Ein Jahr Ukraine-Krieg: Energiepreisschock und Inflation

Von Friederike Marx und Jörn Bender, dpa

Wiesbaden (dpa) – Erst sieben, dann mehr als zehn Prozent: Der Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 war auch für die Inflation in Deutschland eine Zeitenwende.

Fast im Monatsrhythmus kletterte die Teuerungsrate auf neue Höchststände. Im Durchschnitt des vergangenen Jahres stiegen die Verbraucherpreise in Europas größter Volkswirtschaft nach früheren Angaben des Statistischen Bundesamtes um 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einen solchen Preisschock hat die Bundesrepublik in den mehr als 70 Jahren seit ihrer Gründung nicht erlebt.

Warum zieht die Inflation plötzlich so stark an?

Jahrelang dümpelte die Inflation in Deutschland und in anderen Euroländern vor sich hin. Bereits 2021 schoben dann vor allem gestiegene Energiepreise im Zuge der weltweiten Konjunkturerholung nach der Corona-Krise 2020 die Teuerungsrate an. Hinzu kamen Materialmangel und Lieferengpässe infolge der Pandemie. Der russische Angriff auf die Ukraine verschärfte die Preisentwicklung im vergangenen Jahr deutlich. «Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben», erläuterte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand.

Welche Auswirkungen hat der Krieg auf die Energiepreise?

Die Ölpreise schossen in den ersten Wochen des Ukraine-Krieges in die Höhe. Die Spritpreise erreichten zeitweise Rekordwerte. Im Sommer löste ein weitgehender Lieferstopp für Erdgas aus Russland nach Westeuropa einen Höhenflug des Preises für Gas aus. Deutschland ist besonders abhängig von Energieimporten und bekommt deshalb die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs deutlich zu spüren. Verbraucher hierzulande mussten für Heizöl im Schnitt des vergangenen Jahres 87 Prozent mehr zahlen als 2021, Erdgas verteuerte sich um 64,8 Prozent. Die Strompreise stiegen um 20,1 Prozent. Autofahrerinnen und Autofahrer zahlten an der Tankstelle 26,8 Prozent mehr als im Vorjahresschnitt.

Was hat sich noch deutlich verteuert?

Überdurchschnittlich stark stiegen auch die Lebensmittelpreise. Bauern beklagten höhere Kosten: von Energie über Futter bis zu Stickstoffdünger. Der Handel wies unter anderem auf hohe Energie- und Rohstoffkosten hin. Im Schnitt mussten Verbraucherinnen und Verbraucher im vergangenen Jahr 13,4 Prozent mehr für Nahrungsmittel zahlen als 2021. Die Ernährungsindustrie erwartet für das laufende Jahr weiter steigende Lebensmittelpreise. «2022 war noch eine Mischkalkulation mit alten 2021er-Preisen. Die Spitzen der Preise 2022 machen sich auch 2023 noch bemerkbar und schlagen durch», sagte unlängst der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Christian von Boetticher.

Welche Folgen haben die gestiegenen Preise für die Menschen?

Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro weniger leisten können. Vor allem wenn Waren teurer werden, die häufig gekauft werden, spüren Menschen das im Portemonnaie: beim Tanken und im Supermarkt. Besonders hart trifft es Studien zufolge Haushalte mit vergleichsweise niedrigem Einkommen. Die Preistreiber Haushaltsenergie und Lebensmittel haben bei ihnen einen deutlich größeren Anteil am gesamten Warenkorb als bei Wohlhabenderen.

Können die Menschen auf eine Abschwächung der Inflation hoffen?

Mit einer durchgreifenden Entspannung bei den Preisen rechnen Volkswirte im laufenden Jahr nicht, auch wenn der Höhepunkt des Anstiegs überschritten sein dürfte. Das Problem: Die Inflation ist Ökonomen zufolge von Energie und Nahrungsmitteln inzwischen auf viele andere Produkte übergesprungen und hat an Breite gewonnen. «Es besteht die Gefahr, dass sich die Inflation verfestigt», befürchtet Ifo-Experte Sascha Möhrle. Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer dürfte die sogenannte Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel vor allem wegen anziehender Lohnkosten hartnäckig hoch bleiben: Für Entwarnung bei der Inflation sei es zu früh. Die Bundesregierung rechnet im Jahresschnitt 2023 mit einer Teuerungsrate von 6,0 Prozent.

