Zentrum zur neuen Wertschätzung alter Schriften eröffnet

Trier (dpa/lrs) – Sie sind oft über 1000 Jahre alt und von höchstem Wert: die Handschriften «Codex Egberti», «Ada-Evangeliar» und «Trierer Apokalypse». Diese gehören zum reichen Mittelalter-Fundus der Stadt Trier in ihrer Wissenschaftlichen Bibliothek. Dort eröffnete die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Donnerstag ein Internationales Zentrum für Handschriftenforschung, das die historische Schätze verstärkt in den Blick nehmen soll.

Trier besitzt in Rheinland-Pfalz bei weitem die meisten Handschriften aus dem Mittelalter: Von insgesamt rund 3100 vorhandenen Schriften des Landes werden rund 1300 in Trier aufbewahrt. «Der Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, dieses kulturelle Erbe zu bewahren und es für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen», sagte Dreyer beim Festakt zur Eröffnung.

Ziel sei es, in den nächsten Jahren den gesamten historischen Bestand zu digitalisieren, eine Datenbank aller Schriftstücke aufzubauen und die Infrastruktur vor Ort für Studierende und Forschende zu verbessern. Das Zentrum werde verstärkt Tagungen über die Bestände anbieten, sagte Bibliotheksdirektor Michael Embach.

Zudem sollten Nachwuchswissenschaftler für kurze Aufenthalte gewonnen werden. «Auch national und international sind wir sehr gut aufgestellt.»

Dass die Bibliothek Trier so reich bestückt sei, verdanke sie der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts, sagte der Germanist und Theologe Embach. Klöster in und um Trier hätten damals ihre wertvollen Bestände an die damalige Stadtbibliothek gegeben. «Die Trierer Bibliothek wurde ein Sammelbecken für herrenlos gewordene Klosterbibliotheken.» Etwa aus Himmerod, Prüm, dem luxemburgischen Echternach, aber auch aus Trier stammen die Stücke.

Unter den Beständen sind der älteste erhaltene deutsche Bildzyklus zum Leben Jesu, «Codex Egberti», ein handschriftliches Evangelienbuch mit 60 gemalten Bildseiten. Der für den damaligen Trierer Erzbischof Egbert (977-993) erstellte Codex gehört seit 2004 zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Zu den Schätzen zählt auch das um 800 mit Goldtinte auf Pergament geschriebene «Ada-Evangeliar» aus der Hofschule Karls des Großen und die etwa zur selben Zeit entstandene «Trierer Apokalypse», ein Bildzyklus zur geheimen Offenbarung.

Ferner sei im Haus eine bedeutende Sammlung von hebräischen und aramäischen Fragmenten untergebracht, sagte Embach. Insgesamt verfüge die Bibliothek über mehr als 430.000 Titel – darunter auch Handschriften und Urkunden der aus der frühen Neuzeit. 2014 war dort eine neue «Schatzkammer» mit Dauerausstellung eröffnet worden. Das Handschriftenzentrum liefere nun eine Plattform für die vertiefte Erforschung der Schätze des Mittelalters.

 

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen