Technik statt Pauken: Immer wieder Mogeleien bei Führerscheinprüfung

Von Sabine Maurer, dpa

Der Spicker bei der theoretischen Führerscheinprüfung ist out. Wer nicht lernen möchte, setzt auf moderne Technik, wie etwa eine Minikamera im Knopfloch.

Mainz/Koblenz (dpa/lrs) – Koblenz, im Mai diesen Jahres: Ein junger Mann kommt zur theoretischen Führerscheinprüfung, zeigt seinen Ausweis. Die TÜV-Mitarbeiterin stutzt, der Mann sieht gar nicht aus wie der auf dem Bild. Sie spricht ihn darauf an, der 20-Jährige läuft davon, wie es im Polizeibericht heißt. Solche und andere Mogeleien bei den Führerscheinprüfungen gibt es in Rheinland-Pfalz immer wieder, wie Jörg Wehrfritz vom TÜV Rheinland in Mainz weiß. 90 Prüflingen mit illegalen Machenschaften sind sie in den ersten drei Quartalen 2022 auf die Schliche gekommen, im vergangenen Jahr waren insgesamt 134 Mogeleien aufgefallen.

Wie viele Prüflinge mit dieser Masche durchkommen, ist laut TÜV Rheinland schwer einzuschätzen. Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes fiel im vergangenen Jahr mehr als jeder dritte Teilnehmer in Rheinland-Pfalz bei der Theorieprüfung durch.

Die sogenannten «Stellvertreter-Fälle» wie bei dem 20-Jährigen aus Koblenz sind dabei in der Unterzahl, deutlich überwiegen Schummeleien mit Hilfe moderner Technik. Während früher Spickzettel, die Handinnenflächen oder Unterarme zur illegalen Unterstützung beschriftet wurden, wird heute eine Minikamera etwa am Knopfloch, im Brillenscharnier oder seit Beginn der Corona-Pandemie in der Maske angebracht.

Die Kamera filmt die Fragen auf dem Laptop, die Bilder werden zu einem Komplizen draußen vor der Fahrschule übertragen. Der flüstert dem Prüfling entweder die Antworten über einen unauffällig angebrachten Kopfhörer ins Ohr oder sendet entsprechende Impulse an ein etwa am Oberschenkel angebrachtes Vibrationsgerät, wenn der Cursor auf die richtige Antwort zeigt.

Dabei sind es nicht unbedingt Kumpel der Prüflinge, die zur illegalen Unterstützung tätig werden. Hinter den Mogeleien steckt oft System und organisierte Kriminalität. «Es gibt Banden, die ihre Dienste zum Beispiel im Internet anbieten oder die Leute direkt vor der Fahrschule ansprechen. Sie stellen das elektronische Equipment zur Verfügung und lassen sich ihre Dienste mit 500 bis 1500 Euro bezahlen», sagt Arne Böhne, Führerschein-Spezialist beim TÜV Rheinland.

Um unehrlichen Prüflingen auf die Spur zu kommen, setzt die Organisation zum einen auf Technik: Detektoren in den Prüfungsräumen sollen verbotene Ausrüstung erkennen. Auch werden die Mitarbeiter entsprechend geschult – etwa auf auffällige Bewegungen des Prüflings vor dem Bildschirm, wenn er an seinem Hemd herumnestelt oder mit dem Oberkörper schaukelt. Sie sprechen die Betroffenen an, die reagieren laut Wehrfritz unterschiedlich. Manche laufen einfach weg, andere werden laut. Zwei bis drei Mal pro Jahr komme es vor, dass die Prüfer in solchen Situationen auch körperlich angegangen und zum Beispiel angerempelt würden, erzählt er.

Erscheint jemand unter falschem Namen zur Prüfung, ist das eine Straftat, doch die Mogeleien mit Hilfe von Technik gelten nicht mal als Ordnungswidrigkeit. Seit diesem Jahr gibt es immerhin eine mögliche Sperrfrist von neun Monaten bis zur Prüfungswiederholung, die von den Fahrerlaubnisbehörden verhängt werden kann, aber nicht muss.

Die TÜV-Mitarbeiter hätten gerne noch weitreichendere Konsequenzen. «Es wäre gut, wenn der Einsatz von verbotenen Hilfsmitteln mindestens eine Ordnungswidrigkeit wäre», meint Wehrfritz. Sein Kollege Böhne plädiert für entsprechende Vortests bei den Fahrschulen, so dass nur Prüflinge mit nachweislichen Kenntnissen beim TÜV antreten würden. Auch die Einrichtung von Störsendern in den Prüfungsräumen wäre eine sinnvolle Maßnahme, meint er. «Aber so etwas ist verboten.»

 

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