Göring-Eckardt: «Strompreis wird natürlich günstiger»

Leipzig (dpa/sn) – Trotz der bevorstehenden Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke ist Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt zuversichtlich, dass Strompreise günstiger werden. «Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben», sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei MDR Aktuell. Atomkraft sei «teuer, sowohl in der Herstellung, in der Produktion, als auch danach». Zudem sei die Frage der Endlagerung weiterhin ungeklärt.

Derzeit stehe der Atommüll in Zwischenlagern in der ganzen Republik. Auch das koste richtig viel Geld, sagte Göring-Eckardt. Die Kosten hierfür trügen die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen «und vor allen Dingen die künftigen Generationen». Zudem sei für die Versorgungssicherheit in Deutschland keine Atomkraft mehr nötig. Sie habe «keine wesentliche Rolle mehr gespielt, auch nicht im letzten Winter». Weiterlesen

Clevere Mainzer stürzen RB Leipzig in die Krise

Frank Kastner, dpa

Leipzig (dpa) – RB Leipzig hat gegen den FSV Mainz 05 einen bitteren Rückschlag im Kampf um die Champions-League-Plätze erlitten. Das Team von Trainer Marco Rose unterlag am Samstag mit 0:3 (0:1) dem FSV Mainz 05 und verpasste den Sprung unter die Top Vier der Fußball-Bundesliga. Die Mainzer feierten den ersten Sieg überhaupt in der Leipziger Arena und bleiben seit sieben Spielen ungeschlagen.

Marcus Ingvartsen (9. Minute) schoss die Gäste vor 45.597 Zuschauern in Führung, ehe Ludovic Ajorque (57.) und Dominik Kohr (67.) erhöhten. Für RB war es nach dem 0:7 bei Manchester City und dem 0:1 beim VfL Bochum die dritte Niederlage hintereinander. Wieder blieben Timo Werner und Co. torlos. Nun müssen die Sachsen, die vier der vergangenen sieben Liga-Spiele verloren haben, als Tabellenfünfter um die Königsklassen-Qualifikation fürchten. Sie haben zwei Zähler Rückstand auf die viertplatzierten Freiburger.

Die Null-Fünfer zeigten von Beginn an eine couragierte Leistung. So erlebte der Ex-Mainzer Rouven Schröder in seinem ersten Pflichtspiel als neuer RB-Sportdirektor gleich eine Niederlage. Der FSV nutzte gleich die erste Chance zur Führung durch Ingvartsen. Zwar parierte RB-Torhüter Janis Blaswich glänzend gegen Leandro Martins Barreiro, doch der Däne stand goldrichtig und musste den zur Seite abprallenden Ball nur einschieben. Danach hätte Ingvartsen (25.) weiter erhöhen können. Doch Blaswich rettete.

Auf der Gegenseite wachte RB nur langsam auf, schob den Ball zu oft nur quer, hatte keine Tiefe, kein Tempo und vor allem ohne Christopher Nkunku kaum Kreativität im Spiel. Den ersten Torschuss des deutschen Pokalsiegers in der 23. Minute von André Silva klärte ein Mainzer zur Ecke. Der FSV war weiter die klar bessere Mannschaft, hatte mit einem Kopfball-Aufsetzer von Barreiro (30.) erneut eine Großchance: Der Ball streifte jedoch die Latte.

Rose stand mit verschränkten Armen fast regungslos da und schickte frühzeitig fünf Profis zum Aufwärmen. Die Fans quittierten das harmlose Quergeschiebe mit Pfiffen. Kurz vor dem Wechsel hatte Werner (41.) dann den Ausgleich auf dem Fuß, der Nationalstürmer scheiterte an Robin Zentner, der im Stil eines Handball-Torhüters mit ausgebreiteten Armen und Beinen den Ball abwehrte.

