Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Moskau/Kiew (dpa) – Nach einem schweren Raketeneinschlag in einem Wohnhaus in der Ukraine will Russlands Präsident Wladimir Putin einen Sieg aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges feiern.

Während die Ukraine um die Toten des Raketenterrors in Kramatorsk trauert, erinnert Putin an den 80. Jahrestag des Sieges der Roten Armee in der Schlacht von Stalingrad gegen die Wehrmacht. Dazu reist der 70-Jährige in die Stadt Wolgograd, die wegen des Jubiläums aktuell laut Ortsschildern kurzzeitig wieder Stalingrad heißt. In der Ukraine gingen indes die Bergungsarbeiten nach dem Raketeneinschlag in Kramatorsk weiter. Bis zum Donnerstagmorgen wurden drei Tote aus den Trümmern geborgen. Die Zahl der Verletzten stieg auf 21.

Putin dürfte unbeeindruckt von der Gewalt und der Zerstörung durch seinen Krieg gegen die Ukraine einmal mehr auch behaupten, dass er seinen Überfall auf das Nachbarland vor fast einem Jahr als Fortsetzung des Kampfes gegen den Nazismus sieht. Erst im Januar warf er der Führung in Kiew wieder vor, den ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959), der dem Nazi-Diktator Adolf Hitler damals geholfen habe, heute als Helden zu verehren. «Deshalb haben wir allen Grund, die derzeitigen ukrainischen Machthaber als neonazistisch zu bezeichnen», sagte Putin bei einem Treffen mit Veteranen in St. Petersburg. Weiterlesen

Wirtschaftshilfe in USA und China: EU präsentiert Reaktion

Brüssel (dpa) – Wie sollte die EU im Wettbewerb um zukunftsträchtige Industrien mit Ländern wie den USA und China reagieren? Vorschläge auf diese umstrittene Frage stellt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch vor.

Seit etwa die Regierung in Washington enorme Wirtschaftshilfen beschlossen hat, gibt es in der EU die Befürchtung, dass Unternehmen neue Standorte in anderen Weltregionen aufbauen oder Arbeitsplätze dorthin verlagern könnten, wenn sie hier nicht ebenfalls mit Steuergeld unterstützt werden. Zugleich will die EU-Kommission mit dem Vorstoß klimafreundliche Energieproduktion in Europa stärken. Weiterlesen

Kein Diesel mehr aus Russland: Was der EU-Boykott bedeutet

Von Verena Schmitt-Roschmann, Ulf Mauder und Ansgar Haase, dpa

Berlin/Brüssel/Moskau (dpa) – Fast ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine greifen am 5. Februar weitere EU-Sanktionen gegen Moskau. Schon seit Anfang Dezember darf ja kein russisches Rohöl mehr per Tanker eingeführt werden, seit Anfang Januar verzichtet Deutschland auch auf Importe über die Pipeline Druschba. Nun will die EU ab Sonntag auch keine Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe mehr aus Russland abnehmen. Das soll es Präsident Wladimir Putin schwerer machen, seinen Angriffskrieg zu finanzieren. Zu erwarten sind aber auch Folgen für Deutschland.

Werden Diesel und Co. jetzt knapp?

«Die allgemeine Versorgungssicherheit und die Sicherheit der Versorgung mit Kraftstoffen ist gewährleistet», versichert ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Auch der Mineralölverband Fuels und Energie sieht keine Versorgungslücke. Es geht vor allem um Diesel. Rund 12,5 Prozent seines Verbrauchs deckte Deutschland laut Branchenverband 2022 aus Russland – trotz des Ukraine-Kriegs. Ersatz komme aus den USA, Westeuropa und dem arabischen Raum, teilt Fuels und Energie mit. Benzin werde nicht aus Russland importiert. Für den Notfall gebe es eine Kraftstoffreserve für 90 Tage.

Wird Diesel an der Zapfsäule teurer?

