Alkoholfreier Wein zunehmend gefragt

Von Ira Schaible und Volker Danisch, dpa

Düsseldorf/Mainz (dpa) – Bouquet- und Aromarebsorten eignen sich nach Einschätzung des Kellermeisters von Kolonne Null besonders für Weine ohne Alkohol. «Nur aus gutem Wein kann alkoholfreier werden», ist Felix Fischer von dem Berliner Unternehmen überzeugt. Seit mehr als vier Jahren entalkoholisiert es ausgewählte Weine aus Europa und forscht in einem eigenen Labor am Geschmack. Immer mehr Weingüter, Winzergenossenschaften und Handelskellereien bieten entalkoholisierte Weine an, wie Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut berichtet.

So oft wie prickelnde alkoholfreie Schaumweine werden sie aber noch nicht ausgeschenkt. Der Anteil von Riesling, Rosé oder Cuvées ohne Prozente lag 2022 nach Büschers Schätzungen noch bei unter einem Prozent am gesamtdeutschen Weinkonsum. «Allerdings mit wachsender Tendenz, wie nahezu alle Anbieter berichten.» Im Lebensmitteleinzelhandel habe der Absatzzuwachs 2022 bei etwa 18 Prozent gelegen. Absolute Zahlen dazu gibt es aber nicht.

«No and Low Alcohol» im Trend

Eine Prognose vom Marktforschungsinstitut IWSR lasse aber immerhin ein jährliches Wachstum von sieben Prozent erwarten, sagt Michael Degen von der Düsseldorfer Messe GmbH, Veranstalter der international führenden Weinfachmesse ProWein. «No and Low Alcohol» sei ein wichtiger Trend. «Man kommt da überhaupt nicht mehr dran vorbei.» Ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein und ein verändertes Konsumverhalten der jungen Generation haben die Messe-Veranstalter als Treiber des Trends ausgemacht.

«Neben den Jüngeren fragen auch viele Frauen nach alkoholfreiem Wein», berichtet Verkaufsleiter Wilhelm Keicher von der Genossenschaftskellerei Heilbronn. Frauen greifen auch nach einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Nielsen aus dem Jahr 2020 lieber zu alkoholfreiem Wein als Männer (60 bis 66 Prozent).

Dazu kommen «Leute, die gerne was Weiniges trinken, aber wo der Arzt gesagt hat, es wäre gut, wenn sie keinen Wein mehr trinken würden», sagt Keicher. Zwischen 80.000 bis 100.000 Flaschen mit alkoholfreiem Wein verkaufe die Einzelgenossenschaft im Jahr, sechs bis acht Prozent der gesamten Produktion.

«Riesling ist einer der Bestseller», sagt Firmenmitbegründer und CEO Philipp Rößle von Kolonne Null. Ungefähr 700.000 Flaschen verkaufen die Berliner nach eigenen Angaben inzwischen – doppelt so viel wie zu Beginn. «Der Mangel an einem vernünftigen alkoholfreien Essensbegleiter», hat Rößle, der eigentlich aus der Kunst kommt, auf die Geschäftsidee gebracht.

«Alkoholfreie Weine werden zum Teil sehr rational gekauft», berichtet Marian Kopp, Geschäftsführer der Genossenschaft Lauffener Weingärtner. «Man will mittrinken bei einer Tischgesellschaft, aber keinen Alkohol.» Oft sei alkoholfreier Wein aber noch eine große Enttäuschung. «Wir lernen gerade wie die Bier-Branche gelernt hat, die uns 40 Jahre voraus ist», sagt Kopp. «Wir sind jetzt da, wo die Enttäuschung rapide abnimmt.»

Unterschied zu Traubensaft

«Viele Menschen, die beim Weingenuss auf den Alkohol verzichten möchten, glauben, dass man stattdessen Traubensaft trinken könnte», sagt Büscher. «Doch der beinhaltet nur die fruchtigen Aromen aus den Trauben.» Ihm fehle der «weinige» Geschmack, der erst durch die Gärung entstehe.

Entalkoholisierter Wein schmecke dank neuer Technologien und Prozessoptimierungen viel besser als noch vor einigen Jahren, sagt Büscher. «So geschieht die Entalkoholisierung der Weine mittlerweile sehr aromaschonend bei relativ niedrigen Temperaturen von unter 30 Grad Celsius durch Vakuumdestillation oder auch in einer Schleuderkegelkolonne.»

