Mehr Hilfen für psychisch kranke Jugendliche gefordert

Von Christina Sticht, dpa

Hannover (dpa) – Zunächst bekommen oft selbst Familie und Freunde wenig von den Veränderungen mit. Jugendliche ziehen sich zurück, sprechen wenig, kommen morgens kaum aus dem Bett. Im Laufe der Pandemie nahmen psychische Störungen bei Jugendlichen deutlich zu. Statt sich der Mutter oder einer Freundin anzuvertrauen, beginnen einige damit, sich selbst zu verletzen – oft mit Rasierklingen an Armen und Beinen. Das sogenannte Ritzen ist vor allem bei Mädchen und Jungen mit psychischen Problemen beziehungsweise Krankheiten verbreitet.

Auch bei seinem Kind fing die «Ritzerei» im Corona-Lockdown 2020 an, wie ein Vater aus Niedersachsen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erzählt. Die Hausärztin beruhigte ihn zunächst, dass das viele Jugendliche mal ausprobierten. Doch in der Erstberatung einer Kinder- und Jugendtherapeutin wurde eine beginnende Depression festgestellt. Monatelang suchte die Familie daraufhin vergeblich nach einer Psychotherapeutin für eine ambulante Therapie, dazwischen kamen Klinikaufenthalte. Schließlich riss das Kind mit einem anderen Teenager von zuhause aus und wurde erst Tage später gefunden.

Zermürbende Suche nach Unterstützung

Wenn ein Kind psychisch erkrankt, gerät auch die Welt der Eltern und Geschwister aus den Fugen. Hinzu komme die zermürbende Suche nach Unterstützung, sagt der Vater. Er schrieb E-Mails und telefonierte Therapeuten und Kliniken ab. Er ging zum Jugendamt und bat in einem Brief Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) um Hilfe. «Man hat keinen Fahrplan und ist völlig alleingelassen», sagt er. Immer wieder gebe es bürokratische Hindernisse. Anderthalb Jahre habe die Familie dann eine Therapeutin privat bezahlt. Seine Odyssee schilderte er zuerst der «Celleschen Zeitung».

Mehrere Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche in der Corona-Zeit besonders gelitten haben: Von heute auf morgen fielen Sport und Musik weg, Freunde durften nicht mehr getroffen werden. Wie aus Daten der Krankenkasse DAK hervorgeht, nahmen Depressionen und Essstörungen vor allem bei Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren stark zu. Bei vielen blieben die Probleme bestehen.

Ängste im Alltag als Folge der Pandemie

Die Nachfrage nach Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die Kinder und Jugendliche behandeln, lag noch im Sommer 2022 um 48 Prozent höher als in der Vor-Corona-Zeit. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung. Die Kinder- und Jugendlichentherapeutin Cornelia Metge aus Zschopau in Sachsen sieht in ihrer Praxis, dass viele Kinder als Folge der Pandemie massive Ängste im Alltag haben. «Wir haben als Gesellschaft die Verantwortung und die Verpflichtung, diese Kinder zu unterstützen», betont Metge, die sich im Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) engagiert.

Metge beobachtet, dass auch wegen des Lehrkräftemangels in den Schulen neben der puren Wissensvermittlung wesentliche Dinge zu kurz kommen. «Schule sollte auch ein Ort der Begegnung sein; ein Ort, wo man auch erzählen kann, dass man Probleme und Schwierigkeiten hat zuhause. Dafür ist viel zu wenig Zeit», beklagt sie.

Zudem müsse die Prävention einen höheren Stellenwert bekommen. «Psychische Gesundheit sollte ein fester Bestandteil des Unterrichts werden», wünscht sich Metge. Schon mit jungen Kindern könne besprochen werden: Was macht mich fröhlich, was macht mich traurig? Bereits in der Kita und Grundschule könne es Kurse zur Stressreduktion oder zum Umgang mit Konflikten geben.