Zum Wiederanpfiff reagierte Rose, brachte für Marcel Halstenberg auf der linken Seite David Raum und für Kevin Kampl im defensiven Mittelfeld Amadou Haidara. RB hatte nun mehr Spielanteile. Als Rose mit Dani Olmo (56.) gerade den Hoffnungsträger für die Offensive einwechselte, wurde RB erneut kalt erwischt: Aus dem Halbfeld flankt Barreiro in den Strafraum, wo Ajorque (57.) mit dem Rücken zum Tor den Ball über Blaswich hinweg ins lange Ecke lupfte.

«Wir wollen euch kämpfen sehen», forderten die RB-Anhänger. Überzeugen konnte aber nur Mainz. Nachdem Kohr (67.) mit einem Schuss aus 18 Metern ins rechte Eck zum 3:0 erhöhte, tanzten die mitgereisten Mainzer Fans auf der Tribüne.

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Explosionen in Dresden nach Brand an Gasleitung

Dresden (dpa) – Bei einem Brand an einer Gasleitung ist es am Mittwochnachmittag zu Explosionen gekommen. Das teilte die Feuerwehr auf Twitter mit. Verletzte gab es den Angaben zufolge nicht. «Bislang liegen uns keine Erkenntnisse über verletzte Personen vor», hieß es. Auf einem Video der Feuerwehr waren meterhohe Flammen und eine starke Rauchentwicklung zu sehen. Weiterlesen

Nazi-Vorwürfe: Kripo ermittelt gegen drei Polizei-Azubis

Schneeberg (dpa) – Die Kriminalpolizei Chemnitz ermittelt gegen drei Auszubildende der Polizei Sachsen wegen einer möglichen rechtsextremen Einstellung und wegen Äußerungen mit Bezug zum Nationalsozialismus. Hintergrund sei ein interner Hinweis von Zeugen aus der Polizeifachschule Schneeberg im Erzgebirge, teilte die Hochschule am Freitag mit. Auffällig geworden seien zwei 20-Jährige und ein 22 Jahre alter Mann. Weiterlesen

Der Griff nach Rosneft: Prozess geht in die zweite Runde

Von Wolf von Dewitz und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Leipzig (dpa) – Ein ebenso kompliziertes wie heikles Verfahren geht an diesem Dienstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in die zweite Runde: Durfte der Bund im Zuge der Russland-Sanktionen zwei deutsche Tochterfirmen des Moskauer Ölkonzerns Rosneft unter staatliche Kontrolle bringen? Vor zwei Wochen verhandelten die Leipziger Richterinnen und Richter schon einen ganzen Tag lang darüber. Nun sollen vor einem Urteil Zeugen gehört und Beweise erhoben werden.

Sollte das Gericht die Treuhandverwaltung kippen, wäre das nicht nur ein Klatsche für den Bund. Es hätte auch Auswirkungen auf den Energiemarkt und die deutschen Verbraucher. Denn Moskau bekäme wieder Einfluss auf die wichtige PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. (Aktenzeichen: BVerwG 8 A 2.22).

Worum geht es in dem Verfahren?

Das staatlich beherrschte russische Unternehmen Rosneft – der Moskauer Mutterkonzern und ein Ableger in Luxemburg – klagt dagegen, dass der Bund im September 2022 die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung nahm. Die Kläger halten das für rechtswidrig.

Konkret zuständig ist die Bundesnetzagentur. Diese berief eine neue Geschäftsführung. Rosneft ist rechtlich weiter Eigentümer der deutschen Töchter, kann aber nicht mehr mitbestimmen. Sollten die Töchter Gewinn machen, bleibt dieser als Rücklage bei ihnen in Deutschland. Der Bund verdient nicht mit, Russland aber auch nicht.

Warum übernahm der Bund die Kontrolle?

Im Zuge von EU-Sanktionen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sagte Deutschland zu, ab 2023 auf russisches Rohöl zu verzichten. Genau das importierten und verarbeiteten aber die Rosneft-Töchter. Zugleich hatten sie einen erheblichen Marktanteil: Sie hielten nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums über Beteiligungen an drei Raffinerien zwölf Prozent der Kapazität zur Erdölverarbeitung in Deutschland.

Zentral war die Mehrheitsbeteiligung von 54 Prozent an der PCK-Raffinerie, die Nordostdeutschland mit Benzin, Diesel und anderen Produkten versorgt. Sie hing am russischen Rohöl aus der Druschba-Leitung. Rosneft hatte nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck kein Interesse, das zu stoppen. Prozessbevollmächtigte von Rosneft widersprachen vor den Leipziger Richtern. Rosneft Deutschland habe durchaus an Alternativen gearbeitet, erklärten sie im Verfahren.

Wie begründet der Bund die Treuhandlösung?

Rechtlich argumentierte das Ministerium im Bundesanzeiger so: Wegen Unsicherheiten bei den Folgen der EU-Sanktionen hätten Vertragspartner die Zusammenarbeit mit Rosneft eingeschränkt. Mitarbeiter seien dabei abzuwandern. Damit sei der Betrieb kritischer Infrastruktur in Gefahr.

Im Falle PCK kam laut Ministerium hinzu: Um die Raffinerie ohne russisches Öl wirtschaftlich weiter zu betreiben, brauche sie Lieferungen von Tankeröl über den Hafen Danzig. Dies sei nach polnischen Angaben erst denkbar, wenn russische Gesellschafter nicht mehr beteiligt seien, hieß es im Bundesanzeiger weiter. Tatsächlich kam eine Abmachung mit Polen über Lieferungen via Danzig erst nach Beginn der Treuhandverwaltung zustande.

Wie begründet Rosneft die Klage?

Die Kläger führten drei wesentliche Gründe an: Es habe vor der Treuhandlösung keine Anhörung gegeben. Das spielte im Prozess länger eine Rolle. Die Anwälte des Bundes erklärten, es habe durchaus vorab Gespräche mit den deutschen Rosneft-Töchtern gegeben. Die Rosneft-Anwälte hielten das nicht für ausreichend.

In der Klage argumentierten sie auch, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Treuhandverwaltung seien nicht gegeben. Und es fehle eine Rechtsgrundlage für ein Embargo leitungsgebundenen russischen Rohöls seit dem 1. Januar 2023. Gemeint sind die Lieferungen über die Druschba-Leitung. Diese sind nicht vom EU-Ölembargo gegen Russland erfasst, sondern nur Tankeröl. Deutschland verzichtete per EU-Protokollnotiz zusätzlich auf das Pipeline-Öl.

Wieso durfte der Bund aus seiner Sicht zugreifen?

Die Ampel-Koalition hatte 2022 das Energiesicherungsgesetz entsprechend geändert. Paragraf 17 sieht die Option einer Treuhandverwaltung für Betreiber von kritischer Infrastruktur im Energiesektor vor. Sie greift, «wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht». Die Treuhandverwaltung gilt zunächst für sechs Monate, also bis zum 15. März. Sie dürfte verlängert werden – wenn der Bund in Leipzig gewinnt.

Warum ist das Verfahren in Leipzig wichtig?

Mit der rechtlichen Konstruktion der staatlichen Treuhandverwaltung einer privatwirtschaftlichen Firma mit ausländischem Eigentümer betrat der Bund juristisches Neuland. Sollte das Gericht die Treuhandverwaltung aufheben, wären die deutschen Tochterfirmen wieder unter russischer Kontrolle. Rosneft hätte Mitsprache über einen erheblichen Teil der deutschen Raffineriekapazitäten. Lieferungen von Tankeröl über Danzig stünden womöglich in Frage.

Die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab machte im Leipziger Verfahren deutlich, dass die Beschränkung der Eigentumsrechte eine große Tragweite hat: «Da sehen wir schon einen Eingriff deutlicher Intensität.» Andererseits betonte sie, dass die Sicherheit der Energieversorgungssicherheit «ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut» sei. Das sei abzuwägen.

