EAZ-Interview:Bürgermeisterkandidaten im Gespräch

Gerolstein. Die Einwohner (rund 6.500 Wahlberechtigte) der Stadt Gerolstein und ihren Stadtteilen wählen am … September 2010 ihren neuen Stadtbürgermeister. Zwei Kandidaten haben sich zur Wahl gestellt. Weder die CDU, noch die SPD hat einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Zwei Einzelbewerber stellen sich zur Wahl. Den Wahlkampf wollen die Einzelbewerber Knut Wichmann und  May aus Zeit- und Kostengründen beschränken.  Ihre Chancen, gewählt zu werden, schätzen beide Kandidaten realistisch ein. Schlussendlich sollen das die Wähler entscheiden. Die Eifel-Zeitung spricht im Vorfeld der Wahl mit beiden Kandidaten über deren Perspektiven, falls sie die Wahl gewinnen. Lesen Sie heute, was uns Knut Wichmann noch zu sagen hat:  

EAZ: Wie wollen Sie dem Problem begegnen, dass der VG-BM, der ja auch Verwaltungschef ist, dass Sie als Stadtbgm nur über ihn Zugriff und Einfluss auf die Verwaltungsarbeit nehmen können?
Wichmann: Grundsätzlich sollte man dort keine Probleme schaffen, wo es keine geben darf.
Zu dieser Frage zitiere ich gerne mal die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz :“Die Verbandsgemeindeverwaltung führt die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinden in deren Namen und in deren Auftrag ; sie ist dabei an Beschlüsse der Ortsgemeinderäte und an die Entscheidungen der Ortsbürgermeister gebunden. . . .“ und weiter “Die Verbandsgemeinde und ihre Ortsgemeinden haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unter Beachtung der beiderseitigen Verantwortungsbereiche vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.“ Mag sein, dass die oben zitierte vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht immer reibungslos funktioniert hat, das vermag ich nicht zu beurteilen. Fakt ist aber, dass die Damen und Herren der Verwaltung dienstrechtlich dem VG-Bürgermeister unterstehen, was ihre Aufgabe aber anbelangt, hat die Verwaltung dienstleistende Funktion auch für die Stadt Gerolstein sowie alle Ortsgemeinden der VG Gerolstein. Ich bin da guter Dinge, dass die Damen und Herren der Verwaltung ihrer Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit willig und engagiert nachkommen werden auch ohne dass der Stadtbürgermeister dies erst mit Nachdruck einfordern muß. Im übrigen erwarte ich von VG-Bürgermeister Pauly, dass er im Rahmen seiner Kompetenzen und im Sinne einer zeitgemäßen Menschenführung das seine dazu tut, die ihm unterstellten Beamten und Angestellten zur willigen Aufgabenerfüllung zu motivieren.

EAZ: Wie stehen Sie zu der Nutzung des vor Jahren von der Stadt gekauften Bahngrundstückes Gerolstein-Prüm?
Wichmann: Grundsätzlich habe ich die Entscheidung, die Bahnstrecke Gerolstein-Prüm (anteilig auf Gerolsteiner Gebiet) zu kaufen nicht als gut und zweckmäßig angesehen. Die Diskussion um die Nutzung der Trasse hat mehrere Alternativen hervorgebracht. Allerdings wurde dabei völlig außer Acht gelassen, dass eine alternative Nutzung zwingend einer Entwidmung als Bahnstrecke bedarf. Eine solche war von Anfang an nur dann zu erwarten, wenn sich kein Betreiber/Nutzer finden sollte. Auch ich denke, dass man bestehende Infrastruktur nicht leichtfertig zerschlagen darf. Andererseits wird eine Reaktivierung der Bahnstrecke Gerolstein-Prüm gewaltige Investitionen erfordern, Geld, das weder beim Land, Kreis, bei der Verbandsgemeinde geschweige den bei der Stadt Gerolstein in den Kassen liegt und darauf wartet, “verschleudert“ zu werden.