Maßnahmenpaket der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket beschlossen, das die Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche abfedern soll. Ein Schwerpunkt ist die psychische Gesundheit. Unter anderem sollen in einem Modellprojekt sogenannte Mental Health Coaches besonders belastete Schulen unterstützen.

Dieses befristete Modellprojekt werde den Anforderungen keineswegs gerecht, kritisiert der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP). Vielmehr müsse endlich der internationale Standard bei der Versorgung mit Schulpsychologen angestrebt werden.

«Ideal wäre es, wenn ein Schulpsychologe auf höchstens 1500 Schülerinnen und Schüler kommt, so wie in anderen europäischen Ländern», sagt Andrea Spies, Vorsitzende der Sektion Schulpsychologie im BDP. «Bei uns ist das Verhältnis 1 zu 5400, in manchen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Brandenburg sogar noch weit schlechter.» Schulpsychologische Beratung werde derzeit so nachgefragt wie nie. «Die Psyche reagiert auf Krisen immer zeitversetzt und meist überdauernd», betont Spies.

Langes Warten auf einen Therapieplatz

Psychisch erkrankte Jugendliche müssen meist Monate auf einen Platz für eine ambulante Therapie warten. In der Corona-Zeit waren es laut einer Befragung der Universität Leipzig im Schnitt 25 Wochen. Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert eine Änderung der Bedarfsplanung. Außerhalb von Ballungsräumen und im Ruhrgebiet seien insgesamt 1600 zusätzliche Psychotherapeutensitze notwendig. 20 Prozent von allen Sitzen müssen laut gesetzlicher Vorgabe für Kinder und Jugendliche reserviert sein.

Was sind die Risikofaktoren für eine psychische Erkrankung von Kindern und Jugendlichen? Häufig trifft es Kinder aus ärmeren Familien, mit allein erziehenden Müttern, psychisch belasteten Eltern oder solche, die in beengten Wohnverhältnissen leben. «Bei uns traf es eine intakte Familie ohne Geldprobleme», sagt der Vater aus Niedersachsen. Bei seinem Kind habe wohl auch Mobbing in der Schule vor Corona eine Rolle gespielt, im Lockdown seien die Handy- und Internet-Zeiten aus dem Ruder gelaufen, gleichzeitig fielen geliebte Hobbys und der Vereinssport weg.

Häufig sind psychische Erkrankungen der Grund dafür, dass Mädchen und Jungen keinen Schulabschluss schaffen, auch wegen der langen Fehlzeiten in den akuten Phasen. Wenn eine Krankheit chronisch wird, hat dies negative Auswirkungen auf das ganze Leben. «Die psychische Gesundheit wird in unserer Gesellschaft immer noch nicht ernst genommen und psychische Erkrankung tabuisiert», kritisiert Schulpsychologin Spies. «Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie am meisten gelitten. Deshalb wäre die Politik gut beraten, jetzt einen Masterplan aufzusetzen.»

Tanja Brunnert, Vize-Sprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, sagt: «Insgesamt haben wir es auch heute in unserem normalen Praxisalltag häufiger mit psychischen Problemen der Kinder und Jugendlichen zu tun als vor der Pandemie.» Sinnvoll wären aus Sicht der Kinderärztin aus Göttingen mehr niedrigschwellige Angebote der Kommunen, also Familienberatungsstellen, wie sie in vielen Städten bereits existieren. Aber auch eine Stärkung der Angebote von Sportvereinen, Jugendfeuerwehren oder Pfadfindergruppen sei wichtig. «Diese bieten Kindern und Jugendlichen Struktur in ihrer Freizeit und fördern das Verhalten in einer Gruppe Gleichaltriger.»

