Punkveteranen The Damned mit neuem Album «Darkadelic»

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Obwohl sie zweifellos zu den Pionieren der britischen Punkmusik zählen, werden The Damned im Vergleich zu ihren berühmteren Weggefährten Sex Pistols und The Clash häufig übergangen. Und das, obwohl die Kultband um Frontmann Dave Vanian (66) und Gitarrist Captain Sensible (69) als einzige der drei noch aktiv ist. Nachdem sie im letzten Jahr eine Nostalgie-Tour in Originalbesetzung absolviert haben, geht der Blick bei The Damned nun wieder nach vorn – mit Neuzugang Will Taylor am Schlagzeug und dem neuen Album «Darkadelic».

Genau genommen stehen The Damned schon lange für viel mehr als nur Punk. Das 1976 in London gegründete Quartett, das inzwischen zum Quintett angewachsen ist, hat über die Jahrzehnte diverse Stile in seine Musik einfließen lassen oder selbst geprägt. Auf dem zwölften Studioalbum ist quasi alles drin. «Darkedelic» – der Titel lässt es fast erahnen – ist eine überaus eingängige und melodische Mischung aus Punk, Gothrock, Garagenrock und Psychedelic, getragen von Vanians eindrucksvoller Baritonstimme.

Boris Johnson bekommt seinen eigenen Song

Höhepunkt ist die Single «Beware Of The Clown», in der The Damned mit dem geschassten britischen Premierminister Boris Johnson abrechnen. Im amüsanten Video dazu posiert Captain Sensible als Premier im Regierungssitz, der sich «unter neuer Leitung» befindet, wie ein Schild an der Downing Street Nr. 10 ausweist. Das Lied erinnert an die Kultalben «Strawberries» und «Phantasmagoria» aus den 1980er Jahren. «Western Promises» überrascht gar mit einem ausgedehnten jazzigen Trompetensolo. «Leader Of The Gang» ist purer, nostalgischer Surfrock.

Angesichts zahlreicher mitreißender Gitarrenrocksongs, darunter «The Invisible Man», «Bad Weather Girl» oder «Motorcycle Man»”, fällt es schwer zu glauben, dass auf diesem hervorragenden Album eine Band zu Werke geht, die ihr Debüt bereits vor fast 50 Jahren veröffentlicht hat. Die Songs auf «Darkadelic» klingen so frisch, kraftvoll, cool und zeitlos, dass es einfach Spaß macht. The Damned, seit jeher berühmt für energiegeladene Live-Auftritte, sind auch im Studio weiterhin eine Wucht.

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Element of Crime: «Lange Nächte um die Ohren»

Von Gerd Roth, dpa

Berlin (dpa) – Es riecht nach abgestandenem Bier. Irgendwo ist sicher auch eine Rotweinflasche umgefallen. Und knapp neben dem Aschenbecher glimmt eine Kippe. Fehlt nur noch etwas Musik. Nicht zu wild, bloß nicht laut. Leicht melancholisch könnte gut passen. Element of Crime zum Beispiel. Mit «Morgens um vier» liefert die Band einen wunderbaren Soundtrack für die Stunden irgendwo zwischen Absacker und Katerstimmung. Das Album kommt an diesem Freitag (7.4.) raus.

Die Bilder hat die Band mit den Videos für die beiden Singles «Unscharf mit Katze» sowie «Dann kommst du wieder» gleich mitgeliefert. Es wird gefeiert, geredet, an Bars gesessen, getrunken, geraucht. «Das passt auf eine Weise, weil die Band diese Art von Geschichte auch hat», sagt Sänger Sven Regener der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Wir kommen aus diesem alten Westberliner Mauerstadt-Ding, aus einer Welt, wo man sich traditionell und immer schon lange Nächte um die Ohren haut.»

Fast vier Jahrzehnte ist die vom gebürtigen Bremer Regener gegründete Band inzwischen musikalisch in dieser Welt unterwegs. Neben dem Sänger, der auch als Schriftsteller etwa mit der Fortsetzungsgeschichte um «Herr Lehmann» erfolgreich ist, gehören noch Gitarrist Jakob Friderichs, Schlagzeuger Richard Pappik und seit vergangenem Jahr Markus Runzheimer am Bass dazu, der den gestorbenen Bassisten und Produzenten David Young ersetzte.

Runzheimer war schon länger Ersatzmann für Young. «Deshalb war das ein relativ fließender Übergang», sagt Regener. Die zweite Position hält er für nicht mehr so wichtig. «Ein Musikproduzent spielt nach über 35 Jahren bei einer Band wie uns auch nicht mehr so eine übergroße Rolle», sagt er. Anleitung für das Aufnehmen eines Albums sei nicht mehr notwendig. «Wir brauchen nur jemanden als zusätzliche Instanz, der uns eine Menge abnimmt und die Sache mit etwas mehr Distanz betrachtet.» Mit Patrick Meyer sei jemand gefunden, der gut passe und «die Band sehr gut kennt, versteht und schätzt – das ist das Wichtigste dabei».

«Die Band lebt»

Die lange gemeinsame Zeit zeigt für Schlagzeuger Pappik, «dass die Band lebt und Lust hat weiterzumachen. Immer wieder, auch wenn es mal zwischendurch eine Pause gab.» Für Regener alles keine Absicht. «Auch das ist etwas, was man sich nicht vornimmt und sagt: Hey, wir wollen diese Band jetzt so lange wie möglich durch dieses Leben und die Welt prügeln. Nein, im Gegenteil, es ist eher komisch, dass das schon so lange läuft. Wir halten das gar nicht für einen Verdienst.»

Das 15. Studioalbum, darunter 2005 der wohl größte Erfolg «Mittelpunkt der Welt» mit dem Hit «Delmenhorst», ist musikalisch dann auch keine Überraschung. Was bei Element of Crime nicht schlimm sein muss. Die Band liefert seit Jahren verlässlich gute Songs. Es geht ruhig zu, nicht zu laut, nicht zu schnell.

Der Stil erinnert häufig an Calexico. Gerade auch dann, wenn die wunderbar melancholischen Trompetensoli von Regener zu hören sind. Vor allem gibt es viel Gitarre, gern auch mal geslided. Dann klingt es manchmal nach Country, was es nicht ist. Dazu sind die Rock- und Popelemente zu beherrschend. Zehn Songs, rund 40 Minuten voll von gut hörbarer Musik.

Hinzu kommen Regeners Texte mit diesen mitunter unendlich wirkenden Sätzen, gern über mehrere musikalische Phrasen gestreckt. Etwa: «Liebe ist – wie schon Johannes Mario Simmel, sagst du, völlig richtig eines seiner besten Bücher nannte – nur ein Wort und das fehlt dir, sagst du, im Alltag nicht so sehr» in «Liebe ist nur ein Wort». Es geht viel um Verlust («Ohne Liebe geht es auch»), Zweisamkeit («Nur der Anfang»), Rückkehr («Dann kommst du wieder»), schräge Beobachtungen («Morgens um vier») oder den manchmal auch tieferen Sinn im Alltäglichen («Wieder Sonntag»).

«Eine völlig ungeregelte Zone des Bewusstseins»

Für den 62-Jährigen unterscheidet sich das Schreiben der Songs klar vom großen Konzept eines Buches. Erste Ideen kämen immer spontan, wenn er sich lange genug mit einer Melodie beschäftigt habe. «Es ist eine völlig ungeregelte Zone des Bewusstseins. Daher ist es die reine Wildnis. Da herrscht das Gesetz des Dschungels, da überleben nur die stärksten Ideen.»

Texte und Musik müssen für die Band auch stärker sein als Krisen, wie etwa die Corona-Zeit. «Es gab immer irgendwelche Krisen, wenn wir Platten aufgenommen haben. Die Welt ist so», sagt Regener. «Dennoch ist es wichtig, dass man Musik macht, dass man trotzdem Lieder entstehen lässt. Damit die Welt sich weiterdreht!»

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Pink Floyd: 50 Jahre «The Dark Side Of The Moon»

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Es war eine Sternstunde der Rockmusik, einer jener magischen Momente, an dem alles zu passen schien. Sieben LPs hatte die britische Band Pink Floyd bereits veröffentlicht, als sie mit der Arbeit an einem Album begann, das alles verändern sollte. «The Dark Side Of The Moon» erschien im März 1973 und machte Pink Floyd zu Weltstars.

Es war ein künstlerischer und kommerzieller Erfolg, der bis heute nachwirkt. Zum 50. Jubiläum wird das epische Meisterwerk mit dem wahrscheinlich berühmtesten Albumcover der Musikgeschichte in einem gewaltigen Boxset mit reichlich Zusatzmaterial neu aufgelegt.

Endlich also wieder gute Nachrichten für Pink-Floyd-Fans. Zuletzt sorgte der Ex-Frontmann Roger Waters für Negativschlagzeilen. Immer wieder gerät der 79-Jährige mit umstrittenen Aussagen zu Israel und zum Krieg in der Ukraine in die Kritik. Weil ihm Antisemitismus vorgeworfen wird, wollen mehrere deutsche Städte seine geplanten Konzerte absagen. Waters wies die Vorwürfe zurück.

Obendrein stritten der Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour (76) und Waters, der die Band 1985 verlassen hatte, vor kurzem wieder einmal öffentlich miteinander. Die beiden ehemaligen Kollegen gelten seit langem als Intimfeinde. Der dritte noch lebende Pink-Floyd-Musiker, Schlagzeuger Nick Mason (79), hält sich raus.

Harmonie zu Beginn der Siebziger

Anfang der 1970er Jahre ging es noch sehr harmonisch bei Pink Floyd zu, zu denen damals noch der 2008 gestorbene Keyboarder Richard Wright gehörte. «Man fühlte, dass die gesamte Band an einem Strang zog», erinnerte sich Wright in dem Dokumentarfilm «The Making of The Dark Side Of The Moon» zum 30. Jubiläum. Und Waters nannte den Grund dafür. «Ich glaube, das lag daran, dass wir noch ein gemeinsames Ziel hatten: reich und berühmt zu werden.»

Psychedelic Rock

Bis dato waren Pink Floyd vor allem für psychedelischen Rock mit ausufernden Instrumentalpassagen bekannt. 1968 hatte sich die Band vom Gründer und Songwriter Syd Barrett getrennt, dessen exzessiver Drogenkonsum und damit verbundene mentale Probleme die Zusammenarbeit unmöglich machten. So übernahmen die verbleibenden Mitglieder das Songwriting. Ihr Sound entwickelte sich mehr und mehr zum Progressive Rock – komplexer, aber gleichzeitig melodischer und zugänglicher.

