Interview: Das Aus für Straßenausbaubeiträge?

Gordon Schnieder

Der CDU-Landtagsabgeordnete Gordon Schnieder will die Bürger von den Straßenausbaubeiträgen entlasten. 

EAZ: Ein schöner Ort braucht schöne Straßen. Wollen nicht alle Bürger in einem schönen Ort leben? 

Gordon Schnieder: Die Bürgerinnen und Bürger wollen in schönen, attraktiven Orten leben. Aber es nimmt die Zahl derjenigen zu, die sich gegen die zum Teil hohe finanzielle Belastung durch die Straßenausbaubeiträge wehren.

EAZ: Ist es denn nicht gerecht, dass diejenigen bezahlen, die den Nutzen von der schönen Straße haben? 

Gordon Schnieder: An diesem Punkt, gehen die Meinungen weit auseinander. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, wer der Nutznießer des Straßenausbaus ist. Und es stellt sich die Frage, auf welche Schultern die Kosten in welcher Weise umgelegt werden sollen.

EAZ: Also durch einmalige oder wiederkehrende Beiträge… 

Gordon Schnieder: Die Gemeinden entscheiden, ob sie den Teil der Kosten, den die Bürger tragen, durch einmalige Beiträge erheben oder aber durch wiederkehrende Beiträge. In dem ersten Fall werden die Kosten auf die Grundstückseigentümer der erneuerten Straße umgelegt, im anderen Fall tragen alle Bürger der Gemeinde die Kosten. Die Räte treffen eine schwierige Entscheidung, die nur selten von allen Beteiligten akzeptiert wird. Häufig entzünden sich an dieser Frage auch langwierige und teure Rechtsstreitigkeiten.

EAZ: … weil für den einzelnen Bürger durch die Straßenausbaubeiträge hohe Kosten entstehen… 

Gordon Schnieder: Bei einmaligen Beiträgen werden häufig deutliche fünfstellige Summen erreicht, die die Eigentümer zahlen müssen. Gerade junge Familien und auch ältere Mitbürger können diese Zahlungen nur sehr schwer oder überhaupt nicht leisten. 

EAZ: Wären demnach wiederkehrende Beiträge, die alle Bewohner gleichermaßen belasten, die bessere Alternative? 

Gordon Schnieder: Das trifft nur auf den ersten Blick zu. Nicht wenige stellen sich nämlich die Frage, was bringt es mir, wenn am anderen Ende des Dorfes die Straße instandgesetzt wird. Zudem sorgt die Berechnung der Kostenanteile oft für Streitigkeiten. Ärger gibt es oft, wenn sich im Laufe der Zeit der Status einer Straße ändert, wenn etwa eine Kreis- in eine Gemeindestraße umgewidmet wird. Nicht selten entlädt sich der Ärger der Bürger an den Mitarbeitern in den Verwaltungen, obwohl die dafür nicht verantwortlich sind. 

EAZ: Wer trägt denn die Verantwortung? 

Gordon Schnieder: Der Landesgesetzgeber, also der Landtag. In anderen Bundesländern gibt es Regelungen, die die Anwohner weniger belasten. Der Hamburger Senat erhebt seit Jahren keine Straßenausbaubeiträge mehr, da sich erwiesen hat, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand unwirtschaftlich ist. Bayern entschied sich im vergangenen Jahr, die Beiträge abzuschaffen. In Baden-Württemberg werden traditionell keine Straßenausbaubeiträge erhoben. In Thüringen werden seit Beginn des Jahres keine Bescheide für Ausbaubeiträge mehr versandt. Mecklenburg-Vorpommern wird die Beiträge zum 01.01.2020 abschaffen.

EAZ: Werden also in Rheinland-Pfalz die Straßenausbaubeiträge bleiben?  

Gordon Schnieder: Nach unserer Auffassung sind Straßen ein wichtiger Eckpfeiler der örtlichen Daseinsvorsorge und ihre Erneuerung ist als Gemeinschaftsaufgabe zu sehen. Die CDU-Fraktion hat daher einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um das durch Beiträge finanzierte System durch ein steuerfinanziertes System zu ersetzen. Die Anliegeranteile sollen zukünftig aus dem Landeshaushalt übernommen werden, aber natürlich nicht aus dem kommunalen Finanzausgleich. Denn die finanzielle Belastungsgrenze der Kommunen in Rheinland-Pfalz ist vielerorts weit überschritten. Das beweisen die sehr hohen Kassenkredite unserer Kommunen, die bei rund sieben Milliarden Euro liegen. 

EAZ: Wie sehen Sie die Chancen, dass die Straßenausbaubeiträge bald abgeschafft werden?  

Gordon Schnieder: Zurzeit gibt es im Mainzer Landtag keine Mehrheit für unseren Vorschlag. SPD, FDP und Grüne lehnen das Gesetzesvorhaben ab. Andererseits haben sich in vielen Städten und Gemeinden die Räte für die Abschaffung ausgesprochen. Und das über Parteigrenzen hinweg. Zum Beispiel haben sich die SPD-Ratsmitglieder in Koblenz bereits für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ausgesprochen.

Der FDP-Landesparteitag beschloss, diese Beiträge nicht länger zu erheben und der Bund der Steuerzahler stößt ins gleiche Horn. Ich bin sicher, es wird mittelfristig hier zu Änderungen kommen. Über das endgültige wie und wann entscheidet aber ausschließlich die Mehrheit des Landtages. Die CDU wird sich am Ende einer möglicherweise langen Debatte freuen, wenn dann die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. 

EAZ: Herr Schnieder, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. 

Gordon Schnieder: Sehr gerne.

 

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