ADD-Stab in Extremsituation Flut «ungeschult»

Mainz (dpa/lrs) – Der Verwaltungsstab der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) war bei der Flutkatastrophe im Ahrtal nach Einschätzung eines Experten bei weitem nicht ausreichend geschult. Er habe den Eindruck gehabt, dass die Personen im Raum «einen grundlegenden Schulungsbedarf» hatten und nicht wussten, wie die Arbeit in einem Verwaltungsstab funktioniere, sagte der Referent und Dozent der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ), Ulf Krüger, am Freitag im Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe des Landtags in Mainz. Ein Austausch des Stabs mit dem Chef der ADD, Thomas Linnertz, habe nach seiner Wahrnehmung kaum stattgefunden.

Die BABZ hat ihren Sitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler – also im Flutgebiet. Die für den Katastrophenschutz zuständige ADD hatte am 17. Juli die Einsatzleitung von der Kreisverwaltung Ahrweiler übernommen. Krügers Eindrücke, die er in einem Protokoll festgehalten hat, stammen aus den Tagen unmittelbar nach der Übernahme der Einsatzleitung. Bei der Flutkatastrophe am 14./15. Juli kamen mindestens 134 Menschen im Ahrtal ums Leben.

Das Coaching der Personen sei während der Arbeit des Stabs «unter Volllast» nicht machbar gewesen, sagte Krüger. Dies sei seine Aufgabe gewesen. Für eine grundlegende Schulung von zwei, drei Stunden habe die ADD in der Situation keine Zeit gesehen. Außer dem Coaching, Räumlichkeiten und Technik habe die ADD keine Unterstützung gewünscht, sagten Krüger und BABZ-Referatsleiter Frank Meurer.

Er habe Verständnis dafür, dass die ADD abgewägt habe, welche externe Unterstützung sie nutze und in so einer stressigen Situation einbinde, sagte BABZ-Abteilungsleiter Thomas Mitschke auf die Frage, ob er die Entscheidung der ADD verstehen könne, keine Führungsunterstützung anzunehmen.

Bei der Lektüre von Krügers Protokoll über die Arbeit des ADD-Verwaltungsstabs, in dem zahlreiche Mängel aufgelistet sind, sei ihm «vieles verständlich» gewesen, sagte Meurer. «Das war ein Extremereignis.» In der tagtäglichen Ausbildung erlebten die Ausbilder, «dass Verwaltungen wenig trainiert oder gar nicht ausgebildet sind und das über alle Ebenen.» Seit der Flutkatastrophe gebe es nun «enormen Zulauf». «Wir bilden für Extremsituationen aus, aber auch mit dem Wissen, dass wir in so einem Ereignis noch nie gesteckt haben», sagte der 49-Jährige. Die Akademie berate immer nur, «würde aber niemals die Leitung übernehmen».

Nach Einschätzung des Obmanns der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion, Dirk Herber, war die ADD «weder personell noch strukturell auf eine Einsatzleitung vorbereitet». Übungen der ADD seien auch nicht dokumentiert. «Dies ist umso erschreckender, da eine Einsatzleitung durch die ADD und das Vorhalten von Stäben zur Katastrophenbewältigung explizit im Katastrophenschutzgesetz vorgesehen sind.»

 

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