Ukraine-Krieg treibt Militärausgaben auf neues Allzeithoch

Von Steffen Trumpf, dpa

Stockholm (dpa) – Die weltweiten Militärausgaben haben einen neuen Höchststand erreicht. Vor allem wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stiegen sie im Jahr 2022 inflationsbereinigt um 3,7 Prozent auf 2,24 Billionen Dollar (rund 2,04 Billionen Euro), wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in einem neuen Bericht mitteilte.

Die Staaten der Erde steckten somit auch im achten Jahr in Folge mehr Geld ins Militär als im jeweiligen Vorjahr. Ohne Inflationsbereinigung würde der Anstieg gar bei 6,5 Prozent liegen. Die USA bleiben klarer Spitzenreiter, Deutschland Siebter.

«Der kontinuierliche Anstieg der weltweiten Militärausgaben in den vergangenen Jahren ist ein Zeichen dafür, dass wir in einer zunehmend unsicheren Welt leben», erklärte der Sipri-Forscher Nan Tian. Als Reaktion auf das sich verschlechternde Sicherheitsumfeld stärkten Staaten ihr Militär – und sie rechneten auch nicht damit, dass sich an diesem Umfeld in naher Zukunft etwas zum Besseren ändern werde.

Ukraine-Krieg und russische Bedrohung als Ausgabentreiber

Den mit Abstand stärksten Ausgabenanstieg verzeichnete Europa mit einer inflationsbereinigten Zunahme um 13 Prozent, dem höchsten jährlichen Anstieg der Zeit nach dem Kalten Krieg. Im Wesentlichen lag das an den stark gestiegenen Militärausgaben Russlands und der Ukraine, doch die militärischen Hilfen für die Ukraine und Sorgen vor einer stärkeren Bedrohung durch Russland haben nach Sipri-Angaben auch die Ausgabenentscheidungen vieler anderer Staaten beeinflusst.

Die Russland-Sorgen hätten sich dabei schon seit langem aufgebaut. Viele frühere Ostblockstaaten hätten ihre militärischen Ausgaben seit 2014 – dem Jahr der russischen Krim-Annexion – mehr als verdoppelt.

Die Staaten in Mittel- und Westeuropa verwendeten 2022 insgesamt 345 Milliarden Dollar (315 Mrd. Euro) für das Militär. Damit übertrafen sie inflationsbereinigt erstmals das Jahr 1989, als der Kalte Krieg endete. Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 habe sich unmittelbar auf die Entschlüsse dieser Länder ausgewirkt, was sich etwa in mehrjährigen Plänen zur Ausgabensteigerung gezeigt habe, sagte Sipri-Experte Diego Lopes da Silva. Infolgedessen könne man in den kommenden Jahren mit weiteren Anstiegen rechnen.

USA unangefochten an der Spitze – Rekordanstieg durch Ukraine

Ganz klarer Spitzenreiter bei den Militärausgaben bleiben die USA. Nach einem Anstieg um 0,7 Prozent landeten sie bei Ausgaben in Höhe von 877 Milliarden Dollar (800 Mrd. Euro), darunter 19,9 Milliarden an Militärhilfe für die Ukraine. Damit kommen sie auf einen Anteil an den globalen Ausgaben von 39 Prozent und auf das Dreifache von China (geschätzte 292 Mrd. Dollar) auf Rang zwei. Russland steigerte seine militärischen Aufwendungen um 9,2 Prozent auf geschätzte 86,4 Milliarden Dollar, womit es vom fünften auf den dritten Platz sprang.

Indien und Saudi-Arabien komplettieren die Top fünf, Deutschland folgt dann nach Zuwächsen um 2,3 Prozent mit 55,8 Milliarden Dollar auf Rang sieben hinter Großbritannien. Mit Blick auf das ausgewiesene Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro rechnet Sipri mit einem erheblichen Anstieg der deutschen Militärausgaben in den kommenden Jahren. Vom Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung zu stecken, ist die Bundesrepublik demnach Stand jetzt mit 1,4 Prozent weiterhin weit entfernt. Die weltweiten Militärausgaben entsprachen 2,2 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts.

Und die Ukraine? Die verzeichnete einen Anstieg um satte 640 Prozent – dem höchsten, den Sipri jemals für ein Land in einem einzelnen Jahr registriert hat. Mit Militärausgaben von nun 44 Milliarden Dollar ohne Berücksichtigung finanzieller Unterstützung und Rüstungsspenden aus dem Ausland springt die Ukraine somit von Platz 36 schlagartig auf Rang 11. Angesichts dieses Kostenanstiegs und der immensen Kriegsfolgen für die ukrainische Wirtschaft entsprachen die Ausgaben geschätzten 34 Prozent des BIP des Landes – nach 3,2 Prozent 2021.

