Interview Furioser Endspurt macht neue Kräfte frei

Udo Geißler
Udo Geißler

Daun. Während in der Saison 2012/2013 die Damenmannschaft des TuS 05 Daun mit 11 Punkten nicht an den großen Erfolg des Vorjahres anknüpfen konnte, buchten die Herren mit einem
10 : 2 Lauf aus den letzten sechs Spielen das sichere Ticket für eine weitere Rheinlandliga-Saison. Um sich ein Bild zu machen, wie es im Dauner Handball weitergeht, hat die Eifel-Zeitung den Sportlichen Leiter der Handballabteilung – Udo Geißler – interviewt.

EAZ: Die letzte Saison war für viele Handballinteressierte in Daun eine wahre Achterbahnfahrt. Einige kritische Stimmen fragten zudem, ob man sich mit der Rheinlandliga nicht ein bisschen zu viel zugemutet hat.
Udo Geißler: Die Meldung für eine bestimmte Spielklasse muss sehr gut überlegt sein und im Nachhinein ist man sowieso schlauer. Die Frage ist nur, ob man eine Mannschaft, die gerade im zweiten Anlauf Verbandsligameister geworden ist, um die Früchte ihres Erfolgs bringen sollte. Die andere Frage ist, ob man eine Tradition im Damenbereich auch unter schwierigen Bedingungen fortführt. Mit der Erfolgstrainerin Marion Reufsteck und vier Stammspielerinnen beendeten enorm wichtige Stützen – vor allem auch in charakterlicher Hinsicht – im Jahr 2012 ihre aktive Laufbahn. In enger Absprache innerhalb der Abteilungsleitung hatten wir uns für eine Rheinlandliga-Meldung ausgesprochen und konnten zwei konkurrenzfähige Mannschaften melden, die sportlich die Klasse gehalten haben.

EAZ: Trotzdem wird im kommenden Jahr nur die Herrenmannschaft in der Rheinlandliga antreten, die Damen nicht.
Udo Geißler: Zur Darstellung der Situation im Damenbereich muss ich etwas weiter ausholen, damit der Gesamtzusammenhang klar wird. Als Marion Reufsteck mich im letzten Jahr darüber informierte, dass sie und vier weitere Spielerinnen nicht mehr für die Saison 2012/2013 zur Verfügung stehen, hätten wir keine spielfähige Mannschaft mehr zur Verfügung gehabt. Trotzdem wollten wir die positive Entwicklung im Damenbereich unbedingt weiterführen und konnten innerhalb von 4 Monaten Nici Brand, Lisa Zenner, Ella Blasius und Lisa Krämer gewinnen, die auch in der abgelaufenen Saison dann zu den Stützen im Team zählten. Viel schwieriger und zeitaufwändiger war die Suche nach einem Trainer.

EAZ: Wie ist das zu erklären?
Udo Geißler: Weil jeder, der sich mit dem leistungsorientierten Handball auskennt, weiß, was mit der Übernahme einer solchen Aufgabe auf ihn zukommt. Vor der Verpflichtung von Jarek Glinka habe ich ein Dutzend Gespräche geführt, einige zogen sich über Wochen hin. Aus verschiedenen und völlig nachvollziehbaren privaten oder beruflichen Gründen war es leider nicht möglich, einen Trainer aus Daun oder der unmittelbaren Umgebung zu gewinnen, der nicht selbst schon in einer Trainerverpflichtung stand. Nach dem Bekanntwerden der Trennung des SK Prüm von Jarek Glinka hatten wir uns dann für ihn entschieden.

EAZ: Wie geht es jetzt bei den Damen weiter?
Udo Geißler: Wir möchten von den Spielerinnen und Spielern am Anfang des Jahres wissen, ob sie uns in der nächsten Saison in welchem Umfang zur Verfügung stehen. Es ist ein Gebot der Fairness, dass alle Beteiligten früh Planungssicherheit haben. Diese Rückmeldungen der Spielerinnen und das anschließende Gespräch ergaben, dass wir aus dem jetzigen Kader keine spielfähige Mannschaft mehr zusammenbekommen und die Zusammenarbeit mit Jarek nicht mehr fortgeführt wird. Schon in der letzten Saison konnten einige Partien nur gespielt werden, weil aus der zweiten Mannschaft dankenswerterweise einige Spielerinnen ausgeholfen haben. Dieser Weg des Zusammenwachsens von erster und zweiter Mannschaft wird nun weiter verfolgt; allerdings nicht mehr in der Rheinlandliga, sondern  – so das Ergebnis einer gemeinsamen Mannschaftsbesprechung – in der Bezirksliga.

