehe, ermögliche Neues. Abschied zu nehmen bedeute nicht, Dinge „mutwillig zu beenden oder gar zu zerstören“. Vielmehr gehe es um Abwägung und Beratung; darum, keine Energie mehr in Dinge zu investieren, die viele Jahre wichtig und berechtigt waren, jetzt aber keine Zukunft mehr haben. Ackermann nannte nicht nur Veranstaltungen, Gruppierungen oder Gebäude, sondern auch bestimmte Vorstellungen, die „ungesunden Druck auf uns ausüben“. Er betonte, für diese Abschiede dürfe man sich Zeit nehmen. Denn anders als Generationen vorher, die ihre kirchliche Beheimatung etwa aufgrund von Katastrophen, Revolution oder Kriegen verloren hätten, sei diese Generation vielleicht die erste sei, die eine friedliche tiefgreifende Umwälzung der Glaubenssituation erlebe.

Der Bischof ermutigte die Gläubigen, kirchliches Leben im Sinne der Synode nicht als „Bestandserhalt“ zu sehen, sondern im Sinne der Sendung der Jünger Jesu in die Welt Neugierde zu entwickeln: etwa auf die Menschen in der Umgebung, die bislang nicht im Blick waren, oder in Bezug auf eine eigene neue Rolle in der Pfarrei.

Ackermann rief auch dazu auf, selbstbewusster als bisher von Jesus und seiner Botschaft zu sprechen. Wer in einer religiös und weltanschaulich so pluralen Gesellschaft Jesus Christus und seine Botschaft „selbstbewusst und bescheiden zugleich“ bezeuge, leiste „einen Beitrag für unsere Gesellschaft in ihrem Wunsch nach Orientierung und ihrer Diskussion um die richtigen Werte“. Christen sollten sich auch bei ihrem Handeln davon leiten lassen und Menschen sein, die anderen zugewandt, friedliebend und großzügig sind.

Schließlich riet Bischof Ackermann zu Gelassenheit. Oft agiere die Kirche, als müsse sie die Welt retten. Dies geschehe gerade in der deutschen Kirche vielleicht aufgrund noch vorhandener großer personeller und materieller Ressourcen – „wenn man als Kirche selbst viele Kräfte hat, ist man leicht in der Gefahr, diese Kräfte schon für die ganze Kraft des Glaubens zu halten“. Dabei sei doch gerade in den weihnachtlichen Tagen immer wieder die Rede von Christus als „Retter“ und „Erlöser“: „In Christus hat Gott selbst das Entscheidende für diese Welt getan, indem er unter uns Mensch geworden ist und der Welt die Liebe eingepflanzt hat, die sogar den Tod überwindet.“

 

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