Berlinale 2023 – Das Jahr der kriselnden Männer

Berlin (dpa) – Ein Mann fährt mit einem alten Wagen durch die australische Wüste, hört einen religiösen Radiosender, zündet sich eine Kippe an. Der Thriller «Limbo» erzählt von einem Polizisten, der zum Verschwinden einer indigenen Frau recherchieren soll. Gespielt wird der drogensüchtige Ermittler von Simon Baker. Man erkennt den Schauspieler, der durch die Serie «The Mentalist» und die Komödie «Der Teufel trägt Prada» bekannt ist, kaum wieder.

In «Limbo» sieht man ihn mit raspelkurzem Haar, Bart, Brille. Der Schwarz-Weiß-Film von Regisseur Ivan Sen gehört zu den 19 Wettbewerbsfilmen der Berlinale. An diesem Samstag verkündet die Jury, welche Filme und Leistungen diesmal ausgezeichnet werden. Jurypräsidentin Kristen Stewart und die anderen Mitglieder haben dafür in den vergangenen Tagen stundenlang Filme geschaut. Weiterlesen

«Sonne und Beton» – Roman von Felix Lobrecht verfilmt

Von Oliwia Nowakowska und Julia Kilian, dpa

Berlin (dpa) – «Mann, is dein Ernst? Lass mich doch mal rein jetzt, Alter. Ich bin seit vier Jahren auf dieser bekackten Schule.» Lukas steht vor dem Gebäude, aber die Sicherheitsleute lassen ihn nicht aufs Gelände, weil er seinen Ausweis vergessen hat. Also schwänzt er kurzerhand und gerät bald in eine Schlägerei, die fatale Folgen haben wird. Mit dieser Szene beginnt Felix Lobrechts Roman «Sonne und Beton». Es ist die Geschichte von vier Jungs, die im Berliner Süden aufwachsen, in der Neuköllner Gropiusstadt.

Mit dem Roman landete Lobrecht einen Bestseller. Jetzt kommt die Geschichte ins Kino. Kürzlich feierte der Film seine Weltpremiere bei der Berlinale . Lobrecht erschien mit Trainingshose, Golduhr und Filmteam zur Pressekonferenz. David Wnendt («Feuchtgebiete», «Er ist wieder da») führte Regie bei dem Projekt.

Film bringt die 2000er zurück

Und eins kann man sagen: Der Film knallt ordentlich. Mit Cherry Coke, Tastentelefon und Aufnahmen aus der Zeit des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder bringt er die frühen 2000er zurück. Wie im Buch steht Lukas vergeblich vor seiner Schule, trifft danach andere Jungs und wird von Typen im Park zusammengeschlagen. Es fallen dann Sätze wie: «Hast du ma’ Spiegel geguckt? Dein ganzes Gesicht ist zerfickt.»

In rund zwei Stunden nimmt einen der Film mit zu zerrütteten Familien und ziellosen Männern, zu Hochhausschluchten und Hinterzimmerdeals, zu freundlichen und weniger freundlichen Menschen. Der Film ist toll besetzt mit vier jungen Schauspielern. Und «Tatort»-Darsteller Jörg Hartmann spielt Lukas’ Vater Matthias, der froh ist, bald als Hausmeister an der Universität arbeiten zu können, gerne Zeitung liest und oft sagt: «Der Klügere gibt nach.»

Lukas’ älterer Bruder hält das für einen weniger hilfreichen Satz und lebt stattdessen nach der Devise «Der Klügere tritt nach». Irgendwann kommen Lukas und die Jungs auf die Idee, in die Schule einzubrechen und die neuen Computer zu klauen. «Sonne und Beton» ist ein Gesellschaftspanorama, das einen nachdenken lässt über soziale Gerechtigkeit und die Frage, wie sich Gewalt verselbstständigt.

Mehrere Angebote für Buchverfilmung

Lobrecht ist vor allem als Podcast-Moderator («Gemischtes Hack») und als Comedian bekannt. Der 34-Jährige ist mittlerweile so erfolgreich, dass sogar die «New York Times» über ihn geschrieben hat. Angebote, sein Buch zu verfilmen, gab es mehrere. Die Schwergewichte hätten deutlich mehr Geld als sie geboten, erzählte Produzent Fabian Gasmia bei der Berlinale.

Lobrecht aber habe sich für ihr Angebot entschieden, weil er das Gefühl gehabt habe, dort werde der kompromissloseste Film daraus gemacht. Lobrecht bestätigte das und sagte, er habe das Gefühl gehabt, dass sie am ehesten verstanden hätten, worum es in dem Buch wirklich gehe.

Ihm sei beim Film wichtig gewesen, Schauspielerinnen und Schauspieler zu finden, die den Vibe verstünden, sagte Lobrecht der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Berlinale. Dass sich die Dialoge nicht anfühlten wie in deutschen Filmen, sondern dass man die Sprache treffe. «Mir war sehr wichtig, dass das authentisch ist.»

Wer Lobrechts Namen googelt, findet unzählige Interviews mit ihm – von Quatschgesprächen über Brüste, bei denen er eher den Comedian raushängen lässt, bis hin zu politischen Gesprächen über Rollenverteilung und Chancengleichheit mit Olaf Scholz beim Podcast «Machiavelli» von Cosmo. Hier kommt eher der reflektierte, nachdenkliche Felix Lobrecht zum Vorschein.

Kritik für Witz über Affen im Krefelder Zoo

Bei seinen Shows macht er sich oft über politische Korrektheit lustig. Ab und an erntet er Kritik. Als er 2020 zum Beispiel einen Witz über Affen im Krefelder Zoo machte, die bei einem Brand starben, war der Aufschrei im Netz groß. «Leute tragen Wokeness ja auch wie so’n Accessoire gerade», sagte er vor zwei Jahren im Podcast «Hotel Matze». Und das seien vor allem etwa reiche Kinder aus Kleinstädten, das mache es zu etwas sehr Elitärem.

Was ihn immer erstaune: Wir lebten in einer «sehr wachen, also woken Zeit», wo sich mit verschiedensten Diskriminierungsmechanismen und -dimensionen auseinandergesetzt werde und diese wichtige, größte und best erforschte Diskriminierungsdimension – nämlich soziale im Sinne von ökonomische Herkunft – einfach nicht Thema sei, sagte er im SRF. Nichts bestimme ein Leben mehr als die soziale Herkunft.

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Geraldine Chaplin: Mein Vater hat niemals aufgegeben

Berlin (dpa) – Die britische Schauspielerin Geraldine Chaplin (78) hat Nachwuchsschauspielern Mut zugesprochen. Als sie im Rahmen des Nachwuchsförderprogramms «Berlinale Talents» nach einem Ratschlag für das Publikum gefragt wurde, antwortete sie: «Am Ball bleiben.» Dies habe sie von ihrem Vater Charlie Chaplin gelernt, der selbst auch nie aufgegeben habe. «Mein Vater war der einzige Mentor, den ich jemals hatte», sagte sie am Dienstagabend, «und er war ziemlich gut». Geraldine Chaplin spielt eine Rolle im Film «Seneca» von Robert Schwentke, der auf der Berlinale gezeigt wird.

Felix Lobrecht wundert sich über Silvesterdebatte

Berlin (dpa) – Der Berliner Comedian Felix Lobrecht (34) hat die Angriffe auf Rettungskräfte in der Silvesternacht verurteilt, wundert sich gleichzeitig aber über den Verlauf der Debatte.

Die Angriffe nannte er «offensichtlich scheiße». «Da braucht man gar nicht drüber reden», sagte Lobrecht der Deutschen Presse-Agentur. «Mir kommen die Debatten nur so ein bisschen weltfremd vor.» Es sei nicht so, dass es dieses Jahr das erste Mal eskaliert sei. Sondern so sei Silvester, seitdem er ein Kind gewesen sei in Neukölln. Weiterlesen

Östlund plant Film über Langstreckenflug ohne Entertainment

Berlin (dpa) – Regisseur Ruben Östlund (48) hat Einblicke in sein nächstes Filmprojekt gegeben. Der Titel lautet «The Entertainment System is Down». Im Fokus des Films stehe ein Langstreckenflug, sagte Östlund am Montagabend bei der Reihe Berlinale Talents. «Und ziemlich bald nach dem Start teilt die Crew allen Passagieren mit, dass (…) das Unterhaltungssystem nicht funktioniert.» Plötzlich habe man also moderne Menschen, die daran gewöhnt seien, zum Dopaminrausch auf kleinen Bildschirmen herum zu scrollen, und die auf einem 17-Stunden-Flug ihrer Langeweile ausgesetzt seien. Über das Projekt wurde schon mehrfach berichtet. Nach eigenen Angaben präsentiert Östlund seine Filmideen gerne, um hilfreiche Rückmeldungen zu bekommen. Sein letzter Film «Triangle of Sadness» wurde mehrfach für den Oscar nominiert.

Berlinale will Regisseur Steven Spielberg auszeichnen

Berlin (dpa) – Die Berlinale will US-Regisseur Steven Spielberg für sein Lebenswerk auszeichnen. Der 76-Jährige soll am Dienstag in Berlin den Goldenen Ehrenbären bekommen. Nachmittags (16.05 Uhr) ist eine Pressekonferenz mit ihm geplant und abends die Verleihung (21.30 Uhr). Dann soll auch sein neuer Film «Die Fabelmans» gezeigt werden, der am 9. März in die deutschen Kinos kommen soll.

Spielberg hat Filme wie «Der weiße Hai», «E.T.» «Indiana Jones», «Schindlers Liste», «Der Soldat James Ryan» und «West Side Story» gedreht. Dreimal gewann er einen Oscar, zahlreiche weitere Male war er nominiert. Auch «Die Fabelmans» hat Chancen auf die Auszeichnung in sieben Kategorien. Darüber hinaus bekam Spielberg zahlreiche Golden Globes und Emmys. Weiterlesen

Berlinale zeigt Helen Mirrens neuen Film «Golda»

Berlin (dpa) – In ihrem neuen Film spielt Helen Mirren die israelische Politikerin Golda Meir. Die Premiere von «Golda» ist am Montag bei den Filmfestspielen in Berlin geplant. Zunächst ist eine Pressekonferenz (14.30 Uhr) vorgesehen, abends dann eine Vorführung im Festivalpalast am Potsdamer Platz (18.15 Uhr). Im Programm stehen auch «Inside» mit Willem Dafoe und «Seneca» mit John Malkovich und Geraldine Chaplin. Die Berlinale zählt zu den großen Filmfestivals.

Das Berlinale-Wochenende war zuvor mit zwei mit Spannung erwarteten Premieren zu Ende gegangen. Die Regisseurin Margarethe von Trotta stellte ihren Film über die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973) vor. Das Thema wurde ihr vorgeschlagen. «Es kommt sehr oft von außen», sagte von Trotta vor der Vorstellung. Vicky Krieps spielt Bachmann. Ronald Zehrfeld spielt den Autor Max Frisch, mit dem Bachmann liiert war. Im Filmtitel habe sie zweierlei gesehen, erklärte von Trotta – zum einen eine Reise in die Gefühlswüste mit Frisch, zum anderen eine Reise in die Wüste, die Ingeborg Bachmann erlöse. Weiterlesen

Erste Wettbewerbsfilme bei Berlinale – Revolution als Thema

Berlin (dpa) – Berlinale auf Bärenjagd. Mit den ersten öffentlichen Screenings hat bei den Internationalen Filmfestspielen am Freitag der Wettbewerb um die begehrten Trophäen begonnen. 19 Filme konkurrieren um den Goldenen Bären und die silbernen Varianten der Auszeichnung. Die Jurypräsidentin Kristen Stewart wird gemeinsam mit anderen Filmschaffenden entscheiden, wohin die Bären gehen.

Drei Filme haben den ersten Wettbewerbstag bestimmt: «The Survival of Kindness» von Rolf de Heer über den Überlebenskampf einer Frau in der australischen Wüste, Emily Atefs «Irgendwann werden wir uns alles erzählen» mit einer Wendegeschichte auf einem Bauernhof an der einstmals deutsch-deutschen Grenze sowie «BlackBerry» von Matt Johnson um Höhenflüge und Absturz des gleichnamigen Smartphones. Weiterlesen

Anne Hathaway: Selenskyj ist «ein Held unserer Zeit»

Berlin (dpa) – US-Schauspielerin Anne Hathaway hat ihre Bewunderung für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum Ausdruck gebracht. «Ich möchte dem Filmfestival einfach meine Dankbarkeit dafür ausdrücken, dass es einen Helden unserer Zeit miteinbezieht», sagte die 40-Jährige am Donnerstag in Berlin. «Und dafür, uns allen die Möglichkeit zu geben, die Botschaft der Ukraine zu bekräftigen, welche der fast universale Wunsch nach Frieden ist.» Weiterlesen

Kristen Stewart über Filme in politischen Krisenzeiten «Schleudertrauma»

Berlin (dpa) – Filme sind für US-Schauspielerin Kristen Stewart in politischen Krisenzeiten ein gutes Mittel gegen Gefühle von Ohnmacht. «Es ist eine tolle Möglichkeit daran mitzuwirken, schöne Dinge in einer Zeit zu betonen, in der es hart ist, daran festzuhalten», sagte die 32-Jährige am Donnerstag auf der Eröffnungspressekonferenz der Berlinale in Berlin. «Ich denke, es ist die Aufgabe eines Künstlers, ein ekelhaftes oder schlimmes Thema aufzugreifen, es zu verarbeiten und in etwas Schöneres, Hilfreiches zu verwandeln.» Weiterlesen

Die Filmfestspiele beginnen – Kristen Stewart in Berlin

Berlin (dpa) – Schauspielerin Kristen Stewart (32) ist bereits in der Stadt. In Berlin beginnen an diesem Donnerstag die Internationalen Filmfestspiele. Stewart leitet in diesem Jahr die Internationale Jury. Morgens (10.30 Uhr) soll sie mit den anderen Jurymitgliedern ihren ersten Auftritt bei einer Pressekonferenz haben. Abends (19.30 Uhr) werden die Filmfestspiele dann feierlich eröffnet.

Dann soll auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zugeschaltet werden. Hollywoodstar Sean Penn, der bei der Berlinale später seinen Ukraine-Film «Superpower» vorstellt, soll bereits am Eröffnungsabend eine Einführung halten. Die Berlinale will während des Festivals unter anderem auf den Krieg in der Ukraine und die Lage der Menschen im Iran schauen. Weiterlesen

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