Rheinland-Pfalz feiert 75. Landesgeburtstag in Berlin

Berlin (dpa/lrs) – Sonne, Musik und Wein: Mit einem sommerlichen «Heimat»-Fest in der Berliner Landesvertretung hat die rheinland-pfälzische Landesregierung zusammen mit Hunderten Gäste das 75-jährige Bestehen des Bundeslands gefeiert. «Wir freuen uns, dass wir nach dieser Durststrecke Pandemie wieder feiern dürfen», sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer am Mittwochabend in Berlin.

Noch vor Gründung der Bundesrepublik 1949 hatten die Menschen in Rheinland-Pfalz am 18. Mai 1947 in Rheinland die Landesverfassung verabschiedet und den ersten Landtag gewählt. Deswegen gilt dieses Datum als Ausgangspunkt für die Feierlichkeiten. Weiterlesen

Erneut Antisemitismus-Vorwürfe gegen documenta fifteen

Kassel/Frankfurt (dpa) – Kurz nach der Eröffnung der documenta fifteen fachen neue Vorwürfe die seit Monaten schwelende Antisemitismus-Debatte um die Schau weiter an.

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, forderte die Verantwortlichen der Weltkunstausstellung in Kassel auf, einen Beitrag des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wegen antisemitischer Motive zu entfernen.

Auf dem großflächigen Banner am Friedrichsplatz ist unter anderem ein Soldat mit Schweinsgesicht zu sehen. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift «Mossad». Das ist die Bezeichnung des israelischen Auslandsgeheimdienstes. «Das ist eine klare Grenzüberschreitung», sagte Mendel der Deutschen Presse-Agentur. «Diese Bilder lassen überhaupt keinen Interpretationsspielraum zu. Das ist klare antisemitische Hetze.»

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, hat sich bestürzt geäußert. «Als Mitglied der jüdischen Gemeinschaft, aber auch als Bürgerin dieses Landes bin ich entsetzt über den blanken Judenhass, der sich im Bild von Taring Padi zeigt. Personen mit Schläfenlocken und SS-Runen, dazu ein Schweinekopf mit der Aufschrift “Mossad”» – das sei plump antisemitisch, sagte Knobloch.

Banner wird verdeckt

Aufgrund einer Figurendarstellung des Kollektivs, die antisemitische Lesarten ermöglicht, habe sich das Kollektiv gemeinsam mit der Geschäftsführung und der Künstlerischen Leitung «entschieden, die betreffende Arbeit zu verdecken und eine Erklärung dazu zu installieren», teilte die documenta mit. Das Gemälde teilweise zu verdecken und der Grenzüberschreitung «durch Anbringung einer Fußnote die Spitze nehmen zu können, ist absurd», so Knobloch. Die antisemitischen Vorfälle rund um diese documenta seien zu einem Thema für die gesamte Gesellschaft geworden.

Anschuldigungen immer wieder zurückgewiesen

Dem indonesischen Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa war schon vor Monaten von einem Kasseler Bündnis vorgeworfen worden, auch Organisationen einzubinden, die den kulturellen Boykott Israels unterstützten oder antisemitisch seien. Ruangrupa und die documenta wiesen die Anschuldigungen entschieden zurück. Später schaltete sich auch der Zentralrat der Juden in Deutschland ein. Eine zur Beruhigung gedachte Diskussionsreihe wurde abgesagt.

Bislang hatte sich Mendel in der Debatte hinter die documenta gestellt. Er sagte, er sehe dort keinen Antisemitismus, kritisierte aber die fehlenden Positionen von jüdischen Künstlern aus Israel. Mendel betonte am Montag, nicht die gesamte Ausstellung sei als antisemitisch zu bezeichnen. «Man muss da differenzieren. Da ist sicher etwas schiefgelaufen. Aber so etwas sollte nicht passieren.» Die Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, läge nun bei den Kuratoren und der Leitung der documenta fifteen.

Deutliche Worte

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth fand deutliche Worte: «Das ist aus meiner Sicht antisemitische Bildsprache», teilte die Grünen-Politikerin mit. «Ich sage es noch einmal: die Menschenwürde, der Schutz gegen Antisemitismus, wie auch gegen Rassismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit sind die Grundlagen unseren Zusammenlebens, und hier findet auch die Kunstfreiheit ihre Grenzen.» Die documenta müsse das umgehend gegenüber den Kuratoren und Künstlern deutlich machen und «die notwendigen Konsequenzen» ziehen.

«Auch mein persönlicher Eindruck ist, dass hier eine antisemitische Bildsprache vorliegt», teilte die stellvertretende documenta-Aufsichtsratsvorsitzende, Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne), mit. Sie habe deshalb umgehend Kontakt zur Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, aufgenommen mit dem Ziel, schnellstmöglich eine Klärung herbeizuführen.

Dorn zufolge ist Schormann bereits tätig geworden. Sie rechne damit, «dass wir uns zeitnah als Gesellschafter der documenta GmbH in einer Sondersitzung mit den Ergebnissen befassen werden», erklärte sie.

«Bei der Abbildung auf dem Kunstwerk, das nach meiner derzeitigen Kenntnis erst am Samstag auf dem Friedrichsplatz installiert wurde, handelt es sich um einen antisemitischen Verstoß, der nicht von der Hand zu weisen ist», teilte der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle, mit. Er habe die Geschäftsführung der Schau gleichzeitig um Aufklärung sowie um Einleitung notwendiger Maßnahmen gebeten.

Geselle warnte davor, die documenta fifteen nun unter Generalverdacht zu stellen. «In den Preview Days, die vergangene Woche von Mittwoch bis Freitag für Fachpublikum und Medien stattgefunden haben, waren keine antisemitischen Kunstwerke vorher feststellbar.»

«Dieses Werk muss weg, und es ist Aufgabe der documenta, sich nun mit Entschlossenheit der eigenen Verantwortung zu stellen», teilte Hessens Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker mit.

Rote Linie überschritten

Empört zeigte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Der Rat sei für seine Bedenken gegenüber der diesjährigen documenta von vielen Seiten kritisiert worden. Sogar Rassismus sei ihm indirekt vorgeworfen worden.

«Es spielt jedoch keine Rolle, woher Künstler stammen, die Antisemitismus verbreiten», betonte Schuster. Kunstfreiheit ende dort, wo Menschenfeindlichkeit beginne. «Auf der documenta wurde diese rote Linie überschritten.» Die Verantwortlichen müssten jetzt ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und Konsequenzen ziehen, forderte er.

Deutliche Worte fand die israelische Botschaft in Berlin: «Die in einigen Exponaten gezeigten Elemente erinnern an die Propaganda von Goebbels und seinen Handlangern in dunklen Zeiten der deutschen Geschichte.» Alle roten Linien seien nicht nur überschritten, sie seien zertrümmert worden. «Diese Elemente sollten sofort aus der Ausstellung entfernt werden.»

Das American Jewish Committee Berlin forderte sogar die Entlassung der documenta-Geschäftsführerin. Schormann solle umgehend von ihren Aufgaben entbunden werden, «der offen zur Schau gestellte Antisemitismus unverzüglich unterbunden und die entsprechenden Werke entfernt werden», erklärte Direktor Remko Leemhuis.

Die Gesellschafter der Kunstschau – die Stadt Kassel und das Land Hessen – müssten jetzt für Klarheit sorgen, forderte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, «da die Geschäftsführung der documenta fifteen offensichtlich dazu nicht bereit oder in der Lage ist.» Die AfD im Landtag von Hessen verlangte gar, die documenta fifteen zu beenden.

Vor dem Hintergrund der Debatte um die 15. Ausgabe der documenta hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Schau am Samstag schon die Grenzen der Kunstfreiheit betont. «Kunst darf anstößig sein, sie soll Debatten auslösen.» Kritik an israelischer Politik sei erlaubt. «Doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten», hatte er gesagt.