Die deutschen Hersteller seien bei der Herstellung international führend. Etwa 15 Prozent des Volumens des Weins gingen bei der Entalkoholisierung verloren sagt Büscher auch mit Blick auf die Preise.

Für den Geschmack sei es wichtig, auf aromastarke Rebsorten und gute Qualitäten zu achten, damit möglichst viel Aromastoffe in das Fass und die Flasche übergehen könnten, sagt Büscher. So lasse sich der fehlende Alkoholanteil im Wein ein Stück ausgleichen. «Denn Alkohol ist ein Geschmacksträger, wie das Fett im Essen.»

Es wird viel probiert

«Die Branche möchte mit dem Endprodukt so nah wie möglich an den Wein ran», sagt Büscher. Um das Aroma das Ausgangsprodukts noch besser zu treffen, wird viel probiert. Dazu gehört auch der Zusatz von fruchtigen Aromen, Vanille oder Verjus – ein saurer Saft aus ausgepressten unreifen Trauben. «Mit Fruchtwein hat das nichts zu tun», betont Büscher. «Es ist ja 99,9 Prozent Wein.»

Limone lässt sich beim alkoholfreien Riesling mit Rivaner der Lauffener Weingärtner schmecken. Die Manufaktur Jörg Geiger aus dem baden-württembergischen Schlat setzt auch auf Blüten und Kräuter. Probiert werden auch aufwendige Verfahren, bei denen das Aroma des destillierten Alkohols zurückgewonnen und dem entalkoholisierten Wein zugesetzt wird, wie Büscher berichtet.

Rechtlich muss der Wein «entalkoholisiert» heißen, denn er darf noch maximal 0,5 Volumenprozent haben. In diesem Jahr wurde er ins Weingesetz aufgenommen. Die Weine, denen nach dem Entzug des Alkohols Aromen zugesetzt werden, fallen nicht darunter. Sie heißen etwa alkoholfreies Mischgetränk auf der Basis entalkoholisierten Weins oder entalkoholisiertes aromatisiertes weinhaltiges Getränk.

Gefragt seien Weine ohne oder mit wenig Alkohol vor allem zu besonderen Anlässen, außer Haus, zu einem guten Essen und bei Tagungen, heißt es in der Branche. «Meine Prognose ist, dass in fünf bis zehn Jahren jedes Weingut, so wie es heute einen Secco oder Sekt hat, dann einen alkoholfreien Wein im Sortiment hat», sagt Büscher.

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Wachsende Begeisterung für deutsche Trüffel

Merzig/Schallstadt (dpa/lrs) – In Deutschland beschäftigen sich immer mehr Menschen mit Trüffeln. «Die Zahl der Trüffelbegeisterten wächst ständig», sagt Markus Mayer vom Trüffelverband in Schallstadt (Breisgau). «Unsere Aktivitäten sind inzwischen weit mehr als ein Hobby, und es entwickelt sich.» Anbau und Nutzung seien bereits «ein ernstzunehmender Wirtschaftszweig». Weiterlesen

EU-Pläne: Fischer an Nordseeküste fürchten um ihre Existenz

Neuharlingersiel (dpa) – Fischer an der deutschen Nordseeküste sehen angesichts neuer Pläne der EU-Kommission für eine nachhaltigere Fischerei ihre Existenz in Gefahr. Einem Aktionsplan der Kommission zufolge soll die Fischerei mit Grundschleppnetzen – also Netzen, die den Meeresgrund berühren – in Schutzgebieten bis spätestens 2030 unzulässig werden.

Wenn es so käme, blieben aus Sicht der Fischer kaum noch Fanggebiete vor den Küsten, in denen etwa die traditionelle Krabbenfischerei betrieben werden könne. «Wenn das durchgeht, ist es aus», sagte der Vorsitzende des Landesfischereiverbandes Weser-Ems, Dirk Sander, am Freitag beim Fischereitag des Verbandes der Kleinen Hochsee- und Küstenfischer im ostfriesischen Neuharlingersiel (Landkreis Wittmund). Weiterlesen

Weinautomaten in Weingütern können Jugendschutz erfüllen

Mainz (dpa) – Gute Nachricht für Winzer: In der Debatte über den Jugendschutz von Weinautomaten haben sich zwei Ministerien in Rheinland-Pfalz zu ihren Gunsten abgestimmt. Gemäß der Rechtsauffassung des Weinbau- und des Familienministeriums in Mainz sind auch solche derartigen Verkaufsstationen erlaubt, die «auf einem eingefriedeten Wohn- und Betriebsgrundstück eines Weinguts aufgestellt sind». Auch dies zählt nach Angaben des Weinbauministeriums vom Mittwoch zu einem «gewerblich genutzten Raum», wie ihn das Jugendschutzgesetz vorschreibt – neben technischen Vorrichtungen wie der Kontrolle des Personalausweises. Zuvor hatten «Rhein-Zeitung» und «Trierischer Volksfreund» darüber berichtet.

Ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes Oldenburg in Niedersachsen vom Juni 2022 (7 B 983/22) hatte im Weinbauland Rheinland-Pfalz in der Branche für Aufregung gesorgt. Denn er lehnt einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz für einen Automaten mit Alkohol an einer Außenmauer ab. Demnach kann ein solcher Automat nur in einem «Innenraum in einem Gebäude» ausreichend im Sinne des Jugendschutzgesetzes für unter 16-Jährige kontrolliert werden. Im Freien gebe es dagegen ein «Überwachungsdefizit». Weiterlesen

Öko-Weinbau gewinnt an Bedeutung – viele Siegel

Von Ira Schaible, dpa

Mainz (dpa) – Die Anbaufläche von Öko-Weinen in Deutschland wächst. «Etwa 12,5 Prozent oder 12.500 Hektar sind biozertifiziert», sagt Randolf Kauer, Professor für ökologischen Weinbau an der Hochschule im hessischen Geisenheim. «Das entspricht einer Verfünffachung der Ökorebfläche seit 2004», ergänzt Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts. Nach fast 40 Jahren habe sich der ökologische Weinbau «fest etabliert».

«Die meisten Betriebe stellen um, weil Bio-Weine gefragt sind», berichtet Wissenschaftler Kauer, selbst Bio-Winzer vom Mittelrhein. «Die Flaggschiffbetriebe im VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) drücken richtig auf die Tube. Die großen Betriebe ziehen nach.» Im Rheingau seien mehr als 20 Prozent der Betriebe inzwischen biozertifiziert.

«Im biologischen Weinanbau steht das Ziel im Vordergrund, ein ausbalanciertes Ökosystem Weinberg zu erhalten und die Biodiversität zu fördern», erläutert Büscher die Grundsätze. Auf alle chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel werde deshalb ebenso verzichtet wie auf künstlich hergestellte Dünger und auch auf Herbizide. «Von der Sensorik her sind keine großen Unterschiede feststellbar», sagt Kauer. «Weil beim Weineinkauf der Weingeschmack im Vordergrund steht, ist Bio oftmals ein Zusatznutzen, der gerne mitgenommen wird, weil man damit eine umweltschonende Weinproduktion unterstützt», sagt Büscher.

Die Qualität steigt

Viele Betriebe hätten durch die drei Jahre dauernde Umstellung von konventionellen auf Bio-Anbau auch eine qualitative Verbesserung ihrer Weine festgestellt, berichtet Büscher. Längst nicht alle Winzer aber trügen ihre ökologische Wirtschaftsweise «groß nach außen». Zugleich gibt es bei den Bio-Winzern eine ganze Reihe von Öko-Siegeln.

«Gut die Hälfte der Betriebe sind ausschließlich EU-zertifiziert», sagt Kauer. Seit mehr als zehn Jahren (August 2012) gibt es das EU-Bio-Logo mit einem Euro-Blatt auf grünem Hintergrund. Dieses werde bei den Verbrauchern zunehmend bekannter, dagegen verliere das sechseckige deutsche Bio-Siegel an Bedeutung.

Außer der Außenwirtschaft im Weinberg regle die EU-Verordnung auch die kellertechnische Bereitung der Bioweine, erläutert Büscher. Dazu gehörten im Vergleich zu konventionell hergestellten Weinen niedrigere Grenzwerte beim Schwefelgehalt. «Daneben wird auf einige Weinbehandlungsstoffe verzichtet, einige müssen ökologischen Ursprungs sein und auch der Verzicht auf jede Gentechnik, etwa bei den Hefen, ist vorgeschrieben.»

