Ruhestand wird zum Luxus für wenige

Handwerkspräsident Otto Kenztler plädiert wegen des Fachkräftemangels für eine Rente mit 70. „Wer kann, soll bis 70 arbeiten“, sagt er. Selbst wenn Ältere nur halbe Tage arbeiten, „ihre Erfahrung kann uns helfen“. Die Diskussion um die Einführung eines Renteneintrittsalters von 70 Jahren ist nach Ansicht von Ilse Müller, der Vorsitzenden des BDH Bundesverband Rehabilitation Ausdruck des Scheiterns von Wirtschaft und Politik, die sich mit halbherzigen Zuwanderungskonzepten, einer unehrlichen Familienpolitik und schrittweisen Rentenkürzungen der Demografie geschlagen gegeben haben:
Die Forderung des Handwerkspräsidenten Otto Kenztler nach einer Einführung der Rente mit 70 sei  verantwortungslos und kurzsichtig. Arbeiten bis zum Umfallen ist keine Lösung, sondern das Diktat derer, die sich der Nöte der älteren Generation und der Altersarmut nicht bewusst sind. Die Forderung zeigt, dass Teile von Politik und Interessengruppen längst die Fesseln des Realismus zerrissen haben und sich auf gesellschaftspolitischer Geisterfahrt befinden. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt derzeit bei etwa 61 Jahren und ist auch die Folge davon, dass sich Politik und Wirtschaft tapfer gegen einen neuen Kurs in der Gesundheitsprävention zur Wehr setzen. Man darf sich nicht von politischen Hütchenspieler-Tricks in die Irreführen lassen.

Nach wie vor liege die Arbeitslosenquote der über 55-jährigen bei etwa zehn Prozent und Ältere, die mindestens zwölf Monate lang Arbeitslosengeld II ohne Job-Offerte erhalten haben, verschwänden aus der Statistik. Diese Schönfärberei  verdeckte die  Realität, das Ältere so oder so kaum Jobchancen  besitzen. Ein höheres   Renteneintrittsalter sei damit nichts anderes als eine Rentenkürzung, so Müller, die zudem auf die Belastungsgrenze älterer Menschen aufmerksam macht: „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass bei uns Menschen   an die Belastungsgrenzen getrieben werden, die bereits seit über 40 Jahren im Erwerbsleben ihre Frau oder ihren Mann standen. Das demografische Problem ist nicht erst seit kurzem bekannt, weshalb es  nachgerade unverschämt ist, die demografische Lücke durch Menschen zu schließen, die sich einen ruhigen und stressfreien Lebensabend redlich   verdient haben.

Es sei höchste Zeit, dass sich die Unternehmerschaft um ihre alternden Belegschaften kümmere und diese fit mache für ein Erwerbsleben über 60, bevor Kampfparolen wie die einer Rente mit 70 die Runde machten. „Hier haben viele Unternehmen geschlafen. Jetzt ruft alles nach mehr Zuwanderung, einer höheren Frauen-Erwerbsquote und  längerer Lebensarbeitszeit. Wir plädieren dafür, den Kern der Bemühungen auf berufsspezifische Qualifikationsmaßnahmen und Gesundheitsprävention   auszurichten. Der Erfolg beruflicher Rehabilitation ist unbestritten und wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Unternehmen aus“, so Müller.

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