Mehr Straftaten von Kindern unter 14 Jahren im Land

Mainz (dpa/lrs) – Die Zahl der Straftaten von Kindern unter 14 Jahren ist in Rheinland-Pfalz 2022 spürbar nach oben gegangen. 4611 Fälle von Straftaten mit mindestens einem tatverdächtigen Kind wurden im vergangenen Jahr gezählt, wie das Innenministerium auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Fraktion in Mainz mitteilte. 2021 lag die Zahl noch bei 3396 Fällen. Im Vor-Corona-Jahr 2019 wurden 3787 Fälle von noch strafunmündigen Kindern in Rheinland-Pfalz gezählt. In Deutschland gelten Kinder unter 14 Jahren nach dem Strafgesetzbuch als schuldunfähig.

Mehr Fälle wurden nach Angaben des Innenministeriums gerade bei der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte sowie den Bereichen Körperverletzung, Bedrohung, Ladendiebstahl und Sachbeschädigung registriert. Die Steigerung bei der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte dürfte weit überwiegend auf die Entwicklungen im Bereich der sogenannten NCMEC-Verfahren zurückzuführen sein, erklärte das Ministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

NCMEC steht für die US-amerikanischen Nicht-Regierungsorganisation «National Center for Missing and Exploited Children» (Deutsch: Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder). Amerikanische Internetanbieter sind verpflichtet, Verdachtsfälle von Kinderpornografie an dieses Zentrum zu melden. Diese Hinweise werden an die Polizei weitergeleitet. Geht es um IP-Adressen in Deutschland, wird das Bundeskriminalamt informiert, das wiederum die Landeskriminalämter in den Bundesländern einbezieht.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Jan Bollinger, machte sich wegen des Anstiegs der Zahlen für eine Absenkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre stark. Gerade bei jugendlichen Intensivtätern sei bekannt, dass deren kriminelle Karrieren oftmals schon sehr früh starteten. «Es ist für die Jugendlichen selbst wie für unsere Gesellschaft sehr schlecht, wenn hier auf Grund einer zu hoch gesetzten Strafmündigkeitsgrenze zu spät angesetzt und nicht gegengesteuert werden kann.»

Birgit Kothen vom Haus des Jugendrechts in Neuwied, die in der Einrichtung für die Jugendhilfe im Strafverfahren zuständig ist, sprach sich klar gegen eine Absenkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre aus. Die Entwicklung der Kinder und die Pubertät träten in der Regel auch später ein. Viele der betroffenen Kinder seien in ihrer Entwicklung noch gar nicht in der Lage, ihr Handeln richtig einzuschätzen und zu erkennen, welche Folgen die Vergehen haben können, betonte die Expertin.

Die Frage, ob das derzeit geltende Strafmündigkeitsalter noch zeitgemäß ist, sei in erster Linie eine wissenschaftliche und dann erst eine rechtliche Frage, erklärte Justizminister Herbert Mertin (FDP) auf dpa-Anfrage. Erst wenn eine solide empirische Basis vorhanden sei, wäre ein Vorschlag für eine gesetzliche Änderung des Strafmündigkeitsalters seriös. «Ich hätte nichts dagegen, wenn es eine solche Untersuchung geben würde», sagte der Minister. «Aber ohne eine solche Untersuchung würde ich kein Gesetzgebungsverfahren einleiten.»

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