Trainer unserer Damenmannschaft sind Gerd Clemens und Christopher Illigen, die in der bisherigen zweiten Mannschaft eine hervorragende Arbeit geleistet und dieses Team zu einer Einheit geformt haben. Nach meinem bisherigen Kenntnisstand werden Lena Bauer, Tonia Strunk, Stephanie Schäfer, Lisa Krämer und Annika Molitor von der ehemaligen Ersten weiterspielen, wobei aufgrund von Weiterbildung, Studium bzw. Schichtdienst einige Spielerinnen leider nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Von der ehemaligen Zweiten gehören aus studien- und berufsbedingten Gründen Laura Stolz und Anna Strunk nicht mehr zum Kader. Mit Jaimee Lee Messerich kommt eine zweite Torhüterin ins Team, die bereits in der Jugend in Daun und Gerolstein gespielt hat.  Nach einem Jahr des gemeinsamen Findens und Zusammenwachsens wird sich zeigen, welcher Tabellenplatz am Ende in der Bezirksliga dabei rausspringen wird.

Die Dauner Neuzugänge zogen im dreitägigen Trainingslager in Kaisersesch voll mit (v.l.n.r.): Sportlicher Leiter Udo Geißler, Luca Willems, Patrick Theisen, Julian Keitsch, Henning Otto, Janni Scheler, Lukas Mayer und Trainer Markus Willems (es fehlt Michael Nürenberg). Foto: TUS-Daun

EAZ:  Die Herrenmannschaft hat schwer in die Saison gefunden, zeigte aber zuletzt einen großartigen Endspurt.
Udo Geißler: Ja, das stimmt. Wir sind zwar mit einem Sieg gegen Weibern gestartet, hatten im Anschluss daran aber erhebliche Probleme. Zu Beginn der Saison war Patrick Brümmer verletzt und beispielsweise Bassi Praeder spielerisch noch nicht so integriert, wie das am Ende der Fall war, als er einen wesentlichen Anteil am Klassenerhalt hatte und zu einem fundamental wichtigen Spieler avancierte. Trotzdem haben die Mannschaft, der Trainer und das Umfeld nicht die Nerven verloren und bis zum Schluss gekämpft. Dass dann in den letzten Spielen unsere beiden Routiniers Carsten Lindner und Arno Hadam, die nun beide ihre Karriere beendet haben, mit hervorragenden Leistungen zum Nichtabstieg beigetragen konnten, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

EAZ: Das Spiel, genauer gesagt der Spielverlauf, gegen Kastellaun/Simmern hat ja deutschlandweit für Aufsehen gesorgt.
Udo Geißler:
Das ist richtig, denn wir haben zweieinhalb Minuten vor Schluss noch mit 5 Toren zurückgelegen. Ich weiß gar nicht, ob es im Handball schon jemals ein solcher Rückstand innerhalb kürzester Zeit aufgeholt werden konnte, aber die Art und Weise steht für das, was unsere Mannschaft so auszeichnet: Kämpfen bis zum Schluss, Cleverness und Übertragung von Verantwortung auch auf die Jugend, denn Henning Otto konnte den letzten Ball nervenstark einnetzen. Dieses Spiel war das Aufbruchsignal zum Klassenerhalt. Als keiner mehr einen Pfifferling auf uns gesetzt hat, sind wir zurückgekommen. Und dies, obwohl sich Thorsten Ringer, der ebenfalls zu den absoluten Leistungsträgern im Team zählt, eine komplizierte Handverletzung im Spiel gegen Schweich zuzog und im weiteren Saisonverlauf nicht mehr eingesetzt werden konnte. Zum Glück gelang es Tim Schenk, der mit seinem kämpferischen Einsatz eine ganze Mannschaft mitreißen kann und uns leider studienbedingt im nächsten Jahr fehlen wird, einige Schichten so zu tauschen, dass er uns in den entscheidenden Spielen zur Verfügung stand.

EAZ: Die „Abstiegsendspiele“ in Gösenroth und Bad Ems wurden ja durch die enorme Zuschauerunterstützung zu Heimspielen. Wie ist dieser Zuspruch denn zu erklären?
Udo Geißler:
Im Grunde genommen fing der furiose Endspurt bereits gegen Bendorf in der GSG-Halle so richtig an. Hier merkten die Zuschauer, dass die Mannschaft bereit ist, den Abstiegskampf bis zur letzten Sekunde mit letztem Einsatz zu bestreiten. Und genau dieses Engagement zahlt sich immer aus; dann organisieren sich eben Facebook-Fangruppen, dann trommeln die Fans um Patrick Schmidtmeyer doppelt so laut, dann bilden sich Fahrgemeinschaften, dann geht’s eben richtig los. Diese Unterstützung war ein, wenn nicht sogar DER entscheidende Faktor, wofür wir uns alle bedanken. Aber manchmal lebt der Sport eben auch von „magischen Momenten“. So hatten Markus Willems und ich bereits beim Aufwärmen in Gösenroth vermutet, dass Stefan Neis eine entscheidende Rolle spielen würde. Als er dann in der 52. Minute bei einer Zwei-Tore-Führung zu einem 7 Meter eingewechselt wurde und mit einer Wahnsinnsparade den Gastgebern wirklich den Zahn zog, kannten die Dauner Gesänge direkt hinter der Gösenrother Bank, auf der die Nerven jetzt blank lagen, keine Grenzen mehr. Und trotzdem kommt es in erste Linie auf harte Arbeit und Mitdenken an. So hatte sich beispielsweise Stefans Bruder Holger in Bad Ems lange das Geschehen angeschaut und genau das Schussbild des Gegners „studiert“.  Als er dann in den letzten 10 Minuten eingewechselt wurde, war er fast immer in der richtigen Ecke und nagelte das Tor regelrecht zu. Wer während des Spiels voll konzentriert ist und dieses ständig „mitliest“, ist bei einer Einwechslung natürlich immer im Vorteil.

EAZ: Und trotzdem gab es während der Saison schwere Zeiten, auch wenn man nie den Eindruck hatte, dass die Stimmung kippt.
Udo Geißler:
Genau wie bei den Damen stand bei den Herren ebenfalls eine eventuelle Zusammenlegung beider Mannschaften im Raum. Aus den bereits angedeuteten Fairnessgründen hatten wir mit der Mannschaft im Februar ein klärendes Gespräch, denn es stellte sich nach der Abfrage heraus, dass wir einen größeren Aderlass haben werden. Die Reaktionen hierauf waren aber sehr positiv, denn viele Leistungsträger hätten auch eine Spielklasse tiefer dem Verein die Treue gehalten. So etwas nennt man „eine Reaktion zeigen“, denn hier folgten den Worten auch Taten und eben das Spiel gegen Kastellaun. Der Rest ist bekannt.

Bereits gute Tradition in der Vorbereitung auf eine harte Rheinlandligasaison: Familie Arnicot vom Waldhotel Kurfürst in Kaisersesch stärkt die Dauner Herrenmannschaft mit kulinarischen Spezialitäten. Foto: TUS Daun

