Erzbistum München und Freising will sich Prozess stellen

Von Britta Schultejans, dpa

München/Traunstein/Garching (dpa) – Die katholische Kirche vor Gericht: Tragen hochrangige Kirchenmänner eine Mitschuld an einem Missbrauchsfall? Steht einem Betroffenen Schmerzensgeld zu? Und Schadenersatz? Diese Fragen wird für das Erzbistum München und Freising nun kein Kirchengericht entscheiden, sondern ein weltliches. Die Diözese selbst hat den Weg dazu nun endgültig frei gemacht.

Denn nach der Klage eines Missbrauchsbetroffenen vor dem Landgericht Traunstein will sich das Bistum nicht auf Verjährung berufen. Die Erzdiözese «erhebt die Einrede der Verjährung nicht», teilt das Bistum am Mittwoch mit. Sie stelle sich dem Verfahren.

«Die Erzdiözese ist bereit, zur Anerkennung des Leids des Klägers ein angemessenes Schmerzensgeld zu leisten und für darüber hinausgehende Schadensersatzbegehren eine angemessene Lösung zu finden», heißt es in der Mitteilung weiter. «Die Erzdiözese bedauert das dem Kläger und anderen Missbrauchsbetroffenen widerfahrene Leid zutiefst.»

Kritiker, die eine rechtliche Aufarbeitung von Missbrauchsfällen innerhalb der Kirche vor der Justiz fordern, hatten befürchtet, das Bistum könnte sich auf Verjährung berufen und sich einem Verfahren vor dem Landgericht Traunstein so entziehen.

Klägeranwalt wertet Klageerwiderung als Erfolg

Dass es dazu nun nicht kommt, macht Richard Kick, den Vorsitzenden des Betroffenenbeirats im Erzbistum, «glücklich», wie er der Deutschen Presse-Agentur sagt. Er spricht von einem großen, wichtigen Signal: «Das ist ein klares Statement.» Vor allem, dass die Kirche inzwischen Begriffe nutzt, die sie vorher mied wie der Teufel das Weihwasser, stimmt ihn positiv. «Schmerzensgeld und Schadenersatz, diesen Terminus hat man ja bislang nie benutzt», sagt Kick. Zwar hat die katholische Kirche auch bislang schon Geld für Opfer sexueller Gewalt gezahlt, dabei den Begriff Schmerzensgeld aber betont vermieden und von freiwilligen Anerkennungsleistungen gesprochen.

Klägeranwalt Andreas Schulz wertet die Klageerwiderung des Erzbistums als Erfolg: «Die Strategie des Klägers über die Feststellungsklage vor einem weltlichen Gericht war erfolgreich», sagt er der dpa. Aus seiner Sicht bedeutet eine «angemessene Entschädigung» mehr als das, was die Kirche bislang im Rahmen der kircheninternen Anerkennungsverfahren zahlt. Dabei liegt der Höchstbetrag in der Regel bei 50 000 Euro.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Mann, der angibt, von dem verurteilten Wiederholungstäter Priester H. in Garching an der Alz missbraucht worden zu sein. Seine Zivilklage, eine sogenannte Feststellungsklage, richtet sich gegen vier Beschuldigte: den mutmaßlichen Täter, das Erzbistum und die früheren Erzbischöfe Kardinal Joseph Ratzinger und Kardinal Friedrich Wetter.

Versetzt trotz Missbrauchsvorwürfen

Der Geistliche war in den 1980er Jahren aus Nordrhein-Westfalen nach Bayern versetzt worden, obwohl es zuvor Missbrauchsvorwürfe gegeben hatte. Selbst als der Mann nach weiteren Taten in Grafing bei München rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde, wurde er ein weiteres Mal versetzt: nach Garching an der Alz, wo niemand von seinen Taten wusste – und der Pfarrer erneut Kinder missbrauchte.