Spannungen auch in Fernost

Neben dem Ukraine-Krieg machte Sipri noch einen weiteren Grund für den globalen Anstieg aus: Spannungen in Ostasien. Die militärischen Gesamtausgaben in Asien und Ozeanien stiegen inflationsbereinigt um 2,7 Prozent auf 575 Milliarden Dollar an, stärker dabei jedoch in China (4,2 Prozent), Indien (6,0 Prozent) und in Japan (5,9 Prozent), die zusammen fast drei Viertel der regionalen Ausgaben ausmachten.

Japan hatte 2022 eine neue Sicherheitsstrategie ausgegeben, um seine militärischen Fähigkeiten mit Blick auf die wahrgenommenen Bedrohungen durch China, Nordkorea und Russland im kommenden Jahrzehnt auszubauen. «Japan erlebt einen tiefgreifenden Wandel bei seiner Militärpolitik», stellte der Sipri-Experte Xiao Liang fest.

Der jährlich erscheinende Sipri-Bericht zu den Militärausgaben in aller Welt gilt als weltweit umfassendste Datensammlung dieser Art. Die Friedensforscher zählen auch Aufwände für Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung zu den Ausgaben.

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Rheinmetall übernimmt Wartung westlicher Waffen in Ukraine

Düsseldorf (dpa) – Der Rüstungskonzern Rheinmetall richtet in Rumänien ein Wartungs- und Logistikzentrums für Panzer, Haubitzen und Militärfahrzeuge ein, die der Ukraine vom Westen zu ihrer Verteidigung geliefert wurden. Die Servicestation in Satu Mare in der Nähe der rumänisch-ukrainischen Grenze soll bereis im April den Betrieb aufnehmen, wie ein Unternehmenssprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Weiterlesen

Waffenhersteller Heckler & Koch mit Gewinnsprung

Oberndorf (dpa) – Der Waffenhersteller Heckler & Koch hat 2022 so gut verdient wie noch nie. Der Gewinn unter dem Strich legte um 132 Prozent auf 50,6 Millionen Euro zu, wie Vorstandschef Jens Bodo Koch am Freitag in Oberndorf in Baden-Württemberg mitteilte. 2022 habe man die zwei großen Militäraufträge aus den USA abgearbeitet. Aber auch in Europa sei die Nachfrage der Sicherheitskräfte hoch gewesen. Währungseffekte spielten zugleich auch eine Rolle. Der Dollar-Kurs wirkte sich positiv auf das Ergebnis aus. Weiterlesen

Ex-Präsident Medwedew droht mit Raketen auf Berlin

Moskau (dpa) – Russland will in diesem Jahr 1500 Panzer für den Krieg gegen die Ukraine produzieren. «Der militärisch-industrielle Komplex ist heiß gelaufen», sagte der Vizechef des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, in einem Interview.

Die Mehrheit der Rüstungsbetriebe arbeite im Drei-Schichten-System. Der Westen versuche zwar, Russland von wichtigen Bauteilen abzuschneiden und behaupte, dem Land würden die Artilleriegeschosse, Panzer und Raketen ausgehen. «Dabei stellen wir allein 1500 Panzer in diesem Jahr her», sagte der Ex-Präsident.

Noch im Februar hatte Medwedew, der im Sicherheitsrat auch für die Rüstungsindustrie zuständig ist, beim Besuch einer Fabrik von Bau und Modernisierung Tausender Panzer gesprochen. Experten bezweifeln, dass sein Land solche Mengen herstellen kann. Medwedew sagte nun auch, dass Russland zwar eigene Drohnen produziere. Es fehle bislang aber an großen Kampfdrohnen, für die es bald eine eigene Produktion geben werde. Weiterlesen

Dax-Debüt für Rüstungskonzern Rheinmetall

Frankfurt/Main/Düsseldorf (dpa) – Der Rüstungs- und Technologiekonzern Rheinmetall zählt seit Montag zum deutschen Leitindex Dax. In der ersten deutschen Börsenliga ersetzt das Düsseldorfer Unternehmen den Dialyse-Spezialisten Fresenius Medical Care, der den Index der mittelgroßen Werte, den MDax, abgestiegen ist.

Rheinmetall ist Deutschlands größter Rüstungskonzern. Bei Militärfahrzeugen und im Munitionsgeschäft zählt das Unternehmen nach eigenen Angaben zu den drei größten Herstellern der westlichen Welt. Rheinmetall hat derzeit einen Börsenwert von rund 10,4 Milliarden Euro. Seit der russischen Invasion in die Ukraine vor gut einem Jahr hat sich der Börsenkurs der Aktie mehr als verdoppelt. In seinen zivil ausgerichteten Bereichen ist Rheinmetall unter anderem Zulieferer für die Autoindustrie. Weiterlesen

Deutschland will von Schweiz Leopard-Panzer zurückkaufen

Berlin/Bern (dpa) – Deutschland will mit einem Rückerwerb von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 aus der Schweiz Materiallücken in der Bundeswehr schließen. Die Bitte um einen Verkauf sei in einem Brief vorgebracht worden, bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin heute. «Im Grunde steht da drin, dass wir uns freuen würden, wenn die Schweiz über die Veräußerung von Beständen aus der stillgelegten Flotte der Schweizer nachdenken würden», sagte er. Zuerst hatte die Schweizer Zeitung «Blick» darüber berichtet.

Ein entsprechendes Gesuch ging an das Verteidigungsministerium in Bern, wie dessen Sprecher Renato Kalbermatten am Freitag bestätigte. Wie viele Panzer Deutschland kaufen wolle, sagte das Schweizer Verteidigungsministerium nicht. Vertraglich ausgeschlossen werden könne, dass die Panzer aus der Schweiz später an die Ukraine gegeben würden, sagte der Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums auf eine Frage. Ziel ist dem Vernehmen nach, sie von der deutschen Rüstungsindustrie modernisieren zu lassen oder Baugruppen als Ersatzteile zu verwenden. Weiterlesen

Kämpfe wie im Ersten Weltkrieg in der Ukraine – EU besorgt

Brüssel (dpa) – In der EU wachsen wegen der jüngsten Entwicklungen an der Front in der Ukraine die Sorgen. Das Kriegsgeschehen erinnere an die Grabenkämpfe im Ersten Weltkrieg, und die ukrainischen Streitkräfte seien den Angreifern aus Russland derzeit in einigen Schlüsselbereichen zahlenmäßig stark unterlegen, sagte ein ranghoher EU-Beamter heute in Brüssel.

Die Einschätzung sei, dass die Lage auf dem Schlachtfeld, sehr vorsichtig ausgedrückt, «nicht einfach» sei. Zu Kriegsbeginn seien die Ukrainer noch zahlenmäßig überlegen gewesen. Derzeit müssten große Zahlen an Soldaten um sehr kleine Geländebereiche kämpfen.

Munition dringend benötigt

Was die Ukraine nun am dringendsten aus der EU benötige, sei zusätzliche Munition, sagte der Beamte, der namentlich nicht genannt werden wollte. Zudem brauche es weitere moderne Flugabwehrsysteme und Artillerie mit größerer Reichweite. Die Russen hätten Waffen zuletzt 120 Kilometer hinter die Frontlinie zurückgezogen, und die Ukrainer hätten in der Vergangenheit nur Artillerie mit einer Reichweite um die 80 Kilometer bekommen. Weiterlesen

USA liefern Waffen für 619 Millionen US-Dollar an Taiwan

Taipeh/Washington (dpa) – Die USA haben eine geplante Waffenlieferung an Taiwan in einem Umfang von 619 Millionen US-Dollar genehmigt. Es handelt sich um einige hundert Raketen unter anderem für F-16-Kampfjets sowie Start- und Steuerungssysteme und andere Ausrüstung, wie das Pentagon in Washington mitteilte. «Der beantragte Verkauf wird zur Fähigkeit des Empfängers, seinen Luftraum, die regionale Sicherheit zu verteidigen, und zur Interoperabilität mit den USA beitragen.» Weiterlesen

Rüstungskonzern Hensoldt legt zu

Taufkirchen (dpa) – Der Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt rechnet im laufenden Jahr weiter mit den ersten Aufträgen aus dem «Sondervermögen Bundeswehr». Zudem sollte der Konzern weiter von den erwarteten höheren Rüstungsausgaben weltweit profitieren, die vor allem vom Angriff Russlands auf die Ukraine ausgelöst wurden.