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Haus des Jugendrechts wird eröffnet

Neuwied (dpa/lrs) – Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe unter einem Dach: In Neuwied eröffnet am Freitag (14 Uhr) ein weiteres Haus des Jugendrechts in Rheinland-Pfalz. Ziel sei es, auf das kriminelle Verhalten junger Menschen möglichst schnell zu reagieren und bereits straffällig gewordene Jugendliche «auf einen Weg in ein straffreies Leben zu führen», hieß es in einer Mitteilung der Polizei. Die jungen Menschen sollen demnach geschützt und ein Abgleiten in die Kriminalität frühzeitig erkannt und verhindert werden. Weiterlesen

Fröhliche Comic-Welt: «Der Super Mario Bros. Film»

Von Sophie Brössler, dpa

Berlin (dpa) – Er klettert, rennt, springt, schlittert plötzlich, fällt – und steht in Bestlaune wieder auf: Seit Jahrzehnten steuern Fans die Figur Mario durch waghalsige Parcours. In der neuen Animationskomödie «Der Super Mario Bros. Film» reist der Klempner aber eigenständig durch die knallbunten Welten – und nicht auf Knopfdruck. Kinobesucher müssen sich in den 92 Minuten also wohl oder übel zurücklehnen, auch wenn es in den Fingern juckt.

An seiner Seite hat Mario zumindest Bruder und Kollegen Luigi. Das erfolglose, aber optimistische Klempner-Duo aus Brooklyn ist auf der dringenden Suche nach neuen Aufträgen. Ein tropfender Wasserhahn könnte die beiden Handwerker zurück ins Geschäft bringen. Nach einer nicht ganz unverschuldeten Panne verlieren sich die Brüder aber, als sie durch ein Rohr in eine magische Welt gerissen werden. Um Luigi wieder zu finden, begibt sich Mario («Ich habe es einfach langsam satt, mich so klein zu fühlen») auf eine wilde Reise durch die bekannten, quietschbunten Universen.

Nicht nur ein Mario-Film

Besonders erfrischend: Prinzessin Peach muss nicht mehr gerettet werden. Im Gegenteil: Die talentierte Kämpferin bietet Mario ein waghalsiges Training im Hindernis-Überqueren («Tja, wir haben eine lange Reise vor uns, Schnurrbart») und bewahrt in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf. Die Animationskomödie ist also nicht nur ein Mario-Film: Auch den anderen Figuren hauchen Nintendo und das Animationsstudio Illumination Leben ein. Das selbstbewusste Affentheater von Donkey Kong, die Ausraster von Marios cholerischem Erzfeind Bowser und die witzigen Mimiken von Pilzkopf Toad kommen nicht zu kurz.

Das besondere Gaming-Gefühl

Im Vordergrund steht aber eigentlich nicht die Handlung, sondern das Gaming-Gefühl. Bei den kultigen Sounds und dem Mario-Soundtrack fühlt man sich fast wie vor der Spielkonsole. Die Figuren hüpfen von Stein zu Stein, fliegen durch die Luft, hangeln sich an grünen Rohren entlang. Mit ihren Rennautos rasen Mario und seine Freunde über den schimmernden Regenbogen-Boulevard und andere Fahrbahnen aus den Mario-Kart-Spielen.

Der wiedererkennbare, fröhliche Comic-Stil macht auch eine Versöhnung möglich. Und zwar mit denen, die in den 90er Jahren die bizarre Realverfilmung «Super Mario Bros» angesehen haben. Der etwas zu düstere Film-Flop von 1993 erinnerte so gar nicht an die fröhliche Comicwelt für Kinder. Auch Hauptdarsteller Bob Hoskins resümierte das Projekt 2007 in einem Interview mit dem «Guardian»: «Die ganze Erfahrung war ein Albtraum.» Der neue Film lädt dagegen zum Mitfiebern ein.

Mario wurde Kult

Zum ersten Mal tauchte Mario 1981 im Spiel «Donkey Kong» auf. 1985 brachte das japanische Unternehmen Nintendo dann das inzwischen weltberühmte Videospiel «Super Mario Bros» auf den Markt – in dem der Klempner in der Hauptrolle die Prinzessin retten musste. Mehr als 200 Spiele und millionenfache Verkäufe machten die kleine schnauzbärtige Figur zum Kult.

