Dr. Gert Bücker – Ministerialbeamter und Top-Manager aus Großlittgen

Großlittgen ist in der deutschen Rechtsgeschichte kein unbeschriebenes Blatt. Aus diesem Dorf stammte der Rechtsanwalt Carl Hau (1881 – 1926), der 1907 im ersten großen Sensationsprozess der deutschen Strafrechtsgeschichte als Mörder verurteilt wurde (vgl. G. Brand: Kinder der Eifel – aus anderer Zeit II, 2018, S. 149). Gegenüber dem Geburtshaus dieser zwielichtigen Gestalt kam 1940 ein anderer Sohn Großlittgens zur Welt, der ebenfalls Jurist wurde, aber ansonsten das Gegenteil seines Landsmanns verkörpert: Franz Eggert (genannt Gert) Bücker. Gert Bücker ist der erstgeborene Sohn des Westfalen Anton Bücker (1906 – 1973), der 30 Jahre lang die Molkerei in Großlittgen leitete, und dessen in Großlittgen geborener Ehefrau Cilly Steffen (1909 – 2003). Gerts jüngerer Bruder, der Chefredakteur und Autor Jürgen Bücker (1942 – 2010), wurde später wie sein Vater Molkereifachmann und machte sich einen Namen als einer der besten Kenner der deutschen Milchwirtschaft.

Gert Bücker war also kein Bauernkind wie die große Mehrzahl der damals in den Eifeldörfern Lebenden, aber wuchs dennoch wie diese in einer sehr traditionell bäuerlich geprägten Lebenswelt auf. Trotz der Kriegsjahre, die auch in den Familien Großlittgens zahlreiche Opfer forderten, und trotz der harten ersten Nachkriegsjahre war die Kindheit in dem stillen Eifeldorf unweit des Klosters Himmerod für ihn eine glückliche Zeit, an die er sich gern erinnert. Mit den Dorfjungen konnte er bei jeder Gelegenheit Fußball spielen oder sich anderweitig in der schönen Umgebung tummeln. Diese kindliche Unbeschwertheit wurde auch nicht durch die Volksschulzeit (1946 – 1951) getrübt. Gert hatte einen ausgezeichneten Lehrer, der sich nach besten Kräften bemühte, die Kinder zu fördern. Die Situation änderte sich allerdings mit dem Wechsel auf das Cusanus-Gymnasium in Wittlich. Viele der dortigen Lehrer behagten ihm nicht und seine Motivation, sich mit dem Schulstoff zu beschäftigen, nahm im Lauf der Jahre eher ab als zu. So kam es, wie es kommen musste: Ein Jahr vor dem Abitur führten die schlechten Noten zum Sitzenbleiben. Erst nach dem Abitur 1961 zeigte Gert Bücker, dessen Ehrgeiz nun erwacht war, was in ihm steckt. Ausgestattet mit der Fähigkeit zu anspruchsvollem logischem Denken absolvierte er sein Jurastudium mit Prädikatsexamina an den Universitäten in Mainz, Marburg und Bonn. Ein dreimonatiger Aufenthalt in Israel hinterließ bei dem Studenten einen bleibenden Eindruck.

Nach dem 1. Staatsexamen 1965 zog es den Referendar Bücker erneut ins Ausland. Er arbeitete bei einem Anwalt in Montpellier und studierte an der Universität Birmingham. Hier gewann er gründliche Einblicke in das englische Gesellschaftsrecht, die er für seine 1967 an der Universität Marburg erfolgte Promotion über „Die Stellung des Direktors einer englischen Private Company, dargestellt unter Berücksichtigung der Stellung des Geschäftsführers einer deutschen GmbH“ nutzte. Nach dem 2. Staatsexamen (1970) trat der nun 30-jährige Jurist in die Finanzverwaltung des Landes Niedersachsen ein, sechs Jahre später wechselte er ins niedersächsische Wirtschaftsministerium. Zwischen diesen beiden Daten liegen weitere Auslandstationen, die Bücker nicht nur wichtige berufliche Erfahrungen vermittelten, sondern dank des Kontakts mit Menschen aus aller Welt zu nachhaltigen Lebenseindrücken führten: Ein Jahr lang studierte er an der Pariser Eliteuniversität École Nationale d’ Administration, ein weiteres Jahr (1974 – 1975) arbeitete er bei den Vereinten Nationen in New York.

Die deutsche Einheit 1990 führte bei den Menschen in Ostdeutschland zu einer dramatischen Veränderung ihrer gesamten Lebenssituation. Auch bei Gert Bücker stand dieses Jahr im Zeichen einer grundlegenden Veränderung. Er gab die Sicherheit seiner hohen Beamtenstellung als Referatsleiter im Rang eines Ministerialrats auf und nahm das Angebot des Energiekonzerns Hanseatische Energieversorgung AG an, als Kaufmännischer Vorstand einer Konzerntochter nach Rostock zu wechseln. Es gelang ihm, mit seinem Team trotz der fundamentalen Umstrukturierung auf die neuen marktwirtschaftlichen Verhältnisse außer den Stasileuten alle Mitarbeiter – über 3000 – im Job zu halten. Eine Ausnahmeleistung damals, die auf die er zu Recht stolz ist.

In Rostock, der schönen Ostseestadt am Fluss Warnow, blieb er bis zum Ende seines Berufslebens im Jahr 2006; seit der Jahrtausendwende hatte er dort als Rechtsanwalt praktiziert. Mittlerweile lebt Dr. Bücker in Hannover, aber seine innere Nähe zur Eifel, die er sich über all die Jahre bewahrte, nimmt nicht ab – im Gegenteil. Zusammen mit seiner Frau Ilse gründete er 2021 die Robert Bootz Stiftung. Diese Stiftung, benannt nach dem in Großlittgen geborenen gelehrten Mönch Robert Bootz, dem wohl bedeutendsten Abt in der Geschichte Himmerods (vgl. G. Brand: Kinder der Eifel – aus anderer Zeit, 2013, S. 33), ist ausgestattet mit einem Kapital von 250 000 Euro. Ihre Hauptziele liegen einerseits in der Jugendförderung (z. B. durch Hilfe bei der Ausbildung) und andererseits in der Unterstützung älterer und gebrechlicher Menschen in Großlittgen. Mit dieser Stiftung setzt Dr. Gert Bücker ein starkes und bleibendes Zeichen seiner Verbundenheit zu seinem Heimatort.
Verfasser: Gregor Brand

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