Die Geschichte des Bankhauses Metzler: Am Anfang stand der Tuchhandel

Friedrich von Metzler
Friedrich von Metzler

Das Bankhaus Metzler geht zurück auf eine im Jahre 1674 gegründete Tuchhandlung. Sie wurde gegründet vom Pfarrerssohn Benjamin Metzler aus dem sächsischen Vogtland. 1663 ging Benjamin Metzler im Alter von nur 13 Jahren nach Nürnberg, wo er eine Ausbildung in einem Handelshaus absolvierte. Im Jahre 1671 siedelte er nach Frankfurt/Main um und arbeitete dort zunächst drei Jahre als Buchhalter in der Tuchhandlung von Sebastian Schweitzer. Aus dem Leistungsverbund von Speditions- und Kommissionswarenverkehr sowie kurzfristigem Kreditgeschäft sind damals zahlreiche Frankfurter Privatbankiers hervorgegangen. Diesen Weg nahm auch das Unternehmen der Metzlers. Erste Geld- und Wechselgeschäfte sind seit 1728 nachweisbar. Das Bankhaus Metzler ist die zweitälteste Bank Deutschlands und seit seiner Gründung im Jahre 1674 durchgehend und ausschließlich im Besitz der Gründerfamilie. Seit 1971 führt Friedrich von Metzler als persönlich haftender Gesellschafter das Bankhaus in der elften Generation. Metzler konzentriert sich heutzutage auf Kapitalmarktdienstleistungen für Institutionen und Privatkunden in den Kerngeschäftsfeldern Asset Management, Capital Markets, Corporate Finance und Private Banking. Das Bankhaus Metzler in Frankfurt unterhält mit seinen etwa 760 Mitarbeitern Filialen bzw. Tochtergesellschaften in München, Stuttgart, Bedburg bei Köln, Hamburg, Los Angeles, Seattle, Atlanta, Tokyo, Peking und Dublin. Die Eifel-Zeitung hat mit Friedrich von Metzler gesprochen.

EAZ: Neun Jahre nach der Finanzkrise beherrschen Niedrigzinsen bzw. Nullzinsen die Finanzwelt. Herr Metzler, Sie sind ein erfahrener Vermögensverwalter. Steigt mit dem vielen billigen Notenbank-Geld auch die Gefahr von Blasen am Kapitalmarkt?

von Metzler: Das ist nicht auszuschließen. Gerade am europäischen Rentenmarkt sind die Bewertungen vieler Staatsanleihen sehr hoch. Oftmals werden hier die Risiken nicht mehr adäquat bezahlt. Manche Anleger weichen daher in andere Länder aus. Hohe Renditen bieten nach wie vor griechische Anleihen oder Anleihen aus Venezuela. Dort drohen aber Bonitätsrisiken.

EAZ: Staatsanleihen bringen wohl nichts mehr. Die Anleihen von mittelständischen Firmen sind meist hochgradig riskant. Welche Anlageformen gibt es denn noch für vermögende Kunden?

von Metzler: Das ist leider so – mit Staatsanleihen lässt sich derzeit wenig Staat machen. Und dennoch gehören sie in ein gut diversifiziertes Portfolio, weil man nicht wissen kann, was morgen geschieht. Anleihen bieten als Nominalwerte einen Schutz vor Deflation. Allerdings sollte man über ihre Gewichtung nachdenken. Aktien sind ohne Frage interessanter und gehören grundsätzlich in jedes Portfolio. Sie bieten nicht nur eine langfristig gute Rendite, sondern als Sachwerte auch einen gewissen Schutz bei einer Inflation.

EAZ: Viele Deutsche mögen keine Aktien, obwohl dies doch eigentlich im Prinzip noch die beste Anlageform ist. Was raten Sie Ihren Kunden?

von Metzler: Die Aktie zählt zu den attraktivsten Anlagemöglichkeiten, vor allem wenn der Anleger eine langfristige Perspektive mitbringt. Wie hoch der Aktienanteil sein sollte, hängt von vielen Faktoren ab. Wie sieht die Vermögensstruktur insgesamt aus? Welches Anlageziel verfolgt der Investor? Welches Risiko kann und will er tragen? Ein Aktienkurs kann schon mal eine Berg- und Talfahrt mitmachen.

