Korruptionsrisiken bei militärischen Auslandseinsätzen

Berlin (dpa) – Die Organisation Transparency International hat Deutschland vor besonderen Korruptionsrisiken beim Einsatz der Bundeswehr im Ausland gewarnt.

Insgesamt stehe die Bundesrepublik im internationalen und europäischen Vergleich des Verteidigungssektors aber auf einem guten sechsten Platz, zusammen mit Taiwan, heißt es in dem am Dienstag in Berlin veröffentlichen Korruptionsindex der Organisation. Achillesferse seien unzureichende Vorkehrungen zur Korruptionsbekämpfung bei Auslandseinsätzen.

«Diese Missionen finden oft in Ländern statt, in denen Korruption gedeiht. Trotzdem bleiben Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in der deutschen Planung und Durchführung von Militäroperationen weiterhin lückenhaft», teilte die Organisation mit. «Auf strategischer Ebene fehlt Deutschland eine Verteidigungsdoktrin, die Korruption bei militärischen Einsätzen thematisiert, insbesondere wie deren Gefahren und Auswirkungen eingedämmt werden sollen» Zudem gebe es keine Schulungen zur Korruptionsprävention vor dem Einsatz. Berichte über das Korruptionsgeschehen bei Auslandseinsätzen seien nicht frei verfügbar. Deswegen könne nicht festgestellt werden, in welchem Umfang es eine Überwachung der Risiken gebe.

Die Antikorruptionsorganisation veröffentlichte ihren Government Defence Integrity Index (GDI) 2020. Dieser sei die einzige globale Bewertung der Korruptionsrisiken in staatlichen Institutionen des Verteidigungssektors, insbesondere in Verteidigungsministerien. Der GDI untersucht 86 Staaten und bewertet das Vorhandensein, die Wirksamkeit und die Durchsetzung institutioneller Kontrollen in fünf zentralen Korruptionsrisikobereichen: Finanzen, militärischer Einsatz, Personal, Politik und Beschaffung.

Die globalen Ergebnisse weisen länderübergreifend auf ein hohes bis kritisches Korruptionsrisiko im Verteidigungssektor hin. 62 Prozent der untersuchten Länder erreichen eine Gesamtbewertung von weniger als der Hälfte der möglichen Punkte. Spitzenreiter ist Neuseeland mit einer Gesamtbewertung von 85 von 100 und Schlusslicht der kürzlich von einem Militärputsch betroffene Sudan mit einer Gesamtbewertung von 5 von 100 möglichen Punkten. Deutschland kommt demnach auf eine Gesamtbewertung von 70 von 100 Punkten.

Die Antikorruptionskämpfer stellen für Deutschland eine starke parlamentarische Aufsicht fest. Jedoch seien Wirksamkeit und Unabhängigkeit aufgrund unzureichender Regulierung von Lobbyismus und durch Interessenkonflikten gefährdet, selbst nach Inkrafttreten des Lobbyregistergesetzes am 1. Januar 2022. Weiter sei es möglich, «nahezu unreglementiert Einfluss auf die Politikgestaltung und die Beschaffung zu nehmen». Weiter verschärft werden müssten die Regelungen zu Nebentätigkeiten und möglichen Interessenkonflikten von Bundestagsabgeordneten.

Auch fehlende Gesetzgebung zum Hinweisgeberschutz («Whistleblower») untergrabe die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung. Hinweisgeber seien oft die einzigen Personen, die illegale und illegitime Machenschaften aufdecken könnten, oft unter Inkaufnahme erheblicher persönlicher Risiken. Aus diesem Grund sei eine schnelle Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in einer über EU-Recht hinausgehenden gesetzlichen Regelung erforderlich.

 

 

 

 

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