Interview mit André Moeller, Leiter der DW Bildungsprogramme

André Moeller
André Moeller

André Moeller leitet die Abteilung Bildungsprogramme der Deutschen Welle. Die DW Bildungsprogramme entwickeln innovative Inhalte für Deutschlerner und setzen diese multimedial um – auch unter Nutzung der interaktiven Möglichkeiten sozialer Medien. Die Eifel-Zeitung  hat mit dem Leiter der DW Bildungsprogramme über das Deutschkursangebot der Deutschen Welle gesprochen.

Herr Moeller, Sie leiten die Abteilung Bildungsprogramme, die auch die Deutschkurse der Deutschen Welle verantwortet. Wie lange gibt es dieses Angebot der DW bereits und an wen richtet es sich?
André Moeller: Sprachkursangebote bei der DW gibt es schon seit fast 60 Jahren. Seit der ersten Sendung der Deutschen Welle am 3. Mai 1953 gingen aus aller Welt zahlreiche Anfragen nach einem Deutschkurs ein. Im September 1957 war es dann so weit. Der erste Deutschkurs ging unter dem Titel „Lernt Deutsch bei der Deutschen Welle“ an den Start. Er lud die Hörer zu einem audiophonen Besuch nach Köln ein und vermittelte ihnen alles an Grammatik und Wortschatz, was man für einen solchen Besuch brauchte. Bald folgten Kurse für Fortgeschrittene. Am 11. November 1971 ging der legendäre Audiokurs „Familie Baumann“ auf Sendung, eine Gemeinschaftsproduktion mit dem Deutschlandfunk in Kooperation mit dem Goethe Institut und Inter Nationes. Familie Baumann, eine typisch deutsche Familie mit Vater, Mutter, Tochter, Sohn und der Oma „exerzierte“ das deutsche Alltagsleben in all seinen Variationen vor und produzierte dabei Katastrophen am laufenden Band. Ein Sprachkurs mit Unterhaltungswert. Anfang der 80er Jahre trat die „Familie Baumann“ nach viel Zuspruch der Hörer in den Ruhestand. Bildungsprogramme – das waren zunächst Audiosprachkurse, die im Radio gesendet wurden. Mit der Zeit kam dann ein umfangreiches Online-Angebot dazu. Heute sind wir viel umfassender aufgestellt und bieten vielfältige multimediale Inhalte. Dazu gehören unter anderem ein interaktiver Deutschkurs, didaktisierte Nachrichten, eine Telenovela für Deutschlerner, eine Reality-Show und sogar Songs zum Deutschlernen. Mit diesen Angeboten richten wir uns an alle Menschen, die an Deutschland, der deutschen Sprache und Kultur interessiert sind. Natürlich auch an die 15,4 Millionen Deutschlerner, die es weltweit gibt und die rund eine Million Menschen, die neu in Deutschland sind und Deutsch lernen wollen. Nicht zu vergessen die Deutschlehrer, die weltweit unser Angebot im Unterricht einsetzen und weiterempfehlen.

Welche Lernangebote bieten Sie an und welche werden am besten angenommen?
André Moeller: Das Deutschkurs-Angebot umfasst aktuell zwanzig Formate, die sich hinsichtlich Sprachniveau, Themen und verwendeter Medien unterscheiden. Die Lernangebote sind in allen Sprachen und an jeder Stelle des Portals dw.com über die zentrale Navigation auffindbar und können kostenlos genutzt werden. Das Online-Angebot besteht aus vier Säulen: Deutschkurse, Deutsch XXL, Community und Deutsch unterrichten. Die Kursangebote der Säule „Deutschkurse“ sind curricular und ermöglichen ein schrittweises Erlernen der deutschen Sprache. Die beliebtesten Angebote hier sind der Vokabel-Podcast Audiotrainer und unser interaktiver Online-Sprachkurs. Bei Deutsch XXL – das heißt so viel wie „noch mehr Deutsch“ vertiefen fortgeschrittene Deutschlerner ihre Kenntnisse. Etwa mit didaktisierten Informationsangeboten. Oder mit Unterhaltungsformaten wie einer Telenovela, mit HipHop-Musik oder der Reality-Spielshow „Ticket nach Berlin“. Die stärkste Reichweite erzielen wir in diesem Bereich mit unseren didaktisierten Nachrichten – sicher, weil es die in dieser Form nur bei uns gibt. Absoluter Publikumsliebling ist aber auch „Jojo sucht das Glück“, unsere Telenovela für Deutschlerner. Dazu gibt es noch die Community und spezielle Angebote für Lehrer.

Von welcher Grundsprache ausgehend wird das Lernangebot am meisten genutzt?
André Moeller: Wir holen die Lerner mit bilingualen Einsteigerkursen in ihrer Sprache ab – und das in 29 Sprachen! Wer schon Fortschritte gemacht hat, lernt dann mit rein deutschsprachigen Materialien weiter. Interessant dabei ist, dass die bilingualen Einsteigerkurse aller Sprachen zusammen ungefähr die gleiche Reichweite erzielen, wie die Lernangebote, die wir in deutscher Sprache bereit halten. Insofern erhalten wir über das deutschsprachige Sprachkursportal die meisten Zugriffe. Bei den bilingualen Portalen wird das in englischer Sprache am meisten genutzt, gefolgt von Spanisch, Brasilianisch und Russisch.

Wie hoch sind die Investitionen für die Deutschkursangebote der Deutschen Welle pro Jahr geplant und aus welchen Mitteln werden diese finanziert?
André Moeller: Die Deutsche Welle wird aus Zuweisungen des Bundes – also aus Steuermitteln – finanziert. Im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Inlandssendern, die zu ihrer Finanzierung Rundfunkgebühren erhalten. Der jährliche Etat beträgt rund 270 Millionen Euro, davon fließen rund 1,5 Millionen in die Erstellung der Programmangebote zum Deutsch lernen.

Muss das geplante Budget angepasst werden – angesichts der zahlreichen Menschen, die in Deutschland eine neue Heimat suchen und Deutsch lernen wollen?
André Moeller: Die Ausrichtung unserer Kursangebote auf die Bedürfnisse von Flüchtlingen ist uns ein Anliegen. Wir sind dazu im Dialog mit unseren Mittelgebern und versuchen schon seit einiger Zeit, hier Verbesserungen zu erreichen. Trotz des beeindruckenden Engagements ehrenamtlicher Helfer stellen wir fest: es gibt nach wie vor zu wenig Sprachkurse und es ist eine Frage des Glücks, ob ein Flüchtling in den Genuss eines solchen Kursangebots kommt. Mit onlinebasierten oder mobilen Sprachkursangeboten, unterstützt durch die ehrenamtlichen Helfer vor Ort, könnten die Flüchtlinge ihre Wartezeit aktiv nutzen und sich selbstständig weiterbilden. Die Schaffung eines qualitativ hochwertigen Basisangebots, das speziell auf den Bedarf von Flüchtlingen zugeschnitten ist, ist ein Desiderat, dessen sich die Politik durch eine entsprechende Förderung annehmen könnte. Die Deutsche Welle verfügt über die Expertise, ein solches Angebot zu entwickeln und zu betreiben.

Über welche Plattformen werden die DW Deutschkurse ausgespielt und wo ist die Nutzung besonders stark (DW-Website, DW-TV-Kanal, Twitter, Facebook & Co.)?
André Moeller: Unsere Website dw.com/deutschlernen hat jeden Monat mehr als 7 Millionen Page Impressions und ist damit unsere erfolgreichste Plattform. Das Angebot wird in 29 Sprachen von überall auf der Welt genutzt. Darüber hinaus erzielen wir monatlich 1,8 Millionen Audio- und 500 Tausend Videoabrufe. Unser Social Media-Auftritt braucht sich aber auch nicht zu verstecken: Unsere Facebook-Seite „DW – Learn German“ darf sich im Moment über 620 Tausend Fans freuen – Tendenz steigend. Die DW Sprachkurse zählen übrigens zu den erfolgreichsten Podcasting-Angeboten der DW. Sprachkurse sind Inhalte, die von den Nutzern „on demand“ besonders gerne unterwegs genutzt werden. Hinzu kommt nach wie vor die Übernahme unserer Audiosprachkurse und einzelner Videoinhalte durch Partnersender.

Über welche Geräte wird das Lernangebot der DW am meisten angewendet (Desktop-PC, Smartphone, Tablet)?
André Moeller: Unsere Website wird am häufigsten über den Desktop-PC angewendet. Wir sind zurzeit dabei, unsere mobile Verfügbarkeit auszubauen.

Die Deutsche Welle ist auch auf Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter vertreten. Was bietet die DW auf den Plattformen und wie stark wird das Angebot frequentiert?
André Moeller: Unter dw.com/communityd kann man mit der Redaktion Sprachkurse sowie anderen Deutschlernern und -lehrern weltweit in Kontakt treten – ganz gleich, ob es um Fragen zu Wortschatz und Grammatik geht oder ob man einfach Erfahrungen austauschen möchte. Auf facebook.com/dw.learngerman lernen inzwischen 620.000 Facebook-Fans und 50.000 Twitter-Follower aus aller Welt unabhängig von ihrem Sprachniveau gemeinsam Deutsch. Hierbei haben sie die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse praktisch anzuwenden. Unsere Community-Aktivitäten verstehen wir komplementär zu den sonstigen Deutschkursen der DW. Der enge Kontakt zu unseren Nutzern ist uns besonders wichtig, so versuchen wir immer den Wünschen der Lerner gerecht zu werden. Wir bieten viele Übungen  – und natürlich auch Korrekturen. Außerdem lieben die Fans exklusive Tipps und Tricks zum Sprachenlernen. Aber selbstverständlich posten wir auch mal lustige Sprüche und Videos, damit das Lernen nicht ganz so schwer fällt. Wir versuchen außerdem immer zur Verfügung zu stehen, wenn die Nutzer Fragen haben. Ich würde sagen, wir bieten ein buntes Programm. Dabei greifen wir auch gerne auf Inhalte zurück, die unsere Nutzer selbst erstellt haben.

Die Facebook-Seite der DW Deutschkurse heißt „DW – Learn German“. Gibt es Pläne, ein solches Angebot auch in anderen Sprachen zu starten?
André Moeller: Unsere Facebook-Seite „DW – Learn German“ hat zwar einen englischen Titel, unsere Verkehrssprache ist jedoch Deutsch. Damit passen wir uns den Nutzungsgewohnheiten unserer User an, die ja auch unsere Website am häufigsten über die Sprache Deutsch besuchen. Wer sich auf Deutsch noch nicht traut, darf auch auf Englisch kommentieren – daher auch der englische Titel der Seite. Pläne, die Seite in anderen Sprachen zu betreiben, haben wir im Moment nicht.

Arbeitet die DW mit Hilfsorganisationen, Initiativen und Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge zusammen? Wie sieht diese Zusammenarbeit aus?
André Moeller: Wir stehen zurzeit mit zahlreichen Initiativen und Verbänden in engem Kontakt und unterstützen diese, wo immer uns das möglich ist. Weniger mit Geld, als mit konkreten Hilfestellungen. Über die neu eingerichtete Portalseite „Deutsch – erste Schritte“ gelangen Sprachanfänger und ehrenamtliche Helfer zielsicher zu einem geeigneten Sprachkursangebot der Deutschen Welle. Die DW hat für die Zielgruppe einen einfachen, illustrierten „Deutschtrainer“ produziert, als Video und Bildergalerie verfügbar. Auf der neuen Portalseite findet man darüber hinaus wertvolle Informationen rund um das Deutschlernen und eine übersichtliche Zusammenstellung der kostenlosen DW-Deutschkurse. Für die ehrenamtliche oder auch professionelle Arbeit mit Flüchtlingen haben wir einen Flyer erstellt, der in zehn Sprachen – darunter arabisch, Paschtu, Dari – angefordert werden kann und über unsere Partner bereits verteilt wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Udo Bley von der Medien-Illustrierten InfoDigital aus dem INFOSAT-Verlag in Daun.

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