Hubert Clemens aus Zell – Chefredakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft

„Ein alter Fahrensmann der Branche geht von Bord“ sagte Rolf-Peter Hoenen, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft bei der Verabschiedung von Chefredakteur Hubert Clemens in den Ruhestand. Er habe fast ein Vierteljahrhundert die deutsche Versicherungspublizistik entscheidet geprägt und mitgestaltet.

Eine Karriere im Versicherungswesen, das hätte sich Hubert Clemens aus Zell an der Mosel in jungen Jahren kaum vorstellen können. „Geplant war das keineswegs, aber ein bisschen schicksalhaft in die Wiege gelegt war es mir doch irgendwie schon“, meint der heute 77-Jährige im Rückblick.

Schließlich war er mit 14 Jahren der jüngste nebenberufliche Versicherungsvertreter Deutschlands. 1958 hatte er von seinem Onkel Hein eine kleine Agentur der Deutscher Ring Versicherungsgesellschaft übernommen. Es ging um einen Bestand von rund 80 Versicherungskunden, bei denen er einmal im Monat die Prämien für die Policen von Krankenhaustagegeld-, Sterbegeld- oder Kleinlebensversicherungen zu kassieren hatte. Winzer, Handwerker, Selbständige waren seine Klientel. Als Quittung händigte er ihnen jedes Mal einen Coupon aus, wofür es 20 Pfennig Hebegebühr gab, plus 3 Prozent Provision auf die monatliche Abrechnungssumme – immerhin ein schönes regelmäßiges Taschengeld. Hinzu kamen manchmal auch die Provisionen für Vertragsneuabschlüsse. „Sozusagen auch durch meine Kinderarbeit ist der Deutsche Ring groß geworden“ meint Clemens augenzwinkernd.

Immerhin konnte er so ein Hobby finanzieren: die Liebe zu Motorrädern, einer in jenen Jahren aussterbenden Fahrzeug-Spezies. Motorräder bekam man damals praktisch geschenkt. Sie standen in Kellern und Scheunen, lagen manchmal sogar auf der Müllhalde. Man brauchte sie nur aufzulesen und herzurichten. Und das tat Clemens mit Akribie, vor allem mit den legendären Erzeugnissen der Frankfurter Adler-Werke. Natürlich geschah das auch nur nebenher – zu Schule und Abitur 1965 am Trarbacher Gymnasium, zum Wehrdienst und danach zu einer an einem zu strengen Vorgesetzten gescheiterten Laufbahn im gehobenen Dienst in der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz. Auch die darauffolgende „Zeit als Jura-Student“ wertet er im Rückblick als keineswegs vertan. Aber da habe er eines Tages im April 1969 das überraschende Angebot bekommen, als Redaktionsassistent beim Bonner Spiegel-Büro zu arbeiten. Seine Aufgabe dort: Hilfsrecherchen für die an ihren Artikeln der wöchentlichen Heftausgabe arbeitenden Spiegel-Redakteure. „Stellen Sie mal alle Bundestags-Zwischenrufe der letzten Legislaturperioden zusammen“, war so eine Aufgabe. Oder „Besorgen Sie doch bitte mal bei den Bundestagstenografen die Durchschläge der Protokolle der gerade laufenden Sitzung“. Sein Büroleiter in dieser Zeit, Erich Böhme, schrieb ihm darüber später ins Zeugnis: „Auch schwierige Aufgaben löste er mit Geschick und Gründlichkeit.“

Die Jahre im Bonner Spiegel-Büro von 1969 bis 1971 fielen in die Zeit der Regierung Brandt/Scheel, in der ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Karlsruher Versicherungen den Posten des Finanzministers übernommen hatte: Alex Möller, auch bekannt als „Genosse Generaldirektor“. Er sollte zwölf Jahre später einmal die endgültige berufliche Wende von Hubert Clemens zum Versicherungswesen entscheidend beeinflussen. Doch bis dahin schnupperte Clemens doch wieder Benzin: Die Auto-Zeitung in Köln bot ihm eine Stelle als Redakteur im Ressort „Mensch und Auto“. Aus der Zeit bei der Auto-Zeitung erzählt er gern, etwa dass Japaner auf den großen Automobilmessen in Turin, Genf und Frankfurt unter die Autos krochen, um die Unterseite der Konkurrenzmodelle zu fotografieren, dass Motorjournalisten mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten geködert werden, dass neue Autos nicht in Wolfsburg oder Köln vorgestellt werden, sondern in der marokkanischen Wüste oder wenigstens an einem lauschigen Ort an der Cote d’Azur. Ähnliches erlebte Clemens anschließend auch in den nächsten zwei Jahren als Ressortleiter Auto bei der Welt am Sonntag unter Claus Jacobi, dessen journalistischer Schule Clemens seine Liebe zum Detail verdankt.

Zwei Jahre auf der Pressestelle des Gesamtverbandes der Versicherer waren für ihn ein Intermezzo, bis er 1984 den entscheidenden Ruf nach Karlsruhe erhielt. Alex Möller suchte dort als Herausgeber einen Nachfolger für die Chefredaktion der Fachzeitschrift Versicherungswirtschaft. Möllers Auftrag: aus dem Verlautbarungs- und Kommunikationsorgan der Versicherer ein Nachrichtenmagazin für die Assekuranz zu machen.
Nach seiner Rückkehr in die moselländische Heimat, verbringt er seit 2017 den Ruhestand in Reil, oben auf dem Heißen Stein, wo er versucht, Ordnung in seine mehrere tausend Bände umfassende Bibliothek zu bringen. Und dann betreibt er Mundart-Pflege: wo immer es geht, redet er Zeller Platt. Er kann es sogar druckreif schreiben – als Mitverfasser des 164-seitigen Lexikons „Zeller Platt von A bis Z“. Ω

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