Gerald Gaß aus Wittlich – Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)

Wenn es um Fragen der Gesundheitspolitik und all der damit verbundenen Facetten geht, so ist wohl niemand in Deutschland kenntnisreicher und qualifizierter als der Wittlicher Dr. Gerald Gaß. 1963 als Sohn pfälzischer Eltern in Neustadt an der Weinstraße geboren, kam Gaß im Kleinkindalter in die Säubrennerstadt, die ihm zur Heimat wurde. Sein Bildungsweg startete in der evangelischen einklassigen Grundschule, in den Folgejahren wechselte er auf zwei andere Wittlicher Grundschulen. Ähnlich bei seiner Gymnasialzeit: zuerst das Cusanus-Gymnasium, dann das Peter Wust Gymnasium, wo er 1982 Abitur machte. Gerald Gaß war, wie er sich erinnert, kein besonders ehrgeiziger Schüler, aber er genoss die Gemeinschaft mit seinen Klassenkameraden, die er bis heute pflegt. Nach dem Abitur absolvierte er den Zivildienst beim Roten Kreuz im Rettungsdienst, ehe er 1984 an der Goethe Universität Frankfurt mit dem Studium der Soziologie und Volkswirtschaft begann, das er als Diplomsoziologe und Diplomvolkswirt abschloss. Die erste Hälfte der 1990er Jahre war geprägt von der Arbeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem von Prof. Alfons Schmid geführten Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Uni Frankfurt. 1996 kulminierte dieser Lebensabschnitt in der Promotion (Dr. rer. pol.). In seiner Dissertation über „Betriebliche Arbeitskräftenachfrage und Strukturierung der Arbeitslosigkeit“ analysierte Gaß den deutschen Arbeitsmarkt sowohl theoretisch als auch empirisch.

Gerald Gaß Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)

An der Universität hätte der Weg für den jungen Sozialökonomen sicherlich zur Professur geführt, aber er entschied sich stattdessen für die Praxis. Dies bedeutete in seinem Fall den Eintritt in das rheinland-pfälzische Sozialministerium, wo Gaß von 1996 bis 1999 als Grundsatzreferent im Leitungsstab tätig war. Damit war seine ohnehin thematisch mit politischen Fragen verbundene Arbeit nun auch organisatorisch eng mit der Politik verbunden – eine Entwicklung, die durchaus in seinem Sinn war. Politik hatte schon in seinem Elternhaus eine große Rolle gespielt. Sein Vater, der Leitende Baudirektor Hans Gaß, ein engagierter Sozialdemokrat, war Wittlicher Stadtratsmitglied und 1987 sogar Kandidat seiner Partei für den Bundestag. Gerald Gaß selbst war in jungen Jahren stellvertretender Juso-Landesvorsitzender und gehörte als seinerzeit jüngstes Mitglied ebenfalls dem Wittlicher Stadtrat an; bis heute engagiert sich der zweifache Familienvater auf lokaler Ebene für die SPD.
1999 übernahm er für zwei Jahre die Leitung des Referats Arbeitsmarktpolitik im Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz. In dem von Florian Gerster (SPD) geführten Ministerium war Gerald Gaß maßgeblich an der Konzeption des vielbeachteten Mainzer Modells für Beschäftigung und Familienförderung beteiligt. Dessen Ziel war es, für mehr Beschäftigung und soziale Gerechtigkeit in den unteren Einkommensgruppen zu sorgen. Mit den darin vorgeschlagenen Maßnahmen sollte den im Niedriglohnbereich Beschäftigten der erfolgreiche Ausstieg aus der Arbeitslosen- und Sozialhilfe ermöglicht werden.
2001 wurde Gaß Leiter der Abteilung Gesundheit im gleichen Ministerium – Ministerin war ab 2002 Malu Dreyer (SPD) – und blieb in dieser Position bis 2008. In dieser Zeit erwarb er sich nicht nur gründlichste Kenntnisse des Gesundheitswesens in Rheinland-Pfalz, sondern in der Bundesrepublik insgesamt. Besonders bewusst wurde ihm dabei die immense Bedeutung eines konstruktiven gesundheitspolitischen Zusammenwirkens zwischen allen Beteiligten, nicht zuletzt auch zwischen Bund und Ländern. Andere Aspekte der medizinischen Versorgung rückten in den Fokus, als er 2008 die Position des Geschäftsführers des rheinland-pfälzischen Landeskrankenhauses (LKH) übernahm. Beim LKH handelt es sich nicht um ein einzelnes Krankenhaus, sondern um den größten Krankenhausträger im psychiatrisch-psychotherapeutischen und neurologischen Bereich in Rheinland-Pfalz. Zu den Einzelkliniken des LKH gehören insgesamt sechs Krankenhausstandorte, so zum Beispiel die Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach oder das unter der Leitung von Gaß neu gebaute Gesundheitszentrum Glantal, ein Vorzeigeprojekt zur medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Als Geschäftsführer trug Gaß von 2008 bis 2021 die Verantwortung für ca. 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landeskrankenhaus. Nachdem er 2016 schon Vorsitzender der Landeskrankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz geworden war, übernahm er ab 2018 das Ehrenamt des Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, also des Dachverbands aller rund 2000 Krankenhäuser in Deutschland. Als 2021 die Neubesetzung des Vorstandsvorsitzenden anstand, einigten sich die in der DKG zusammengeschlossenen Krankenhausträger auf den allseitig als Top-Experten geschätzten sympathischen Wittlicher. Standen bei seinem Amtsantritt im April 2021 noch die akuten Probleme der Corona-Pandemie im Zentrum seiner Tätigkeit, so beanspruchen inzwischen wieder andere tiefgreifende Probleme des Gesundheitswesens seine Aufmerksamkeit. Dazu gehören die drängenden Fragen der Finanzierung, der Digitalisierung und des Fachkräftemangels im medizinischen Bereich. Der stets sowohl führungsstark als auch besonnen wirkende Gaß warnt vor einer Insolvenzwelle bei den Krankenhäusern und beklagt die angespannte Personalsituation insbesondere in der Pflege. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, sind nach seiner Auffassung tiefgreifende Veränderungen erforderlich. Ihm ist dabei besonders wichtig, dass bei allen notwendigen Reformen die Menschen nicht aus den Augen verloren werden, um die es bei allen gesundheitspolitischen Debatten letztlich geht.

Verfasser: Gregor Brand

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