Das ist nicht ausgeschlossen. Zwar sagt der Düsseldorfer Energieexperte Jens Südekum: «Ich glaube nicht, dass wir dramatische Preissprünge sehen werden.» Die nächste Embargostufe sei lange angekündigt. «In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir an den wichtigen Häfen Rotterdam, Antwerpen oder Amsterdam regelrechte Hamsterkäufe gesehen», berichtet der Ökonom. «Das heißt, man hat vor dem Embargo rangeschafft, was noch ging. Die Diesellager sind voll bis zum Anschlag. Das wird die Preisanstiege begrenzen.»

Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft weist aber darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus entfernteren Gegenden kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei begrenzt, die Wege länger, die Transporte somit teurer.

Warum sind in Ostdeutschland die Diesel-Preise höher?

Bei der Versorgung Ostdeutschlands kommen zwei Effekte zusammen: die neue Embargostufe und die Tatsache, dass die Raffinerien in Schwedt und Leuna nicht mit voller Kapazität arbeiten. Das liegt daran, dass sie lange russisches Rohöl aus der Druschba-Pipeline bezogen haben und seit dem deutschen Importstopp Anfang Januar neue Bezugsquellen brauchen. Die PCK-Raffinerie in Schwedt war nur noch zu 55 Prozent ausgelastet – auch wenn sie zusätzliche Lieferungen bald erwartet.

Die niedrigere Produktion der beiden ostdeutschen Raffinerien mache sich regional bemerkbar, erklärt Fuels und Energie. Der Tankstellenpreis im Osten sei deshalb bei Benzin rund 2,5 Cent und bei Diesel rund 1 Cent je Liter höher als im Bundesdurchschnitt.

Aus Russland importierte Erdölprodukte

Noch im Oktober 2022 exportierte Russland nach den jüngsten Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat Erdölerzeugnisse wie Diesel im Wert von mehr als 2,3 Milliarden Euro in die EU. Allein nach Deutschland gingen damals Produkte im Wert von rund 558 Millionen Euro.

Der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt, dass die EU den Lieferanten einfach so ersetzen kann. Allein an Diesel habe Russland bisher täglich 600.000 Barrel geliefert; die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen kämen auf 200.000 Barrel. Trotzdem erwarten Experten, dass die Sanktionen die russische Erzeugung von Erdölprodukten drücken werden – um 15 Prozent auf etwa 230 Millionen Tonnen in diesem Jahr.

Wie sollen Preissteigerungen verhindert werden?

Wie schon beim Importstopp für Rohöl will die EU zusammen mit den neuen Einfuhrbeschränkungen einen Preisdeckel für russische Erdölprodukte durchsetzen. Das heißt, sie will Russland gemeinsam mit Partnern wie den USA zwingen, diese Stoffe an Drittstaaten unter Marktpreis zu verkaufen. Funktionieren soll das so: Wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte – etwa Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen – sollen nur dann ungestraft möglich sein, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält. Ziel der EU: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel sollen Russlands Einnahmen «signifikant reduzieren» und zugleich die globalen Preise stabilisieren. Aus Sicht von Habecks Ministerium hat dieses Rezept bisher funktioniert: «Der globale Ölpreis ist stabil, und die erzielten Preise für russisches Rohöl und damit die russischen Staatseinnahmen haben sich reduziert.»

Tut das Embargo Russland wirklich weh?

Niemand in Russland gibt Sanktionsschmerzen zu. Vielmehr betont die Führung in Moskau, dass sich das Öl auf dem Weltmarkt ohnehin vermische und sie andere Absatzwege finde – in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, nach Südekums Angaben etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten.

2022 sind Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vize-Regierungschef Alexander Nowak noch um knapp ein Drittel gestiegen. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff aber erst zum 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, sondern Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt.

Nowak räumt Unsicherheiten ein im Blick auf künftige Einnahmen. Zugleich hofft Russland auf Milliardengebühren, wenn es statt eigenen Öls künftig das schwarze Gold aus der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan durch die russische Druschba nach Deutschland durchleitet.

Wird das EU-Embargo eingehalten?

Russland hat nach einer Recherche des «Economist» Wege gefunden, das Öl-Embargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staats. Mit Blick auf die neue Embargostufe sieht auch Ökonom Südekum Schlupflöcher: «Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen.» Das sei sicher nicht Sinn des Embargos. Aber selbst wenn es gelänge, diese Umgehungsstrategien zu unterbinden, «dann wäre die Frage der Diesel-Preise in Europa auch sicher kritischer». Mit anderen Worten: Diese Einfuhren verhindern noch größere Knappheit in der EU.

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Drei Jahre Brexit: Wirtschaftliche Katerstimmung in London

London (dpa) – Genau drei Jahre nach dem EU-Austritt Großbritanniens, der damals ausgiebig gefeiert wurde, herrscht im Vereinigten Königreich wirtschaftliche Katerstimmung. Dafür sorgte am Dienstag unter anderem eine Konjunkturprognose des Internationalen Währungsfonds. Anders als in vielen anderen Teilen der Welt wird die britische Wirtschaft in diesem Jahr demnach nicht wachsen, sondern um 0,6 Prozent schrumpfen.

Am 31. Januar 2020 war Großbritannien nach 47 Jahren aus der EU ausgetreten. Inzwischen dämmert immer mehr Menschen, dass der Brexit nicht das von seinen Befürwortern versprochene wirtschaftliche Erfolgsrezept ist. Umfragen zeigen, dass inzwischen eine Mehrheit der Briten den Brexit nicht nur für einen Fehler hält, sondern einen Wiedereintritt befürwortet. In der politischen Debatte ist eine mögliche EU-Rückkehr derzeit kein Thema. Weiterlesen

Erstmals mehr Strom in der EU aus Erneurbaren als aus Gas

Brüssel (dpa) – In der EU ist 2022 erstmals mehr Strom aus Wind und Sonne produziert worden als aus Gas. Laut einer Analyse der Denkfabrik Ember Climate kamen im vergangenen Jahr rund 22 Prozent der Elektrizität in der EU aus Solar- und Windkraft und damit anteilig so viel wie noch nie. 2021 waren es demnach etwa 19 Prozent. Aus Gas stammten hingegen fast 20 Prozent des EU-Strommixes – knapp ein Prozentpunkt weniger als 2021. Insgesamt kamen laut Ember Climate im vergangenen Jahr 623 Terawattstunden (TWh) aus Wind und Sonne.

Am meisten Wind- und Solarenergie erzeugte 2022 den Zahlen der Denkfabrik zufolge Deutschland – 126 Terawattstunden aus Wind und 59 Terawattstunden aus Sonne. Die Anteile an der Wind- und Solarenergie am deutschen Strommix waren verglichen mit anderen EU-Ländern jedoch geringer: Bei der Erzeugung aus Sonne sind die Niederlande mit 14 Prozent am gesamten Strommix Spitzenreiter, gefolgt von Griechenland und Ungarn (beide 13 Prozent). Deutschland gewinnt den Zahlen zufolge knapp 10 Prozent seines Stroms aus Sonne. Weiterlesen

Report: Deutschland stagniert bei Korruptionsbekämpfung

Berlin (dpa) – Bei der Bekämpfung von Korruption in Politik und Verwaltung tritt Deutschland seit nunmehr zehn Jahren auf der Stelle. Das geht aus dem Korruptionswahrnehmungsindex 2022 hervor, den die Organisation Transparency International veröffentlichte. Hier erreichte die Bundesrepublik im vergangenen Jahr 79 Punkte, exakt so viel wie im Index für das Jahr 2012.

Um hier insgesamt Fortschritte zu erzielen, sei es wichtig, die Korruptionsbekämpfung in die Nationale Sicherheitsstrategie aufzunehmen, an der die Bundesregierung aktuell arbeitet, sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog. Konkret müssten etwa die Geldwäscheaufsicht und die Strafverfolgungsbehörden entsprechend ausgestattet werden. Ihre Stellvertreterin, Margarete Bause, sagte, Skandale wie die Maskenaffäre oder der Cum-Ex-Betrug hätten zwar ein Schlaglicht auf die in Deutschland existierenden Probleme geworfen, gehandelt werde aber stets «zu langsam, zu zögerlich und zu wenig ambitioniert». Weiterlesen