Wie wirken die Entlastungsmaßnahmen des Staates?

Der Staat nimmt Milliarden in die Hand, um Verbraucher und Wirtschaft bei den hohen Energiepreisen zu entlasten. Im Sommer 2022 dämpften zeitweise das auf drei Monate befristete 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt den Anstieg der Verbraucherpreise. Nach dem Auslaufen des günstigen Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr und der Steuersenkung auf Kraftstoffe zog die Inflationsrate wieder an. Die höchste Teuerungsrate wurde im Oktober mit 10,4 Prozent gemessen. Zum Jahresende 2022 sorgte dann die einmalige Übernahme der Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden durch den Staat für etwas Entspannung. Im laufenden Jahr dürften die staatlichen Gas- und Strompreisbremsen den Preisauftrieb dämpfen.

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Zahl der Erwerbstätigen auf Rekordniveau

Wiesbaden (dpa) – Noch nie waren im wiedervereinten Deutschland so viele Menschen erwerbstätig wie im vergangenen Jahr. 45,6 Millionen Menschen und damit 1,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor hatten 2022 ihren Arbeitsort in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt am Montag berichtete.

Damit wurde die Corona-Delle aufgeholt und die bisherige Höchstzahl aus dem Vorkrisenjahr 2019 von 45,3 Millionen Menschen übertroffen. Nach 14 Jahren ununterbrochenen Wachstums war die Erwerbstätigenzahl im ersten Corona-Jahr 2020 eingebrochen und hatte sich 2021 nur langsam um 0,1 Prozent Zuwachs erholt.

Zuwanderung ist ein wichtiger Faktor

Die zusätzlichen Jobs wurden unter anderem durch zugewanderte Arbeitskräfte erledigt. Zudem beteiligten sich mehr Inländer als zuvor am Erwerbsleben. Diese beiden Effekte überwogen noch die allgemeine demografische Entwicklung, stellten die Statistiker fest. In seiner Bevölkerungsvorausberechnung geht das Bundesamt davon aus, dass die Zahl der Menschen im Erwerbsalter zwischen 20 und 66 Jahren in Deutschland in den nächsten 15 Jahren selbst bei hoher Zuwanderung sinken wird. Es könnten 2035 zwischen 1,6 Millionen und 4,8 Millionen Erwerbspersonen weniger sein als aktuell. Weiterlesen

Arbeitslosenquote in der Eurozone auf Rekordtiefe

Luxemburg (dpa) – In der Eurozone ist die Arbeitslosigkeit im Januar erneut gefallen. Die Arbeitslosenquote sank gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 6,8 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag in Luxemburg mitteilte.

Das ist die niedrigste Quote seit der Einführung des Euro. Im Vorjahresmonat hatte die Quote noch bei 8,3 Prozent gelegen. In der Europäischen Union (EU) fiel die Arbeitslosenquote im Januar auf 6,2 Prozent. Weiterlesen

Fast wieder so viele Erwerbstätige wie vor der Corona-Krise

Wiesbaden (dpa) – Die Zahl der Erwerbstätigen hat im Schlussquartal des Jahres 2021 fast wieder das Vorkrisen-Niveau erreicht. 45,4 Millionen Menschen hatten ihren Arbeitsort in diesem Zeitraum in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag berichtete. Das waren zwar noch 157.000 weniger als zwei Jahre zuvor, aber auch 311.000 Personen mehr als im dritten Quartal 2021.

Der zum Jahresende durchaus typische Anstieg fiel mit 0,7 Prozent stärker aus als im Schnitt der drei Vorkrisenjahre 2017 bis 2019. Bereinigt um die Saisoneffekte ergab sich ein aktueller Zuwachs von 157.000 Männern und Frauen am Arbeitsmarkt zum Vorquartal. Weiterlesen

Erleichterter Zugang zu Kurzarbeit wird verlängert

Berlin (dpa) – Firmen und Beschäftigte können wegen der andauernden Corona-Krise weiter erleichterten Zugang zu Kurzarbeit erhalten.

Mit einer Verordnung des geschäftsführenden Bundesarbeitsministers Hubertus Heil, die am Mittwoch das Kabinett passierte, wird die maximale Bezugsdauer von 24 Monaten für weitere drei Monate bis zum 31. März 2022 verlängert. Weiterlesen

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