KMK: Ukrainische Kinder sollen Kitas und Schulen besuchen

Berlin (dpa) – Experten der Kultusministerkonferenz (KMK) raten dazu, aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche möglichst schnell in Kitas und Schulen in Deutschland unterzubringen.

«Alle Kinder und Jugendlichen sollten so bald wie möglich nach ihrer Ankunft die Kita oder Schule besuchen», sagte Olaf Köller, Co-Vorsitzender der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK.

In den Einrichtungen könnten sie Deutsch lernen, ihren Bildungsweg fortsetzen, Kontakte zu Gleichaltrigen knüpfen und Hilfe bei der Bewältigung möglicher Traumata erhalten. Köller ist auch wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN).

Die Kommission, die mit 16 Bildungsforschern aus unterschiedlichen Disziplinen besetzt ist, legte eine Stellungnahme zur Integration geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine vor. Das Gremium wurde im vergangenen Jahr eingerichtet, um die Bundesländer bei der Weiterentwicklung des Bildungssystems zu beraten.

«Unterrichtsergänzende Bildungsangebote»

Zuletzt hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob nach Deutschland geflüchtete ukrainische Kinder und Jugendliche schnell integriert oder eher unabhängig nach ukrainischem Vorbild betreut und beschult werden sollten. Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hatte an die Kultusminister appelliert, auf eine Kontinuität der Bildungsprozesse und ein Aufrechterhalten der nationalen Identität ukrainischer Kinder zu achten. Es gehe um einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland.

Die Wissenschaftler empfehlen nun in ihrer Stellungnahme «unterrichtsergänzende Bildungsangebote» auf Ukrainisch «im Rahmen des Möglichen». Dafür spreche etwa, dass bei den geflüchteten Familien eine hohe Motivation bestehe, so bald wie möglich in ihr Land zurückzukehren. In der Stellungnahme weisen die Expertinnen und Experten aber auch daraufhin, dass ukrainischsprachige Lehrkräfte dafür «gewonnen und professionalisiert» werden müssten. Eine schnelle Umsetzung dürfte angesichts der aktuellen Herausforderungen an den Schulen kaum zu leisten sein, heißt es weiter.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Ziel muss sein, eine gute Balance zu finden zwischen der Integration in unser Bildungssystem und der Bewahrung der ukrainischen Identität. Denn wir hoffen, dass die Kinder und Jugendlichen auf absehbare Zeit in ihre Heimat zurückkehren können, müssen aber auch darauf vorbereitet sein, dass sie länger bei uns bleiben.»

Kleinere Kinder im Grundschulalter sollten nach Auffassung der Expertinnen und Experten direkt in Regelklassen gehen und nicht in sogenannte Vorbereitungsklassen, in denen nur ukrainische Schüler sitzen. Die Kommission hält auch nicht viel von Unterricht in Sammelunterkünften, «da dies weder Kontakt zu bereits in Deutschland lebenden Kindern und Jugendlichen noch die mit Schule verbundene Erfahrung von Normalität ermöglicht und in Sammelunterkünften schulische Infrastruktur fehlt».

Psychologische Angebote bis hin zur Traumatherapie

Für Kontakte und Freundschaften zu geflüchteten Kindern empfehlen die Wissenschaftler wegen der Sprachbarriere am Anfang gemeinsame Aktivitäten, bei denen es weniger auf Sprache ankommt, etwa Sport oder Musik. Zudem plädiert die Kommission für psychologische Betreuungsangebote bis hin zur Traumatherapie. «Wir müssen davon ausgehen, dass 25 bis 35 Prozent der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine unter schweren psychischen Belastungen leiden», sagte die Co-Vorsitzende Felicitas Thiel und Professorin für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung an der Freien Universität Berlin.

Bildungspolitiker in den Bundesländern schätzen, dass etwa die Hälfte der in Deutschland ankommenden Kriegsflüchtlinge Kinder und Jugendliche sind. Die KMK hat angekündigt, in dieser Woche erste Zahlen zu ukrainischen Kindern und Jugendlichen an Schulen in Deutschland vorzulegen.

 

 

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