Ich kann einer Reaktivierung nur unter der Bedingung zustimmen, wenn der künftige Betreiber den Nachweis liefert, dass der Betrieb der Bahnstrecke schwarze Zahlen einfährt, was ich jedoch ganz entschieden bezweifele! Um es ganz klar zu sagen: Ich meine damit den Betrieb der Strecke und nicht Betrieb plus öffentliche Mittel. Außerdem fehlt mir derzeit noch der gemeinschaftliche Ansatz der touristischen Nutzung! Auch hier müssen zuerst die Hausaufgaben gemacht werden und Konzepte erarbeitet werden. Wie soll die Nutzung attraktiv gestaltet werden, wie sieht die Zusammenarbeit und das Miteinander der TW’n Gerolstein und Prüm aus? Sofern das Land die Realisierung des Betriebes als Bahnstrecke fördert, erwarte ich z.B., dass die Landesregierung in ihrer Zuständigkeit in Sachen Kulturhoheit den Schulen des Landes eine Exkursion zur Geschichte der Deutschen Bahn dringend ans Herz legt –in die Lehrpläne aufnimmt– und hierfür eine eindeutige Empfehlung für die reaktivierte Bahnstrecke Gerolstein-Prüm mit dem historischen Schienenbus VT 98 und Dampflokomotiven sowie der wohl einzig noch funktionierenden Drehscheibe ausspricht. Sie sehen, für mich ist nicht nur der Kauf der Bahntrasse Thema, sondern ich erwarte einen ganzheitlichen Ansatz, der jeden öffentlichen Geldgeber auch in die Verantwortung stellt, nicht nur Geld zu geben, sondern die Verwendung der Mittel an konkrete Bedingungen zu knüpfen und über die Umsetzung konsequent zu wachen.

Die Stadt Gerolstein jedenfalls hat wichtigere Aufgaben zu erfüllen, als ihren Haushalt mit Wolkenkukuksheimen zu belasten! Und da denke ich unter anderem an den Gerolsteiner Bahnhof, der als Visitenkarte Gerolsteins mehr als nur erbärmlich aussieht!

EAZ:    Wie haben Sie die bisherige Planung der neuen KiTa erlebt?
Wichmann: 
Ganz offensichtlich wurden bei der Planung die statistischen Zahlen zur Kinderentwicklung im Gerolsteiner Land nicht korrekt ermittelt oder fehlerhaft angewendet. Des Weiteren wurden Wunschvorstellungen in die Planung eingebracht, die sich – siehe Ergebnis der Prüfung durch den Landesrechnungshof – jenseits des tatsächlich Zugestandenen bewegen.     Es mag ja wünschenswert sein, unseren Jüngsten ein “Luxus-Schlösschen“ hinzustellen. Aber es muss auch bezahlbar sein. Was mir zu allererst gegen den Strich geht, ist nicht die Tatsache, dass für die angedachten 100 Kinder mit einem Raumbedarf von 8600 m³ –  l t. Landesrechnungshof stünden 6000 m³ zu – geplant wurde, sondern dass genau diese politische Entscheidung, den Luxus haben zu wollen, nicht im Stadtrat bzw. dem Bau-, Jugend/Sport/Kultur- oder Haupt-/Finanzausschuss beschlossen wurden, sondern offenbar in der Verwaltung.     Ums ganz klar zu sagen: Für politische Entscheidungen ist der Stadtrat und seine Ausschüsse zuständig, Aufgabe der Verwaltung ist die Umsetzung der politischen Beschlüsse! Die jetzt eingerichtete Arbeitsgruppe muss hier noch mal ganz von vorne anfangen, die Grundlagen (für wie viele Kinder muss die Stadt Gerolstein KiTa-Plätze einrichten) erarbeiten, den Bedarf festlegen – Pflichtumfang und ggf. wünschenswertes – und damit eine solide Ausgangsbasis schaffen, um die politische Entscheidung zu treffen, ob ein Neubau überhaupt erforderlich ist oder die Erweiterung der bestehenden KiTa’s ausreicht.     Sie dürfen davon ausgehen, dass ich – sollte ich Amtsnachfolger von Karl-Heinz Schwartz werden – diese Grundlagen genauestens nachvollziehen und prüfen werde, bevor dem Stadtrat bzw. den zuständigen Ausschüssen eine Empfehlung vorgelegt wird!