Das im SDax notierte Unternehmen bestätigte bei der Bekanntgabe der wichtigsten Eckdaten für das vergangene Jahr die erst im Dezember erhöhten Prognosen für das laufende Jahr und Mittelfristziele. So soll der Umsatz im laufenden Jahr zwischen 7 und 10 Prozent steigen. Weiterlesen

Rüstungsproduktion: Panzerbauer fordern politischen Konsens

Von Carsten Hoffmann, dpa

München/Berlin (dpa) – Der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) sieht keine industriellen Hindernisse für ein deutliches Hochfahren seiner Produktion. Sein Unternehmen frage dazu laufend alle Unterlieferanten, welche Produktionsraten möglich seien, sagte KMW-Chef Ralf Ketzel der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Ein Signal wie etwa «das geht gar nicht» hat uns bisher niemand gegeben», sagte er. «Was wir dafür brauchen, ist ein klarer politischer Konsens.»

Fast ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine werden Kapazitäten und Fähigkeiten westlicher Rüstungsunternehmen absehbar bis Sonntag auch Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) sein. Aus der deutschen Rüstungsindustrie wird unterdessen immer deutlicher kritisiert, dass ungeachtet aller politischen Erklärungen bisher kaum Aufträge eingegangen sind.

Anderes Geschäftsmodell seit Ende des Kalten Kriegs

KMW ist Hersteller von Waffensystemen wie dem Kampfpanzer Leopard 2 und der Panzerhaubitze 2000. Mit mehr als 4000 Mitarbeitern bezeichnet sich die Firma als Marktführer für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge in Europa.

Im Kalten Krieg hatte KMW jährlich etwa 300 Leopard-Panzer produziert, also etwa einen pro Arbeitstag. Danach änderte sich das Geschäftsmodell. Zuletzt gab es ein Neubauprogramm in der Größenordnung von 50 Leopard-Panzern pro Jahr. Zudem gibt es ein Upgrade-Programm, bei dem 60 oder 70 Fahrzeuge pro Jahr auf einen moderneren Stand gebracht werden. Etwa 50 weitere Fahrzeuge kommen zur Instandsetzung, also zur Reparatur und Wartung.

«Wenn man erneut in die Produktion von jährlich 300 Fahrzeugen gehen will, haben wir einige Themen, die zu beachten sind. Zum Beispiel sind die Fahrzeuge heute komplexer, denn sie bestehen aus wesentlich mehr Teilen. Außerdem würde wir bestimmte Aufgaben, die wir jetzt im Hauptwerk erledigen, wieder an Tochterunternehmen oder Partnerfirmen abgeben», sagte Ketzel. «Auch da haben wir genug Luft, um relativ zügig wieder in so eine Produktion einzusteigen, wenn sie denn wirklich gewollt ist.»

Als er selbst in das Unternehmen gekommen sei, habe es im Prinzip eine Bandmontage gegeben, «keine einzige Instandsetzung, keine einzige Umrüstung», erinnert er sich. Ketzel: «Es fand nur Serienfertigung des Leopard statt. Wir haben die Infrastruktur seitdem allerdings nicht reduziert, sondern wir sind größer geworden. Wir haben drei Hallen dazu gebaut. Das gibt uns Raum zum Atmen.» KMW sei mit Instandsetzungs- und Umrüstaufträge gut ausgelastet.

Infrastruktur reicht aus

Nach Zahlen, die in Europa noch vor dem Ukraine-Krieg erhoben wurden, und mit dem Ersatz der nun abgegebenen Fahrzeugen werde man auf eine Produktion von 500 bis 600 Leopard 2 kommen, so der KMW-Chef. Wenn dies nicht in einem extrem kurzen Zeitraum erforderlich sei, sei dies mit der jetzigen Infrastruktur in Europa und mit den jetzigen Fertigungslinien möglich.

«Wir haben einen Vorlauf von einem Jahr, bevor bei uns Montage und Integration beginnen. Das bedeutet, dass die großen Unterlieferanten, die Motoren herstellen, Optronic, Elektronik oder spezielle Optiken, sofort gefordert sind», sagte Ketzel. «Manche haben überhaupt gar kein Problem damit, weil sie für viele Systeme ohnehin eine größere Produktionsstraße haben. Manchmal lösen aber auch kleine Themen Kopfschmerzen aus. Das kann zum Beispiel ein Chip sein.»