DIHK nach drei Jahren Brexit: «Wirtschaftliches Desaster»

Brüssel (dpa) – Der Brexit ist nach Ansicht der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sowohl für Großbritannien als auch die EU ein «wirtschaftliches Desaster». Für deutsche Unternehmen herrsche weiterhin eine erhebliche Planungs- und Rechtsunsicherheit, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian zum dritten Brexit-Jahrestag der Deutschen Presse-Agentur. «So besteht die Gefahr von Handelskonflikten, weil Großbritannien sich vom EU-Austrittsabkommen distanziert.» Weiterlesen

Wieder mehr Falschgeld im Umlauf

Frankfurt/Main (dpa) – Geldfälscher in Deutschland und Europa haben im vergangenen Jahr vom Ende der meisten Corona-Beschränkungen profitiert. In Deutschland zogen Polizei, Handel und Banken fast 44.150 gefälschte Euro-Banknoten aus dem Verkehr, wie die Bundesbank am Montag mitteilte. Das waren 5,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

«Dies dürfte daran liegen, dass die Corona-Einschränkungen der beiden Vorjahre größtenteils aufgehoben wurden und Volksfeste oder Weihnachtsmärkte wieder stattfanden, wo überwiegend mit Bargeld bezahlt wird», sagte Burkhard Balz, das für Bargeld zuständige Mitglied im Bundesbank-Vorstand. «Insgesamt bleibt das Falschgeldaufkommen jedoch weiter sehr niedrig: Rein rechnerisch entfielen 2022 nur fünf falsche Banknoten auf 10.000 Einwohner.» Weiterlesen

Östliche EU-Staaten beklagen günstiges Getreide aus Ukraine

Brüssel (dpa) – Günstiges Getreide aus der Ukraine bereitet östlichen EU-Staaten zufolge Landwirten zunehmend Probleme. Denn durch den im Zuge des russischen Angriffskriegs erleichterten Handel mit der Ukraine gelangten deutlich mehr Futter- und Lebensmittel vor allem nach Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien und in die Slowakei, wie aus einem gemeinsamen Papier dieser EU-Länder hervorgeht.

«Gegenwärtig mehren sich die Anzeichen dafür, dass dieser Anstieg, wenn er nicht begrenzt wird, die EU-Erzeuger im Agrarsektor in ernste Schwierigkeiten bringen kann», heißt es darin. Weiterlesen

EU will mehr Migranten abschieben

Von Michel Winde und Anne-Béatrice Clasmann, dpa

Stockholm (dpa) – Die Europäische Union unternimmt einen neuen Anlauf, damit mehr ausreisepflichtige Ausländer in ihre Heimat abgeschoben werden. «Wir haben eine sehr niedrige Rückführungsquote und ich sehe, dass wir hier erhebliche Fortschritte machen können», sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag bei einem Treffen mit den EU-Innenministern in Stockholm.

Umstritten ist allerdings, wie viel Druck die EU auf Herkunftsländer ausüben sollte, mit denen die Zusammenarbeit schwierig ist, und auch, wie Anreize geschaffen werden können. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich dagegen aus, die EU-Visapolitik offensiv als Druckmittel zu verwenden. Andere Länder forderten dagegen, den sogenannten Visa-Hebel häufiger zu nutzen.

Die EU versucht schon seit Jahren, mehr Ausländer ohne Bleiberecht abzuschieben, kommt aber kaum voran. 2021 befand der Europäische Rechnungshof, das bestehende System sei in hohem Maße ineffizient und bewirke «das Gegenteil dessen, was es eigentlich soll: Statt abzuschrecken, leistet es illegaler Migration Vorschub.»

Ampel-Koalition kündigte «Rückführungsoffensive» an

In Zahlen sieht das so aus: 2019 lag die Quote ausreisepflichtiger Menschen, die die EU tatsächlich verließen, bei 29 Prozent. 2021 waren es – wohl auch coronabedingt – nur 21 Prozent. Dabei hatte die EU-Kommission noch 2018 ein Ziel von rund 70 Prozent ausgerufen. Auch die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP kündigte im Koalitionsvertrag eine «Rückführungsoffensive» an.

Mehr Rückführungen wären aus Sicht vieler EU-Staaten auch deshalb wichtig, weil die Asylsysteme vieler Länder völlig überlastet sind. Die Zahl der Asylanträge stieg im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent auf 924.000. Viele Menschen hätten kein Recht auf internationalen Schutz und überlasteten die Aufnahmekapazitäten, sagte Johansson. Hinzu kommen die rund vier Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in der EU kein Asyl beantragen müssen.

Für die schwedische Ratspräsidentschaft ist die Visapolitik ein Schlüsselinstrument. Artikel 25a des Visakodex könne «eines der wichtigsten Instrumente sein, um die Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Bereich Rückkehr und Rückübernahme zu verbessern», heißt es in einem Papier zu dem Treffen. Dies könnte bedeuten, dass die Bearbeitung von Visa aus bestimmten Ländern deutlich länger dauert oder Gebühren angehoben werden. Als Länder, mit denen die Zusammenarbeit schwierig ist, gelten etwa Marokko, Tunesien und Algerien.

Faeser zeigt sich skeptisch

Auch Johansson betonte, dass der Visa-Hebel funktioniere. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssten gemeinsam handeln, um Druck auf Drittstaaten auszuüben. Zudem solle häufiger die Grenzschutztruppe Frontex für Abschiebeflüge eingespannt werden. Andere Druckmittel auf Drittstaaten könnten Handelsbeziehungen und Entwicklungshilfe sein. Österreichs Minister Gerhard Karner forderte erneut, dass die Kommission Zäune an den EU-Außengrenzen finanziert.

Tatsächlich hat die EU-Kommission bislang nur für vier Länder vorgeschlagen, den Visa-Hebel anzuwenden: Bangladesch, Irak, Gambia und Senegal. Die EU-Staaten wiederum haben den Vorschlag allein für Gambia angenommen. Aus der EU-Kommission heißt es, der Sinn von Artikel 25a sei nicht seine Anwendung – sondern die Drohung damit.

Faeser äußerte sich skeptisch. «Ich bin damit zurückhaltend. Ich glaube, dass der Weg über Migrationsabkommen der bessere ist.» Derlei Abkommen sollen Erleichterungen bei der legalen Migration mit Kooperation bei der Rücknahme verbinden. Deutschland hat dazu mit Indien eine Vereinbarung getroffen. Weitere sollen folgen. Faeser will dazu im Frühjahr mit ihrem französischen Kollegen Gérald Darmanin nach Nordafrika reisen.

Bislang hat die SPD-Politikerin auf dem Gebiet der Rückführungen nur wenig Fortschritt vorzuweisen. 2022 wurden 12 945 Menschen aus Deutschland abgeschoben. 2019 waren es noch mehr als 22.000. Für Faeser ist das Thema auch deshalb schwierig, weil es zu einem Großteil in der Verantwortung der Bundesländer liegt.

Allerdings ist auch die Zahl der Herkunftsländer gestiegen, in die wegen massiver Menschenrechtsverletzungen oder aus anderen Gründen aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt abgeschoben werden kann. In Afghanistan etwa haben wieder die militant-islamistischen Taliban das Sagen. Auch der Iran, wo derzeit Demonstranten hingerichtet werden, ist kein Land, in das man Menschen zurückschickt.

Die politische Verantwortung dafür, dass Deutschland beim Thema Abschiebungen vorankommt, teilt Faeser bald mit dem neuen Sonderbevollmächtigten für Migrationsfragen, Joachim Stamp (FDP). Der frühere NRW-Integrationsminister tritt sein Amt am 1. Februar an.

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Mehr E-Autos verkauft: BMW unterschreitet CO2-Grenzwerte

München (dpa) – BMW hat den CO2-Ausstoß seiner in Europa verkauften Autos im vergangenen Jahr um neun Prozent gesenkt. Mit dem Rückgang von 116 auf 105 Gramm CO2 pro Kilometer unterschreite BMW den Flotten-Grenzwert der EU von 127 Gramm deutlich, teilte der Autobauer in München mit. Weiterlesen

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