Nach dem Tod Ratzingers, des emeritierten Papstes Benedikt XVI., ruht das Verfahren gegen diesen, bis ein Rechtsnachfolger bestimmt ist. Das Verfahren gegen die anderen drei Beklagten läuft unverändert weiter. Nach Angaben von Gerichtssprecherin Andrea Titz berufen sich auch Priester H. und Kardinal Wetter nicht auf eine Verjährung. Wie sich der Rechtsnachfolger von Ratzinger positionieren will, ist unklar. Als Termin für die mündliche Verhandlung hat das Gericht den 28. März vorgeschlagen.

Die Initiative Sauerteig, die den Kläger auch finanziell unterstützt, zeigt sich «froh und erleichtert» über den bisherigen Gang der Dinge. Allerdings wäre alles andere für das Erzbistum womöglich auch kaum noch vermittelbar gewesen. Erst in der vergangenen Woche hatte der Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, in einer großen Pressekonferenz vorgestellt, was sein Bistum ein Jahr nach Vorstellung des großen Missbrauchsgutachtens gelernt und getan hat. Hätte die Diözese das Traunsteiner Gerichtsverfahren dann durch die Berufung auf eine Verjährung blockiert, hätte das wohl nicht nur unter Betroffenen Unverständnis ausgelöst.

Kirchenrechtler sieht Klagewelle auf die Kirche zurollen

Das gilt vor allem vor dem Hintergrund einer ähnlichen Schmerzensgeldklage in Köln. Dort fordert ein 62-Jähriger, der angibt, als Messdiener mehr als 300-mal von einem katholischen Priester missbraucht worden zu sein, 750.000 Euro. Das Erzbistum von Marx’ umstrittenem Kardinalskollegen Rainer Maria Woelki hatte sich in der Sache nicht auf Verjährung berufen.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht nach den Entscheidungen der beiden reichen Erzbistümer nun allerdings eine Klagewelle auf die Kirche zurollen: Jetzt würden «viele Opfer sexualisierter Gewalt den staatlichen Klageweg einschlagen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Sollte es dazu kommen, sieht er vor allem ärmere Bistümer in finanzieller Bedrängnis: Eine Reihe von Bistümern werde «nicht lange in der Lage sein, die durch staatliche Gerichte verfügten Summen, die wie in Köln bis 800.000 Euro gehen können, zu bedienen, ohne nicht substanziell Vermögenswerte wie Immobilien veräußern zu müssen».

Weiterlesen

Tötungsdelikt in Hersdorf/Eifel – Zwei Tatverdächtige ermittelt; Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts des Mordes

Hersdorf. Im Fall der Tötung eines 56-jährigen Mannes in einem Haus in Hersdorf/Eifel in der Nacht vom 14. auf den 15.01.2023 sind nach intensiven Ermittlungen der Kriminaldirektion Trier am Nachmittag des gestrigen Dienstags, des 24.01.2023, zwei Tatverdächtige in Remscheid/Nordrhein-Westfalen festgenommen worden. Es handelt sich um zwei Männer im Alter von 20 und 26 Jahren, die aus Serbien stammen und in Nordrhein-Westfalen leben. Weiterlesen

Bericht: Mehr als 12.000 unbesetzte Lehrerstellen

Berlin (dpa) – In Deutschland sind nach Angaben der Kultusministerien der Länder mehr als 12.000 Lehrerstellen unbesetzt. Das geht aus einer Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) in den 16 Bundesländern hervor. Die Zahlen spiegeln nach Ansicht des Deutschen Lehrerverbands allerdings nicht die tatsächliche Lage wider und seien «geschönt». Die Länder versuchen mit verschiedenen Maßnahmen, Arbeitskräfte zu gewinnen. Damit machten sie sich gegenseitig Konkurrenz, kritisierte der Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Kai Gehring, am Mittwoch – und rief zu einem gemeinsamen Vorgehen auf.

«Wir brauchen einen kooperativen Bildungsföderalismus statt Headhunting um die besten Lehrkräfte. Der Lehrkräftemangel lässt sich nur strukturell und in gemeinsamer Kraftanstrengung beheben», sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Der im März geplante Bildungsgipfel könne ein Format dafür sein. «Bildungschancen, Teilhabe und Durchlässigkeit dürfen nicht vom Wohnort und von der Ellenbogenmentalität einzelner Ministerpräsidenten abhängen.» Weiterlesen

Durchsuchung bei der BNP Paribas zu Cum-Ex-Aktiendeals

Frankfurt/Main (dpa) – Durchsuchung bei der BNP Paribas im Steuerskandal um Cum-Ex-Aktiendeals: Staatsanwälte, Steuerfahnder und Polizei haben in der Frankfurter Niederlassung der französischen Großbank nach Beweisen für die Geschäfte zulasten der Staatskasse gesucht.