Die Arbeiten zu «The Dark Side Of The Moon» begannen laut Gilmour im Londoner Stadtteil Bermondsey in einem Proberaum, der in einem alten Lagerhaus gelegen war, das den Rolling Stones gehörte. «Ich weiß nicht, wie viel da wirklich geschrieben wurde», so Waters. Was er meint: Pink Floyd jammten ausgiebig und entwickelten dabei Songideen.

Zeit, Stress, Kommerz, Gier

Alle vier sind als Songwriter gelistet – Waters allerdings am meisten. Die Texte schrieb der Sänger und Bassist allein. Sie handelten von Themen und Herausforderungen des täglichen Lebens, von Zeit, Stress, psychischen Problemen, Gier, Kommerz und Tod. So düster die Lyrik auf «The Dark Side Of The Moon», so erhebend ist die Musik. Allen voran das meditative «Breathe». Fast schon verträumt klingt «Us And Them», obwohl es von Krieg, Rassismus und mangelnder Hilfsbereitschaft handelt. Beim textfreien «The Great Gig In The Sky» ließen Pink Floyd die Sängerin Clare Torry improvisieren – ein akustisches Spektakel.

Einige Lieder hatten lange vor Vollendung des Albums den Weg in Pink Floyds Konzerte gefunden. Als Fans noch nicht mit Smartphones filmten und Clips im Internet veröffentlichten, konnten die Briten ihre Songs live fortlaufend weiterentwickeln. Im Studio waren die Musiker dann bereits eingegroovt und brauchten nicht mehr viele Anläufe.

Produktion ohne Computer

Der Produktionsaufwand war dennoch gigantisch. Computer standen noch nicht zur Verfügung. Alles musste manuell gemacht werden. Für das rhythmische Klingen der Kassen wurden mühselig klimpernde Münzen, eine Registrierkasse und andere Geräusche aufgezeichnet und dann analog zusammengeschnitten. Die Uhren, die im Intro von «Time» zu hören sind, hatte der Toningenieur Alan Parsons (der später selbst Popstar wurde) vorher für ein Klangexperiment aufgezeichnet. Die Tonspuren mussten perfekt getimt per Tastendruck gestartet werden.

Bevor Sampling und Automation existierten, experimentierten Pink Floyd mit Oszillatoren und Synthesizern, um futuristische Sounds zu erzeugen. Besonders markant zu hören ist das auf «On The Run». «Wir wollten immer mehr Dinge einbringen, als wir Tonspuren hatten», erinnerte sich Gilmour. Die Abmischung sei deshalb so aufwendig wie eine Live-Performance gewesen. «Wir standen alle um das Mischpult herum und hatten unsere Hände an den Reglern», so Wright.

Konzeptalbum mit komplexen Songs

Das Ergebnis rechtfertigte den Aufwand. «The Dark Side Of The Moon» begeisterte Kritiker und Musikfans und verkaufte sich bis heute nach Angaben der Band mehr als 50 Millionen Mal. Pink Floyd etablierten sich damit als eine der wichtigsten und einflussreichsten Gruppen der Musikgeschichte. Zudem gilt das Werk mit seinen ineinandergreifenden komplexen Songs als Meilenstein in der Geschichte der Konzeptalben. Mit «Money» hatte die bis dato in Amerika wenig beachtete Gruppe zudem ihre erste Hitsingle jenseits des Atlantischen Ozeans.

So legendär wie die Musik ist auch das ikonische Albumcover mit dem Prismenspektrum, das von Designer Storm Thorgerson von der Firma Hipgnosis entworfen und von George Hardie gezeichnet wurde. Bis heute ziert der Lichtstrahl rund um die Welt unzählige T-Shirts, auch von Menschen, die mit der Musik von Pink Floyd nichts am Hut haben.

Am 24. März 1973 kam «The Dark Side Of The Moon» in die deutschen Plattenläden. Auf den Tag genau 50 Jahre später erscheint das «50th Anniversary Deluxe Box Set». Es enthält eine neu abgemischte Fassung des Albums auf Schallplatte, CD, DVD und Blu-Ray samt originalem 5.1-Mix, damit man es im Surround-Sound genießen kann, vorausgesetzt man hat die entsprechende technische Ausstattung zuhause.

Auf CD und erstmals auch auf Vinyl ist ein Pink-Floyd-Konzert von 1974 aus der früher als Empire Pool bekannten Wembley-Arena in London enthalten, das auch separat erhältlich ist. Diese Ausgabe beschränkt sich auf die Performance von «The Dark Side Of The Moon» und lässt andere Songs des Gigs (darunter «Shine On You Crazy Diamond») weg.

Box mit Poster und Buch

Zudem enthält die elegante Box Vinyl-Singles von «Money» und «Us And Them», ein Notenbuch, Poster und andere Memorabilien. Ein Highlight ist das 160 Seiten starke Buch mit Fotos der Tour 1973-74, das viele interessante Aufnahmen enthält, darunter die Bandmitglieder beim Squash-Spielen.

Die letzten Fotos im Buch zeigen Pink Floyd bestens gelaunt auf einer Parkbank in London. Roger Waters und David Gilmour sitzen lachend nebeneinander. Das wird vermutlich nie wieder passieren. Zumal Waters das aktuelle Jubiläum zum Anlass für ein heikles Projekt nahm. Im Interview des «Telegraph» verriet er, dass er «The Dark Side Of The Moon» im Alleingang komplett neu eingespielt hat. Bleibt abzuwarten, wie sich David Gilmour – oder seine Anwälte – dazu äußern.

