Angst um die Olympia-Zukunft des riskanten Pferdesports

Von Michael Rossmann und Martin Kloth, dpa

Der Sport mit Pferden steht unter Beobachtung – vor allem nach dem Fünfkampf-Fiasko bei den Olympischen Spielen in Tokio. Besonders bedroht ist die riskante Vielseitigkeit. Hat der Besuch des IOC-Chefs bei der WM in Italien geholfen?

Rocca di Papa (dpa) – Die Aufregung bei vielen Pferdeleuten war groß, als der IOC-Boss bei der WM in Italien über das staubige Gelände spazierte. Der Reitsport lebt fast dauerhaft in der Angst vor dem Olympia-Aus, vor allem die Vielseitigkeit. Zu teuer, zu kompliziert, zu gefährlich – und seit dem Fünfkampf-Drama von Tokio hat auch die Tierschutz-Diskussion Fahrt aufgenommen.

Thomas Bach wurde in Rocca di Papa entsprechend hofiert und umsorgt. Gefolgt von einer Entourage der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) um Präsident Ingmar de Vos schaute sich der IOC-Chef das Geschehen auf dem Olympia-Gelände von 1960 an. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees fand auch Zeit für manchen Plausch wie mit Bettina Hoy, der deutschen Team-Weltmeisterin von 2006. Und später auch lobende Worte für die FEI.

«Was man hier beim Eventing sieht, ist die Verbesserung für die Sicherheit und die Gesundheit der Pferde mit den mechanischen Einrichtungen an den Hindernissen und mit anderen Detailmaßnahmen mehr», sagte Bach der Deutschen Presse-Agentur. «Das zeigt wirklich, dass man diese Fragen ernst nimmt.»

Zur Frage nach der Angst vor dem Olympia-Aus antwortete der IOC-Boss: «Was ich sagen kann, ist, dass wir die Fortschritte sehen und sehr zufrieden sind, dass der Verband die Problematik erkannt hat und sehr darauf hinwirkt, dass die Organisation des Eventing preiswerter wird. Das ist vielversprechend, und das unterstützen wir.»

«Das geht in die richtige Richtung», sagte Bach. Weniger diplomatisch ausgedrückt: Es bleibt noch viel zu tun. Vor allem nach dem Fünfkampf-Fiasko in Tokio, als Annika Schleu mit dem ihr zugelosten Pferd kämpfte, ist die Tierschutz-Diskussion vor allem in Nordeuropa ein zusätzliches Problem für den Pferdesport.

«Natürlich hatten wir Angst, dass es auch auf uns zurück schlägt», sagte der deutsche Reitverbands-Präsident Hans-Joachim Erbel, der ebenfalls einen kleinen Plausch mit Bach hielt. «Letzten Endes sind wir davon betroffen, denn für die Zuschauer ist es egal, ob Moderner Fünfkampf zur Deutschen Reiterlichen Vereinigung gehört oder nicht – für die ist es die Reiterei.»

2024 in Paris ist das Springen letztmals Teil des olympischen Fünfkampfs. Michael Dörr, Präsident des Deutschen Verbandes, glaubt sogar, dass der gesamte Reitsport «vielleicht irgendwann nicht mehr olympisch» sein werde. Seine Vorhersage: «Das Erste, was rausfliegt, ist der Geländeritt in der Vielseitigkeit.» Und Dörr fügte an: «Mit Recht!»

Der pferdesportliche Dreikampf hat neben den Kosten für die Geländestrecken vor allem ein Sicherheitsproblem. Nach jedem Unfall mit einem toten Pferd, so wie zuletzt beim CHIO in Aachen, wird das deutlich. Vier Tiere sind in diesem Jahr schon bei internationalen Prüfungen gestorben, den letzten toten Reiter gab es nach FEI-Angaben 2017. «Der Vielseitigkeits-Sport ist sicherer geworden, aber natürlich bleibt immer ein Restrisiko», sagte der deutsche Pferdesport-Präsident.

Olympiasiegerin Julia Krajewski kennt die Diskussionen um ihrenSport: «Er steht immer wieder auf dem Prüfstand.» Für die Reiterin, die am Sonntag bei der WM Team-Gold und Einzel-Silber gewann, ist «das Thema Sicherheit ganz, ganz wichtig». Entscheidend sei auch «die Ausbildung von Reitern und Pferden, gerade in den jüngeren Altersklassen». Ähnlich sieht das Hoy. «Es muss besser geritten werden», sagte Hoy: «Gutes Reiten ist beim Thema Sicherheit ganz wichtig.»

Ob die verschiedenen Bemühungen reichen? «Es lohnt sich, diesen Sport olympisch zu erhalten», sagte der deutsche Reitverbands-Chef: «Und ich hoffe, dass Herr Bach bei dem Besuch zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist.»

 

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