«Wir bestätigen, dass derzeit eine Durchsuchung der Staatsanwaltschaft Köln in den Räumlichkeiten von BNP Paribas Deutschland im Rahmen laufender Ermittlungen im Zusammenhang mit Cum-Ex-Transaktionen stattfindet», teilte die Bank auf Nachfrage mit. Zuvor hatte das «Handelsblatt» darüber berichtet. «Wie bereits seit Beginn des Verfahrens 2017 kooperiert die Bank weiterhin vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben», bekräftigte eine Sprecherin der Bank. Weiterlesen

Nachwuchssuche wird für Polizei immer herausfordernder

Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa

Berlin (dpa) – Nicht nur Programmierer, Kellner und Lehrerinnen fehlen vielerorts, in einigen Bundesländern hat auch die Polizei inzwischen erhebliche Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung. Wie die Ergebnisse einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigen, haben etliche Landesregierungen auf die bei ihnen seit 2019 gesunkene Zahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerber mit einer Intensivierung ihrer Kampagnen zur Nachwuchsgewinnung und mehr Spielraum beim Höchstalter reagiert. Doch mancherorts reicht das nicht aus.

Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind der demografische Wandel und der daraus resultierende Personalmangel, den auch andere Arbeitgeber spüren, nicht die einzigen Ursachen für das Problem. «Es muss intensiv und offensiv deutlich gemacht werden, wofür die Polizei in diesem Land steht», meint der GdP-Bundesvorsitzende, Jochen Kopelke. Leider werde oft tatenlos zugeschaut, wie in Online-Videos «kübelweise Spott oder Hass und Hetze» über der Polizei ausgekippt sowie «dreiste Lügen» über sie verbreitet würde. Weitere Problemfelder seien die schleppende Digitalisierung sowie die Unterschiede zwischen verschiedenen Polizeibehörden, was Besoldung und Ausstattung angehe, sagt Kopelke.

«Die für die Ausbildung verantwortliche Bereitschaftspolizei hätte im Jahr 2022 zusätzlich noch rund 60 Ausbildungsplätze besetzen können», heißt es aus dem bayerischen Innenministerium. Für die 2. Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes hätten sich aber nicht genügend qualifizierte Interessenten gemeldet. «Andererseits haben vermehrt Bewerberinnen und Bewerber auf den angebotenen Ausbildungsplatz verzichtet.» In der Summe sei die Zahl derjenigen, die ihre Ausbildung als Polizist begonnen hätten, aber dennoch höher gewesen als die Zahl der Beamten, die in den Ruhestand gingen.

Teilweise Hürden für die Bewerber gesenkt

Der Kreis der potenziellen Bewerber ist bei einzelnen Polizeibehörden zuletzt auch aufgrund neuer Regelungen zur Mindestkörpergröße gewachsen. Hintergrund sind auch entsprechende Gerichtsurteile. In Baden-Württemberg kann die Mindestgröße von 1,60 Meter beispielsweise seit 2019 unterschritten werden. Bei «nachgewiesener körperlicher Eignung» werden im Südwesten inzwischen auch Bewerber für den Polizeivollzugsdienst akzeptiert, die nur mindestens 1,50 Meter groß sind. Bei der Bundespolizei, im Bundeskriminalamt (BKA) und in einigen Ländern gibt es keine Mindestgröße.

In Schleswig-Holstein liegt das Höchstalter seit dem Auswahlverfahren 2019 bei 42 Jahren. Vorher war im Norden bei 32 Jahren Schluss. Wie ein Sprecher auf Nachfrage mitteilte, wurde die Altersgrenze für Studierende des BKA 2019 im Zuge der Überarbeitung der Verordnung über die Laufbahnen im Kriminalpolizeilichen Vollzugsdienst auf 42 Jahre angehoben, für die verkürzte Laufbahnausbildung auf 43 Jahre.