EAZ: Wie sehen Sie den Erwerb eines Bahngrundstückes durch die Stadt, um es kostenlos einem privaten Bahnunternehmer zur Verfügung zu stellen?
Wichmann: So weit ich weiß, wurde bereits 2003 vom Stadtrat beschlossen, das von Ihnen angesprochene Grundstück zu veräußern. Warum dieser Beschluss nicht umgesetzt wird, kann ich nicht nachvollziehen! Immerhin hätte der Verkauf des Grundstückes, das ja ganz offenkundig nicht ohne Nutzwert ist, der Stadtkasse auch Geld eingetragen.  Eine unentgeltliche Nutzung durch Dritte ist aus meiner Sicht ein absolutes No Go! Wie kann so etwas sein? Diese Frage kann derzeit keiner der Zuständigen beantworten!     Eines darf ich Ihnen versichern: Ein derartigen Lapsus darf einfach nicht passieren. In meinen bisherigen Verwendungen bei der Bundeswehr habe ich mir angewöhnt, Ereignisüberwachungslisten zu erstellen, die – im Zeitzalter von IT selbstständig – nach voreingestellter Zeit mich sowie auch die für die Bearbeitung verantwortlichen an ihre Untätigkeit erinnern. Auch als Stadtbürgermeister werde ich mit derartigen Org-Mitteln arbeiten und Unerledigtes beim zuständigen Mitarbeiter anmahnen, notfalls den dienstvorgesetzten VG-Bürgermeister auffordern müssen, für eine angemessene Arbeits- bzw. Dienstleistung der Mitarbeiter Sorge zu tragen. Sie dürfen schon sicher sein, dass ich nicht zum Füße wärmen das Rathaus aufsuchen werde, sondern zur Erfüllung meiner Aufgaben, genau so wie die Wählerinnen und Wähler das von ihrem Stadtbürgermeister erwarten dürfen!

EAZ: Wie empfinden Sie die derzeitige Lösung im Bereich der Hauptstraße, ehemalige Fußgängerzone?
Wichmann:  Für mich ist wenig befriedigend, dass die Fußgängerzone wieder für den Fahrzeugverkehr freigegeben worden ist. Ende der 80er Jahre war “Fußgängerzone Gerolstein“ das Thema! Mich beunruhigt, dass so viele Bürgerinnen und Bürger, besonders unsere älteren Mitbürger, sich nicht trauen, zu Fuß durch den Flecken zu gehen.     Zunächst jedoch muss ich die Politische Entscheidung respektieren. Ob alle Gremien und Ratsmitglieder sich darüber im Klaren waren, dass damit auch eine Sanierung des (auch fußgängeruntauglichen) Pflasters notwendig wird, muss ich mittlerweile bezweifeln. Die Halbherzigkeit bei Planung und Umsetzung sprechen da eine eigenen Sprache: Jeder wollte es und keiner will es ! Vielleicht ein typisch Gerolsteiner Phänomen?     Hier gilt: Beschlossen ist beschlossen. Also ist auch zeitnah zu handeln. Jedwede Verzögerung darf nicht hingenommen werden. Und: Die Fußgängerzone muss attraktiv gestaltet werden. Pflaster alleine reicht da bei weitem nicht aus. Auch hier fehlen ganz einfach die Konzepte. Konzepte, die von Politik und Gewerbe gemeinsam entwickelt und getragen werden müssen. Ich denke da z.B. an den Weihnachtsmarkt. Die Gerolsteiner Reservisten stellen jedes Jahr mit erheblichem Aufwand die “Weihnachtsbuden“ auf – für ein einziges Wochenende! Was für ein Irrsinn ! Warum – und ich habe das mehrfach vorgeschlagen – werden diese nicht für den ersten Advent aufgebaut – auf den ausgewiesenen Flächen, die im Sommer der Gastronomie zur Verfügung stehen – und bleiben bis Weihnachten dort stehen. Auf diese Art könnten die Weihnachtshäuschen von Interessenten jeden Tag genutzt werden, Weihnachtsmarkt könnte wie vor Jahren an mehreren Adventswochenenden organisiert werden und das Argument “Durchfahrt für (Rettungs-)Fahrzeuge wäre durch die Platzwahl ebenfalls hinfällig. Vielleicht machte das Gerolstein zu attraktiv!?! Aber, wen sollte das stören? Ich kann nur sagen, ohne Aktion keine Reaktion: Gerolsteiner und Touristen/Nichtgerolsteiner können nur nutzen, was auch angeboten wird!.

EAZ: Die Stadt ist bis über beide Ohren verschuldet, so dass kaum Gestaltungsspielraum besteht. Wie wollen Sie die Stadt voranbringen und das Geld hernehmen für notwendige Projekte?
Wichmann: Sie werden mir nachsehen, dass ich den Haushalt der Stadt Gerolstein nicht im Detail kenne. Und in Allgemeinfloskeln will ich nicht flüchten. Sicher bin ich mir, dass einerseits eine Großzügigkeit – siehe KiTa, Leichenhalle, Bahngrundstück, Brotecken u.v.a. – einfach nicht der richtige Weg sein kann. Hier ergibt sich allerdings wenig “Luft“, es trägt aber dazu bei, die Schulden der Stadt herunter zu fahren, um mittelfristig wieder handlungsfähig zu werden. Und, am Beispiel Weihnachtsmärkte habe ich das erläutert, Kreativität und Ideen kosten nicht immer viel Geld, bringen aber zusätzliche Kaufkraft in die Stadt. Der Stadtbürgermeister kann und muss hier Motor sein, wenn es darum geht, ein Leitbild zu entwickeln und umzusetzen, dass in etwa lauten könnte “Gerolstein, eine attraktive, lebens- und liebenswerte, gastfreundliche und bürgernahe moderne Stadt“. Während meiner Dienstzeit durfte ich wesentlich an der Erarbeitung, Einführung und Umsetzung des Leitbildes der Streitkräftebasis (70.000 Soldaten, zweitgrößter OrgBereich der Bundeswehr) mitarbeiten – eine wertvolle Erfahrung, die ich für den Bereich der Stadt Gerolstein gerne einbringen will.

EAZ:  Wie wollen Sie im Stadtrat als SPD-Mitglied aber als freier Bewerber angetretener Bürgermeister Mehrheiten für Sachfragen finden?
Wichmann:  Zunächst eines: Die kommunalpolitische Arbeit muss frei bleiben von persönlichen Anfeindungen! Die Sache muss im Vordergrund stehen. Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung, muss ernst genommen werden, seine Argumente sind zu berücksichtigen. So kennen mich die Gerolsteiner, die Verwaltungsleute und die politisch aktiven in Stadt und Verbandsgemeinde. Fünf Jahre war ich Mitglied im Verbandgemeinderat und habe dort unabhängig von Parteigrenzen mit allen konstruktiv zusammengearbeitet. Daran werde ich nichts ändern. Gerade deswegen, weil ich nicht mit und/oder über eine Partei in das Amt gewählt werde, gehe ich davon aus, dass die Stadtrats- und Ausschussmitglieder mir vertrauen, dass es mir um die Sache geht, darum, Gerolstein zukunftsorientiert voranzubringen. Wer könnte sich da verweigern? Ich bin überzeugt, dass es für die vertrauensvolle und fruchtbare Zusammenarbeit überaus förderlich sein wird, wenn der Rat feststellt, dass der Bürgermeister die Ärmel hochkrempelt und vorne weg Hand anlegt, Sorge dafür trägt, dass sorgfältig erarbeitete Vorlagen so rechtzeitig verfügbar sind, dass eine Vorbereitung und Meinungsbildung möglich ist.

Und die Überwachung – ich erinnere an die Ereignisüberwachungslisten – der Umsetzung des politisch beschlossenen wird ein Übriges dazu tun, das positive Miteinander zu fördern. Sie wissen ja, dass ich als militärischer Vorgesetzter immer wieder die Unterstellten motivieren musste. Dabei waren auch stets “Unwillige“ oder “Gleichgültige“. Meine Bilanz nach 33 Jahren: Menschenführung funktioniert auch ohne den ständigen Griff nach der Wehrdisziplinarordnung! Führen, Erziehen und Ausbilden war mein tägliches Handwerk – und gestatten Sie mir, dass ich mich hier selbst lobe – ich verstehe etwas davon. Sollten Sie Zweifel haben, oder die Gerolsteiner Wählerinnen und Wähler – fragen Sie doch einfach die uniformierten Kameraden, die bei mir gedient haben. Das wird auch Sie überzeugen!

EAZ: Sie waren Soldat im Rang eines Oberstleutnant mit erheblicher Befehlsgewalt ausgestattet. Wollen Sie den Stadtrat so führen wie eine Bundeswehreinheit, Befehl und Gehorsam?
Wichmann: Nein, das ist eine völlig falsche Vorstellung. Armee funktioniert zwar grundsätzlich mit Befehl und Gehorsam. Moderne Menschenführung – bei Der Bundeswehr die “Innere Führung“ – setzt auf den willigen, einsichtigen, eigenverantwortlichen und engagierten Soldaten. Natürlich hat der militärische Vorgesetzte den “Erlass Erzieherische Maßnahmen“ zur Verfügung, der ihm aufzeigt, wie man Gleichgültige motiviert und Unwillige auf den rechten Weg führt, Gutwillige bestätigt und fördert. Greifen Maßnahmen aus diesem Katalog nicht, dann greift die Wehrdisziplinarordnung. Während meiner gesamten Dienstzeit war es nur im absoluten Ausnahmefall notwendig, disziplinar tätig zu werden. Mit dem notwendigen Verständnis für den Betroffenen, Geduld und Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen und Überzeugungsfähigkeit habe ich so gut wie jeden ohne “Befehl und Gehorsam“ zur willigen und motivierten Mitarbeit gebracht. Sie sehen, dieses, mir von Amts wegen zugestandener Mittel der Durchsetzung meiner Wünsche und Befehle, habe ich nur in ganz seltenen Fällen als solches anwenden müssen. Ich gedenke absolut nicht, den Stadtrat militärisch zu führen. Vieles jedoch, das im militärischen Bereich mit Erfolg angewendet wird – Information, Informationsmanagement,  Lagefeststellung, Planung, Vorbereitung von Entscheidungen, Unsetzung, Nachsteuerung und Überwachung/Kontrolle (militärischer Sprachgebrauch : Führungsvorgang) oder auch Führungsorganisation, Stabsarbeit (vergleichbar Verwaltungstätigkeiten), Menschenführung, Ausbildung, Organisation, Logistik u.v.m. – lässt sich genauso in der zivilen Verwaltung anwenden. Für die Aufgaben des Teamleiters Stadtbürgermeister, denke ich, bin ich bestens vorbereitet und erfahren. Der Erfolg wird mir Recht geben: Erfolgreich führen ist keineswegs nur mit Befehl und Gehorsam möglich !

EAZ: Warum haben sie sich als SPD-Mitglied und nach Ihren eigenen Aussagen tief verwurzelt in der Sozialdemokratie nicht von der SPD aufstellen lassen bzw. warum hat die SPD Sie nicht nominiert?
Wichmann:  Zunächst muß ich hier einmal anmerken, dass die Darstellungen der Gerolsteiner Parteien und deren Funktionäre/Mandatsträger, man habe nach geeigneten Kandidaten gesucht, dann doch ein wenig in die Irre führt. Wie sucht eine Partei einen Kandidaten? Die Satzungen/Statuten schreiben dazu vor, dass der Vorsitzende eine Mitgliederversammlung einberufen muß und dass die Nominierung eines Kandidaten auf der Tagesordnung stehen muß. Diese Einladungen müssen i.d.R. den Mitgliedern eine Woche vor der Versammlung vorliegen. Was Ihre Frage betrifft, kann man sich bei einer solchen Mitgliederversammlung dann “aufstellen lassen“. Wenn Parteivorsitzende oder -vorstände, Mandatsträger oder Mitglieder sich überlegen, wer denn geeignet sein könnte, dann sind das private Überlegungen – es sei denn, sie führen genau dazu, dass der Parteivorstand den eingeladenen Mitgliedern einen Vorschlag für die Nominierung machen kann. Sie sehen, die in der Presse dargestellten Kandidatensuchen haben so wie das vorgesehen ist überhaupt nicht stattgefunden, die Parteivorstände haben Ihre Kapazitäten nicht genutzt – oder nicht gewollt. Erst dann, wenn eine Mitgliederversammlung den Beschluss fasst, keinen Kandidaten zu nominieren, erst dann hat eine Partei keinen geeigneten Kandidaten gefunden.     Ohne Kandidat in die Stadtbürgermeisterwahl zu gehen war also keine Partei-Entscheidung, sondern die der sie tragenden Persönlichkeiten. Darin liegt wahrscheinlich auch der Grund, warum in öffentlicher Diskussion spekuliert wird, bestimmte Personen seien nicht gewollt gewesen und man habe auf eine interne Wahl im Stadtrat hingearbeitet.

Ein weiteres möchte ich anmerken: ’Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit’, so will es unser Grundgesetz (Art. 21) – näher erläutert in § 1 PartG.  Zugleich ist dies die Grundlage für die staatliche Parteienfinanzierung, die sich aus den Listenstimmen aus Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen berechnet. Eine finanzielle Vergütung für kommunale Wahlen ist hier nicht vorgesehen. Dies begründet aber nicht nur den Anspruch, politisch Einfluss zu nehmen, u.a. auch den Auftrag, Bewerber für Wahlen aufzustellen, es ist auch die Verpflichtung zur politisch aktiven Teilnahme am Willensbildungsprozess. Was die Wahl zum Stadtbürgermeister Gerolstein anbelangt, haben die beiden großen Parteien ihren Auftrag (Mitgliederversammlung zum Thema Kandidat) eindeutig nicht erfüllt. Die lokalen Medien fragen mich nun: “warum nicht mit der SPD?“. Nun, die Situation im Gerolsteiner Stadtrat ist doch folgende: Es gibt keine Mehrheitspartei. Vor den letzten Kommunalwahlen war das Ziel, eine absolute Mehrheit der CDU zu verhindern. Das hat ja auch geklappt. Enttäuschend für die Wähler war dann allerdings, dass bei der konstituierenden Stadtrats-Sitzung die beiden großen Parteien zusammen die Beigeordneten gewählt haben – so, als ob genau diese absolute Mehrheit noch immer bestehen würde. Nach meiner Bewertung hat dies die konstruktive Zusammenarbeit im Stadtrat sowie in den Ausschüssen erheblich belastet, unnötig Spannungen aufgebaut bis hin zu Ordnungsgeldandrohungen und Bürgermeisterrücktritt.

Ich glaube nicht, dass ein Parteibürgermeister der richtige Weg gewesen wäre, die Zusammenarbeit im Rat wieder auf einen kooperativen Weg zu führen, das Miteinander positiv zu gestalten. Meine Lebens- und Berufserfahrung sagt mir, dass die Chancen für einen ungebundenen Teamführer wesentlich besser sind, als für den, der gewissermaßen in den “Fesseln“ (s)einer Organisation steckt. Meine Erfahrung aus fünfjähriger Zugehörigkeit zum VG-Rat geben mir die Überzeugung, dass ich als Person gesehen und angenommen werde, die Ratsmitglieder nach wie vor Gespräch und Meinungsaustausch mit mir suchen werden und das alles in einem fairen, offenen und erfolgsorientierten Rahmen. Darin sehe ich meine Chance, die mittlerweile doch schon verhärteten Fronten einander näherzubringen und zur sachorientierten Arbeit motivieren zu können. Meine Zugehörigkeit zur SPD wird dabei nicht hinderlich sein : auf kommunaler Ebene – so meine Erfahrung – steht dem Grunde nach bei allen Gruppierungen die lokale Sache vor der bundesparteilichen Ideologie.

 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen