Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Brüssel (dpa) – Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten haben nach dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Brüssel ein klares Bekenntnis zu weiterer Hilfe für das von Russland angegriffene Land abgegeben. «Die Europäische Union wird der Ukraine solange wie nötig mit tatkräftiger Unterstützung zur Seite stehen», heißt es in einer in der Nacht beim EU-Gipfel beschlossenen Erklärung.

Zudem sei man bereit, die Sanktionen gegen Russland in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit Partnern weiter zu verschärfen. Maßnahmen gegen Umgehungsversuche würden verstärkt.

Scholz zu Panzern: «Mein Eindruck ist, das läuft»

Nach mehreren Treffen mit europäischen Verbündeten in den vergangenen Tagen hatte Selenskyj zuvor von Fortschritten bei den Gesprächen über weitere Waffenlieferungen für sein Land berichtet. Sein Besuch in London habe Entscheidungen über die Lieferung weitreichender Waffen und die Ausbildung von Piloten näher gebracht, sagte er gestern auf einer Pressekonferenz am Rande des EU-Gipfels. «Das ist wirklich ein gewisser Schritt zur Lieferung von Kampfflugzeugen.»

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich nach dem Gipfel optimistisch, dass die Ziele für die Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine erreicht werden. «Mein Eindruck ist, das läuft», sagte der SPD-Politiker. «Aber es wird natürlich nicht einfach gehen.» Nach eigenen Angaben nutzte Scholz auch beim EU-Gipfel noch einmal die Gelegenheit, «viele darum zu bitten, dass sie aktiv unterstützen». Man bemühe sich sehr intensiv, das Thema voranzubringen. Dazu gehörten auch Training, Ersatzteil- und Munitionsversorgung.

Scholz: Selenskyjs Gipfelteilnahme hat alle sehr bewegt

Die Zusammenkunft mit Selenskyj beim EU-Gipfel beschrieb Scholz als außerordentlich emotionalen Moment. «Die persönliche Teilnahme an diesem Europäischen Rat hat alle, die ich dort versammelt gesehen habe, sehr bewegt», sagte er. Man habe oft mit Selenskyj gesprochen, aber dass er kurz vor dem Jahrestag des Kriegsbeginns am 24. Februar selbst in Brüssel erschienen sei, sei etwas Besonderes.

«Und es ist zugleich auch ein Symbol des Widerstandswillens der Ukrainerinnen und Ukrainer und ein starkes Zeichen dafür, dass die Europäische Union und die Ukraine zusammenstehen», fügte Scholz hinzu. Alle in der Ukraine könnten sich darauf verlassen, dass man die Ukrainer «solange wie das notwendig ist» unterstützen werde.

Selenskyj forderte bei seinem Besuch in Brüssel weitere Waffenlieferungen von den EU-Mitgliedstaaten. «Ich habe kein Recht, ohne Ergebnisse nach Hause zu kommen», sagte der 45-jährige Staatschef. In der belgischen Hauptstadt hielt Selenskyj zunächst eine emotionale Rede im Europaparlament, ehe er die Staats- und Regierungschefs der EU beim Gipfel traf. Am Mittwoch war er bereits in London und Paris gewesen. Der britische Premierminister Rishi Sunak kündigte dabei an, prüfen zu lassen, ob Kampfflugzeuge für die Ukraine verfügbar sind.

EU-Parlamentspräsidentin sieht Kampfjetlieferungen an Ukraine positiv

EU-Parlamentspräsidentin Metsola unterstrich die Bedeutung von Kampfjetlieferungen an die Ukraine. «Nun müssen die Staaten als nächsten Schritt erwägen, rasch weitreichende Systeme und Flugzeuge bereitzustellen», sagte sie. Diese würden benötigt, um die Freiheit zu schützen, die zu viele für selbstverständlich gehalten hätten.

Anlässlich von Selenskyjs Besuch beim EU-Parlament und später beim EU-Gipfel in Brüssel erklärte sie: «Unsere Reaktion muss der Bedrohung angemessen sein – und die Bedrohung ist existenziell.»

Medwedew kündigt Bau und Modernisierung Tausender Panzer an

Als Reaktion auf westliche Militärhilfen für die von Russland angegriffene Ukraine stellte Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew den Bau und die Modernisierung von Tausenden Panzern in Aussicht. «Wie Sie wissen, hat unser Gegner gestern im Ausland um Flugzeuge, Raketen und Panzer gebettelt», sagte Medwedew beim Besuch eines Maschinenbau-Unternehmens in der sibirischen Stadt Omsk. Medwedew, der mittlerweile Vize-Chef des russischen Sicherheitsrats ist, spielte damit offensichtlich auf Selenskyjs Reisen nach London und Paris an.

«Wie sollen wir antworten?», fragte Medwedew laut einem Video, das er selbst verbreitete, vor Beschäftigten des Omsker Unternehmens, das unter anderem auf Waffenproduktion spezialisiert ist. Die Antwort gab er dann selbst: «Es ist klar, dass es für uns in diesem Fall selbstverständlich ist, die Produktion verschiedener Waffenarten und Militärtechnik – einschließlich moderner Panzer – zu steigern», sagte der 57-Jährige. «Die Rede ist von der Produktion und Modernisierung Tausender Panzer.»

Experten: Gravierende Probleme bei russischer Ausrüstung

Bereits seit dem vergangenen Sommer ist in Russland ein Gesetz in Kraft, das eine stärkere Ausrichtung der Wirtschaft auf Bedürfnisse der Armee ermöglicht. Damit können etwa einzelne Branchen zur Belieferung der Streitkräfte verpflichtet werden. Moskau führt immer wieder an, Kiew militärisch weit überlegen zu sein. Internationale Geheimdienste und Militärexperten weisen indes regelmäßig auf teils gravierende Probleme der Russen bei der Ausrüstung hin.

Die USA sollen die Ukraine einem Bericht zufolge bei der Koordination von Angriffszielen gegen das russische Militär unterstützen. Bei einer Mehrheit der Angriffe, bei denen die fortschrittlichen Raketensysteme der USA zum Einsatz kommen, sollen die USA oder Verbündete Koordinaten von Angriffszielen bereitstellen oder bestätigen, wie die «Washington Post» gestern unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen aus der Ukraine und den USA berichtete. Die Informationen würden vom US-Militär in Europa bereitgestellt. Die Zeitung nannte als Ziele etwa russische Munitionsdepots oder Kasernen auf ukrainischem Boden.

Das wird heute wichtig

Auf Initiative von Großbritannien wollen mehr als 30 Nationen über eine gemeinsame Reaktion auf die Ankündigung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) beraten, Athleten aus Russland und Belarus die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen unter bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen.

Kreml greift unbelegte Nord-Stream-Vorwürfe gegen USA auf

Washington/Moskau (dpa) – Russland hat mit Genugtuung auf die Verbreitung einer unbelegten Behauptung reagiert, wonach die USA hinter der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines stecken sollen. Die russische Führung griff den Blog-Eintrag des US-Journalisten Seymour Hersh auf, der ohne jeden Beleg und unter Berufung auf eine einzelne anonyme Quelle schrieb, US-Marinetaucher seien für die Explosionen der Gaspipelines in der Ostsee im vergangenen September verantwortlich.

Das Weiße Haus tat das als freie Erfindung ab. Der Vorsitzende des russischen Parlaments erhob dennoch schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Joe Biden, der Kreml forderte Aufklärung. Dabei steht Moskau selbst im Verdacht, die Pipelines sabotiert zu haben.

Explosionen hatten Ende September 2022 in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm vier Lecks in die beiden Pipelines Nord Stream 1 und 2 gerissen, die von Russland nach Deutschland führen. Die Gaslecks waren in internationalen Gewässern aufgetreten, jeweils zwei in den Ausschließlichen Wirtschaftszonen Dänemarks und Schwedens. Weiterlesen

Fressnapf wächst auch in der Konsumflaute

Krefeld (dpa) – Die Konsumflaute kann Deutschlands größter Heimtierbedarfskette Fressnapf bislang nur wenig anhaben. Trotz der hohen Inflation sehe die Unternehmensgruppe bei ihren Kunden bislang noch keinen Umstieg auf günstigere Produkte, wie etwa im Lebensmittelhandel zu beobachten sei, sagte Fressnapf-Gründer und -Eigentümer Torsten Toeller der Deutschen Presse-Agentur. «Die Kunden wollen das Beste für ihr Tier.»

Die Fressnapf-Gruppe steigerte ihren Gesamtumsatz im vergangenen Jahr noch einmal um mehr als 11 Prozent auf mehr als 3,5 Milliarden Euro. Auf dem mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro nach wie vor wichtigen deutschen Heimatmarkt fiel das Wachstum allerdings mit 5,7 Prozent etwas schwächer aus.

«2022 war ein gutes Jahr für Fressnapf, aber kein herausragendes», sagte der Unternehmer. Nach den wachstumsstarken Corona-Jahren 2020 und 2021, in denen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher neue Tiere angeschafft und so für ein Umsatzwachstum in Rekordhöhe gesorgt hätten, habe Fressnapf im vergangenen Jahr Gegenwind gespürt. Die Preissteigerungen, aber auch Probleme mit der Warenverfügbarkeit hätten sich bemerkbar gemacht und der Umsatz sei leicht unter Plan geblieben. Weiterlesen

Klingbeil wirbt vor EU-Gipfel für diplomatische Initiativen

Berlin (dpa) – SPD-Parteichef Lars Klingbeil hat sich vor dem EU-Gipfel in Brüssel für diplomatische Initiativen zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine ausgesprochen.

«Mich ärgert, wie in der politischen Debatte der Begriff der Diplomatie oftmals fast verächtlich gemacht wird», sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Für mich sind militärische Stärke und Diplomatie zwei Seiten einer Medaille.» Zum EU-Gipfel in Brüssel wird an diesem Donnerstag der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als Gast erwartet. Weiterlesen

EU: Fraktionsspitzen stimmen Anti-Korruptions-Reformen zu

Brüssel (dpa) – Die Vorsitzenden der Fraktionen im Europaparlament haben nach dem Bestechungsskandal um die ehemalige Vizepräsidentin Eva Kaili Reformen für eine bessere Vorsorge gegen Korruption zugestimmt.

Wie das Parlament am Mittwochabend mitteilte, sollen die Meldepflichten für Treffen mit Diplomaten und Interessenvertretern aus Nicht-EU-Ländern ausgeweitet werden. Zudem ist ein Verbot bestimmter «Freundschaftsgruppen» mit Kontakten zu Drittstaaten und eine stärke Zusammenarbeit mit nationalen Behörden vorgesehen. Weiterlesen

«Ewige Chemikalien» sollen in EU beschränkt werden

Berlin/Brüssel (dpa) – Sie weisen Schmutz und Wasser ab: Die sogenannten PFAS-Chemikalien werden deshalb in Produkten wie beschichteten Pfannen und Jacken genutzt. Für Gesundheit und Umwelt können sie jedoch schädlich sein. Nun will Deutschland in der EU gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden etwa 10.000 dieser «ewigen Chemikalien» verbieten lassen.

Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, der Umweltbelastung durch diese besonders problematischen Chemikalien einen Riegel vorschieben zu wollen. Die Behörden schätzen, dass in den nächsten 30 Jahren rund 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen, wenn nichts dagegen unternommen wird. Weiterlesen

EU will stärker gegen Desinformation vorgehen

Brüssel (dpa) – Auch mit Blick auf die russische Kriegspropaganda will die EU stärker gegen Desinformation im Internet vorgehen. Dafür baut sie ein Zentrum zur Analyse und zum Informationsaustausch über Desinformation auf, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel bei einer Konferenz ankündigte.

Die EU wolle damit besser verstehen, wie Desinformationen und Kriegspropaganda aus Staaten wie Russland oder China in der EU verbreitet und organisiert würden. Denn der Ukraine-Krieg werde nicht nur auf dem Schlachtfeld geführt, sondern auch im Internet, um Menschen zu manipulieren. Zudem solle das Zentrum zum Austausch von Erfahrungen und Wissen dienen. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Von einem EU-Ukraine-Gipfel erhofft sich Kiew heute konkretere Beitrittsperspektiven. «Ich glaube, dass es die Ukraine verdient hat, bereits in diesem Jahr Verhandlungen über die EU-Mitgliedschaft aufzunehmen», sagte Selenskyj gestern in seiner abendlichen Ansprache. Eine weitere Integration in die Europäische Union würde den Ukrainern «Energie und Motivation geben, trotz aller Hindernisse und Bedrohungen zu kämpfen».

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel wollen in Kiew mit Selenskyj zusammenkommen. Während die Ukraine sich weiter gegen schwere russische Angriffe wehrt, nutzte Kremlchef Wladimir Putin das Gedenken an die Schlacht von Stalingrad im Zweiten Weltkrieg, um seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland einmal mehr zu verteidigen. Weiterlesen

Kein Diesel aus Russland: Was der EU-Boykott bedeutet

Von Verena Schmitt-Roschmann, Ulf Mauder und Ansgar Haase, dpa

Berlin/Brüssel/Moskau (dpa) – Fast ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine greifen ab Sonntag weitere EU-Sanktionen gegen Moskau. Schon seit Anfang Dezember darf ja kein russisches Rohöl mehr per Tanker in die EU eingeführt werden, seit Anfang Januar verzichtet Deutschland auf Importe über die Pipeline Druschba. Ab dem 5. Februar will die EU nun auch keine Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe mehr aus Russland abnehmen. Das soll es Präsident Wladimir Putin schwerer machen, seinen Angriffskrieg zu finanzieren. Zu erwarten sind aber auch Folgen für Deutschland.

Werden Diesel und Co. knapp, wenn nichts mehr aus Russland kommt?

«Die allgemeine Versorgungssicherheit und die Sicherheit der Versorgung mit Kraftstoffen ist gewährleistet», versichert ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Auch der Mineralölverband Fuels und Energie sieht keine Versorgungslücke. Es geht vor allem um Diesel. Rund 12,5 Prozent seines Verbrauchs deckte Deutschland laut Branchenverband 2022 aus Russland – trotz des Ukraine-Kriegs. Ersatz komme aus den USA, Westeuropa und dem arabischen Raum, teilt Fuels und Energie mit. Benzin werde nicht aus Russland importiert. Für den Notfall gebe es eine Kraftstoffreserve für 90 Tage.

Wird Diesel an der Zapfsäule teurer?

Das ist nicht ausgeschlossen. Zwar sagt der Düsseldorfer Energieexperte Jens Südekum: «Ich glaube nicht, dass wir dramatische Preissprünge sehen werden.» Die nächste Embargostufe sei lange angekündigt. «In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir an den wichtigen Häfen Rotterdam, Antwerpen oder Amsterdam regelrechte Hamsterkäufe gesehen», berichtet der Ökonom. «Das heißt, man hat vor dem Embargo rangeschafft, was noch ging. Die Diesellager sind voll bis zum Anschlag. Das wird die Preisanstiege begrenzen.»

Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft weist aber darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus entfernteren Gegenden kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei begrenzt, die Wege seien länger, die Transporte somit teurer.

Warum sind in Ostdeutschland die Diesel-Preise höher?

Bei der Versorgung Ostdeutschlands kommen zwei Effekte zusammen: die neue Embargostufe und die Tatsache, dass die Raffinerien in Schwedt und Leuna nicht mit voller Kapazität arbeiten. Das liegt daran, dass sie lange russisches Rohöl aus der Druschba-Pipeline bezogen und seit dem deutschen Importstopp ab Januar neue Bezugsquellen brauchen. Die PCK-Raffinerie in Schwedt war zuletzt mit Lieferungen über Rostock nur noch zu 55 Prozent ausgelastet. Sie hofft auf zusätzliche Mengen über Polen und aus Kasachstan.

Die niedrigere Produktion der beiden ostdeutschen Raffinerien mache sich regional bemerkbar, erklärt Fuels und Energie. Der Tankstellenpreis im Osten sei deshalb bei Benzin rund 2,5 Cent und bei Diesel rund 1 Cent je Liter höher als im Bundesdurchschnitt.

Wie viele Erdölprodukte importierte die EU zuletzt aus Russland?

Noch im Oktober 2022 exportierte Russland nach den jüngsten Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat Erdölerzeugnisse wie Diesel im Wert von mehr als 2,3 Milliarden Euro in die EU. Allein nach Deutschland gingen damals Produkte im Wert von rund 558 Millionen Euro.

Der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt, dass die EU diesen Lieferanten einfach so ersetzen kann. Allein an Diesel habe Russland bisher täglich 600.000 Barrel geliefert; die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen kämen auf 200.000 Barrel. Trotzdem erwarten Experten, dass die Sanktionen die russische Erzeugung von Erdölprodukten drücken werden – um 15 Prozent auf etwa 230 Millionen Tonnen in diesem Jahr. Ein Barrel entspricht 159 Liter.

Wie will die EU Preissteigerungen verhindern?