Ob das Urteil bereits an diesem Dienstag fällt, ist offen. Das Gericht hat für Mittwoch vorsorglich einen weiteren Termin angesetzt.

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Hoss über Dreh mit Orchester: «Ich dachte, ich drehe durch»

Berlin (dpa) – Schauspielerin Nina Hoss (47) hat die Dreharbeiten mit der Dresdner Philharmonie für ihren jüngsten Film «Tár» als einen Höhepunkt ihrer Karriere bezeichnet. «Es ist mit eines der größten Geschenke und Erlebnisse, die ich bisher hatte mit meinem Beruf, wo man ja immer wieder in andere Leben und Berufe reinblicken kann», sagte Hoss («Barbara») in Berlin. «Wann sitzt man denn schon mal im Orchester? Also ich meine, während sie spielen?»

In dem Film «Tár» mit Cate Blanchett in der Hauptrolle als (fiktive) Stardirigentin spielt Hoss die Konzertmeisterin eines weltberühmten Orchesters in Berlin. Der Film startet am 2. März in den deutschen Kinos. Weiterlesen

Reformer gegen Konservative: Bischöfe suchen gemeinsamen Weg

Dresden (dpa) – In einer brisanten kirchenpolitischen Situation kommen die katholischen Bischöfe heute in Dresden zu ihrer Frühjahrs-Vollversammlung zusammen. Das viertägige Treffen steht vor allem im Zeichen des Reformprozesses Synodaler Weg, den die Deutsche Bischofskonferenz seit 2019 gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) organisiert.

Die angestrebte Erneuerung umfasst vier Themengebiete: die Stellung der Frau in der Kirche, die katholische Sexualmoral, die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester (Zölibat) und den Umgang mit Macht. Bei einer Synodalversammlung Anfang März in Frankfurt/Main soll der Prozess zu seinem vorläufigen Abschluss gebracht werden.

Reihen sollen geschlossen werden

Die Bischöfe wollen sich in ihren nicht öffentlichen Sitzungen in Dresden auf diese Synodalversammlung vorbereiten und wohl auch ein Meinungsbild für die in Frankfurt anstehenden Abstimmungen erstellen. «Die Bischöfe werden auf ihrer Vollversammlung versuchen, die Reihen zu schließen und sich positiv zu den noch zu verabschiedenden Papieren auf der fünften Vollversammlung des Synodalen Weges zu verhalten», sagte der Kirchenrechtler Thomas Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Weiterlesen

Elversberg bangt im Spitzenspiel gegen Dresden um Woltemade

Spiesen-Elversberg (dpa/lrs) – Drittliga-Tabellenführer SV Elversberg bangt im Spitzenspiel am Sonntag (13.00 Uhr) gegen Dynamo Dresden um den Einsatz von Nick Woltemade. Wie die Saarländer am Freitag mitteilten, ist der Stürmer erkrankt. Sein Einsatz ist somit fraglich. Woltemade ist mit sechs Toren und sieben Vorlagen mit entscheidend für die starke Vorstellung des Überraschungsteams der Liga. Coach Horst Steffen muss zudem Ersatz für den gesperrten Abwehrspieler Marcel Correia finden.

Leipziger Buchmesse will politisches Zeichen setzen

Leipzig (dpa) – Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse (27. bis 30. April) sollen Leser, Autoren und Verlage ins Gespräch zu gesellschaftlich relevanten Themen kommen. In einer Buchbar soll über Themen, nicht nur über einzelne Bücher, gesprochen werden, sagte Buchmesse-Chef Oliver Zille bei der Vorstellung des Buchmesse-Programms heute in Leipzig.

