Landtag debattiert über Flüchtlingspolitik

Mainz (dpa/lrs). Abgeordnete der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP haben der oppositionellen CDU in der Flüchtlingspolitik Populismus und eine mangelnde Abgrenzung von AfD-Positionen vorgeworfen. «Die CDU ist dabei, die Rechte von Flüchtlingen mit Füßen zu treten – aus reinem politischen Kalkül», sagte Sabine Bätzing-Lichtenthäler in einer von ihrer SPD-Fraktion beantragten aktuellen Landtagsdebatte am Mittwoch in Mainz. Der gewählte neue Fraktions-Chef der CDU, Gordon Schnieder, warf Bätzing-Lichtenthäler in seiner Jungfernrede in neuer Funktion einen «peinlichen Auftritt» vor und wies die Vorwürfe zurück.

Die CDU schüre Ängste, kritisierte die rheinland-pfälzische SPD-Fraktionschefin und zitierte unter anderem Aussagen des scheidenden Fraktionschefs Christian Baldauf sowie des Abgeordneten Christoph Gensch zur Flüchtlingspolitik. «Die neue CDU-Linie» sei ein «Tiefpunkt verantwortungsvoller Politik». Bätzing-Lichtenthäler betonte: «Acht von zehn Flüchtlingen kommen aus der Ukraine – wegen Putins Terror.»

Rund 44.000 Menschen aus der Ukraine seien 2022 in Rheinland-Pfalz aufgenommen worden, plus 12.000 Asylsuchende aus verschiedenen Ländern, sagte Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne). Fast zwei Drittel (65 Prozent) aller Asylanträge seien direkt anerkannt worden. Das Land habe seine Aufnahmekapazitäten mehr als verdoppelt und im ersten Quartal 2023 rund 25 Prozent weniger Menschen in die Kommunen vermittelt als angekündigt, auch im zweiten Quartal würden es weniger. Dennoch: «Die Situation bleibt eine große Herausforderung, die wir nur bewältigen werden, wenn wir sie in engem Schulterschluss angehen», betonte Binz. Sie forderte ein anderes Verteilsystem in Europa, und mehr Unterstützung von der Bundesregierung bei der Unterbringung und Integration der Geflüchteten.

Schnieder sprach sich für eine Flüchtlingspolitik «ohne ideologische Scheuklappen» sowie eine Begrenzung der Zuwanderung von Asylbewerbern aus. Die Belastungsgrenze vieler Kommunen sei bereits überschritten. «Darin liegt sozialer Sprengstoff. Und den sollte niemand unterschätzen.» Der designierte CDU-Fraktionschef forderte eine Ausweitung der sicheren Herkunftsländer und «konsequentere Abschiebungen». Asylbewerber sollten bis zum Abschluss der Verfahren – längstens zwei Jahre – in zentralen Aufnahmeeinrichtungen des Landes bleiben. «Personen, die erkennbar in Deutschland nicht asylberechtigt sind» sollten bereits an den Binnengrenzen durch die Bundespolizei zurückgewiesen werden.

«Die Leute, die die große Koalition nicht zurückführen konnte, könnten jetzt auch nicht zurückgeführt werden», sagte der Grünen-Abgerodnete Josef Winkler und verwies etwa auf fehlende Abkommen mit Marokko und Tunesien. Die jetzige Bundesregierung habe aber für dieses Thema eine Beauftragte berufen. Eine neue Liste für sichere Herkunftsländer werde es voraussichtlich auf Bundesebene im Oktober geben; «sie führt aber zu einer Entlastung der Kommunen», sagte Winkler. «Für uns verbietet sich eine Zweiklassen-Humanität», betonte der Grünen-Abgeordnete. Auch Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak flüchteten vor Krieg und suchten Schutz.

«Der Ton bei Migration wird schärfer. Das macht mir Sorgen», sagte die FDP-Abgeordnete Cornelia Willius-Senzer nach der Rede Schnieders. «Ich habe keine humanen Perspektiven gehört.» Die älteste Landtagsabgeordnete betonte: «Putin allein ist der Grund, wenn Kommunen, Land und Bund bei der Flucht-Aufnahme so massiv gefordert sind.» Und fragte: «Was ist, wenn Putin noch mehr Flüchtlingsströme auslöst?» Rheinland-Pfalz müsse bleiben, was Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) formuliert habe, «ein Land der offenen Herzen und Türen».

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Jan Bollinger, sagte, die CDU wolle von dem Satz von Ex-Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik, «Wir schaffen das», wohl nichts mehr wissen. Die Gesamtkosten der Zuwanderungen bezifferte er für Rheinland-Pfalz auf jährlich über zwei Milliarden Euro.

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