Teilweise wurden auch andere Hürden gesenkt. So ist etwa in Hessen eine Zulassung zum Studium für Bewerberinnen und Bewerber mit mittlerem Bildungsabschluss und einer bereits erfolgreich absolvierten dreijährigen Berufsausbildung mit einem Notendurchschnitt von mindestens 2,5 möglich.

Wer Kriminalkommissar beziehungsweise Kriminalkommissarin beim BKA werden will, muss für das Studium auf dem Abschlusszeugnis aktuell einen Schnitt von mindestens 2,8 erreichen. Für die beiden Einstellungstermine im Jahr 2018 hatten sich noch fast 6800 Interessenten gemeldet. In den drei folgenden Jahren gab es etwas weniger Bewerber. Für die Termine im Jahr 2022 zählte das BKA etwas mehr als 4900 Bewerbungen.

In NRW ist Bewerbung ohne Abitur möglich

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr erstmals auch die Türen für Bewerber ohne Abitur geöffnet. Bei diesem sogenannten Schulversuch Fachoberschule Polizei bewarben sich – zusätzlich zu den 11.335 Bewerbern – noch mal 2936 Menschen. Wer genommen wird, muss allerdings erst ein polizeispezifisches Fachabi machen, danach beginnt die «echte» Kommissarausbildung.

Was bei der Bundespolizei 2019 zu einem deutlichen Anstieg der Bewerberzahlen geführt hat, ist nach Einschätzung der Behördenleitung die damals eingeführte Möglichkeit zur Online-Bewerbung. Bewarben sich 2018 noch rund acht Menschen auf eine Stelle, so waren es in den Jahren 2019 bis 2022 jeweils zwischen zehn und zwölf Bewerber pro Stelle. Insgesamt 29.497 Männer und Frauen zeigten im vergangenen Jahr Interesse an einer Karriere bei der Bundespolizei.

Einen Rückgang bei den Bewerberzahlen gab es seit 2019 dagegen in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg. Allerdings stieg in Hamburg die Zahl der Bewerbungen pro Stelle. Wie ein Sprecher mitteilte, wurde das Anforderungsprofil für Nachwuchskräfte der Polizei Hamburg 2019 angepasst: «Der Persönlichkeit der Bewerbenden, so zum Beispiel ihrer reflektierten Einstellung, kommt im aktuellen Anforderungsprofil besondere Aufmerksamkeit zu.»

Auch in Niedersachsen zeigte die Kurve nach unten. Gab es 2018 noch mehr als 6100 Interessenten für die Laufbahn bei der Schutz- und Kriminalpolizei, so gingen 2022 laut Innenministerium nur noch 4339 Bewerbungen ein. In Rheinland-Pfalz führt man die zuletzt gesunkene Zahl der Bewerber auf die Pandemie zurück.

Die Berliner Polizei hat schon länger Probleme mit zu wenig guten Bewerbern für die Ausbildung von derzeit etwa 1200 neuen Polizisten pro Jahr. Genügend Interessierte gibt es zwar, doch ein Großteil fällt bei den Prüfungen durch, besonders wegen Unsportlichkeit oder schlechter Deutsch-Kenntnisse. Während der Ausbildung steigt etwa jeder Sechste aus. Die GdP in Berlin teilte vergangene Woche mit, der Rückgang der Zahl qualifizierter Bewerber sei in einigen Bereichen «dramatisch». Mitschuld daran seien Teile der Politik, die der Polizei «seit Jahrzehnten mit großem Misstrauen» gegenüber stehe.

Weiterlesen

Kultusministerien melden 12 000 unbesetzte Lehrerstellen

In Deutschland sind nach Angaben der Kultusministerien der Länder momentan mehr als 12 000 Lehrerstellen unbesetzt. Das geht aus einer Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) in den 16 Bundesländern hervor. Die Ministerien meldeten demnach genau 12 341 unbesetzte Stellen. Den Angaben zufolge gibt es im Saarland, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Bayern keine Lücken und in Hessen sogar ein Überangebot. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen fehlen dagegen mehr als 8000, in Schleswig-Holstein mehr als 200, in Sachsen-Anhalt und Berlin mehr als 800 und in Sachsen, Baden-Württemberg und Niedersachsen mehr als 400 Lehrkräfte. Weiterlesen

1,257 Milliarden Euro für Wiederaufbau nach Flutkatastrophe

Mainz (dpa/lrs) – Für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz sind aus dem mit etwa 15 Milliarden Euro ausgestatteten Fonds bisher rund 1,257 Milliarden Euro bewilligt worden. 90 Prozent der vorliegenden Anträge seien abgearbeitet und rund 656 Millionen Euro ausgezahlt worden, berichtete Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag in Mainz im Anschluss an eine Kabinettssitzung. Die Zahlen stammen von Ende 2022. Weiterlesen

Wüst: Integrationsprobleme nicht nur bei Migranten

Düsseldorf (dpa) – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sieht Integrationsprobleme in Deutschland nicht auf Menschen mit Migrationshintergrund beschränkt. Das Phänomen der Respektlosigkeit von Kindern gegenüber Lehrkräften sei zum Beispiel nicht nur auf einen Personenkreis begrenzt, sagte Wüst am Dienstag in Düsseldorf. Weiterlesen

Prozess in München – Pfleger gesteht Morde

Von Britta Schultejans, dpa

München (dpa) – Er sollte schwer kranke Patienten überwachen, doch stattdessen kurierte er seinen Kater aus, beschäftigte sich mit seinem Handy – und wenn die Patienten dabei störten, stellte er sie «ruhig». Mit tödlichen Folgen.

Ein wegen zweifachen Mordes und sechsfachen Mordversuches angeklagter Pfleger hat vor dem Landgericht München I ein Geständnis abgelegt. «Ich hab da einen großen Fehler gemacht», sagt der Angeklagte zu Prozessbeginn am Dienstag.

Insgesamt sechs Mordversuche

Es sei nicht seine Absicht gewesen, dass jemand stirbt. Aber er habe immer vor seiner Schicht massenweise Alkohol getrunken und dann seinen Rausch ausschlafen wollen. «Da ich alkoholisiert war, gab es für mich nur die eine Option: Sie ruhigzustellen», sagt der 26-Jährige und betont jetzt: «Es tut mir von Herzen leid.»

Die Staatsanwaltschaft München I wirft dem Mann vor, im Jahr 2020 zwei seiner Patienten getötet und es bei drei weiteren versucht zu haben. Weil er es bei zwei dieser Patienten mehrfach versuchte, zählt die Anklagebehörde insgesamt sechs Mordversuche. Zwei 80 und 89 Jahre alten Patienten starben.

Laut Anklage spritzte der Mann den Patienten auf einer sogenannten Wachstation, einer Zwischenstation zwischen Intensiv- und normaler Station, Beruhigungsmittel, Adrenalin oder Blutverdünner. Zu den Patienten des Mannes aus Nordrhein-Westfalen zählte auch der 2022 im Alter von 93 Jahren gestorbene Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger.

Die Staatsanwältin spricht von einem «von Eigensucht getriebenen und nur auf sein eigenes Wohlbefinden konzentrierten Angeklagten». Er habe schlafen oder sich mit seinem Handy beschäftigen wollen. Der Angeklagte bestreitet das nicht und gibt unumwunden zu: «Salopp gesagt habe ich einen Kater gehabt.» Er sei «selber gestresst» gewesen. «Ich hatte mit mir zu tun.» Zwar habe er nie vorgehabt, die Menschen in Lebensgefahr oder gar umzubringen, sagt der 26-Jährige immer wieder. In Kauf genommen, dass das passieren könne, habe er aber schon.

«Wenn ich gearbeitet hab, hab ich zum größten Teil nichts gemacht», sagt er. Entgegen seinen Aufgaben habe er die Patienten nicht gewaschen oder mit ihnen gesprochen, wenn sie unruhig wurden. Werte, die er in der Nacht messen sollte, habe er gefälscht. Erst am Morgen habe er die Patienten aufgesetzt – zur Visite. In ihren Rollstühlen habe er sie dann zur Wand gedreht. «Dann sind die Patienten ruhiger. Wenn die im Blickkontakt mit den anderen sind, können die sich ja unterhalten.»

Er hat seine «Machtposition» genossen

Er habe aber nicht nur seine Ruhe gewollt, sondern es auch genossen, dass die Ärzte ratlos waren, wenn es den Patienten, von denen einige auf dem Weg der Besserung waren, plötzlich wieder so schlecht ging, heißt es in der Anklage. Diese «Machtposition» habe er genossen. Wenn er den Patienten Medikamente gab, die nicht für sie gedacht waren, habe er es genossen Arzt zu spielen.

Einer Frau, die nach einer Kopfoperation eine Kopfdrainage hatte, gab er laut Anklage 25 000 Einheiten des Blutverdünnungsmittels Heparin. Er habe «nicht gewusst, dass 25 000 Einheiten so viel sind», sagt der Angeklagte. Das kann auch daran liegen, dass er gar kein Krankenpfleger ist, obwohl er im Münchner Klinikum Rechts der Isar als solcher arbeitete, sondern Altenpfleger.

Eine Zeitarbeitsfirma aus Österreich hatte ihn an das Krankenhaus vermittelt, in Österreich habe er damals nicht arbeiten dürfen, weil er dort wegen Diebstahls vorbestraft war. Und so mietete er sich in München im Hotel ein und ließ sich jeden Abend mit dem Taxi zur Nachtschicht in die Klinik fahren – weil er zu betrunken für die U-Bahn war und jede Sekunde im Hotel ausnutzen wollte, so sagt er es.

In den vier Monaten, die er in dem Münchner Krankenhaus arbeitete, will er jeden Tag getrunken haben – und zwar so massiv, dass nicht nur Richter Norbert Riedmann, sondern auch ein medizinischer Gutachter im Saal Zweifel an den Schilderungen haben. Von mindestens 30 Stamperln Jägermeister am Wochenende, wenn Gladbach spielte, ist die Rede – plus acht Bier. «Da kam der Ruhrpott durch: Vor die Kneipe uriniert, schlecht benommen.»

Die Klinik äußert sich zunächst nicht

Elf, zwölf Flaschen Bier habe er schon morgens an der Tankstelle nach der Nachtschicht getrunken. Dass er das aushielt, erklärt er mit Gewohnheit und seiner Körpermasse: «Zwei Meter, 120 Kilo.»

Auch heftige Beruhigungsmittel will er regelmäßig genommen haben – abgezweigt aus von ihm selbst aufgegebenen Bestellungen für das Klinikum Rechts der Isar. «Im Krankenhaus wird da nicht so drauf geachtet.» So erklärte er, dass es ihm möglich war, die Medikamente für sich und die angeklagten Morde und Mordversuche zu entnehmen ohne dass es jemand merkte.

Die Klinik äußerte sich zunächst nicht zu den Schilderungen des Mannes, der auch sagt, dass einer Vorgesetzten durchaus auffiel, dass er mit einer Alkoholfahne zur Arbeit kam und dass er mehrfach dabei erwischt wurde, wie er tief und fest schlief, statt seine Patienten im Auge zu behalten. Der Angeklagte sagt über seine Taten: «Mir fehlen manchmal selber die Worte dafür.»

Weiterlesen

Mehr als 600 Skifahrer zum Auftakt am Erbeskopf

Thalfang (dpa/lrs) – Am ersten Tag der Skisaison am Erbeskopf sind am Sonntag mehr als 600 Skifahrer gezählt worden. «Nach zwei Jahren Corona sind wir total begeistert über den Auftakt», sagte die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Thalfang und Vorsitzende des Zweckverbandes Erbeskopf, Vera Höfner, am Montag. Die Wintersportler seien teils aus dem weiteren Umkreis gekommen, darunter viele aus Rheinhessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland, sagt sie. Alles habe gut geklappt, es habe kein Verkehrschaos gegeben. Weiterlesen

CDU will höhere Besoldung für Grundschullehrkräfte

Mainz (dpa/lrs) – Die CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag macht sich für eine höhere Besoldung der Grundschullehrkräfte stark. Die Besoldung soll schrittweise von Stufe A12 auf A13 angehoben werden, forderte die Unionsabgeordnete Jennifer Groß am Montag und kündigte einen entsprechenden Vorstoß für die Landtagssitzung an diesem Mittwoch und Donnerstag an. Die Anhebung soll in diesem Sommer beginnen und in vier Stufen für bis zum 2026 abgeschlossen sein. Weiterlesen

Eifelstrecke soll bis Ende 2023 wieder befahrbar sein

Gerolstein (dpa/lrs) – Die bei der Flut im Sommer 2021 massiv beschädigte Eifelstrecke der Bahn soll bis Ende dieses Jahres wieder komplett befahrbar sein. Das teilte eine Bahnsprecherin am Montag in Gerolstein (Vulkaneifelkreis) anlässlich des Besuchs einer Kommission des rheinland-pfälzischen Landtags mit. Als nächstes Teilstück werde nach jetzigem Stand der Abschnitt zwischen Kyllburg und Gerolstein bis Ende März wieder in Betrieb gehen. In Rheinland-Pfalz umfasst die Eifelstrecke von Trier-Ehrang bis Nettersheim in Nordrhein-Westfalen rund 100 Kilometer. Insgesamt ist die Strecke bis Hürth-Kalscheuren bei Köln rund 160 Kilometer lang.

Bereits im vergangenen Jahr wurden Teilabschnitte wieder in Betrieb genommen: So fahren Züge wieder von Trier-Ehrang über Auw an der Kyll bis Kyllburg. Beim folgenden Abschnitt nach Gerolstein war es zu Verzögerungen gekommen, weil unter anderem für den Bau benötigte Kabel nicht in erforderlichen Mengen am Markt verfügbar waren, wie die Sprecherin sagte. Weiterlesen

Verdi bestreikt Paketverteilzentren der Post

Bonn (dpa) – Im Tarifstreit bei der Deutschen Post hat die Gewerkschaft Verdi nach eigenen Angaben ihre gestern begonnenen Warnstreiks in Verteilzentren fortgesetzt. Nach Angaben der Post werden nur Paketverteilzentren bestreikt.

«Es wird natürlich zu Verzögerungen kommen allein durch die Menge der Pakete, die betroffen sind», sagte ein Post-Sprecher. Kunden müssten damit rechnen, dass die Pakete auch mal ein bis zwei Tage später kämen. Die Auswirkungen seien von Region zu Region aber unterschiedlich. Weiterlesen

Bundesländer verbrennen über 17 Millionen Corona-Masken

Berlin (dpa) – Vier Bundesländer haben insgesamt über 17 Millionen abgelaufene Corona-Masken verbrannt. Dies geht aus einer Umfrage der «Welt» bei allen Ländern hervor.

So wurden in Baden-Württemberg 6,1 Millionen, in Sachsen 5,5 Millionen, in Nordrhein-Westfalen fünf Millionen und in Mecklenburg-Vorpommern 656.000 Masken vernichtet. Elf Bundesländer teilten mit, bisher keine Corona-Masken entsorgt zu haben, einige planten dies aber. Thüringen konnte über die Art der Verwertung keine Angaben machen. Auch das Bundesgesundheitsministerium in Berlin hat in den vergangenen Monaten Masken «energetisch verwertet». Die Zahl liege bislang «unter einer Million Stück», teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Weiterlesen

Drei Jahre Corona – was bisher in Deutschland geschah

Berlin (dpa) – Vor nun fast drei Jahren wurde die erste Corona-Infektion in Deutschland bekannt. Mittlerweile sind rund 38 Millionen Infektionen registriert und etwa 64 Millionen Menschen per Impfung grundimmunisiert worden. Mehr als 164.000 Infizierte sind an oder mit Corona gestorben. Ein Rückblick:

2020

27. Januar: Die erste Infektion in Deutschland ist bestätigt: ein Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto in Stockdorf bei München.