Als ein weiteres neues Format werde es ein Forum Offene Gesellschaft geben, womit die Messe in diesem Jahr ein deutliches Zeichen gegen Hass setzen wolle, so Zille: «Denn Hass, Rassismus und Ausgrenzung hat sich in der Vergangenheit auch gegen Protagonisten der Branche gerichtet.» Weiterlesen

Kohleausstieg: Habecks Spagat in der Lausitz

Von Silke Nauschütz und Andreas Hoenig, dpa

Spremberg (dpa) – Das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe läuft auf Hochtouren, schon von weitem sind die großen Kühltürme zu sehen, riesige Dampfwolken entweichen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steigt aus dem Auto und geht vorbei an Auszubildenden und Mitarbeitern, die sich am Kraftwerk versammelt haben. Sie haben viele Fragen an den Grünen-Politiker. «Zukunft hier? Zukunft wir?», steht auf Plakaten, die junge Frauen halten. Bis 2038 sollen die Leag-Kraftwerke am Netz bleiben, als die letzten in Deutschland – so sieht es die geltende Gesetzeslage vor. Wenn es nach Habeck geht, soll aber schon 2030 Schluss sein, wie im Rheinischen Revier. In der Lausitz formiert sich längst der Widerstand.

Eigentlich will Habeck am Mittwoch bei einem Besuch in der Lausitz eine Reise in die Zukunft machen. Im Zuge des tiefgreifenden Strukturwandels soll eine Modellregion der Energiewende entstehen. Und so übergibt der Gast aus Berlin am Morgen einen Förderbescheid in Höhe von 28,5 Millionen Euro für ein Wasserstoff-Speicherkraftwerk. Es soll bis 2025 gebaut werden und einer der «Leuchttürme» beim Strukturwandel werden, für den der Bund Milliarden ausgeben will. Für Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ist das Pilotprojekt eine Blaupause für die Kraftwerke der Zukunft.

Aufbau statt Ausstieg

Es werde immer gerne über einen Ausstieg debattiert, es gehe aber um einen Aufbau, sagt Habeck. Er lobt den «unbedingten Willen» der Projektgesellschaft, etwas Neues entstehen zu lassen. Das Pilotprojekt drohte zweimal an der Finanzierung zu scheitern, nun kann es offiziell starten – zufriedene Gesichter im Industriepark.

Am Kraftwerk Schwarze Pumpe ist die Lage eine andere. Habeck wird von jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Betreibers Leag empfangen, die sich um ihre Zukunft sorgen. Deren Sprecherin Linda Rudolph hat auf einem Pappschild einen Vertragstext mitgebracht und will Habeck überreden, diesen zu unterschreiben, am Ende erfolglos. Zentraler Punkt: Der gesamtgesellschaftliche Konsens zum Kohleausstieg soll nicht in Frage gestellt werden.

Das zielt auf die Arbeit der Kohlekommission mit Vertretern unter anderem aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Kommunen der ein Ende der klimaschädlichen Kohleverstromung Schritt für Schritt bis 2038 empfohlen hatte – die Bundesregierung hat dies umgesetzt.

Mittlerweile aber ist für das Rheinische Revier in Nordrhein-Westfalen beschlossen worden, dass der Kohleausstieg um acht Jahre vorgezogen wird. Das erhöht den Druck auf den Osten. Habeck hatte gesagt, ein auf 2030 vorgezogener Ausstieg müsse im Konsens vereinbart werden. In der Lausitz wollte er am Mittwoch eigentlich nicht über das Thema sprechen, dennoch ist es allgegenwärtig.

Habecks Aussagen über einen Ausstieg schon 2030 hätten für Verunsicherung gesorgt, sagt Leag-Konzernbetriebsratschef Uwe Teubner. Die Menschen müssten sich auf einmal getroffene Entscheidungen verlassen können. Beim Strukturwandel seien zwar viele Projekte in der Pipeline, aber noch nichts erreicht worden.