Verbände stellen eigene Richtlinien auf

«Die übrigen Siegel verteilten sich auf mehrere Verbände, vor allem auf Ecovin als reinen Bioweinbauverband, gefolgt von Bioland, Naturland und Demeter», sagt Kauer. Diese Anbauverbände und auch der Bioverband GÄA hätten bereits vor 2012 eigene Richtlinien für die Weinbereitung aufgestellt, heißt es im Ökolandbau-Portal des Bundeslandwirtschaftsministeriums. «Diese unterscheiden sich von der EU-Verordnung durch in Teilen höhere Auflagen beziehungsweise striktere Verbote bei der Verwendung von Hilfsstoffen und Verfahren.»

«Im Bio-Bereich sind diese Anbauverbände eingeführt», heißt es bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Die Kunden kennen sie von Bio-Lebensmitteln. Nicht so Ecovin: Der 1985 gegründete Verband ist Büscher zufolge der größte Zusammenschluss ökologisch arbeitender Weingüter weltweit. Die fast 250 Mitgliedsbetriebe bewirtschafteten im vergangenen Jahr mehr als 2700 Hektar Rebfläche in zwölf deutschen Anbaugebieten. In Italien und Frankreich wachse der Anteil an biozertifizierten Anbauflächen noch stärker als in Deutschland, sagt Kauer und spricht von je rund 20 Prozent.

Der Trend zur biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise im deutschen Öko-Weinbau ist nach Einschätzung von Büscher erst einige Jahre alt. Die so arbeitenden Demeter-Betriebe nutzten «noch stärker die Kräfte der Natur» und orientierten sich auch an dem Anthroposophen Rudolf Steiner. Sie produzierten keinen Wein, sondern «begleiten ihn mit minimalen Maßnahmen», heißt es bei Demeter. Dazu gehöre auch das Vergraben von Kuh-Hörnern im Weinberg mit gemahlenem Quarz oder Mist gefüllt, berichtet Andreas Roll vom biodynamischen Gustavshof im rheinhessischen Gau-Heppenheim.

So manches noch in den Kinderschuhen

«Daneben gibt es noch einige kleine Gruppen mit Labels», sagt Kauer. So finden sich auf manchen Flaschen die Logos von Respekt Biodyn mit Sitz in Österreich und der französischen Marke Biodyvin – beide stehen auch für biodynamischen Weinanbau. Fair’n Green ist dagegen kein Bio-Siegel sondern ein Siegel für nachhaltigen Weinbau. Rund 120 Betriebe haben sich angeschlossen, konventionelle und Bio-Winzer. Darunter sind auch VDP-Weingüter wie etwa Jean Stodden und Meyer-Näkel von der Ahr.

Winzer Roll hat neben Demeter- auch immer mehr «Maxnat»-Weine im Angebot, etwa 10 der 30 Sorten. «Maxnat» stehe für «maximal natürlich», erläutert der 43-Jährige. Das schließe neben Qualitäts- auch Landweine mit ein. «Das steckt aber noch total in den Kinderschuhen.» Etwa 20 Betriebe in Deutschland machten bislang mit. Das Credo bei der Herstellung der naturtrüben, ungeschwefelten und ungefilterten Naturweine beschreibt Roll so: «Nichts rein und nichts raus.»

«Bei Bioweinen gibt es viele Individualisten, die besonders interessante Weine machen», stellt Kauer fest. Dazu gehörten auch diese sogenannte Naturweine. Allerdings: «Naturweine sind völlig unzertifiziert. Sie müssen nicht biozertifiziert sein.»

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Deutsche Bauern halten Mercosur-Abkommen für bedrohlich

Düsseldorf (dpa) – Der Deutsche Bauernverband ist besorgt über die Folgen, die das geplante Handelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten haben könnte. «Die deutsche Landwirtschaft wäre vor allem durch zusätzlichen Importdruck bei Fleisch und Zucker betroffen. Das Mercosur-Abkommen ist für die Bauern mit Schweine-, Geflügel- und Rinderhaltung eine große Bedrohung», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der «Rheinischen Post». Weiterlesen

Hitze und Trockenheit sorgen für geringere Gemüseernte

Wiesbaden (dpa) – Deutschlands Gemüsebauer haben im vergangenen Jahr eine deutlich schwächere Ernte eingefahren als noch 2021. Rund 6100 landwirtschaftliche Betriebe ernteten etwa 3,8 Millionen Tonnen Gemüse, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte.