«Mario war eine der ersten Videospiel-Figuren, mit der man aufwachsen konnte», sagte Linda Breitlauch, Gamedesign-Professorin an der Hochschule Trier, der dpa. «Die Marke existiert quasi seit Beginn der kommerziellen Computerspielindustrie.»

Überzeugend sei dabei weniger die Story, sondern das Spielprinzip. «Jump ‘n’ Run ist der Klassiker für Kinder und Jugendliche», so Breitlauch. Die Zielgruppe beherrsche die dafür nötige Hand-Augen-Koordination am besten. Das Mario-Franchise sei auch so beliebt, weil es einen Wettbewerb ermögliche und durch das Spielen mit Freunden und Familie soziale Erlebnisse entstehen könnten. «Und wenn man mit einem Videospiel aufwächst, bleibt das natürlich in Erinnerung», so Breitlauch. Bleibt also nur zu sagen: «Let’s-a go!»

Der Super Mario Bros. Film, USA 2023, 93 Minuten, FSK ab 6, von Aaron Horvath und Michael Jelenic, Originalstimmen: Chris Pratt, Anya Taylor-Joy, Charlie Day

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«Jugend forscht»-Gewinner des 58. Landeswettbewerbs geehrt

Mainz/Ludwigshafen (dpa/lrs) – Ein Staubsaugerroboter, eine Dorf-App oder ein Kühlsystem für E-Autos – die Siegerinnen und Sieger des diesjährigen rheinland-pfälzischen Landeswettbewerbs «Jugend forscht» haben auf verschiedenen Feldern gepunktet. In Ludwigshafen wurden am Donnerstag die Gewinner in den Gebieten Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Physik, Mathematik/Informatik und Technik gekürt, wie das Bildungsministerium mitteilte. Auch ein interdisziplinärer Preis wurde vergeben.

Im Fachgebiet Technik wurde der Staubsaugerroboter eines Schülers aus Lahnstein ausgezeichnet. Das Gerät stammt den Abgaben zufolge aus einem 3D-Drucker und kann ohne große Mühe Treppenstufen herauf- oder heruntersteigen und reinigen. Auch der Sonderpreis von Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) wurde für den Roboter verliehen. Weiterlesen

Junge Menschen blicken optimistisch in digitale Zukunft

Von Jörg Ratzsch, dpa

Berlin (dpa) – Schul-Digitalisierung im Schneckentempo auf der einen Seite, drohende Jobverluste durch neue Technologien auf der anderen und mutmaßlich schlechteres Miteinander, weil alle nur noch am Smartphone sind – kritische Debatten über das Thema Digitalisierung gibt es genug.

Die junge Generation blickt einer Umfrage zufolge deutlich positiver darauf: Die 14- bis 24-Jährigen sehen für die Zukunft eher Vorteile und zeigen sich auch aktuell zufrieden etwa mit dem Digitalisierungsstand an Bildungseinrichtungen. Die Studie der Vodafone Stiftung soll an diesem Mittwoch veröffentlicht werden. Sie lag der Deutschen Presse-Agentur vorab vor.

79 Prozent sehen Vorteile für sich durch Digitalisierung

Fast einhellig einer Meinung sind Jugendliche und junge Erwachsene (mehr als 90 Prozent) demnach, dass sich Wirtschaft, Berufsleben, Gesellschaft und soziales Miteinander in den kommenden Jahren durch den Einsatz digitaler Technologien «stark» oder «sehr stark» verändern werden.

Fast 70 Prozent sind dabei der Ansicht, dass die Digitalisierung für die gesellschaftliche Entwicklung eher von Vorteil ist. Für sich selbst und die eigene Zukunft sehen sogar 79 Prozent eher Vorteile dadurch. Junge Menschen mit hohem Bildungsabschluss und diejenigen, die sich finanziell besser gestellt sehen, blicken der Umfrage zufolge hierbei tendenziell positiver in die Zukunft.

Gutes Zeugnis für Bildungseinrichtungen

Große Einigkeit bei der jungen Generation (79 Prozent) besteht darin, dass es «äußerst» oder «sehr wichtig» ist, gut mit neuen Technologien und Medien umgehen zu können. Die entsprechenden Kompetenzen dafür zu vermitteln, ist nach Ansicht der meisten (76 Prozent) Sache der Bildungseinrichtungen. Anders als in vielen kritischen Diskussionen bekommt das Bildungssystem hier aber ein ziemlich gutes Zeugnis ausgestellt:

Zwei Drittel der 14- bis 24-Jährigen finden, ihre Lehrer, Ausbilder oder Dozenten können mindestens «gut» oder auch «sehr gut» mit digitalen Medien umgehen. Ebenso viele bewerten die digitale Ausstattung ihrer Bildungseinrichtung als «gut» oder «sehr gut» – wobei Ausbildungsstätten und Hochschulen hier besser abschneiden als Schulen – und zwei Drittel sind außerdem der Meinung, Unterricht, Lehre oder Studium bereite sie «gut» oder «sehr gut» auf eine Zukunft vor, in der digitale Technologien eine wichtige Rolle spielen.

Menschen erster Klasse statt Roboter zweiter Klasse

Sicherer Umgang mit digitaler Technologie gehört nach Ansicht des Bildungsdirektors der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, zu den entscheidenden «Grundfähigkeiten im 21. Jahrhundert».

Es gehe dabei weniger um den Umgang mit Technik als um die kognitiven Fähigkeiten, mit Unsicherheit und Vieldeutigkeit umzugehen, sagte er im Interview mit der Vodafone Stiftung. Schüler müssten lernen, selbstständig zu denken und sich anderen mit Empathie zuzuwenden, unterschiedliche Perspektiven und Interessen miteinander in Einklang zu bringen. «Die Aufgabe von Bildung ist, Menschen erster Klasse zu entwickeln, keine Roboter zweiter Klasse.»

Die eigenen Digitalkompetenzen schätzen die 14- bis 24-Jährigen hoch ein. Die allermeisten (89 Prozent) fühlen sich nicht nur grundsätzlich «sehr sicher» oder «eher sicher» im Umgang mit digitalen Technologien und Social Media, fast ebenso viele (87) sagen das von sich auch mit Blick auf die Nutzung verlässlicher Quellen im Netz. Beim Erkennen von Falschnachrichten gibt es aber auch Zweifel an der eigenen Digitalkompetenz: 70 Prozent fühlen sich im Umgang damit sicher, 30 Prozent nicht. Und was den Schutz der eigenen Daten im Internet angeht, gibt es sogar 48 Prozent, die sich unsicher fühlen.

Abschalten wichtig

Auch wenn manche das Smartphone inzwischen kaum noch aus der Hand legen, sind sich viele darüber bewusst, dass ab und zu eine Pause wohl gut täte. 73 Prozent finden es wichtig, «auch mal loslassen und abschalten» zu können. Diese Kompetenz zu vermitteln, ist nach Ansicht der meisten Befragten (77 Prozent) Sache von Elternhaus und Familie.

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Weinautomaten in Weingütern können Jugendschutz erfüllen

Mainz (dpa) – Gute Nachricht für Winzer: In der Debatte über den Jugendschutz von Weinautomaten haben sich zwei Ministerien in Rheinland-Pfalz zu ihren Gunsten abgestimmt. Gemäß der Rechtsauffassung des Weinbau- und des Familienministeriums in Mainz sind auch solche derartigen Verkaufsstationen erlaubt, die «auf einem eingefriedeten Wohn- und Betriebsgrundstück eines Weinguts aufgestellt sind». Auch dies zählt nach Angaben des Weinbauministeriums vom Mittwoch zu einem «gewerblich genutzten Raum», wie ihn das Jugendschutzgesetz vorschreibt – neben technischen Vorrichtungen wie der Kontrolle des Personalausweises. Zuvor hatten «Rhein-Zeitung» und «Trierischer Volksfreund» darüber berichtet.

Ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes Oldenburg in Niedersachsen vom Juni 2022 (7 B 983/22) hatte im Weinbauland Rheinland-Pfalz in der Branche für Aufregung gesorgt. Denn er lehnt einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz für einen Automaten mit Alkohol an einer Außenmauer ab. Demnach kann ein solcher Automat nur in einem «Innenraum in einem Gebäude» ausreichend im Sinne des Jugendschutzgesetzes für unter 16-Jährige kontrolliert werden. Im Freien gebe es dagegen ein «Überwachungsdefizit». Weiterlesen

Junge Menschen beschäftigen sich aktiv mit NS-Geschichte

Berlin (dpa) – Die Geschichte des Nationalsozialismus stößt laut einer Studie bei 16- bis 25-Jährigen immer noch auf großes Interesse. 63 Prozent von ihnen und damit mehr als der Durchschnitt aller Altersgruppen setzen sich damit auseinander, wie das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld ermittelte.

«Die Jugendstudie zeichnet das Bild einer interessierten, engagierten und sensibilisierten Jugend in Deutschland», sagte IKG-Sozialpsychologe Jonas Rees bei der Vorstellung heute in Berlin. Weiterlesen

Keine Mehrheit für Wahlrecht ab 16 im Saarland

Saarbrücken (dpa/lrs) – Im Saarland gibt es weiterhin keine Mehrheit für eine Senkung des Wahlalters bei Kommunal- und Landtagswahlen von 18 auf 16 Jahre. Der Landtag nahm am Mittwoch in Saarbrücken mit der absoluten SPD-Regierungsmehrheit zwar eine Entschließung an, in der das Wahlrecht ab 16 gefordert wird. Allerdings sagte der Abgeordnete Raphael Schäfer (CDU), seine Fraktion bleibe bei ihrem Nein zu einer entsprechenden Änderung der saarländischen Verfassung. Diese wäre nur mit einer Zweidrittelmehrheit möglich. Zuvor hatte das Parlament auch einen AfD-Antrag zur Senkung des Wahlalters abgelehnt. Weiterlesen

Studie: Jedes fünfte Kind armutsgefährdet

Gütersloh (dpa) – Mehr als jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene in Deutschland sind einer Studie zufolge armutsgefährdet. Betroffen sind unter den Kindern vor allem Jungen und Mädchen in alleinerziehenden Familien oder in Mehrkindfamilien mit drei und mehr Heranwachsenden, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Kinder- und Jugendarmut bleibe ein ungelöstes Problem.

Es gebe erhebliche regionale Unterschiede: Am höchsten falle die Armutsgefährdungsquote in Bremen aus, am niedrigsten in Bayern, das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen liege etwa im Mittelfeld. Weiterlesen

UN warnen vor Bildungskrise in Ost- und Südafrika

Nairobi/Johannesburg (dpa) – Die Vereinten Nationen warnen am heutigen Internationalen Tag der Bildung vor einer Verschärfung der Bildungskrise im östlichen und südlichen Afrika. In einer gemeinsamen Mitteilung des Kinderhilfswerks Unicef und der Bildungsorganisation Unesco heißt es, 41 Millionen der insgesamt rund 165 Millionen schulpflichtigen Kinder dort erhielten keine ausreichende Schulbildung. Zu der Region gehören sowohl Krisenländer wie der Südsudan und Somalia aber auch Südafrika und Namibia.

Neben fehlenden Lehrkräften bemängeln die Vereinten Nationen vor allem die knappen Budgets der Regierungen für Bildung. Somalia etwa gebe lediglich 0,3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus. Die Staaten in der Region hätten darüber hinaus eine nachhaltige Entwicklung des Bildungssektors in Folge des ersten Weltbildungsforums in Dakar vor 23 Jahren verpasst.