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Lynyrd Skynyrd: Gitarrist Gary Rossington gestorben

Jacksonville (dpa) – Der US-amerikanische Gitarrist und Songwriter Gary Rossington ist am Sonntag gestorben. Das bestätigte die legendäre US-Rockband Lynyrd Skynyrd auf ihrer Facebook-Seite. Lieder wie «Sweet Home Alabama» (1974) und «What’s Your Name» (1977) machten die Gruppe aus Jacksonville in Florida weltberühmt. Weiterlesen

Der stille Beatle: George Harrison wäre jetzt 80 Jahre alt

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Während für Fans der Beatles eine Welt zusammenbrach, sah George Harrison das Aus der Band im Jahr 1970 wohl mit Erleichterung. «Es gibt mehr im Leben, als ein Beatle zu sein», soll er damals gesagt haben. Nach der Trennung feierte er als Solomusiker und Filmproduzent Erfolge. Aber natürlich wird Harrison, der am 29. November 2001 einem Krebsleiden erlag, für immer mit den Beatles verbunden bleiben. Am Samstag (25.2.) wäre er 80 Jahre alt geworden.

Es war kein Geheimnis, dass dem als schüchtern geltenden Musiker der Massenhype um die Gruppe, die Beatlemania, unheimlich war. Dass bei ihren Konzerten reihenweise junge Frauen in Ohnmacht fielen, empfand der wortkarge Brite im Gegensatz zu seinen Bandkollegen als beängstigend. Schon Mitte der 1960er Jahre setzte er deshalb durch, dass die Beatles nicht mehr auf Tournee gingen, andernfalls drohte er mit seinem Ausstieg. Das letzte reguläre Konzert der «Fab Four» fand am 29. August 1966 im Candlestick Park in San Francisco statt.

Jüngstes Mitglied der Beatles

Harrison, der am 25. Februar 1943 in Liverpool geboren wurde, war das jüngste Mitglied der Gruppe – und wurde vom Duo Lennon/McCartney offenbar auch häufig so behandelt. Seine Beiträge zum Songwriting wurden besonders zu Beginn der Beatles-Karriere oft abgelehnt. «Paul und John hatten ein unbestreitbares Talent, und sie bildeten ein gutes Duo», räumte Harrison ein. «Es waren aber auch zwei Typen mit einem riesigen Ego, die wenig Spielraum für andere ließen.»

Immer wieder soll Harrison mit McCartney über die musikalische Richtung gestritten haben. Sein eher experimenteller musikalischer Ansatz stieß anfangs auf wenig Gegenliebe, weil McCartney auf einen polierten und kommerziell ausgerichteten Sound pochte. Dennoch hatte Sänger, Gitarrist und Songwriter Harrison maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Beatles. Er steuerte Klassiker wie «Something», «While My Guitar Gently Weeps», «Here Comes The Sun» oder «Taxman» bei und prägte einige ihrer innovativsten Werke.

Mit dem wachsenden Erfolg und der enormen Popularität der «Fab Four» nahmen die Spannungen und Meinungsverschiedenheiten allerdings noch zu. Harrison fühlte sich nicht ausreichend wertgeschätzt. Der Konflikt gipfelte 1970 in der Auflösung der Gruppe wegen kreativer Differenzen. Das letzte Studioalbum «Let It Be» erschien erst danach.

Harrison organisierte viele Benefizkonzerte

Direkt nach der Trennung der Beatles veröffentlichte George Harrison 1970 sein drittes und pointiert betiteltes Soloalbum «All Things Must Pass» («Alles geht vorbei») mit dem Evergreen «My Sweet Lord». Noch als Beatle hatte er 1968 das von klassischer indischer Musik geprägte Album «Wonderwall Music» veröffentlicht, ein Jahr drauf das von Moog-Synthesizern dominierte «Electronic Sound».

Als Solokünstler lebte er sich kreativ aus. Als eines seiner besten Alben gilt «Living In The Material World» (1973), auf dem er über den Konflikt zwischen seiner Suche nach spiritueller Erleuchtung und seinem Status als Superstar singt. Mit seinem Freund, dem indischen Musiker und Sitar-Meister Ravi Shankar, nahm er mehrere Alben auf.

George Harrison galt als Philanthrop. Er organisierte viele Benefizkonzerte, darunter zwei Shows am 1. August 1971 im New Yorker Madison Square Garden, um Spenden für Flüchtlinge aus dem Unabhängigkeitskrieg von Bangladesch zu sammeln. «The Concert For Bangladesh» wurde später als LP veröffentlicht.

Hypothek auf Haus für «Das Leben des Brian»

Seine erste ausgedehnte Tournee nach den Beatles geriet 1974 zum Fiasko, weil der Musiker nicht in Form war. Berichten zufolge lag das auch an seinem hohen Drogenkonsum damals. Außerdem spielte er kaum Songs von den Beatles und verärgerte so langjährige Fans. Die Folge: Harrison zog sich auf Jahre weitestgehend von der Bühne zurück.

1978 gründete er die Firma HandMade Films, ursprünglich um seinen Freunden von der Comedy-Truppe Monty Python zu helfen. Für die Finanzierung ihres Films «Das Leben des Brian» nahm Harrison sogar eine Hypothek auf sein Haus auf. Es folgten weitere Filmerfolge.