Für Hochlaufen einer Koproduktion – ob als weitere Produktionslinie im Ausland oder in Deutschland – veranschlagt er ein bis zwei Jahre. Allerdings brauchen auch die Unterlieferanten einen Vorlauf. Ketzel: «Wir können, wenn wir jetzt einen Auftrag haben, sicherstellen, dass die ersten Systeme in zwei Jahren ausgeliefert werden. In drei Jahren geht das dann hoch. Wie steil diese Kurve wird, hängt von den Parametern ab. Wir können vielleicht zwei Linien aufbauen, aber wir können nicht fünf aufbauen.»

Bislang keine Order für Großwaffensysteme

Fast ein Jahr nach der Zeitenwende haben die Bundesregierung und das Beschaffungswesen der Bundeswehr aber noch keine Order für die Großwaffensysteme platziert. Auf die Frage, ob es für das Hochfahren der Produktion schon den Startschuss gibt, antwortet Ketzel: «Nein. Wir sind im Gespräch mit dem (Beschaffungsamt) BAAINBw für viele Verträge. Die sind aus unserer Sicht auf einem sehr guten Weg. Aber da reden wir nicht über dreistellige Stückzahlen.»

Ein klarer politischer Konsens als Entscheidungsgrundlage könne auch eine «bestimmte Zielkonfiguration» sein, was in vier Jahren erreicht werden solle. «Ein prominentes Beispiel ist der Schützenpanzer Puma: Da gab es die klare Aussage, dass im Jahr 2027 eine Division gebraucht wird. Dafür haben wir investiert. Ein gutes Beispiel sind die Briten. Die sagen, sie wollen über zehn Jahre 500 Radpanzer Boxer haben. Das funktioniert.»

Ketzel betont, dass KMW – anders als Automobilbauer oder Computerhersteller – nicht frei am Markt agieren. «Alles unterliegt dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Das ist einfach formuliert. Das Herstellen von Kriegswaffen ist erst mal verboten, und dann gibt es Ausnahmegenehmigungen. Wenn wir mit der Herstellung einer Kriegswaffe beginnen wollen, brauchen wir dafür eine Genehmigung», sagt er. «Das ist deutsche Gesetzeslage, und die wird sich nicht ändern. Das ist auch vernünftig. Wir sind eine regulierte Industrie.»

«Ad-hoc-Entscheidungen, die gar nicht so schön geplant sind»

Der Panzerbauer, der seine Zentrale in München und mehrere Niederlassungen in Deutschland und Übersee hat, beobachtet den Verlauf der Gefechte in der Ukraine und zieht daraus Schlüsse für die eigenen Konzepte beim Bau der Waffensysteme. Schon der historische Krimkrieg habe «den Ersten Weltkrieg ahnen lassen». «Heute sehen wir vieles – und verstehen es vielleicht sogar, was unser Bild von Gefechtsführung ändern wird», sagt Ketzel.

So gehe es um Fragen, ob man in der Zukunft noch mit «zeltstadtähnlichen Gefechtsständen» werde leben können oder komplexe Entscheidungsprozesse in Stäben organisiert werden müssten. «Aus der Ukraine spürt man: Das läuft völlig anders, mehr wie ein Netzwerk mit guter Kommunikation. Wir erleben ad-hoc-Entscheidungen, die gar nicht so schön geplant sind, wie wir das mit Karte und Lagebild und Berichtswesen kennen. Unsere Welt und ihre Nervensysteme funktionieren oft andersherum. Die reagieren auf Impulse, auf Informationsblöcke und nicht auf Lagevorträge.»

Auch beschäftigt die Frage, wie groß darf, wie leicht muss und wie vernetzt wird der Kampfpanzer in Zukunft sein. «Wir haben das im Marine-Sektor gesehen. Irgendwann sagte man: Kreuzer oder Schlachtschiffe sind zu groß», sagt Ketzel. «Es gibt aber weiterhin Schiffe, auch große Schiffe, allerdings keine Schlachtschiffe mehr. Heute gibt es Flugzeugträger.»

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Scholz zu Panzerlieferungen: «Mein Eindruck ist, das läuft»

Brüssel (dpa) – Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich optimistisch gezeigt, dass die Ziele für die Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine erreicht werden. «Mein Eindruck ist, das läuft», sagte der SPD-Politiker nach dem EU-Gipfel in Brüssel. «Aber es wird natürlich nicht einfach gehen.»

Nach eigenen Angaben nutzte Scholz auch beim EU-Gipfel noch einmal die Gelegenheit, «viele darum zu bitten, dass sie aktiv unterstützen». Man bemühe sich sehr intensiv, das Thema voranzubringen. Dazu gehörten auch Training, Ersatzteil- und Munitionsversorgung. Weiterlesen

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