UN fordern höhere Ausgaben für Bildung

Damals einigte sich die Weltgemeinschaft auf das Ziel, bis 2015 allen Kindern weltweit Zugang zu grundlegender Bildung zu ermöglichen. In Ost- und Südafrika habe man lediglich eine provisorische Bildungsinfrastruktur aufgebaut und schlecht ausgebildete Lehrkräfte mit unsicheren Vertragsbedingungen angestellt. Diese Übergangslösungen seien noch heute weitgehend Standard. Die UN forderten die Länder der Region daher auf, künftig ein Fünftel ihrer Staatshaushalte für Bildungsausgaben bereitzustellen.

Der Internationale Tag der Bildung wird jährlich am 24. Januar gefeiert. Seit Dezember 2018 wollen die UN mit diesem Gedenktag die Rolle der Bildung für den globalen Frieden würdigen. Die afrikanischen Länder südlich der Sahara haben laut UN die niedrigste Lesekompetenz der Welt: Nur ein Zehntel der 10-Jährigen kann einen einfachen Text lesen und verstehen.

Berliner Gipfel zur Jugendgewalt sucht Auswege

Von Anne-Béatrice Clasmann und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Berlin (dpa) – Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik schlug schon im Dezember Alarm. Mehr als 500 Kinder und Jugendliche waren im Lauf des Jahres 2022 mit Gewalttaten aufgefallen – etwa 200 mehr als ein Jahr zuvor. Mit Sorge sehe die Polizei auch die Respektlosigkeit in bestimmten Stadtteilen, sagte Slowik damals. Das war alles vor der Berliner Silvesternacht und dem Aufschrei über Randale, Gewalt und Angriffe auf Polizei und Feuerwehr.

Ein Gipfel zur Jugendgewalt soll heute in Berlin Experten und Politik zusammenbringen und Auswege aufzeigen. Aber schnelle Antworten wird es wohl nicht geben. «Es ist klar, dass man mit einem Gipfel nicht alles löst, aber das war auch nie meine Absicht», sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey vorab.

Krawalle nicht nur in Berlin

Gerade in der Hauptstadt gibt es immer wieder Gewaltausbrüche, und das seit Jahrzehnten. Als 1987 bei Krawallen zum 1. Mai in Kreuzberg ein Bolle-Supermarkt in Flammen aufging, sprachen Lokalpolitiker schon damals von einer «völlig neuen Qualität» und rechtsfreien Räumen. Die Gewalt zum 1. Mai wurde in den vergangenen Jahren eingehegt, doch wird nun bei anderer Gelegenheit randaliert.

Das passiert nicht nur in Berlin. Silvester-Krawalle gab es dieses Jahr auch in Städten wie Bochum oder Frankfurt an der Oder. Sogar im sächsischen Borna kam es laut Polizei aus einer Gruppe am Marktplatz heraus «zum Abfeuern von pyrotechnischen Erzeugnissen in Richtung der Beamten». 2021 wurden in Dresden 185 Polizisten verletzt, als Hooligans nach einem Fußballspiel mit Pyrotechnik auf sie feuerten.

Schwere Straftaten nehmen ab

Die Täter sind in der Regel jung, das Verhalten bisweilen erschreckend aggressiv. Aber ist da wirklich ein Trend? «Wenn wir die Entwicklung von Jugendgewalt in den letzten 20 Jahren anschauen, so sehen wir, dass schwere Straftaten insgesamt abnehmen», sagt der Soziologe Aladin El-Mafaalani vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Osnabrück.

Laut Polizeistatistik sank beispielsweise bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung die Zahl der Tatverdächtigen pro 100.000 Einwohner der Altersgruppe zwischen 8 und 21 Jahren in den vergangenen Jahren deutlich. Lag diese Zahl im Jahr 2010 noch bei durchschnittlich 518, so wurden im Jahr 2020 in dieser Altersklasse noch rund 302 Tatverdächtige pro 100.000 Einwohner ermittelt.