Als Musiker war er mit dem Album «Cloud Nine» (1987) im MTV-Zeitalter wieder sehr präsent. Sein James-Ray-Cover «Got My Mind Set On You» war ein Nummer-Eins-Hit in den USA und erreichte Platz zwei in Großbritannien. In der Single «When We Was Fab» sang Harrison über seine Beatles-Zeit. Anschließend gründete er mit Co-Produzent und ELO-Frontmann Jeff Lynne die Traveling Wilburys. Die Supergroup, zu der auch Bob Dylan, Tom Petty und Roy Orbison gehörten, brachte zwei Alben heraus. Ihr bekanntester Song war «End Of The Line».

Erst 1991 wagte sich George Harrison gemeinsam mit seinem Kumpel Eric Clapton wieder auf Tournee und spielte eine Reihe von Konzerten in Japan, die als Doppelalbum «Live in Japan» veröffentlicht wurden. Das gelungene Comeback war zugleich seine letzte Tournee. Danach trat der Ex-Beatle nur noch vereinzelt auf und saß wieder mehr im Studio. Er versöhnte sich mit Paul McCartney und arbeitete mit ihm an diversen Beatles-Projekten.

1997 wurde bei George Harrison Kehlkopfkrebs diagnostiziert, laut dem Musiker eine Folge jahrzehntelangen Rauchens. «Leute, ich sterbe euch noch nicht weg», sagte er der «News Of The World», nachdem der Tumor erfolgreich entfernt worden war, «ich habe unheimliches Glück.»

Überfall mit 40 Stichwunden

Kurz vor Silvester 1999 wurden Harrison und seine Frau Olivia nachts in ihrem Haus von einem psychisch kranken Mann überfallen, der mehrfach mit einem Messer auf ihn einstach. Harrison, der nicht erst seit der Ermordung John Lennons in Angst vor Stalkern lebte, wurde mit 40 Stichwunden ins Krankenhaus eingeliefert. Teile seiner Lunge mussten entfernt werden. In einer Pressemitteilung scherzte der Musiker anschließend: «Er war kein Einbrecher und er wollte auch sicherlich nicht für die Traveling Wilburys vorspielen.»

Nachdem er den Angriff überstanden hatte, folgten 2001 die nächsten Schicksalsschläge, von denen er sich nicht mehr erholte: Lungenkrebs und ein bösartiger Hirntumor. Seine letzten Tage verbrachte George Harrison auf einem Anwesen in Beverly Hills, das seinem Freund McCartney gehörte. Dort starb er am 29. November 2001 im Alter von 58 Jahren, umgeben von seiner Frau, seinem Sohn Dhani und Freunden.

Seit Jahren hatte er an einem neuen Studioalbum gearbeitet, das von Dhani Harrison und Jeff Lynne fertiggestellt wurde. «Brainwashed», das zwölfte und letzte Studioalbum von George Harrison, erschien fast genau ein Jahr nach seinem Tod. Eine Woche drauf wurde der Musiker mit einem Benefizkonzert in der Royal Albert Hall gewürdigt.

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Pink: Keine Tablets und Smartphones für ihre Kinder

London (dpa) – US-Sängerin Pink («Get The Party Started») versucht, ihre Kinder von Tablets und Smartphones fernzuhalten, wann immer es geht. «Wenn wir mit anderen Familien in den Urlaub fahren, zum Beispiel zum Camping, dann hängen all die anderen Kids an ihren iPads, aber meine dürfen das nicht», sagte die zweifache Mutter der Deutschen Presse-Agentur in London. «Wir machen sowas nicht, alle anderen Kinder aber schon.» Weiterlesen

Rock aus Rom: Drittes Album von Måneskin

Rom (dpa) – Måneskin scheinen erst mal keine Pause zu brauchen. Nach ihrem grandiosen Erfolg beim Eurovision Song Contest (ESC) 2021 im niederländischen Rotterdam veröffentlichen die Italiener nun ihr insgesamt drittes Studioalbum.

«Rush!» («Eile») heißt die Platte und beschallt die Ohren von Rockfans mit 17 Titeln. Damit wollen die Musiker um Frontmann Damiano David aus Rom wieder die Charts in Italien und international erstürmen.

Das Album enthält viele flotte Rock-Nummern, die mit Sicherheit beim einen oder anderen den Fuß mitwippen lassen. Manche Songs kommen mit viel Druck daher («Kool Kids»), andere haben einen etwas schleppenden Touch («Bla Bla Bla»). Mit dabei ist hier und da auch ein balladenhaftes Stück («Timezone», «If Not For You») – vielleicht als kleine Insel zum Verschnaufen in der Eile. Weiterlesen

John Cale auf dem Elektrotrip

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – «Ja, es ist ein Liebeslied», verkündet John Cale im Musikvideo seiner aktuellen Single «Noise Of You». «Als ich diesen Song skizziert habe, ging es vor allem um die Atmosphäre.» Das war auch die Marschroute für sein neues Album – das erste seit mehr als einem Jahrzehnt mit neuen Songs des Musikpioniers. Auf «Mercy» singt der experimentierfreudige Waliser, der im März 81 Jahre alt wird, zu atmosphärischen, ambientartigen Klängen und Elektrobeats.

Der Titelsong, ein Duett mit der in Berlin lebenden US-Sängerin und Elektro-Musikerin Laurel Halo, ist ein siebenminütiger, wunderbarer Downbeat-Klangteppich. «Days and days were spent in anger», singt Cale fast klagend. Lyrisch verarbeitet der gebürtige Waliser auf seinem 17. Studioalbum alles, was ihm in den letzten Jahren missfiel: Trump, Brexit, Covid oder Klimawandel.

Unheimliche Stimmungen

Die Stimmung ist mitunter etwas dystopisch. Der düstere Track «Marylin Monroe’s Legs», eine Kooperation mit dem britischen Elektro-Musiker Actress, fasziniert mit mysteriösen Echos, undefinierbaren Sounds und der Atmosphäre eines David-Lynch-Films. Die Stimmung ist unheimlich wie etwa bei «Lost Highway».

Hingegen singt Cale mit der vielseitigen Indie-Musikerin Weyes Blood, die zuletzt auch auf Alben von Lana Del Rey und den Killers gastierte, das eher erhebende «Story Of Blood», das nach jazzigem Piano-Intro zu einem kleinen Klangspektakel wird. Auch die Single «Noise Of You», die laut Cale von einem Winter in Prag inspiriert wurde, ist eher sinnlich und hat etwas Entspannendes.

Spannende Klangreise

Es ist nicht leicht, die passenden Worte für diesen faszinierenden Elektrotrip zu finden. «Mercy» ist eine unvorhersehbare, bisweilen merkwürdige, aber sehr spannende Klangreise. Bei wiederholtem Hören entdeckt das Ohr immer wieder etwas Neues. Und mit 80 Jahren gelingt es John Cale, der einst in New York als Mitgründer von The Velvet Underground die Musikwelt nachhaltig prägte, immer noch, mit seiner Musik zu überraschen.

Ab Februar geht John Cale  auf Tournee und spielt unter anderem sechs Konzerte in deutschen Städten.

• 16.02. Karlsruhe – Tollhaus

• 19.02. Frankfurt – Batschkapp

• 25.02. Hamburg – Kampnagel

• 26.02. Leipzig – Haus Auensee

• 28.02. Berlin – Verti Music Hall

• 05.03. München – Muffathalle

(ohne Gewähr)

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«Live And Dangerous»: Klassiker von Thin Lizzy neu aufgelegt

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Ursprünglich hatten Thin Lizzy vor rund 45 Jahren gar kein Livealbum im Sinn. Nach dem großen Erfolg des 1977 erschienenen «Bad Reputation» hatte die Band um den charismatischen Frontmann Phil Lynott eigentlich das nächste Studioalbum mit Produzent Tony Visconti aufnehmen wollen. Doch Visconti, der auch mit Marc Bolan und David Bowie arbeitete, war so gefragt, dass er kaum Zeit hatte.

Thin Lizzy machten aus der Not eine Tugend und stellten mit Visconti aus gerade aufgezeichneten Konzertmitschnitten ein Livealbum zusammen, das zu einem riesigen Erfolg wurde. 1978 kam «Live And Dangerous» heraus. Zum 45. Jubiläum wurde dieser Klassiker der Rockgeschichte jetzt neu aufgelegt.

Los geht’s mit «Jailbreak»

Ein perfektes Livealbum vermittelt beim Hören das Gefühl, man wäre selbst beim Konzert dabei. «Live And Dangerous» gelingt genau das. Es beginnt mit «Lizzy, Lizzy»-Sprechchören des Publikums, bevor donnernde Gitarren die Halle zum Kochen bringen. Unter frenetischem Jubel erklingt das berühmte Gitarrenriff von «Jailbreak».

Ein Kracher jagt bei diesem mitreißenden Konzertmitschnitt den nächsten, darunter das launige «Dancing In The Moonlight», die bluesige, ergreifende Megaballade «Still In Love With You» oder die unsterbliche Hymne «The Boys Are Back In Town».

Bei «Baby Drives Me Crazy» spielt der noch junge Huey Lewis die Mundharmonika. Lynott, der 1986 im Alter von nur 36 Jahren starb, macht lässige Sprüche und heizt das begeisterte Publikum an.

Immer wieder auf den Bestenlisten

Die Doppel-LP wurde ein kommerzieller Erfolg, schaffte es in Großbritannien bis auf Platz zwei der Albumcharts und hielt sich lange in den Top 10. Nur am Soundtrack von «Saturday Night Fever» gab es damals kein Vorbeikommen. Bis heute landet «Live And Dangerous» immer wieder in den Bestenlisten namhafter Musikmagazine wie «Rolling Stone» «NME» oder «Classic Rock» über die besten Livescheiben.

Jahrelang hielt sich das Gerücht, Thin Lizzy hätten mit zahlreichen Overdubs ordentlich nachgeholfen, also nicht nur die üblichen kleinen Korrekturen vorgenommen, sondern das meiste im Studio noch einmal nachträglich eingespielt. Produzent Tony Visconti behauptete das, die Band hingegen dementierte es stets. Laut Lynott hätte das die Atmosphäre ruiniert. Und das ist definitiv nicht der Fall.

Mit der Neuauflage dürfte das Thema ein für alle Mal vom Tisch sein. Denn die «Super Deluxe Edition» mit insgesamt acht CDs enthält neben dem neu remasterten Kultalbum alle sechs Konzerte aus London, Toronto und Philadelphia, die damals für «Live And Dangerous» genutzt und nun – unter der Leitung von Thin-Lizzy-Gitarrist Scott Gorham – anhand der Originaltonspuren neu abgemischt wurden. Diese Aufnahmen seien «absolut unberührt», versicherte Gorham vor kurzem im Interview des Magazins «Record Collector».

Die jeweils zwei Auftritte aus dem Hammersmith Odeon in London, dem Philadelphia Tower und dem Seneca College Fieldhouse in Toronto beinhalten sogar Songs, die nicht Teil von «Live And Dangerous» waren – «Opium Trail», «Johnny» oder das epische «Soldier Of Fortune». Mit «It’s Only Money» von «Nightlife» und «Me And The Boys», das regulär auf keinem Album gelandet ist, sind auch Raritäten darunter.

Pure Hardrock-Magie

45 Jahre später hat «Live And Dangerous» nichts von seiner Kraft eingebüßt. Fehlte den Studioalben bis dato noch ein wenig Feuer, ist dieses Livealbum pure Hardrock-Magie. Zu hören ist eine der besten Livebands der 70er Jahre auf ihrem Höhepunkt.

Sänger und Bassist Phil Lynott war nicht nur ein Rocker, sondern ein Poet. In seinen Songs, die Huey Lewis sehr treffend als filmisch bezeichnete, erzählt Lynott mit viel Gefühl Geschichten, während Scott Gorham und Brian Robertson mit ihren Doppel-Gitarrenharmonien und kernigen Riffs jeden Rockliebhaber verzücken.

Parallel zu «Live And Dangerous» erscheint eine Neuauflage zum 40. Jubiläum des zweiten Livealbums von Thin Lizzy, allerdings nur als 2-CD-Version ohne neues Bonusmaterial. «Life Live» wurde überwiegend auf der Abschiedstour 1983 aufgenommen. Dafür traten mehrere ehemalige Lizzy-Gitarristen noch einmal mit der Band auf, darunter Gary Moore, der damals bereits als Solokünstler erfolgreich war.

«Life Live» genießt zwar nicht den Kultstatus von «Live And Dangerous», doch es steht seinem Vorgänger in nichts nach. Das grandiose Album enthält zudem Songs wie «Killer On The Loose», «Angel Of Death» oder «Thunder And Lightning» aus den frühen 80er Jahren, als Thin Lizzy deutlich härteren Rock spielten. Beide Alben sind Dokumente einer vergangenen Zeit, einer goldenen Ära der Rockmusik.

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75 Jahre und kein bisschen leise: Iggy Pop rockt wieder

Von Philip Dethlefs, dpa

London (dpa) – Privat lässt es Iggy Pop mit seinen 75 Jahren längst ruhiger angehen als früher. Der «Godfather of Punk» zeigte sich sogar demütig mit Blick auf einstige Zerstörungsorgien. Auch musikalisch schlug er zuletzt mit dem Album «Free», einer Mischung aus Ambient und Jazz, deutlich leisere Töne an. Doch damit ist nun erstmal Schluss. Als wollte er es noch einmal allen zeigen, gibt Iggy Pop auf «Every Loser» wieder den wilden, wütenden Kerl.

«Ich bin rasend, du verdammter Mistkerl», singt er – noch milde übersetzt – im Refrain des mitreißenden Garagen-Rockers «Frenzy» und klingt dabei wie einer, der nach der Zeit der Pandemie dringend ein Ventil brauchte. «Ich habe die Krankheit satt», schimpft der ehemalige Frontmann der Stooges mit Übersteuerung ins Mikrofon. Das macht richtig Spaß, auch wenn – oder gerade weil – der 75-Jährige auf seine alten Tage so wenig bedrohlich wirkt wie seine Zeitgenossen Alice Cooper oder Ozzy Osbourne.

Soweit so wild – nach dem packenden Albumopener wird es etwas gemächlicher, jedoch nicht weniger cool. Eine lässige Bassline und markante Keyboard-Riffs verpassen «Strung Out Johnny» einen starken New-Wave-Einschlag, bevor der rifflastige Punk-Refrain einsetzt. Inhaltlich geht es um den Absturz in die Drogenabhängigkeit. Damit kennt sich der Sänger mit dem unverwechselbaren Bariton, der nach eigener Aussage seit über 20 Jahren clean ist, bestens aus.

«New Atlantis» kann wahrscheinlich als Ballade durchgehen. Es ist eine Liebeserklärung an Iggy Pops Wahlheimat Miami, die er im Song als «eine wunderschöne Hure von einer Stadt» bezeichnet. «Aber jetzt versinkt sie im Meer», singt er in Anspielung auf den steigenden Meeresspiegel, der die Metropole in Florida bedroht.

Kurzweilig und packend

Typisch Iggy Pop, er setzt sich auch im Alter keine Stilgrenzen. Wie selbstverständlich lässt der Mann, der meistens mit freiem Oberkörper rumläuft, kräftigen Punkrock («Modern Day Ripoff», «Neo Punk»), lässig groovende Balladen («Morning Show») und Power-Pop mit Synthesizern («Comments») zu einem kurzweiligen, packenden Album verschmelzen, das schon beim ersten Durchlauf zündet.

Die unglaublich coole, tiefe Stimme trägt alles – und wird begleitet von namhaften Musikern. Den Bass spielt Duff McKagan von Guns N’ Roses. Am Schlagzeug sind Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Travis Barker (Blink-182) und der kürzliche verstorbene Foo-Fighters-Drummer Taylor Hawkins zu hören. Ex-Chili-Peppers-Mitglied Josh Klinghoffer spielt Gitarre und diverse Tasteninstrumente. Außerdem sind Dave Navarro und Eric Avery von Jane’s Addiction dabei. Viele der Musiker sind auch als Co-Songwriter gelistet. Produziert hat Andrew Watt, der schon mit Justin Bieber, Miley Cyrus und Pearl Jam gearbeitet hat.

