Rosneft vs. Bundesrepublik: Ein heikler Präzedenzfall

Von Wolf von Dewitz und Verena Schmitt-Roschmann, dpa

Leipzig (dpa) – Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine vor einem Jahr haben den Energiemarkt in Deutschland kräftig durchgeschüttelt. Die Bundesregierung hatte es plötzlich eilig, die milliardenschweren Ölimporte aus Russland zu kappen. Dafür griff der Bund in drastischer Weise in den Markt ein. War das rechtens? Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt darüber in Leipzig (Aktenzeichen: BVerwG 8 A 2.22).

Worum geht es in dem Verfahren?

Das staatliche russische Unternehmen Rosneft – der Mutterkonzern in Moskau und ein Ableger in Luxemburg – klagt dagegen, dass der Bund im September 2022 die Kontrolle über die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH übernahm. Die Kläger halten das für rechtswidrig.

Konkret stellte die Bundesregierung die Rosneft-Töchter unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Diese berief eine neue Geschäftsführung. Rosneft ist rechtlich weiter Eigentümer der deutschen Töchter, kann aber nicht mehr mitbestimmen. Sollten die Töchter Gewinn machen, bleibt dieser als Rücklage bei ihnen in Deutschland. Der Bund verdient nicht mit, Russland aber auch nicht. Ein Sprecher der Bundesnetzagentur sagt es so: «Unter der Treuhand ist sichergestellt, dass keine Zahlungen der Unternehmen nach Russland erfolgen, es sei denn, dies ist durch den Treuhänder in Einzelfällen autorisiert.»

Warum übernahm der Bund die Kontrolle?

Im Zuge von EU-Sanktionen sagte Deutschland zu, ab 2023 ganz auf russisches Rohöl zu verzichten. Die Rosneft-Töchter importierten und verarbeiteten aber zum Großteil russisches Öl. Zugleich hatten sie einen erheblichen Marktanteil: Sie hielten nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums über Beteiligungen an drei Raffinerien zwölf Prozent der Kapazität zur Erdölverarbeitung in Deutschland.

Zentral war die Mehrheitsbeteiligung von 54 Prozent an der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, die Nordostdeutschland mit Benzin, Diesel und anderen Produkten versorgt. Sie hing am russischen Rohöl aus der Druschba-Leitung. Rosneft hatte nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck kein Interesse, das zu stoppen.

Wie begründet der Bund die Treuhandlösung?

Rechtlich argumentierte das Ministerium im Bundesanzeiger so: Wegen Unsicherheiten bei den Folgen der EU-Sanktionen hätten Vertragspartner die Zusammenarbeit mit Rosneft eingeschränkt. Mitarbeiter seien dabei abzuwandern. Damit sei der Betrieb kritischer Infrastruktur in Gefahr.

Im Falle PCK kam laut Ministerium hinzu: Um die Raffinerie ohne russisches Öl wirtschaftlich weiter zu betreiben, brauche sie Lieferungen von Tankeröl über den Hafen Danzig. Dies sei nach polnischen Angaben erst denkbar, wenn russische Gesellschafter nicht mehr beteiligt seien, hieß es im Bundesanzeiger weiter.

Wie begründet Rosneft die Klage?

Die Kläger führen drei wesentliche Gründe an: Es habe vor der Treuhandlösung keine Anhörung gegeben, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Treuhandverwaltung seien nicht gegeben und es fehle eine Rechtsgrundlage für ein Embargo leitungsgebundenen russischen Rohöls seit dem 1. Januar 2023. Gemeint sind die Lieferungen über die Druschba-Leitung. Diese sind nicht vom EU-Ölembargo gegen Russland erfasst, sondern nur Tankeröl. Deutschland verzichtete per EU-Protokollnotiz zusätzlich auf das Pipeline-Öl.

Wieso durfte der Bund da eigentlich zugreifen?

Die Ampel-Koalition hatte 2022 das Energiesicherungsgesetz entsprechend geändert. Paragraf 17 sieht die Option einer Treuhandverwaltung für Betreiber von kritischer Infrastruktur im Energiesektor vor. Sie greift, «wenn die konkrete Gefahr besteht, dass ohne eine Treuhandverwaltung das Unternehmen seine dem Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie dienenden Aufgaben nicht erfüllen wird, und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht».

Warum ist das Verfahren in Leipzig wichtig?

Mit der rechtlichen Konstruktion der staatlichen Treuhandverwaltung einer privatwirtschaftlichen Firma mit ausländischem Eigentümer betrat der Bund juristisches Neuland. Zuerst wurde Gazprom Germania unter die Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt, dann die Rosneft-Töchter. Möglich ist, dass das Bundesverwaltungsgericht die Treuhandverwaltung aufhebt – dann wären die deutschen Tochterfirmen wieder unter russischer Kontrolle. Für den Bund wäre das eine herbe Niederlage. Sollte Rosneft vor Gericht scheitern, wäre das eine Bestätigung für Berlin.

Wie könnte es weiter gehen mit Rosneft?

Die Treuhandverwaltung wurde zunächst auf sechs Monate befristet, also bis zum 15. März. Sie dürfte verlängert werden – wenn der Bund in Leipzig gewinnt. Habeck hat zudem Pläne, die Optionen zum Verkauf von Energieunternehmen in Treuhandverwaltung wie im Fall Rosneft zu erweitern. Derzeit ist dies nur zulässig, wenn es zum Werterhalt des Unternehmens erforderlich ist. Künftig soll ein Verkauf auch «zur Sicherung des Funktionierens des Gemeinwesens im Sektor Energie und zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit» erlaubt sein. Das könnte auf die Pläne des Bundes für die Rosneft-Töchter hindeuten.

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Erstmals seit 40 Tagen: Anstieg in den Gasspeichern

Bonn (dpa) – Nach 40 Tagen sinkender Füllstände ist in den deutschen Gasspeichern am Samstag erstmals wieder eingespeichert worden. Nach vorläufigen Zahlen des europäischen Speicherverbandes GIE erhöhte sich der Füllstand um 0,07 Punkte auf 71,58 Prozent. Zuletzt war zuvor in Deutschland am 8. Januar Gas eingespeichert worden. Durch regelmäßige Entnahmen sank seitdem der Speicherstand von 91,2 auf 71,58 Prozent.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, zeigte sich erfreut. «Die milden Temperaturen und das Gassparen helfen und tragen zur Vorsorge für den Winter 23/24 bei», schrieb er auf Twitter. Weiterlesen

Gasverbrauch in Deutschlands Haushalten deutlich gesunken

Bonn (dpa) – Erste Sparanstrengungen werden sichtbar: Die Haushalte und kleineren Firmen haben in der vergangenen Woche deutlich weniger Gas genutzt als in vergleichbaren Vorjahreszeiträumen. Pro Tag seien im Schnitt 571 Gigawattstunden verbraucht worden und damit 29 Prozent weniger als im Schnitt der gleichen Kalenderwochen im Zeitraum 2018 bis 2021, teilte die Bundesnetzagentur in Bonn mit. Nicht einbezogen sind hierbei Deutschlands 40.000 größte Gasnutzer, also vor allem Industriefirmen. Weiterlesen

Gassparen: Bundesnetzagentur fordert stärkere Anstrengungen

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Die Zahlen seien «sehr ernüchternd». «Ohne erhebliche Einsparungen auch im privaten Bereich wird es schwer, eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden», sagte Netzagenturpräsident Klaus Müller laut einer Mitteilung.

Zwar sei die vergangene Woche kälter als die Vorjahreswochen gewesen. Auch seien Verbräuche immer Momentaufnahmen und könnten sich schnell ändern. Einsparungen müssten jedoch auch bei weiter sinkenden Temperaturen stattfinden, betonte Müller. «Das ist kein Selbstläufer.» Weiterlesen

Netzagentur: Volle Gasspeicher allein reichen noch nicht

Berlin (dpa) – Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat trotz der Fortschritte beim Befüllen der deutschen Gasspeicher dazu aufgerufen, dringend weiter Gas zu sparen.

Man könne sich nicht allein auf die Speicher verlassen, sagte Müller am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner». «Die alleine würden uns nicht durch einen Winter durchtragen, wenn es besonders kalt wird oder Putin das Gas komplett abdrehen sollte», betonte Müller mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Weiterlesen

Bundesnetzagentur: Verbraucher müssen mehr Energie sparen

Berlin (dpa) – Die Menschen in Deutschland müssen aus Sicht der Bundesnetzagentur weit mehr Energie sparen, um einen Gasmangel im Winter abzuwenden. Behördenchef Klaus Müller sagte, die Reduktion der Gaslieferungen aus Russland auf nur noch 20 Prozent der vereinbarten Menge habe zur Folge, dass sich der Mangel nur noch in zwei Best-Case-Szenarien verhindern lasse.

«Für diese Szenarien müssen die Verbraucher aber mindestens 20 Prozent einsparen – also viel mehr als bislang», sagte er der Zeitung «Welt am Sonntag». «In allen anderen Szenarien droht schon im Dezember eine Gasmangellage oder wir weisen am Ende der kommenden Heizperiode niedrige Speicherfüllstände auf.» Weiterlesen

Deutsche Gasspeicher zu fast 70 Prozent gefüllt

Schwerin (dpa) – Trotz stark reduzierter Liefermengen aus Russland kommt die Gasspeicherung in Deutschland voran. Aktuell seien die Speicherkapazitäten zu 69 Prozent gefüllt, sagte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, am Dienstag nach einer Schaltkonferenz mit der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern. Aktuell kämen täglich rund 0,4 Prozentpunkte hinzu. Weiterlesen

Chef der Bundesnetzagentur: Mehr Energie sparen

 Energiekrise
Von Andreas Hoenig und Wolf von Dewitz, dpa

Bonn (dpa) – Die Bundesnetzagentur hat die Verbraucher zu mehr Anstrengungen beim Energiesparen aufgefordert, damit Deutschland auch bei einer Gasknappheit durch den Winter kommt. Im bisherigen Jahresverlauf liege der Gasverbrauch 14 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum, sagte Behördenpräsident Klaus Müller der Deutschen Presse-Agentur. «Ich muss aber in Richtung 20 Prozent kommen. Es muss noch eine Schippe draufgepackt werden.»

Er wies darauf hin, dass der größte Teil der Einsparungen am relativ milden Wetter in diesem Jahr gelegen habe – vor allem dadurch liefen die Heizungen nicht so stark wie im Vorjahr. Wäre das Wetter hingegen wie 2021 gewesen, wären es nur 5 Prozent gewesen. Weiterlesen

Chef der Bundesnetzagentur ruft zum Gassparen auf

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Jeder eingesparte Kubikmeter Gas helfe, angesichts der unsicheren Belieferungsaussichten in den kommenden Monaten die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erhöhen, sagte Müller am Mittwoch bei einem Besuch auf dem Gelände des größten Erdgasspeichers in Deutschland im niedersächsischen Rehden bei Diepholz. «Wir appellieren an alle privaten Haushalte, jetzt schon zu überlegen, wo kann man im Herbst selber Gas einsparen.» Weiterlesen

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Berlin (dpa) – Bundeskanzler Olaf Scholz sieht Deutschland und die EU auf einen möglichen Stopp der Gaslieferungen aus Russland gut vorbereitet. Die Regierung und die Netzagentur rufen aber Verbraucher und Firmen zum Energiesparen auf.

Es seien alles unternommen worden, um Energie aus anderen Ländern zu importieren, sagte Scholz am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. «Das ist eine Anstrengung, die jetzt noch mal weiter beschleunigt werden muss.» Das sei zwar eine große Herausforderung. «Aber da werden wir uns unterhaken.»

Der Gas-Engpass in Europa und steigende Energiepreise werden auch Thema auf dem G7-Gipfel sein, bei dem Scholz ab Sonntag im bayerischen Elmau Gastgeber sein wird. Weiterlesen

Größter Gasspeicher soll «mit großem Schwung» befüllt werden

Köln (dpa) – Angesichts einer drohenden Gaskrise im Konflikt mit Russland soll der größte deutsche Speicher im niedersächsischen Rehden schneller befüllt werden.

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