Daher sind Anleger gut beraten, wenn sie einen langen Atem mitbringen und stärkere Schwankungen aushalten können, und wenn sie – das ist ein Mantra in der Finanzbranche schlechthin – nicht alle Eier in einen Korb legen. Ein Aktiendepot sollte immer ausreichend gestreut sein.

EAZ: Sie sind schon seit langem sehr optimistisch für Aktien. Können Sie uns einige Gründe dafür nennen?

von Metzler: Mein Vater hat schon regelmäßig in Aktien angelegt – damit ist er gut gefahren. Eine wichtige Basis für den Wiederaufbau des Bankhauses nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Aktienpaket. Aber auch im Hier und Jetzt spricht vieles für Aktien: Das deutsche Aktieninstitut beispielsweise hat 2015 die Entwicklung eines breit gestreuten Aktienportfolios von 1965 bis 2015 unter die Lupe genommen. Das ist ein repräsentativer Zeitraum, in dem auch mehrere Krisen die Nerven der Anleger strapaziert haben. Legt man aber alle 10-Jahres-Zeiträume in diesen 50 Jahren zugrunde, gab es nur zweimal Verluste. Die durchschnittliche jährliche Rendite aller 10-Jahres-Zeiträume lag bei 8,1 Prozent.

EAZ: Die meisten Deutschen mögen Sachwerte, zumeist in Form von Immobilien. Was halten Sie davon?

von Metzler: Grundsätzlich sind Immobilien ein geeignetes Instrument zur Diversifikation eines Portfolios. Leider wird jedoch oft falsch dabei gerechnet, und die Kosten für Instandhaltung und Reparaturen werden ausgeblendet. Immobilien verursachen viel Arbeit. Bei Aktien arbeiten andere Leute für Sie.

EAZ: Die Staatsschulden in fast allen Industrieländern sind sehr hoch. Glauben Sie, dass deshalb von den Zentralbanken die Null- oder Niedrigzinspolitik gefahren wird? Glauben Sie, dass die Zentralbanken die Null- oder Fast-Null-Zinspolitik auch deshalb fahren, um die jeweiligen Staatshaushalte zu entlasten? Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble kann ja praktisch Kredite in jeder Höhe aufnehmen, ohne dafür Zinsen bezahlen zu müssen. Kann das langfristig gutgehen?

von Metzler: Die Europäische Zentralbank hat während der Finanzkrise viele richtige Entscheidungen getroffen. Sie hat die Banken ausreichend mit Liquidität versorgt und so Schlimmeres verhindert. Allerdings darf die nun schon lange anhaltende expansive Geldpolitik nicht dazu führen, dass Reformen immer weiter nach hinten geschoben werden. Langfristig führt kein Weg daran vorbei, dass wirklich alle Mitgliedsländer der Europäischen Union ihre Hausaufgaben machen und längst überfällige Reformen umsetzen.

EAZ: Ist die Weltkonjunktur noch intakt? Macht Ihnen die chinesische Konjunktur Sorgen, weil die jährlichen Zuwachsraten nicht mehr so hoch sind wie noch vor einigen Jahren? Oder sehen sie dies als eine normale Situation an? Offensichtlich will China nicht mehr nur der weltweite Billig-Lieferant sein sondern geht verstärkt in Hightech-Produkte. Glauben Sie, dass dieser Weg richtig ist?

von Metzler: Die Wirtschaft in China wächst und bleibt somit ein Motor für die Weltkonjunktur. Dass die Wachstumsraten über die Zeit sinken, ist völlig normal. China ist auf dem Weg zu einer entwickelten Volkswirtschaft – damit wird das Land mehr und mehr ein Hightech-Produzent, und auch der Dienstleistungssektor wird sich zusehends etablieren. Für Deutschland wird China ein interessanter Handelspartner bleiben.

EAZ: Die Aktienmärkte sind gerade in letzter Zeit sehr volatil. Trotzdem die Frage an Sie: Was erwarten Sie bis Ende des Jahres 2016 von den DAX-, MDAX-, SDAX und TecDAX-Werten und den Werten anderer Indizes?

von Metzler: Unser Bankhaus ist auch in diesem Jahr grundsätzlich optimistisch für deutsche Aktien gestimmt, obgleich die Kurse sicherlich volatil bleiben werden. Das zeigte schon der recht turbulente Jahresauftakt. Die Gewinnbewertung des Deutschen Aktienindex hat sich in dieser Zeit reduziert, während die Dividendenrendite gleichzeitig auf etwa 3,5 Prozent gestiegen ist. Wer auf Ausschüttungen angewiesen ist und Kursschwankungen hinnehmen kann, kommt an Aktien kaum vorbei.

EAZ: Sie und Ihr Bankhaus haben große Erfahrung in der Beratung von vermögenden Kunden. Was machen viele Aktienanleger häufig falsch? Was sind die größten Fehler für den Vermögenszuwachs bzw. den Bestand?

von Metzler: Bei einer Aktienanlage ist der Faktor Zeit wichtig. Sicher ist es manchmal notwendig, zu verkaufen, etwa wenn die Geschäftsstrategie eines Unternehmens nicht mehr stimmt. Man sollte Aktien aber nicht nur aufgrund der oftmals pessimistischen Nachrichtenlage verkaufen. Angst ist immer ein sehr schlechter Ratgeber – sie führt oft zu schlechten Anlageentscheidungen. Wer sein Portfolio ausreichend diversifiziert, die Bilanzqualität der Unternehmen beobachtet und kurzfristig nicht auf Liquidität angewiesen ist, der sollte Aktien nicht verkaufen, nur weil sie billiger geworden sind.

EAZ: Häufig spielt beim Thema Aktienkurse auch der Staat eine große Rolle. Dies konnte man insbesondere bei den Energieversorgern in den letzten Jahren sehen, also unter anderem bei RWE, E.ON, EnBW etc. Lassen sich solche Risiken im Aktienmarkt generell ausschließen? Wahrscheinlich nicht. Wie ist Ihre Meinung dazu?

von Metzler: Die geänderte Energiepolitik ist ein Beispiel dafür, wie politische Entscheidungen Aktienkurse beeinflussen können. Die Beispiele lassen sich ausweiten: Politische Entscheidungen können Industriestandorte begünstigen oder benachteiligen, sie können neue Technologien fördern oder ignorieren – dann suchen sich neue Industrien eben bessere Standorte. Da hilft nur eine gute Diversifikation der Vermögensanlage, auch regional.

EAZ: Sie als Privatbanker und Ihre Bank haben seit eh und je gezeigt, dass man Risiken weitgehend vermeiden kann. Bei anderen Privatbanken war das nicht immer so. Sie haben offensichtlich eine ganz spezielle Politik. Können Sie uns die einmal erläutern?

von Metzler: Bei Metzler geht es um den langfristigen Vermögenserhalt, das heißt um die Steuerung von Risiken, die den Vermögenserhalt bedrohen können. Das sind nicht nur schwache Konjunktur- oder Börsenphasen, sondern auch Krisen existenzieller Natur. Dabei muss man wissen: Es gibt keine Wirtschaftsentwicklung ohne Übertreibungen.

Wir setzen auf nachhaltigen Anlageerfolg. Das bedeutet, aus einer Übertreibung resultierende Risiken zu vermeiden – schließt aber gleichzeitig ein, manchmal auch bewusst auf Rendite zu verzichten. Aus unserer über 340-jährigen Geschichte haben wir gelernt: Nur wer den Vermögenserhalt über kurzfristiges Renditedenken stellt, wird sein Vermögen an kommende Generationen weitergeben können.

EAZ: Vielen Dank für das Gespräch! 

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen