Macron verteidigt Bilanz ein Jahr nach Wiederwahl

Paris (dpa) – Ein Jahr nach der Wiederwahl hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron trotz heftiger Kritik an seiner Rentenreform und seinem Regierungsstil eine positive Bilanz gezogen.

Seit seinem Amtsantritt 2017 seien 1,7 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, die Arbeitslosigkeit auf ein historisch niedriges Niveau gesenkt und die Zahl der Ausbildungsplätze von 300.000 auf 800.000 gesteigert worden, sagte Macron im Interview der Regionalzeitungen in Ostfrankreich. Mit enormen Investitionen etwa in der Pharma- und Chemieindustrie werde die Reindustrialisierung Frankreichs vorangetrieben und die Vollbeschäftigung angestrebt. Weiterlesen

Kommt Frankreichs Rentenreform oder nicht?

Paris (dpa) – Frankreichs Verfassungsrat entscheidet heute über die Zukunft der umstrittenen Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron. Das Urteil des obersten Hüters der französischen Verfassung wird ab 18.00 Uhr erwartet. Die Instanz kann die Rentenreform ganz oder in Teilen kippen oder für verfassungskonform erklären. Die Entscheidung wird beeinflussen, ob das Land nach monatelangem Streit um die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre wieder etwas zur Ruhe kommt.

Vor der Entscheidung gab es erneut Proteste. In Paris setzte sich am Mittag ein Demonstrationszug in Bewegung. In etlichen anderen Städten waren ebenfalls Proteste geplant. Landesweit wurden außerdem Straßen blockiert: In den Ardennen blockierten Gewerkschaftsmitglieder eine Schnellstraße nach Belgien, wie der Sender France 3 berichtete. Nur Autofahrer wurden durchgelassen, während Lastwagen aufgehalten wurden. Auf Fotos waren Stapel brennender Autoreifen auf der Straße zu sehen. Straßensperren gab es nach Medienberichten auch in Straßburg, wo das Kühllager eines Lebensmittelkonzerns blockiert wurde. In Rouen wurde eine Hauptzufahrt in die Stadt versperrt, während Demonstranten bei Bordeaux eine Autobahnmautstelle besetzten und Autos kostenlos durchließen. In Toulouse sorgte die Gewerkschaft CGT für einen Stromausfall in einem Stadtteil, in dem sich ein nationales Forschungszentrum befindet.

Darum geht es bei der Rentenreform

Macron und die Mitte-Regierung wollen das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben, um ein drohendes Loch in der Rentenkasse zu verhindern. Die Einzahldauer für eine volle Rente soll schneller steigen.

Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag – dies will die Regierung beibehalten. Mittlerweile ist die Reform, gegen die seit Monaten protestiert wird, beschlossen. Macron will, dass sie bis zum Jahresende in Kraft tritt.

Drei Entscheidungsmöglichkeiten für den Verfassungsrat

Nach den heftigen Debatten im Parlament haben sowohl Premierministerin Élisabeth Borne als auch Abgeordnete und Senatoren den Verfassungsrat gebeten, die Reform zu prüfen. Die Abgeordneten kritisieren etwa, dass die Regierung die Reform in einem Haushaltstext verpackt und die Debattenzeit verkürzt hat.

Der Verfassungsrat kann den Text nun vollständig kippen – das gilt allerdings als unwahrscheinlich. Dem Sender France Info zufolge hat die Instanz seit ihrer Gründung 1958 nur 17 Gesetze komplett kassiert. Sollte dies geschehen, wäre die Reform gescheitert und Macron und die Regierung enorm geschwächt. Sie könnten theoretisch versuchen, ihr Vorhaben in anderer Form auf den Weg zu bringen.

Die Reform könnte auch vollständig gebilligt werden oder – und das gilt Beobachtern zufolge als wahrscheinlicher Ausgang – in weiten Teilen. Sollte der Verfassungsrat bestimmte Passagen kassieren, müsste Macron vorerst auf diese verzichten, könnte den Rest der Reform aber offiziell machen. Die gestrichenen Passagen könnte die Regierung dann in einem neuen Arbeitsgesetz angehen.

Urteil über mögliches Referendum

Der Verfassungsrat entscheidet heute auch, ob das Verfahren für ein mögliches Referendum in die Wege geleitet werden kann, das das Renteneintrittsalter auf 62 Jahre deckeln will. Das Verfahren ist aber nur eine schwache Waffe der Reformgegner. Auch wenn das Verfassungsgericht hierzu grünes Licht gibt, kann das nicht verhindern, dass die Reform in Kraft tritt. Dass es tatsächlich zu einem Referendum kommt, ist äußerst unwahrscheinlich. Selbst wenn die nötigen Unterschriften erreicht würden, könnte die Regierung es verhindern, indem sie den Vorschlag im Parlament diskutieren lässt.

Entscheidung wird Einfluss auf Protest haben

Auch wenn die Entscheidung des Verfassungsrats von Gewerkschaften und Opposition größtenteils respektiert werden dürfte, heißt das nicht, dass die Proteste mit dem Urteil vorbei sind. Verfassungsrechtler Benjamin Morel schätzte im Sender France Info, dass eine Validierung der Reform die Krise verschärfen und eine Wiederaufnahme des Dialogs verhindern dürfte. Denkbar wären in diesem Fall auch wieder verstärkt spontane Proteste. In der Vergangenheit war es bei den spontanen Demonstrationen häufig zu Gewalt gekommen.

Frankreich: Erneut große Proteste gegen Rentenreform

Paris (dpa) – In Frankreich haben erneut Zehntausende Menschen gegen Präsident Emmanuel Macrons Rentenreform protestiert – über deren Rechtmäßigkeit der Verfassungsrat morgen urteilen will. In vielen Städten hatten die Gewerkschaften zum inzwischen zwölften Mal zu Kundgebungen aufgerufen, wozu die Behörden 400.000 bis 600.000 Teilnehmer erwarteten.

Der Einsatz von 11.500 Polizisten war geplant, 4200 davon in Paris. Bei den zunächst über viele Wochen friedlichen Protesten war es zuletzt immer wieder zu Gewalt und Auseinandersetzungen gekommen. In Paris sicherten Banken und teure Geschäfte ihre Schaufenster vorsorglich mit Holzplatten ab.

Landesweit kam es zu Blockaden von Straßen, Bahngleisen und Raffinerien – die Beeinträchtigungen blieben am Ende aber überschaubar. Die Müllabfuhr in Paris begann erneut einen Streik und die Gewerkschaft CGT drohte an, die Hauptstadt in eine öffentliche Müllkippe zu verwandeln, bis die Reform zurückgezogen werde. Ebenfalls in Paris drangen Demonstranten in die Zentrale des französischen Luxuskonzerns LVMH ein und zündeten Feuerwerkskörper. Aus Nantes und Rennes wurden Auseinandersetzungen von Protestierenden mit der Polizei gemeldet. Weiterlesen

Wieder Streiks und Proteste gegen Frankreichs Rentenreform

Paris (dpa) – Nach dem ergebnislosen Gespräch zwischen den französischen Gewerkschaften und der Regierung zur Rentenreform wird in Frankreich abermals gegen das Vorhaben gestreikt und protestiert.

Demonstrantinnen und Demonstranten versperrten Berichten zufolge den Zugang zu einem Teil des Pariser Flughafens Charles de Gaulle, auch Straßen und Hochschulen wurden an verschiedenen Orten blockiert. Die Behörden rechnen landesweit mit bis zu 800.000 Demonstrantinnen und Demonstranten gegen die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. Weiterlesen

Rentenreform stürzt französische Regierung in Krise Wie weiter in Paris?

Von Rachel Boßmeyer, dpa

Paris (dpa) – Eine Regierung am Boden, eine Bevölkerung auf den Barrikaden: Der Streit um die unbeliebte Rentenreform wird in Frankreich zur politischen Krise. Seit knapp einer Woche brennen nachts die Mülltonnen, wenn aufgebrachte Menschengruppen, deren Wut über die Mitte-Regierung und ihre Reform sich mit voller Wucht entlädt, durch die Straßen ziehen.

Präsident Emmanuel Macron und seine Truppen raufen sich nun zu Beratungen zusammen, wollen die Flucht nach vorne antreten. Doch können sie die Wogen noch glätten oder stecken sie in einer Sackgasse?

Misstrauensvotum knapp überstanden

Nach dem Paukenschlag der Regierung am Donnerstag, als sie in letzter Minute entschied, die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung zu bringen, folgte am Montag der Showdown im Parlament. Ein aus den Reihen der Opposition eingebrachtes Misstrauensvotum überstand die Regierung nur knapp. Neun Stimmen trennten sie von ihrem Fall und dem der Rentenreform.

Spätestens jetzt müssen sich Premierministerin Élisabeth Borne und Macron fragen, wie es weitergehen kann. Borne ist mit ihrer Kompromisssuche im Parlament hoffnungslos gescheitert. Ihr Deal mit den konservativen Républicains, deren Abgeordnete der Regierung in der Nationalversammlung die fehlenden Stimmen geben sollten, war letztlich nutzlos. Einerseits hat der Chef der Konservativen seine eigene Truppe nicht im Griff, andererseits konnte Borne angesichts des steigenden Drucks von der Straße nicht überzeugen.

Schon seit Monaten diskutiert Frankreich über die Rente. Die Kasse steuert auf ein milliardenschweres Loch zu, wie offizielle Prognosen zeigen. Um es zu stopfen, will Macron die Menschen länger arbeiten und länger einzahlen lassen. Das Renteneintrittsalter soll schrittweise von 62 auf 64 Jahre angehoben werden, die nötige Einzahldauer für eine volle Rente soll schneller steigen. Die Reform ist zwar verabschiedet, doch der Zank findet damit kein Ende.

Die Wut staute sich nach und nach auf

Auch wenn ein Großteil der Bevölkerung das Vorhaben von vornherein abgelehnt hat, braute sich die Wut erst nach und nach zusammen. Die Mitte-Regierung kommunizierte widersprüchlich und nutzte haufenweise Tricks, um ihre Reform durchzuboxen. Sie verpackte die Reform in einem Haushaltstext, verkürzte die Debattenzeit mit einem beschleunigten Verfahren, erwirkte eine Blockabstimmung im Senat.

Der Höhepunkt kam dann am vergangenen Donnerstag. In letzter Minute entschied die Regierung, die Nationalversammlung, in der eine Mehrheit nicht sicher war, gar nicht erst über den Text abstimmen zu lassen. Für die ohnehin schon aufgebrachten Französinnen und Franzosen war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Spontan gingen Menschen in allen Ecken des Landes auf die Straße, forderten die Rücknahme der Reform, den Rücktritt der Regierung, den Rückzug des Präsidenten.

Doch alles drei scheint unwahrscheinlich. Dass Macron nach all dem Ärger der vergangenen Wochen nun plötzlich auf die Reform verzichtet – undenkbar. Es wäre für ihn ein Scheitern, von dem er sich nicht erholen könnte. Immerhin gilt die Reform als wichtigstes Vorhaben seiner zweiten Amtszeit, nachdem aus seinem Versuch, das Rentensystem zu reformieren, schon in seiner ersten Amtszeit nichts geworden ist. Dass er das Handtuch wirft, kommt ohnehin nicht für ihn in Frage.

Angeschlagene Premierministerin

Für einen Rücktritt der Regierung hingegen ist es wohl noch zu früh. Unbestrittenermaßen ist Borne angeschlagen. Bei dem wichtigsten Vorhaben der Regierung konnte sie weder die Bevölkerung noch die Gewerkschaften noch das Parlament überzeugen. Eine eigene Mehrheit hat das Mitte-Lager in der Nationalversammlung nicht, auf die Konservativen kann es sich nicht verlassen. Mit einem «Weiter so» droht die Regierung vom Gestalten ins Verwalten abzurutschen.

Doch noch dürfte Macron an Borne festhalten. Mit dem Anrufen des Verfassungsrats ist der Kampf um die Reform noch nicht vorbei. Jetzt die Frau auszutauschen, die die Schlacht für ihn geführt hat, bringt ihm nichts. Noch dazu kommt, dass Borne erst die zweite französische Premierministerin ist. Die kurze Amtszeit ihrer Vorgängerin Édith Cresson von knapp elf Monaten in den 1990er Jahren soll Borne nach Macrons Vorstellung sicherlich nicht unterschreiten, gibt er sich doch gerne als Verfechter der Gleichstellung. Borne könnte daher noch mindestens bis Anfang April auf ihrem Posten bleiben.

Auf lange Sicht muss Macron aber daran gelegen sein, nach dem Ansehensverlust und der auf sich gezogenen Wut, ein neues Kapitel aufzuschlagen – vermutlich auch mit aufgefrischter Regierung. Erst einmal will er, der sich zuletzt auffällig im Hintergrund gehalten hat, sich nun aus der Deckung wagen und am Mittwochmittag ein Fernsehinterview geben. Der Präsident hofft wohl, die aufgebrachten Gemüter zu besänftigen, bevor am Donnerstag neue Streiks und Massenproteste das Land erfassen.

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Streik in Frankreich schränkt Zugverkehr am Dienstag ein

Paris (dpa) – Wegen eines neuerlichen Streiks gegen die geplante Rentenreform in Frankreich müssen Fahrgäste am Dienstag mit erheblichen Störungen im Fernverkehr aus und in Richtung Frankreich rechnen. Laut Deutscher Bahn fallen alle ICE- und TGV-Züge im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Deutschland und Frankreich aus. Einige Thalys-Züge zwischen den beiden Ländern sollen am Dienstag und Mittwoch ebenfalls entfallen. Die Bahngesellschaft SNCF geht davon aus, dass der Zugverkehr in ganz Frankreich «sehr stark gestört» sein wird.

Auch im Flugverkehr dürfte es Ausfälle und Beeinträchtigungen geben. Die Generaldirektion der Zivilen Luftfahrt teilte mit, sie habe die Airlines gebeten, einen von fünf Flügen in Paris Charles de Gaulle am Dienstag und Mittwoch zu streichen. An den Flughäfen Paris-Orly, Beauvais, Bordeaux, Lille, Lyon, Nantes, Marseille, Montpellier, Nice und Toulouse sollten demnach 30 Prozent der Flüge gestrichen werden. Weiterlesen

Macron hält trotz Massenprotesten an Rentenreform fest

Paris (dpa) – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält trotz wochenlanger Massenproteste und Streiks an seiner umstrittenen Rentenreform fest. «In der Summe wissen die Leute, wir müssen etwas länger arbeiten alle im Schnitt, sonst können wir unsere Renten nicht gut finanzieren», sagte Macron heute beim Besuch des Großmarkts von Paris.

Seine Reform sieht die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre vor, da die berufstätige Bevölkerung für eine wachsende Zahl von Rentnern aufkommen muss. Ausnahmen müsse es dabei für Menschen geben, die früh begännen zu arbeiten oder in anstrengenden Berufen tätig seien, sagte Macron. Weiterlesen

Neue Streiks und Proteste gegen Rentenreform in Frankreich

Paris (dpa) – In Frankreich sind am Donnerstag abermals Zehntausende gegen die geplante Rentenreform auf die Straße gegangen. Demonstrationen gab es in Städten wie Marseille, Rennes und Bordeaux. An Flughäfen, im Energiesektor und bei der Bahn legten Menschen ihre Arbeit nieder. Die Mitte-Regierung unter Staatschef Emmanuel Macron will das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Die Gewerkschaften halten das für brutal und ungerecht.

An früheren Tagen waren nach offiziellen Zahlen des Innenministeriums mehr als eine Million Menschen auf der Straße. Von Gewerkschaftsseite wurde sogar von weit mehr als zwei Millionen gesprochen. Weil in vielen französischen Regionen derzeit Schulferien sind, wurde am Donnerstag insgesamt mit geringerer Beteiligung gerechnet. Weiterlesen

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