Kein Rütteln am Ausstiegsdatum 2038

Leag-Chef Thorsten Kramer betont, am Ausstiegsdatum 2038 solle nicht gerüttelt werden: «Erst Ausbau, dann Ausstieg.» Es gelte das Gesetz zum Ende der Kohleverstromung. Das Unternehmen habe seine «Hausaufgaben» gemacht, stellt er klar und meint unter anderem den Bau des größten deutschen Zentrums für erneuerbare Energien. Mit einer Leistung von sieben Gigawatt könnten in Zukunft rechnerisch vier Millionen Haushalte sicher mit ökologischem Strom versorgt werden. Realisiert werden sollen die Photovoltaik- und Windkraftanlagen bis 2030 auf ehemaligen Bergbauflächen der Region.

An Habeck gerichtet sagt Kramer: «Wir haben ein gemeinsames Ziel: Den Umbau hin zu erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit.» Er geht davon aus, dass die Kohlekraftwerke noch einige Zeit laufen werden.

Habeck lobt indes den «atemberaubenden Wandel» der Leag und deren Umbau. Verhandlungen über einen vorgezogenen Kohleausstieg aber würden an anderer Stelle geführt. Er verweist außerdem auf die Entwicklung der CO2-Zertifikate und macht klar, diese könne das Betreiben von Kohlekraftwerken ab 2030 unwirtschaftlich machen.

Unternehmen müssen Rechte zum Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen nachweisen und können bei Bedarf damit untereinander handeln. Die Zahl dieser Zertifikate soll stärker verknappt werden. Außerdem werden kostenlose Zertifikate für die Industrie schrittweise abgebaut.

80 Prozent des Strom aus erneuerbaren Energien in 2030

Die Leag hat dazu andere Modellrechnungen. Kramer macht deutlich: die Leag wolle in wasserstofffähige Gaskraftwerke investieren – das aber müsse sich rechnen. Die Bundesregierung hat sich zum Ziele gesetzt: Im Jahr 2030 soll 80 Prozent des Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne kommen, derzeit ist es etwa die Hälfte. Es gibt aber noch viele Stolperfallen, Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue Windräder und Solaranlagen etwa dauern immer noch viel zu lange.

Aber 80 Prozent bedeuten auch: für den Rest sollen unter anderem wasserstofffähige Kraftwerke her – die dann einspringen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Die Energiebranche aber klagt, bisher stimmten die Investitionsbedingungen nicht. Habeck will nun Anreize setzen und schon bald eine Kraftwerksstrategie vorlegen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) indes warnt vor Intransparenz und einem Alleingang Habecks bei den Verhandlungen mit der Leag. Das Versagen der grünen Klimapolitik in Lützerath dürfe sich im Osten nicht wiederholen, sagt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.

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Rosneft vs. Bundesrepublik: Ein heikler Präzedenzfall

Von Wolf von Dewitz und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Leipzig (dpa) – Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine vor einem Jahr haben den Energiemarkt in Deutschland kräftig durchgeschüttelt. Die Bundesregierung hatte es plötzlich eilig, die milliardenschweren Ölimporte aus Russland zu kappen. Dafür griff der Bund in drastischer Weise in den Markt ein. War das rechtens? Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt darüber in Leipzig (Aktenzeichen: BVerwG 8 A 2.22).

Worum geht es in dem Verfahren?

Das staatliche russische Unternehmen Rosneft – der Mutterkonzern in Moskau und ein Ableger in Luxemburg – klagt dagegen, dass der Bund im September 2022 die Kontrolle über die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH übernahm. Die Kläger halten das für rechtswidrig.

Konkret stellte die Bundesregierung die Rosneft-Töchter unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Diese berief eine neue Geschäftsführung. Rosneft ist rechtlich weiter Eigentümer der deutschen Töchter, kann aber nicht mehr mitbestimmen. Sollten die Töchter Gewinn machen, bleibt dieser als Rücklage bei ihnen in Deutschland. Der Bund verdient nicht mit, Russland aber auch nicht. Ein Sprecher der Bundesnetzagentur sagt es so: «Unter der Treuhand ist sichergestellt, dass keine Zahlungen der Unternehmen nach Russland erfolgen, es sei denn, dies ist durch den Treuhänder in Einzelfällen autorisiert.»