EAZ: Wie geht es also bei den Herren jetzt weiter?
Udo Geißler: Die Mannschaft bleibt im Großen und Ganzen unter dem Erfolgstrainer Markus Willems zusammen; einige Spieler nehmen teilweise lange Anfahrten wie z. B. aus Aachen, dem Trierer- oder Cochemer Raum in Kauf, um beim TuS Daun zu spielen. Daher gilt der erste Dank auch dem Coach und den Akteuren, die den Aufstieg und den letztjährigen Klassenerhalt in dieser großartigen Manier geschafft haben. Aber natürlich müssen wir uns auch breiter und qualitativ noch besser aufstellen, um den Kampf gegen den Abstieg erfolgreich bestreiten zu können. Janni Scheler ist wieder zum Team gestoßen, aus der eigenen Jugend haben Henning Otto, Lukas Mayer, Patrick Theisen und Luca Willems die harte Vorbereitung mit aufgenommen. Aus Weibern konnten wir Micha Nürenberg verpflichten, der zudem als Co-Trainer Markus Willems unterstützend zur Seite steht. Außerdem hat Julian Keitsch, der vielen Handballinteressierten noch aus Tiefenstein bekannt ist, die komplette Vorbereitung mit bestritten und wird auch in den ersten Spielen zur Verfügung stehen. Wir hoffen, dass wir sein Engagement für die komplette Saison hinbekommen können, dies wird sich aber studienbedingt im Herbst entscheiden. Insgesamt, und das kann man jetzt schon sagen, passt die Mannschaft wieder menschlich sehr gut zusammen, was einige Highlights in der Vorbereitung bereits gezeigt haben. Die zweite Herrenmannschaft wird weiterhin von Michael Thomas trainiert, der ebenfalls seit Jahren seinen großartigen Einsatz für den Verein unter Beweis stellt.

EAZ: Du bist jetzt seit 5 Jahren Sportlicher Leiter. Hat sich das Amt denn bewährt?
Udo Geißler:
Ich glaube schon, dass es für eine Abteilung wichtig ist, dass alle Vorgänge bei der sportlichen Leitung zusammenlaufen. Somit geht kein Vorgang verloren, es gibt klare Zuständigkeiten und die enge Koordination mit der Abteilungsleitung sowie den Senioren-Trainern hat sich meiner Meinung nach bewährt. Man hat in diesem Jahr am Beispiel eines anderen Rheinlandligisten gesehen, wie schnell personelle Entwicklungen und sportliche Entscheidungen aus dem Ruder laufen können, wenn die Sache nicht in den Händen eines Sportlichen Leiters liegt. Die Hauptgrund für die Installation eines sportlichen Leiters ist aber aus meiner Sicht noch ein anderer. Denn überall dort, wo Menschen wirken, werden natürlich auch Fehler gemacht. Das ist also völlig normal und auch bei uns der Fall. Die entscheidende Frage ist aber, wie man generell mit diesen Fehlern umgeht, wie schnell man auf diese reagiert und – dies ist besonders wichtig – wie nachhaltig man diese Fehler abstellen und aus ihnen lernen kann, damit man in der Erfolgsspur bleibt oder zu ihr zurückkehrt. Und genau hier „versickern“ in der Handballabteilung eben keine Vorgänge oder drohen ins Chaos zu laufen; sondern sie werden aufgearbeitet und gemeinsam miteinander besprochen, so dass jeder auch die Möglichkeit hat, etwas konstruktiv beizutragen.

EAZ: Gibt es noch etwas abschließend zu sagen?
Udo Geißler:
Ja natürlich, auch wenn dies eigentlich zuerst gesagt werden müsste. Dass sich der Dauner Handball über Jahre und Jahrzehnte hinweg abseits der Uni-Städte auf einem solchen großartigen Niveau halten konnte und sich hoffentlich weiter halten kann, ist den vielen Handballbegeisterten in Daun und Umgebung zu verdanken. Ob als Trainer oder aktiver Spieler, ob als Zuschauer oder Sponsor, ob als Helfer oder stiller Mäzen: Jeder einzelne hat einen Riesenanteil an dieser Entwicklung! Dafür möchte ich allen ein herzliches Dankeschön sagen. Besonders erfreulich ist für mich die Entwicklung bei den Dauner Handballfreunden, die unter ihrem Vorsitzenden Dieter Reufsteck wieder Fahrt aufgenommen und viele neue Mitglieder gewonnen haben. Es ist aus meiner Sicht von elementarer Bedeutung für die weitere Entwicklung des Dauner Handballs, dass die Zusammenarbeit zwischen Abteilung und den Dauner Handballfreunden – in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen – so konstruktiv weiterverläuft, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Ich wünsche abschließend allen Mannschaften mit ihren Trainern viel Erfolg in der neuen Saison und den Zuschauern spannende Spiele!

EAZ: Die Eifel-Zeitung bedankt sich für die klaren Worte des Sportlichen Leiters Udo Geißler und wünscht allen Verantwortlichen des Dauner Handballs viel Erfolg!

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