Auf seine unvergleichliche Art hatte Iggy Pop angekündigt, mit diesem, seinem 19. Album «die Scheiße aus euch rauszuprügeln». Über solche Sprüche muss die Punk-Ikone mit 75 Jahren wahrscheinlich selbst schmunzeln. Schließlich ist Iggy Pop, der einst ein schüchterner Junge war und eigentlich Jim Osterberg heißt, schon lange kein verhasster und gefürchteter Antiheld mehr, sondern eine allseits beliebte Kultfigur.

Auf dem Albumartwork ist ein jüngerer Iggy Pop zu sehen. Die Fotos sind vermutlich Ende der 1970er Jahre entstanden. Wie passend. Denn «Every Loser» ist ein Album, das auch von Nostalgie lebt, von der Erinnerung an wildere Zeiten. Es ist ein großartiges und angemessenes Alterswerk. Vielleicht kein allzu harter, aber ein im positiven Sinne gepflegter musikalischer Tritt in den Allerwertesten.

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Frank Zappas Jazzrock-Alben zum 50. Jubiläum

Von Antje Raupach, dpa

Berlin (dpa) – Das Jahr 1971 ging für Frank Zappa nicht gut zu Ende: Erst brannte am 4. Dezember beim Auftritt mit seiner Band The Mothers of Invention der Konzertsaal im Casino von Montreux ab, bei dem ein Großteil seiner Soundanlage zerstört wurde. Und dann, nur wenige Tage später, am 10. Dezember, schubste ihn ein junger Mann in den Bühnengraben bei seinem Konzert im Londoner Rainbow Theatre. Der US-Musiker stürzte drei Meter in die Tiefe und verletzte sich so schwer, dass er neun Monate im Rollstuhl sitzen musste und bis zu seinem Tod 1993 an chronischen Rückenschmerzen litt.

Aber anstatt in Lethargie zu verfallen und sich im eigenen Elend zu suhlen, zog sich der als Bürgerschreck verschriene Anfang 30-Jährige in sein Haus im kalifornischen Laurel Canyon nahe Los Angeles zurück. Von dort aus steuerte er die Zusammenstellung einer 20-köpfigen Band und veranstaltete Aufnahme-Sessions, an deren Ende eine weitere Tournee und zwei Alben in einem Jahr (1972) herauskamen, die eine Zäsur im Werk Zappas markieren: «Waka/Jawaka» und «The Grand Wazoo».

Ein richtiger Zappa-Rausch

«Zappas neue Gruppe ist eine Sensation», schrieb ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur im September 1973 begeistert über den Auftritt Zappas in der Hamburger Musikhalle. «Komplizierte Linien, bei denen die Instrumente ungewöhnlich eingesetzt wurden, verdichteten sich zu rhythmischen Geflechten», hieß es weiter.

Und in der Tat versetzen die beiden Jazzrock-Alben, die zum 50. Jubiläum in einer großen Box mit vier CDs zu den Aufnahme-Sessions und einer Blu-ray-Audio-Disc mit den beiden besagten Alben mit neuen Dolby Atmos erscheinen, den Hörer in einen richtigen Zappa-Rausch: Blues-, Jazz-, Rock- und Big-Band-Anklänge verbinden sich zu komplexen und anregenden Sound-Blöcken, die es locker mit einer fordernden Attitüde eines Werkes des Kalibers «Bitches Brew» (1970) von Miles Davis aufnehmen können.

Die beiden Alben bilden eine Zäsur in Zappas Werk – und der Musikhistorie: «Frank Zappa verbindet in dieser Phase Elemente von Rock und Jazz mit Ideen der zeitgenössischen Musik zu einem zunehmend komplexen, eigenständigen Stil», sagte Prof. Udo Dahmen, künstlerischer Direktor und Geschäftsführer der Popakademie Baden-Württemberg, der Deutschen Presse-Agentur.

Seitdem gilt er als Avantgardist

Zappa experimentiere unter anderem im Song «Big Swifty» mit ungeraden Metren. «Der Gesang wird im Wesentlichen auch wie ein Instrument behandelt», so Prof. Dahmen. «Er weist mit der Arbeit bereits auf spätere Schaffensphasen, in der zunehmend komplexe, ungewöhnliche instrumentale Besetzungen, Taktarten und entsprechende schnelle Wechsel von verschiedenen musikalischen Parts typisch werden, die durchaus humorig-zynische, zappa-eske Anspielungen enthalten.»

«Waka/Jawaka» und «The Grand Wazoo» brachten Zappa endgültig den Ruf des Dauer-Avantgardisten ein. Aber die Vorfälle im ausgehenden Jahr 1971 hatten noch eine andere weitreichende Folge für die Musikhistorie: Deep Purple waren zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Montreux, um Aufnahmen zu ihrem neuen Album «Machine Head» zu produzieren. Der Brand am Ufer des Genfersees inspirierte sie zu ihrem Welthit «Smoke on the Water» – und damit wurde in nur einer Nacht ein weiteres Kapitel Musikgeschichte geschrieben.

Das 4-CD + Blu-ray Audio Box-Set «Waka/Jawaka And The Grand Wazoo (50th Anniversary Suite)» erscheint am 16. Dezember bei Universal.

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