Wie schon beim Importstopp für Rohöl will die EU zusammen mit den neuen Einfuhrbeschränkungen einen Preisdeckel für russische Erdölprodukte durchsetzen. Das heißt, sie will gemeinsam mit Partnern wie den USA Russland zwingen, diese Stoffe an Drittstaaten unter Marktpreis zu verkaufen. Funktionieren soll das so: Wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte – etwa Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen – sollen nur dann erlaubt sein, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält. Ziel der EU: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel sollen Russlands Einnahmen «signifikant reduzieren» und zugleich die globalen Preise stabilisieren. Aus Sicht von Habecks Ministerium hat dieses Rezept bisher funktioniert: «Der globale Ölpreis ist stabil, und die erzielten Preise für russisches Rohöl und damit die russischen Staatseinnahmen haben sich reduziert.»

Tut das Embargo Russland wirklich weh?

Niemand in Russland gibt Sanktionsschmerzen zu. Vielmehr betont die Führung in Moskau, dass sich das Öl auf dem Weltmarkt ohnehin vermische und sie andere Absatzwege finde – in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, nach Südekums Angaben etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten.

2022 sind Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vize-Regierungschef Alexander Nowak noch um knapp ein Drittel gestiegen. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff aber erst zum 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, sondern Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt.

Nowak räumt Unsicherheiten ein im Blick auf künftige Einnahmen. Zugleich hofft Russland auf Milliardengebühren, wenn es statt eigenen Öls künftig das schwarze Gold aus der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan durch die russische Druschba nach Deutschland durchleitet.

Wird das EU-Embargo eingehalten?

Russland hat nach einer Recherche des «Economist» Wege gefunden, das Öl-Embargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staats. Gegen den internationalen Preisdeckel für Rohöl wehrte sich Putin mit der Anordnung, ab 1. Februar nicht mehr in Länder zu liefern, die ihn einhalten.

Bei der neuen Embargostufe sieht Ökonom Südekum neue Schlupflöcher: «Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen.» Das sei nicht Sinn des Embargos. Aber selbst wenn es gelänge, diese Umgehung zu unterbinden, «dann wäre die Frage der Diesel-Preise in Europa auch sicher kritischer». Mit anderen Worten: Diese Einfuhren verhindern noch größere Knappheit in der EU.

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EZB erhöht Zinsen im Euroraum zum fünften Mal in Folge

Frankfurt/Main (dpa) – Mit der fünften Zinserhöhung in Folge stemmen sich die Euro-Währungshüter gegen die nach wie vor hohe Teuerung. Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins im Euroraum erneut um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,0 Prozent an. Das beschloss der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt. Für die nächste geldpolitische Sitzung am 16. März ist bereits eine weitere Zinserhöhung in Aussicht gestellt.

Diesen Kurs hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde schon im Dezember skizziert: «Wir müssen eine längere Strecke gehen.» Im Januar hatte Lagarde die Entschlossenheit der Notenbank bekräftigt: Die Zinsen müssten «noch deutlich und stetig steigen», um die Inflation ausreichend einzudämmen, sagte die Französin. Weiterlesen

EU will bessere Arbeitsbedingungen auf Online-Plattformen

Brüssel (dpa) – Das Europäische Parlament will die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte von Online-Plattformen wie Bolt, Uber, Gorillas und weiteren Lieferdiensten verbessern. In einer solchen Beschäftigung sei man Sklave des Algorithmus, sagte die sozialdemokratische Europaabgeordnete Elisabetta Gualmini, am Donnerstag in einer Sitzung des EU-Parlaments in Brüssel. Hintergrund ist ein Vorschlag der EU-Kommission, nach denen Onlineplattform-Beschäftigte künftig besser abgesichert werden sollen. Die EU-Staaten sowie das Parlament müssen sich noch auf einen Kompromiss einigen.

Millionen von Plattform-Beschäftigten könnten dem Vorschlag nach wie Angestellte eingestuft werden – und nicht wie bisher wie Freiberufler. Damit hätten sie Anspruch auf grundlegende Arbeitnehmerrechte wie Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, sagte die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff. Die Europaabgeordnete der Linke Özlem Alev Demirel begrüßte das Vorhaben. Die Beschäftigten hätten damit auch das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren und kollektiv Tarifverträge auszuhandeln, sagte sie. Weiterlesen

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