Christoph Otten aus Wittlich – Bienenforscher

Die relativ dünn besiedelte Eifel galt jahrhundertelang als ideales Bienenland – nach dem Motto: „Je wilder und unangebauter eine Gegend ist, umso mehr eignet sich dieselbe zur Bienenzucht“, wie es ein Eifelgeistlicher im Jahr 1845 formulierte. Dementsprechend gab es unter der Eifelbevölkerung zahlreiche erfahrene und kenntnisreiche Imker.

Aber vermutlich hat sich kein Eifler mit Bienen derart umfassend ausgekannt wie der Apidologe (Bienenkundler) Dr. Christoph Otten. Er leitet seit vielen Jahren das rheinland-pfälzische Fachzentrum Bienen und Imkerei des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Westerwald-Osteifel in Mayen.
Otten wurde 1957 als Sohn von Edmund und Hilde Otten (geb. Dethier) in Wittlich geboren, wohin ein Vorfahre einige Generationen zuvor aus Mückeln zugezogen war. Nach dem Abitur 1978 am heimischen Cusanus-Gymnasium studierte er Biologie an der Universität Mainz. Auf den erfolgreichen Abschluss als Diplom-Biologe folgte sein Promotionsstudium in Frankfurt. Sowohl bei seiner Diplomarbeit als auch bei der Dissertation stand ein Thema aus der Apidologie im Mittelpunkt. Infolge seiner ausgewiesenen Fachkenntnisse gelangte er an das erwähnte Fachzentrum. In diesem Institut werden im Rahmen überregionaler Forschungsansätze vielfältige Daten über Honigbienen und Imkerei zusammengetragen, Bienenkrankheiten analysiert und Honigqualitätsanalysen durchgeführt. Die Erkenntnisse fließen in Kurse für Imker und Bienensachverständige, in Fachpublikationen sowie in die Öffentlichkeitsarbeit u.a. mit Kindern und Jugendlichen ein.


Otten, den bereits als Schüler die Welt der Bienen faszinierte, hatte in seiner Doktorarbeit das Populationswachstum von Varroa-Milben in Bienenvölkern unterschiedlicher geographischer Herkunft verglichen. Für Außenstehende hört sich diese Thematik vielleicht exotisch an, aber sie betrifft ein zentrales Problem der Bienenzucht. Die aus Asien stammenden Varroa-Milben tauchten 1967 erstmals auf dem Balkan auf und wurden 1977 auch in Deutschland nachgewiesen. Seither haben sie sich durch ihre schnelle Verbreitung und durch die von ihnen übertragenen Viren zum Hauptfeind der Bienenvölker entwickelt und sind alljährlich für den Tod von tausenden Bienenvölkern in Deutschland verantwortlich. Trotz zahlreicher Studien und vielfältiger Bekämpfungsmaßnahmen ist es noch nicht gelungen, diese tödliche Bedrohung für die Bienen unschädlich zu machen. Kein Wunder also, dass der Bienenwissenschaftler Otten sich immer wieder mit dieser Problematik beschäftigt und auch selbst in Fachzeitschriften neue Erkenntnisse dazu veröffentlicht. Das Thema Varroa-Milben ist untrennbar mit einem weitergehenden Thema verbunden, auf das Christoph Otten immer wieder angesprochen wird und das in den Medien recht präsent ist: Bienensterben. Als Hauptursache dafür verweist er neben dem tödlichen Treiben der Varroa-Milben auf die Veränderungen in der Umwelt hin. Die Verarmung der Landschaft im Agrar- und Privatbereich geht nicht spurlos an den Bienen vorbei. „Warum ziehen Menschen ins Grüne, um es dann mit Steinwüsten rund ums Eigenheim ergrauen zu lassen?“ fragt sich Otten öfters Allerdings betont er auch, dass es derzeit keinen Grund gibt, das Honigbienensterben insgesamt über Gebühr zu dramatisieren. Im Gegensatz zu den mehr als 500 solitär lebenden Wildbienenarten, von denen etliche vom Aussterben bedroht sind, befinden sich die Honigbienen in der Obhut der Imker und ihre Zahl hat in den letzten Jahren sogar wieder merklich zugenommen. Die Wichtigkeit dieser Fragen wird deutlich, wenn man bedenkt, dass Bienen zu den Hauptbestäubern der meisten Nutzpflanzen und vieler Wildpflanzen gehören. Von ihrer Existenz hängen demnach auch ökologische Vielfalt sowie das Wohl und Wehe der Landwirtschaft – und damit der menschlichen Nahrungsversorgung – ab.

Die Arbeit Ottens ist jedoch nicht auf die Varroa-Problematik beschränkt. Seit dem Jahr 2004 wirkt er beispielsweise maßgeblich am Deutschen Bienenmonitoring mit. In dieser Langzeitstudie werden kontinuierlich über 1200 Bienenvölker aus in ganz Deutschland verteilten Bienenständen untersucht und kontrolliert, um genaue Aufschlüsse über die Ursachen des Wintersterbens der Honigbienen zu gewinnen und daraus Empfehlungen für die imkerliche Praxis zu formulieren.

Ein weiteres Projekt der Arbeitsgruppe von Otten ist ein bundesweites, elektronisches Messnetz, in dem die Sammelaktivitäten der Honigbienen automatisch und minutiös an mehr als fünfhundert Standorten in ganz Deutschland erfasst werden, darunter auch an vielen Orten in der Eifel oder z.B. am Reichstag in Berlin. Die Daten werden tagesaktuell zentral in Mayen analysiert und im Internet veröffentlicht. Das System liefert damit Informationen über die Nahrungsverfügbarkeit für Bienen in verschiedenen Landschaftsräumen und unter Berücksichtigung des Klimawandels.

Ottens außerordentliche Sachkenntnis wird von Imkern, Fachkollegen, aber auch von den Medien immer wieder in Anspruch genommen. So befragte ihn beispielsweise der SWR zu den Themen Bienensterben oder dem steigenden Honigpreis. Wenn sich Otten als Leiter der Mayener Anstalt mit einer Pressemitteilung an die Deutsche Presse-Agentur wendet, dann greifen zahlreiche Medien gerne auf seine Informationen zurück. Unabhängig von der Tagesaktualität wird Dr. Otten, der bald auf ein halbes Jahrhundert eigene Imkererfahrung zurückblicken kann, garantiert auch nach dem absehbaren Eintritt in den Ruhestand mit seinem Lebensthema verbunden bleiben.

Verfasser: Gregor Brand

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