Die jüngste Analyse des Deutschen Jugendinstituts in München zur Jugendgewalt vom August 2022 bestätigt die Tendenz: Die Zahl der polizeilich registrierten jungen Tatverdächtigen sei zuletzt zurückgegangen, sowohl bei einfacher Körperverletzung als auch bei schweren Gewaltdelikten, etwa gefährliche oder schwere Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung und schwere sexuelle Übergriffe, Mord oder Totschlag.

Bild ist verwirrend vielfältig

Nun waren die vergangenen Jahre Corona-Jahre, was auch die Kriminalität beeinflusst hat. Trotzdem sagt Sabrina Hoops, wissenschaftliche Referentin beim Jugendinstitut: «Es entsteht schnell der Eindruck, dass junge Leute immer delinquenter werden. Ein sachlicher Blick auf Gewalt im Jugendalter zeigt aber eher das Gegenteil.»

Das bedeutet nicht, dass es nicht auch gegenläufige Trends und Spitzen gibt – das Bild ist verwirrend vielfältig. In Halle an der Saale etwa, einer Stadt mit 240.000 Einwohnern, sorgen seit einem Jahr sogenannte Jugendbanden für Aufsehen, wie Polizeisprecher Michael Ripke bestätigt.

Eine eigene Ermittlungsgruppe, die «EG Cornern», hatte die 2022 insgesamt 368 Verfahren auf dem Tisch, darunter Körperverletzung, Raub, Bedrohung, Diebstähle, Nötigung und Beleidigung. Beim Raub ging es um Bargeld, Smartphones, Kopfhörer, Jacken oder Schuhe teurer Marken. 139 Tatverdächtige wurden registriert, die meisten zwischen 14 und 18 Jahre, die meisten männlich, 90 von ihnen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die übrigen mit unterschiedlichen Nationalitäten, wie Ripke mitteilt. Die Opfer der Straftaten sind demnach ebenfalls überwiegend zwischen 14 und 17 Jahren alt und männlich.

Berichte über «zunehmende Respektlosigkeit»

Es könne große Probleme mit wenigen jungen Intensivtätern geben, sagt Soziologe El-Mafaalani. Und: «Polizisten, Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Mitarbeiter in den Jobcentern berichten von einer zunehmenden Respektlosigkeit.» Das gelte nicht nur für Jugendliche und auch nicht für nur Menschen mit Migrationshintergrund. Ursachen ließen sich nicht leicht benennen.

Womöglich drückt sich hier auch das aus, was Politologen und Soziologen als Spaltung oder als Fehlen einer gemeinsamen gesellschaftlichen Vision beschreiben. Fest stehe auf jeden Fall, dass verschiedene Gruppen ihre Respektlosigkeit in unterschiedlicher Art und Weise ausdrückten, sagt El-Mafaalani.

Die versuchte Stürmung des Reichstagsgebäudes durch Teilnehmer einer «Querdenker»-Demonstration im August 2020 sei ein Beispiel gewesen, die Gewalt gegen Einsatzkräfte in der zurückliegenden Silvesternacht ein anderes. «Hier waren junge Menschen am Werk, die nicht den Eindruck haben, dass sie von der staatlichen Ordnung profitieren.» Es sei eine starke Hemmungslosigkeit zu beobachten gewesen, «vielleicht auch das Gefühl, nichts mehr zu verlieren zu haben».

«Präventive Infrastruktur» vielerorts «schlecht aufgestellt»

Was also tun nach dem Schock der Silvester-Krawalle? «Was Berlin angeht, so habe ich den Eindruck, dass man dort im Hinblick auf eine präventive Infrastruktur etwa in Schulen und Sozialarbeit besonders schlecht aufgestellt ist», meint El-Mafaalani. «In vielen westdeutschen Großstädten ist der Anteil der Menschen mit Einwanderungsgeschichte höher, aber vieles läuft insgesamt besser.»

Die Regierende Bürgermeisterin Giffey wird es nicht gerne hören. Klar ist aber auch für sie, der Gipfel gegen Jugendgewalt sei «keine Eintagsfliege, sondern der Beginn eines Prozesses».

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