Das waren zwölf Prozent weniger als noch 2021 und zwei Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2021. Gründe für die sinkenden Zahlen waren den Angaben zufolge Hitze und Trockenheit. Außerdem seien die Anbauflächen um vier Prozent geringer gewesen als noch 2021. In dem Jahr war mit 4,3 Millionen Tonnen Gemüse ein Höchstwert erreicht worden. Weiterlesen

Wegen alarmierend wenig Schnee droht massive Trockenheit

Von den dpa-Korrespondenten

Wien (dpa) – Angesichts der vielfach geringen Schneedecke in den Alpen und des regenarmen Februars droht laut Experten bald massive Trockenheit. In Frankreich, der Schweiz, Italien und in Teilen Österreichs liege aktuell viel weniger Schnee als viele Jahre üblich, sagte der Meteorologe Klaus Haslinger von Geosphere Austria.

In Italien schlägt die Umweltorganisation Legambiente Alarm und warnt, dass in den dortigen Alpen in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee als im langjährigen Mittel gefallen sei. Das Problem ist nicht nur der Mangel an Schnee, sondern auch der ausbleibende Regen. Im Becken des Po, des größten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken. In Frankreich wird nach mehreren praktisch regenfreien Wochen schon jetzt ein zweiter Dürre-Sommer in Folge befürchtet.

Globale Erwärmung begünstigt wohl Temperatur-Muster

Verantwortlich für den geringen Niederschlag sind blockierende Hochdruckgebiete über Westeuropa, die Regenfronten abdrängen. Es sei nicht das erste Mal, dass solche Wetterlagen für extrem regenarme Jahre sorgten, sagte Haslinger. Schon vor 60 Jahren habe es über Jahre wegen einer bestimmten Temperaturverteilung über Land und Meer sehr wenig geregnet. «Damals fiel der Pegel der Donau auf ein Rekord-Tief», so der Meteorologe. Es gebe Indizien, dass die globale Erwärmung diese Temperatur-Muster begünstigen könnte.

«Wenn im Frühjahr das Wetter so ähnlich ist wie 2022 wird sich die Trockenheit deutlich verschärfen», warnt der Agrarmeteorologe an der Universität für Bodenkultur in Wien, Josef Eitzinger. Es zeichne sich ab, dass die Flüsse viel weniger Schmelzwasser transportieren werden. «Damit fehlt die Frühjahrsspitze, die auch wichtig für das Auffüllen von Grundwasser wäre.» In Frankreich weisen nach aktuellen Daten des nationalen Wassermonitorings von 422 beobachteten Grundwassergebieten schon jetzt 125 ein sehr niedriges Niveau auf, 120 ein niedriges Niveau und 97 ein mäßig niedriges Niveau.

Venedigs Gondeln auf dem Trockenen

Der Wassermangel setzt auch Venedig zu. Viele Gondeln liegen im Schlamm. Wegen des niedrigen Wasserstandes sind die kleineren Kanäle nicht mehr befahrbar. Bei Ebbe wurde zuletzt ein Wasserstand von mehr als 65 Zentimetern unter dem normalen Niveau gemessen. Ganz Norditalien leidet unter langanhaltender Trockenheit. Nach dem regenfreien Februar im italienischen «Food Valley» drohe ein Minus bei der nationalen Lebensmittelproduktion um 40 Prozent, schrieb die Zeitung «La Repubblica». Niemand könne sich dort an eine schlimmere Trockenheit erinnern.

Der Lago Maggiore ist laut Presseberichten nur noch zu 38 Prozent gefüllt, beim Comer See sieht es nicht besser aus. Aber auch weiter südlich in Italien macht sich die Trockenheit bemerkbar. Am Tiber in Rom sei der Wasserstand schon um 1,50 Meter gesunken, meldete die Hauptstadtzeitung «Il Messaggero».

Forschende verzeichnen mehr Dürren

«Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst», sagte Manuela Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Die Auswirkungen haben über die Jahrzehnte deutlich zugenommen. Sie hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der Dürren, die durch Schneeschmelzdefizite ausgelöst wurden, im Zeitraum 1994 bis 2017 um 15 Prozent höher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetzt, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.

Wegen Rekord-Tiefstständen beim Grundwasser südlich von Wien müssten sich viele Landwirte auf Einschränkungen bei der Bewässerung der Felder einstellen, meint Eitzinger. Der Pegel des ökologisch besonders wertvollen Neusiedler Sees an der Grenze zu Ungarn – er wird vor allem von Regenwasser gespeist – ist so niedrig wie nie.

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Entwarnung für Neunkircher Zoo nach Geflügelpest-Fällen

Neunkirchen (dpa/lrs) – Nach der Schließung des Neukirchner Zoos wegen Geflügelpestfällen bei Wildvögeln in Neunkirchen und Saarlouis gibt es nun Entwarnung. Der Seuchenerreger ist bisher nicht in den Zoo getragen worden. Das Nationale Referenzlabor für Geflügelpest am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) konnte diese Möglichkeit ausschließen, wie das Umweltministerium am Freitag mitteilte. Der zwischenzeitlich geschlossene Zoo durfte daraufhin wieder öffnen, mit Ausnahme der Greifvogelstation. Weiterlesen

Afrikas Not in deutscher Schokolade

Von Basil Wegener, dpa

Agboville (dpa) – Leichter Kakaoduft durchzieht die Plantage. Die Füße rascheln beim Gehen durch eine dicke Laubschicht. Darunter der knochentrockene, harte Boden der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) in Westafrika. Säckeweise produziert Bauer Sougue Moussa hier Kakaobohnen für die Schokoladenkonzerne der Welt.

Allein der Kakao in Deutschland kommt zu zwei Dritteln aus der Elfenbeinküste. Immer wieder schrecken Berichte über Kinderarbeit und Abholzung auf Afrikas Kakaoplantagen Verbraucherinnen und Verbraucher auf. Jetzt soll das deutsche Lieferkettengesetz gegen Missstände helfen – ist es ein wirksames Regelwerk oder ein zahnloser Papiertiger?

Knapp zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes machen sich Arbeitsminister Hubertus Heil und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (beide SPD) in der Elfenbeinküste und Ghana ein Bild. Hat man hier deutsche Gesetze überhaupt auf dem Schirm? Beide Länder liefern 65 Prozent des Kakaos weltweit – doch viele Menschen leben in «bitterer Armut», wie Heil sagt.

Der Hauptgrund: «Der Preis im Markt ist viel zu niedrig», erklärt der deutsche Entwicklungsexperte Friedel Hütz-Adams vom Bonner Südwind-Institut. In den vergangenen Jahren habe sich der Kakaopreis etwa halbiert. Dabei gingen die Kosten für Benzin und Düngemittel auch in Westafrika teils steil nach oben. Allein in Ghana kam es laut einer neuen Oxfam-Studie zu einem Rückgang der Einkommen um mehr als 16 Prozent zwischen der Erntesaison 2019/20 und 2021/22 – trotz von der Regierung auferlegten Preiserhöhungen.

Überall Kinderarbeit

Jeweils rund 800.000 Kinder verrichten nach offiziell verbreiteten Zahlen in der Elfenbeinküste und in Ghana auf den Kakaoplantagen schwere Arbeit. Denn ihre Eltern können sich keine Beschäftigten für die harte Arbeit leisten. Die Kinder schuften mit der Machete, versprühen Pestizide oder tragen schweren Lasten.

Sougue Moussa zieht seine vier Kinder nicht zur Arbeit auf dem Feld heran, wie der 50-Jährige erzählt. Zwischen seinen Kakaobäumen strecken sich Bananen-, Orangen-, Mango- und Kautschuk-Bäume der grellen Sonne entgegen. Das verhilft Moussa zu zusätzlichem Einkommen und schützt die Kakaobäume, die Halbschatten mögen. Moussas ältester Sohn studiert sogar. Soll der Sohn einmal die Plantage übernehmen? «Solange die Preise nicht besser sind, kommt das nicht infrage», winkt Moussa ab. Der Sohn wolle auf jeden Fall etwas anderes machen und wohl Arzt werden.

Die Regierungen verschweigen die Probleme vor Ort nicht. «Die Bauern verdienen oft nicht genug», sagt Ghanas Handelsminister Samuel Abu Jinapor. Zwar ringen die Elfenbeinküste und Ghana mit den großen internationalen Händlern regelmäßig um auskömmliche Preise – doch die Macht der Regierungen gegen die Konzerne ist begrenzt. Das Existenzminimum von umgerechnet gut 400 Euro im Monat erreichen viele Familien nicht.

80 Prozent des Regenwalds zerstört

Auch um die Waldzerstörung reden die Behörden nicht herum. Oberst Moumouni Lougué von der Waldbehörde der Elfenbeinküste sagt: «Unser Wald ist immer weiter zerstört worden.» Seit der Unabhängigkeit 1960 wurden rund 80 Prozent des Regenwalds gerodet. 2,5 Millionen Hektar sind übrig. «Das Ziel ist, durch Aufforstung die bewaldete Fläche wieder auf 20 Prozent zu steigern», sagt Lougué.

Kakao darf schon lange nicht auf Kosten des natürlichen Waldes produziert werden. Und Kinderarbeit ist in den Ländern auch längst verboten. Doch sie kommt trotzdem vor. Was sollen da nun die neuen Gesetze aus Europa bringen? Das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten, dass keine Kinderarbeit oder gravierende Umweltverstöße hinter ihren Produkten stecken. 2024 sinkt die Schwelle auf 1000 Beschäftigte. Die Firmen sollen Berichte dazu erstellen und Missstände abstellen. Auf EU-Ebene wird derzeit ein wohl noch strengeres Lieferkettengesetz erarbeitet. Dazu kommt eine geplante EU-Verordnung, die wohl ab 2024 Importe aus frisch entwaldeten Gebieten verbieten soll.

Doch wie soll das alles kontrolliert werden – zum Beispiel im mehr als 6000 Kilometer von Deutschland entfernten Agboville im ivorischen Wald? Die Regierung der Elfenbeinküste setzt dabei auf Digitalisierung, wie Schulze und Heil nicht ohne Verblüffung feststellten.

Digitalisierung hilft

Der Bauer Sougue Moussa hat schon eine entsprechende Plastikkarte. Stolz hält er sie in die schwüle Luft. Sie sieht aus wie eine EC-Karte, hat Chip, Daten und QR-Code. «Bis zum Ende der Erntesaison 2023/24 wollen wir sämtliche Erzeuger mit einer Karte ausstatten», verspricht Dadie Arsène von der Kakao-Kontrollbehörde. «Wir wissen dann genau, von welcher Parzelle welche Kakaosäcke kommen.» Dann soll geprüft werden können, ob die Anforderungen in der Lieferkette eingehalten werden. Über die Karte sollen die Bäuerinnen und Bauern auch bezahlt werden können.

Der Bonner Experte Hütz-Adams sieht im Lieferkettengesetz und den geplanten EU-Regeln einen Grund zur Hoffnung. «Im Kakaosektor werden die Gesetze erhebliche Auswirkungen haben», sagt er. «Das erzeugt sehr viel Druck innerhalb der Kakao- und Schokoladenindustrie.» Ein Entwicklungshelfer in Agboville sagt: «Unternehmen müssen fürchten, dass sie im Wettbewerb gegen die Konkurrenz verlieren, wenn sie das nicht ernst nehmen.»

Heil räumt ein: «Das Gesetz ist keine Zauberformel für die Schaffung der Menschenrechte in der gesamten Welt.» Die Preise dürften erstmal niedrig bleiben. Hütz-Adams sieht hier die Schokoladenhersteller in der Pflicht. Denn bei einer durchschnittlichen Tafel Vollmilchschokolade zum Beispiel zahlten Verbraucherinnen und Verbraucher nur 8 Cent des Preises für den Kakao. «Und nur 4,5 Cent kommen bei den Bauern an.»

Dabei seien die Gewinnmargen im Kakaomarkt in jüngster Zeit massiv gestiegen, sagt der Experte. Laut einer Studie von Agrarökonomen der Universität Arkansas könnten die Bauern ihren Kindern schwere Formen von Kinderarbeit ersparen, wenn der Kakaopreis um 2,8 Prozent höher läge.

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Produzenten warnen vor langer Gemüsekrise in Großbritannien

London (dpa) – Britische Gemüse- und Obstproduzenten warnen angesichts von Lieferproblemen bei einigen Lebensmitteln vor einer langen Krise. «Tomaten, Paprika und Auberginen werden erst im Mai in großen Mengen erhältlich sein, also wird es länger als ein paar Wochen dauern», sagte Lee Stiles vom Erzeugerverband Lea Valley Growers Association (LVGA) der BBC zufolge. Es sei zu spät für britische Produzenten, um den Mangel auszugleichen. Dafür hätten sie früher anpflanzen müssen, sagte Stiles. Weiterlesen

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