Warum übernahm der Bund die Kontrolle?

Im Zuge von EU-Sanktionen sagte Deutschland zu, ab 2023 ganz auf russisches Rohöl zu verzichten. Die Rosneft-Töchter importierten und verarbeiteten aber zum Großteil russisches Öl. Zugleich hatten sie einen erheblichen Marktanteil: Sie hielten nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums über Beteiligungen an drei Raffinerien zwölf Prozent der Kapazität zur Erdölverarbeitung in Deutschland.

Zentral war die Mehrheitsbeteiligung von 54 Prozent an der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, die Nordostdeutschland mit Benzin, Diesel und anderen Produkten versorgt. Sie hing am russischen Rohöl aus der Druschba-Leitung. Rosneft hatte nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck kein Interesse, das zu stoppen.

Wie begründet der Bund die Treuhandlösung?

Rechtlich argumentierte das Ministerium im Bundesanzeiger so: Wegen Unsicherheiten bei den Folgen der EU-Sanktionen hätten Vertragspartner die Zusammenarbeit mit Rosneft eingeschränkt. Mitarbeiter seien dabei abzuwandern. Damit sei der Betrieb kritischer Infrastruktur in Gefahr.

Im Falle PCK kam laut Ministerium hinzu: Um die Raffinerie ohne russisches Öl wirtschaftlich weiter zu betreiben, brauche sie Lieferungen von Tankeröl über den Hafen Danzig. Dies sei nach polnischen Angaben erst denkbar, wenn russische Gesellschafter nicht mehr beteiligt seien, hieß es im Bundesanzeiger weiter.

Wie begründet Rosneft die Klage?

Die Kläger führen drei wesentliche Gründe an: Es habe vor der Treuhandlösung keine Anhörung gegeben, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Treuhandverwaltung seien nicht gegeben und es fehle eine Rechtsgrundlage für ein Embargo leitungsgebundenen russischen Rohöls seit dem 1. Januar 2023. Gemeint sind die Lieferungen über die Druschba-Leitung. Diese sind nicht vom EU-Ölembargo gegen Russland erfasst, sondern nur Tankeröl. Deutschland verzichtete per EU-Protokollnotiz zusätzlich auf das Pipeline-Öl.

Wieso durfte der Bund da eigentlich zugreifen?

Die Ampel-Koalition hatte 2022 das Energiesicherungsgesetz entsprechend geändert. Paragraf 17 sieht die Option einer Treuhandverwaltung für Betreiber von kritischer Infrastruktur im Energiesektor vor. Sie greift, «wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht».

Warum ist das Verfahren in Leipzig wichtig?

Mit der rechtlichen Konstruktion der staatlichen Treuhandverwaltung einer privatwirtschaftlichen Firma mit ausländischem Eigentümer betrat der Bund juristisches Neuland. Zuerst wurde Gazprom Germania unter die Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt, dann die Rosneft-Töchter. Möglich ist, dass das Bundesverwaltungsgericht die Treuhandverwaltung aufhebt – dann wären die deutschen Tochterfirmen wieder unter russischer Kontrolle. Für den Bund wäre das eine herbe Niederlage. Sollte Rosneft vor Gericht scheitern, wäre das eine Bestätigung für Berlin.

Wie könnte es weiter gehen mit Rosneft?

Die Treuhandverwaltung wurde zunächst auf sechs Monate befristet, also bis zum 15. März. Sie dürfte verlängert werden – wenn der Bund in Leipzig gewinnt. Habeck hat zudem Pläne, die Optionen zum Verkauf von Energieunternehmen in Treuhandverwaltung wie im Fall Rosneft zu erweitern. Derzeit ist dies nur zulässig, wenn es zum Werterhalt des Unternehmens erforderlich ist. Künftig soll ein Verkauf auch «zur Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit» erlaubt sein. Das könnte auf die Pläne des Bundes für die Rosneft-Töchter hindeuten.

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