25./26. Februar: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen melden erste nachgewiesene Fälle. Weitere Bundesländer folgen, am 10. März hat Sachsen-Anhalt als letztes Land seinen ersten Fall.

9. März: In NRW gibt es die ersten Todesfälle in Deutschland.

12./13. März: Immer mehr Theater und Konzerthäuser stellen den Spielbetrieb ein. Die Fußball-Bundesliga pausiert. Wenige Tage später kündigen erste Konzerne an, Fabriken vorübergehend zu schließen.

16. März: An den Grenzen zu Frankreich, Österreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz gibt es Kontrollen und Einreiseverbote. In den meisten Bundesländern sind Schulen und Kitas geschlossen. Weiterlesen

Mehrheit der Bundesländer gegen ein Böllerverbot

Berlin (dpa) – Mehr als die Hälfte aller Bundesländer ist einer Umfrage zufolge gegen ein generelles Böllerverbot in Deutschland – trotz der Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht. Die neun Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Sachsen-Anhalt und das Saarland sprachen sich dagegen aus, wie eine Umfrage des «Tagesspiegel» unter den 16 Innenministerien der Länder.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) sagte: «Gewalt gegen Einsatzkräfte, also gegen Menschen, die sich für unser aller Schutz in gefährliche Situationen begeben, ist das Allerletzte und nicht zu tolerieren.» Es handele sich aber um ein Problem, das nicht nur in der Silvesternacht vorkomme, sondern das ganze Jahr. «Ein Böllerverbot trifft deshalb nicht den Kern des Problems», sagte Ebling. Weiterlesen

Rheinische Kirche erwartet Plus bei Steuern

Düsseldorf (dpa) – Trotz sinkender Mitgliederzahlen kann sich die Evangelische Kirche im Rheinland weiterhin über ein Plus bei den Kirchensteuereinnahmen freuen. Zugleich wird diese Steigerung aber durch Inflation, steigende Energiepreise und höhere Personalkosten teilweise wieder aufgezehrt, wie aus dem am Donnerstag vorgelegten Finanzbericht der zweitgrößten evangelischen Landeskirche hervorgeht.

Für 2022 verzeichnete die rheinische Kirche im Vorjahresvergleich eine Steigerung der Steuereinnahmen um 4,25 Prozent oder 31 Millionen Euro auf 761 Millionen Euro. Das zeige noch einmal «die Treue vieler Kirchenmitglieder», sagte Finanzchef Henning Boecker. Für das laufende Jahr rechnete er mit einer Steigerung von knapp drei Prozent auf 781 Millionen Euro. Damit habe die Kirche auch 2023 eine «vergleichsweise ruhige Finanzsituation». Weiterlesen

Geschäftsfrau ermordet – Täter lebenslang hinter Gitter

Bückeburg (dpa) – Wegen heimtückischen Mordes an einer Geschäftsfrau in der niedersächsischen Kleinstadt Obernkirchen nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen ist ein 46-jähriger Mann zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Weiterlesen

Umfrage: Baden-Württemberg hinkt bei Schulpsychologie hinterher

Baden-Württembergs Schulen sind bei der schulpsychologischen Versorgung Schlusslicht unter den drei bevölkerungsreichsten Bundesländern. Die GEW fordert in einem ersten Schritt 100 weitere Stellen.

Baden-Württemberg hinkt im Vergleich zu anderen bevölkerungsreichen Bundesländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen bei der schulpsychologischen Versorgung hinterher – zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Forsa-Befragung im Auftrag der Robert Bosch Stiftung (Stuttgart), die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Laut dem Deutschen Schulbarometer gaben lediglich zwölf Prozent der befragten Schulleitungen im Bundesland an, über Angebote der Schulpsychologie zu verfügen.

Zum Vergleich: In Bayern gaben die Schulleitungen mit 67 Prozent fast doppelt so häufig wie der Durchschnitt an, über Angebote der Schulpsychologie zu verfügen. Eine Erklärung dafür ist laut Schulbarometer die Möglichkeit, in Bayern ergänzend zum Lehramtsstudium das Erweiterungsfach Schulpsychologie wählen zu können. Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen