Koblenzer Schutzdachbauer des AKW Tschernobyl sorgen sich

Koblenz/Tschernobyl (dpa) – Nach der russischen Eroberung des einstigen ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl sorgen sich die deutschen Konstrukteure von großen Teilen seines äußeren Schutzdaches wegen möglicher Kriegsschäden. «Bei leichteren Beschädigungen der Ummantelung wie etwa mit Querschlägern dürften keine verstrahlten Partikel austreten», sagte der Vertriebsleiter der Kalzip GmbH in Koblenz, Christoph Schmidt, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Bei größeren Schäden etwa von «panzerbrechenden Waffen» könnte das anders sein. «Ich glaube und hoffe aber, dass eine mutwillige Beschädigung der Anlage niemandem nützen würde», betonte Schmidt.

«Diesen Angriff auf Tschernobyl hätte ich noch vor einer Woche für unmöglich gehalten», ergänzte der Vertriebsleiter. Die AKW-Besetzung sei momentan wohl ein kleines Problem im Vergleich zu den vielen Kriegstoten. «Sollte Tschernobyl sich zu einem großen Problem entwickeln, würde ich an allem zweifeln, an was ich als international tätiger Mensch in einem internationalen Unternehmen geglaubt habe», ergänzte Schmidt. Er war einst der Projektverantwortliche bei Kalzip für den gewaltigen AKW-Schutzbogen mit 110 Metern Höhe, 165 Metern Länge und 257 Metern Breite. Kalzip hatte dafür 160.000 Quadratmeter Außen- und Innenhaut geliefert. «Die ist nur 0,6 Millimeter dick, aber robust, da kann man drüberlaufen», sagte Schmidt.

Die vor mehreren Jahren über einen alten, brüchigen Schutz-Betonsarkophag der AKW-Ruine geschobene neue Ummantelung soll nach früheren Angaben von Kalzip ein Jahrhundert lang den Austritt radioaktiver Strahlen verhindern. Kalzip ist nach eigenen Angaben «Weltmarktführer für Aluminium-Stehfalz-Eindeckungen». Damit verkleidet die Firma Fassaden und Dächer. Beim AKW Tschernobyl hat sie allerdings hitzebeständigeres Edelstahl verwendet.

An den Folgen der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 sind nach Einschätzung von Experten wohl viele tausend Menschen gestorben. Russische Truppen hatten die Sperrzone um die havarierte Atomruine am Donnerstag erobert. Inzwischen sichern russische Fallschirmjäger das Gelände. Auch Spezialisten eines ukrainischen Wachbataillons seien nach Absprache weiter im Einsatz, teilte das russische Verteidigungsministerium am Freitag mit. Es gebe keine Auffälligkeiten, die radioaktiven Werte seien normal. Hingegen misst die zuständige ukrainische Behörde nach eigenen Angaben deutlich erhöhte Strahlenwerte. Wegen der Lage und der Kämpfe sei es aber unmöglich, eine Begründung für diesen Anstieg zu erkennen.

 

 

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