Die documenta, seit 1955 in Kassel, gilt neben der Biennale in Venedig als weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Sie wird nur alle fünf Jahre veranstaltet. Die Schau dauert bis zum 25. September.

 

 

 

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Tafeln kritisieren unzureichende Hilfe für Flüchtlinge

Berlin (dpa) – Die Tafeln in Deutschland werfen den Behörden vor, ukrainischen Kriegsflüchtlingen teilweise zu wenig direkte Unterstützung zu geben.

«Es kann nicht sein, dass Behörden auch im vierten Monat des Krieges Geflüchtete immer noch an die Tafeln verweisen, statt selbst helfen zu können», sagte der Vorsitzende der Tafel Deutschland, Jochen Brühl, der Deutschen Presse-Agentur.

Einige Sozialämter schickten Geflüchtete direkt ohne vorherige Absprache zu den Tafeln, sagte Brühl. Andere würden den Menschen bis zur Auszahlung der ihnen zustehenden Sozialleistungen direkt helfen – etwa mit Geld oder Lebensmittelgutscheinen.

Brühl: Können nicht die erste Anlaufstelle sein

Die Tafeln selbst könnten nur «überbrückend und ergänzend» unterstützen. «Wir helfen in Krisensituationen nach Kräften, aber wir können nicht die erste und einzige Anlaufstelle sein», betonte Brühl. Verwiesen die Ämter die Menschen direkt an die Tafeln, dann entstehe das Missverständnis, sie seien dafür zuständig, von Armut betroffene Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen. Tafeln seien aber ein freiwilliges Zusatzangebot, keine staatliche Einrichtung.

Auch das Bundessozialministerium nannte die Tafeln auf Anfrage ein «ergänzendes, karikatives Angebot der Zivilgesellschaft an Menschen mit finanziellen Problemen». Dies gelte auch für Geflüchtete aus der Ukraine. Sie erhielten seit 1. Juni Zugang zur Mindestsicherung nach Sozialgesetzbuch II.

Ministerium will Schulung der Mitarbeiter fördern

Zudem seien Tafeln aber Orte der Begegnung, so das Ministerium weiter. Deshalb werde auch ein Projekt der Tafeln unterstützt, bei dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Gespräche geschult werden sollen. Sie sollen laut Ministerium mit den Menschen sprechen, die nach Lebensmitteln fragen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten die Betroffenen dadurch besser auf Sozialleistungsansprüche hinweisen und sie unterstützen können. «Die tatsächliche Inanspruchnahme bestehender Sozialleistungsansprüche trägt letztlich auch zur Entlastung der Tafeln bei», so die Ministeriumssprecherin.

Viele Tafeln haben bundesweit zuletzt aufgrund des Ukraine-Kriegs, der steigenden Lebensmittelpreise und der höheren Energiekosten einen hohen Zulauf erlebt. Etliche hätten deswegen bereits Aufnahmestopps verhängt.

 

 

 

Giffey und Saleh bleiben SPD-Landesvorsitzende in Berlin

Berlin (dpa) – Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (44) und Fraktionschef Raed Saleh (45) stehen weiter an der Spitze der Berliner SPD.

Beim Landesparteitag am Sonntag in Berlin-Neukölln erhielt Giffey 58,9 Prozent der Stimmen, Saleh 57,4 Prozent. Die Ergebnisse für das Führungsduo sind damit deutlich schlechter als bei seiner ersten Wahl vor rund eineinhalb Jahren. Im November 2020 kam Giffey auf rund 89, Saleh auf etwa 69 Prozent. Weiterlesen

Massenschlägerei in Berliner Freibad

Berlin (dpa) – Gegenseitiges Bespritzen mit Wasserpistolen hat in einem Berliner Freibad zu einem heftigen Streit und schließlich zu einer Massenschlägerei von etwa einhundert Menschen geführt.

Die Polizei rückte am Sonntag mit 13 Streifenwagen und Teilen einer Einsatzhundertschaft am «Sommerbad am Insulaner» an, um die Lage zu beruhigen. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei sollen sich in dem Freibad im Stadtteil Steglitz gegen 16.25 Uhr zwei Gruppen aus vier und zehn Personen mit Wasserpistolen bespritzt haben. Dann entbrannte ein Streit und Teilnehmer griffen sich auch körperlich an. Weiterlesen

Koch des Jahres kommt aus Berlin – Watson-Brawn vom «Ernst»

Berlin (dpa) – Dylan Watson-Brawn vom Restaurant «Ernst» in Berlin ist nach Einschätzung des Restaurantführers «Gault&Millau» Koch des Jahres.

Das «Ernst» sei eines der interessantesten Restaurants der Republik, schrieben die Restauranttester in ihrer Begründung für die Auszeichnung in der neuen Ausgabe des Gastronomieführers für 2022, die am Montag veröffentlicht wurde. Es habe im fünften Jahr seines Bestehens zu einer handwerklichen und konzeptionellen Reife und Individualität gefunden, «wie sie nicht nur hierzulande höchst selten ist».

Die Küche des Kanadiers Watson-Brawn (geb. 1993), der in Japan kochen lernte, besitze, «was in der Spitzenküche nach wie vor eine Rarität ist: eine klare, unverwechselbare Vision», betonte der «Gault&Millau». Im Zentrum stünden japanische Techniken wie Geschmacksbilder und kompromisslose Sorgfalt bei der Qualität der Produkte, die oft aus der Region stammen und deren Auswahl von der Jahreszeit abhängt. Weiterlesen

Klima-Aktivisten hängen Banner an SPD-Zentrale auf

Berlin. (dpa) – Eine kleine Gruppe von Klima-Aktivisten hat vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin-Kreuzberg demonstriert. Mit einem Banner am Balkon im ersten Stock der SPD-Zentrale stellten sie den «Klimakanzler» Olaf Scholz in Frage.

«Wir sind schwarz gekleidet und machen deinen Job», schrieb die Gruppe namens Sand im Getriebe. Das Ganze war demnach Teil von Aktionstagen für eine sozial- und klimagerechte Verkehrswende. Eine SPD-Sprecherin bestätigte den Vorfall. Die Polizei war an der Bundesparteizentrale im Einsatz. Nach Angaben einer Sprecherin hatten die vermummten Aktivisten Leitern und Plakate dabei, weitere Details gibt es zunächst nicht.

Paul Zinken

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Zahl der Paketsendungen erreicht wieder Rekordwert

Berlin (dpa) – Der Paketboom in Deutschland hält an. Auch im zweiten Corona-Jahr 2021 wuchs die Zahl der Sendungen stark und erreichte rund 4,5 Milliarden, wie der Bundesverband Paket und Expresslogistik am Mittwoch in Berlin mitteilte.

Das waren 11,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Zehn Jahre zuvor hatte die Paketmenge noch bei knapp 2,5 Milliarden gelegen. Seither wächst sie stetig, beschleunigt noch durch die Corona-Pandemie.

Pakete werden aus verschiedenen Lkw im Mega-Paketzentrum der Deutsche Post DHL Group angeliefert und zur Verteilung weitergeleitet. Der Paketboom in Deutschland hält an. Foto: Jens Kalaene/dpa

Hauptgrund war im vergangenen Jahr der Online-Handel, wie die jährliche Marktstudie des Verbands ergab. Wieder trugen 2021 Corona-bedingte Kontaktbeschränkungen dazu bei, dass sich die Haushalte mehr Waren liefern ließen. Auch Sendungen an Unternehmen legten nach einem leichten Rückgang 2020 wieder zu, wobei das Wachstum sich wegen Lieferkettenproblemen und Materialmangel im Jahresverlauf abschwächte.

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Großes Interesse an Nachrichten lässt in Deutschland nach

Berlin (dpa) – Der Anteil von Erwachsenen mit großem Interesse an Nachrichten ist einer Studie zufolge in Deutschland rückläufig. Zugleich bleibt der Nachrichtenkonsum an sich konstant hoch in der Bevölkerung.

Das geht aus dem «Reuters Institute Digital News Report» hervor, der am Mittwoch erschien und der seit 2012 Trends in der Nachrichtennutzung in vielen Ländern aufzeigt. Die Befragungen für die Studie erfolgten zu Jahresbeginn – also vor Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.

Der Report gilt als repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren mit einem Internetzugang im Jahr 2022. 57 Prozent gaben demnach hierzulande an, äußerst oder sehr interessiert an Nachrichten zu sein. Im vergangenen Report 2021 waren es noch 67 Prozent. Auch in den Vorjahren war der Anteil höher als jetzt. Rückgänge seien in allen Altersgruppen zu verzeichnen. Zugleich nutzen 92 Prozent mindestens mehrmals in der Woche Nachrichteninhalte via Fernsehen, Radio, Zeitung oder Internet – das ist derselbe Wert wie im Vorjahr.

Erschöpfung durch Menge an Nachrichten

Das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut ist seit 2013 als Kooperationspartner für die deutsche Teilstudie verantwortlich. Der Medienforscher Sascha Hölig vom Leibniz-Institut sagte der Deutschen Presse-Agentur zu den Ergebnissen: «Wir sehen schon über längere Zeit, dass der Anteil der Bevölkerung, der sehr stark an Nachrichten interessiert ist, abgenommen hat – aber dieses Jahr ist das besonders deutlich. Das zeigt sich in mehreren Ländern, nicht nur in Deutschland.»

Der Medienforscher ergänzte: «Wir unterscheiden zwischen Interesse und Nutzung. In der Nutzung sehen wir diese Rückgänge nicht.» Aber man sehe, dass das Interesse an Nachrichten zurückgegangen sei. Man nutze vielleicht nicht mehr ganz so häufig Nachrichten, halte sich aber zugleich auf dem Laufenden. «Wir sehen, dass eine gewisse Themenmüdigkeit eingetreten ist.» Zum Beispiel bei Corona. «Viele Menschen fühlen sich von der schieren Menge der Nachrichten erschöpft», sagte Hölig.

Das Interesse an Nachrichten geht in Deutschland zurück. Foto: Lino Mirgeler/dpa

Junge haben weniger Interesse an Weltgeschehen

Zu jungen Zielgruppen erläuterte der Medienforscher: «Bei jungen Menschen sieht man noch mal klarer, dass das Interesse an Nachrichten zurückgegangen ist. Sie haben nicht die Art von gefühlter Verpflichtung, sich über das Weltgeschehen zu informieren, bei Älteren ist das anders.» Hölig appellierte an Medienhäuser, «Nachrichten so zu gestalten, dass sie in den Lebensalltag der jungen Menschen anschlussfähig sind».

Zugleich sieht das Leibniz-Institut mit dem Report, dass klassische Medien weiterhin bei der Bevölkerung ankommen. «Das Besondere in Deutschland ist, dass die traditionellen Nachrichtenangebote immer noch stark nachgefragt werden.» Gerade das Fernsehen sei eine sehr wichtige Gattung, um sich über Nachrichten zu informieren. «In Afrika, Südamerika oder auch in Asien zum Beispiel spielen die Sozialen Medien eine deutlich wichtigere Rolle als hier», sagte Hölig.

Die Online-Befragung erfolgte im Januar und Februar 2022. Insgesamt wurden in den 46 Ländern, die in der Studie berücksichtigt wurden, mehr als 93.000 Teilnehmer befragt.

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29-Jähriger kommt nach Todesfahrt von Berlin in Psychiatrie

Berlin/Bad Arolsen (dpa) – Schock und Trauer wirken nach der Todesfahrt an der Berliner Gedächtniskirche noch immer nach. Derweil geht die Arbeit der Ermittler weiter. Für sie geht es nun darum, die genauen Umstände und Hintergründe der Tat aufzuklären. Hierzu sollen Sachverständige – sowohl für die psychiatrische Expertise als auch für den Hergang des Geschehens – beauftragt und Zeugen vernommen werden.

Kein Zweifel an psychischer Erkrankung

Eines ist für die Beamten sicher: Eine psychische Erkrankung des Autofahrers hat dazu geführt, dass der 29-Jährige am Mittwoch über Gehwege des Ku’damms und der Tauentzienstraße in Menschengruppen gerast ist. Der Mann kommt in eine psychiatrische Einrichtung. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord in einem Fall und versuchten Mord in 17 Fällen vor.

Besonders getroffen von der Tat ist eine Schulklasse aus dem nordhessischen Bad Arolsen, deren Fahrt in die Hauptstadt ein jähes Ende fand. Eine Lehrerin der Schule starb bei dem Vorfall, viele Schüler wurden verletzt.

Am Mittwochabend legten der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) Blumen für die Opfer nieder. «Ich empfinde ganz tiefe Trauer, wenn ich diesen Ort sehe, und mein Herz ist wirklich schwer, seitdem ich die Nachrichten erfahren habe», sagte Rhein. Ein Mensch habe «eine ganze Schule, einen ganzen Ort und vor allem eine ganze Familie» in eine Tragödie gestürzt.

Erzbischof ruft zur Schweigeminute auf

Ermittlungen müssten nun zeigen, ob hinter der Tat möglicherweise noch mehr stehe als die psychische Erkrankung des Fahrers, sagte Giffey. «Für uns war wichtig, dass wir hier gerade an diesem Ort wirklich aus den Lehren der Amoktat und dieses Anschlages aus 2016 gelernt haben.» Vieles sei seither anders organisiert worden, der Plan sei am Mittwoch «in vorbildlicher Weise» umgesetzt worden.

Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch rief alle Schulen auf, am Freitag (10.30 Uhr) eine Schweigeminute zu halten. «Besonders erschreckt und erschüttert hat mich, dass eine Schulklasse Opfer der Amokfahrt wurde», sagte Koch laut Mitteilung vom Donnerstag.

Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der festgenommene Mann an einer paranoiden Schizophrenie leide, sagte am Donnerstag der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner. Bei der Durchsuchung der Wohnung des 29-Jährigen seien Medikamente gefunden worden. Der Beschuldigte habe seine Ärzte von der Schweigepflicht entbunden.

Verdächtiger wohl schon 2020 in psychiatrischer Klinik

Laut RBB-Informationen soll der Tatverdächtige nach einem Vorfall im Jahr 2020 schon einmal an eine psychiatrische Klinik überstellt worden sein, wo demnach eine Einweisung geprüft werden sollte.

Für einen terroristischen Hintergrund der aktuellen Tat gibt es derweil weiterhin keine Hinweise – auch ein Unfall lässt sich laut Staatsanwaltschaft derzeit ausschließen.

Am Ort der Amokfahrt werden im Gedenken an die Opfer Blumen niedergelegt. Foto: Fabian Sommer/dpa

Von der Bundes- und Landesregierung wurde der Vorfall als Amoktat eingestuft. Staatsanwaltschaft und Polizei nutzten den Begriff «Amoktat» hingegen zunächst bewusst nicht. Der Fall weckt auch Erinnerung an eine Amokfahrt auf der Berliner Stadtautobahn A100 im August 2020, als ein Autofahrer gezielt drei Motorradfahrer rammte. Er wurde vom Gericht in die Psychiatrie eingewiesen.

Der 29-jährige Tatverdächtige armenischer Herkunft sei 2015 eingebürgert worden, führte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Donnerstag aus. Polizeilich sei er öfter aufgefallen, es habe Ermittlungen gegeben wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung.

Der Tatort befindet sich unweit der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg. Dort war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren.

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