Nehme ein «R» wie retro: Das «Glücksrad» dreht sich wieder

Von Jonas-Erik Schmidt, dpa

Köln (dpa) – Wenn Thomas Hermanns über die Tücken und Abläufe an der berühmten Buchstabenwand im «Glücksrad»-Studio redet, dann klingt das mitunter wie bei einem Kampfmittel-Räumexperten, der über eine komplizierte Bombenentschärfung spricht. Wenn alles funktioniere wie geplant – dann merke man es gar nicht. Aber wehe, wenn nicht.

«Wo fängt man an umzudrehen? Ab wo geht man wieder zurück auf die Ur-Position? Ab wo marschiert man durch?», zählt Hermanns die Problemkonstellationen auf. All das sei zu beachten. Der Worst Case: «Wenn man plötzlich vor dem Wort “Iserlohn” steht und das “O” nicht findet, ist es für die Kandidaten und Zuschauer extrem verwirrend.»

Aus der Mottenkiste herausgeholt

Thomas Hermanns weiß, von was er spricht, denn er hat das durchexerziert. Der 59-Jährige bildet zusammen mit Sonya Kraus (49) das neue Moderationsduo, das das traditionsreiche «Glücksrad» aus der Fernsehen-Mottenkiste und zurück auf den Bildschirm rollen soll.

RTLzwei hat dieses Ziel ausgegeben. Ab diesen Donnerstag (26. Januar, 20.15 Uhr) zeigt der Sender eine «Glücksrad»-Neuauflage als Primetime-Show. Weitere Folgen sind geplant, die Termine stehen aber noch nicht fest. Wieder geht es darum, dass Kandidatinnen und Kandidaten Wörter und Begriffe erraten. Die Höhe des Gewinns erdrehen sie am «Glücksrad». Die Show basiert auf dem amerikanischen Original «Wheel of Fortune» und wurde in viele andere Länder exportiert.

Und eine Besonderheit ist nun tatsächlich, dass Hermanns als Mann nicht wie ein Führerscheinloser über das Autofahren spricht, wenn er über die Buchstabenwand redet. In früheren Varianten gab es noch eine feste Besetzung, eine meist stumme Frau, die die Lettern umdrehte und mit dem 50er-Jahre-Begriff «Buchstabenfee» durchs Leben gehen musste. Diese seltsame Verbindung von Geschlecht und Funktion wurde nun abgeschafft. Hermanns und Kraus sollen sich stattdessen abwechseln. Mal dreht er Buchstaben und sie moderiert bei den Kandidaten am Rad, mal ist es umgekehrt. Ein wenig Emanzipation, sozusagen als Gameshow-Variante.

«Ich habe den Lizenzinhaber gefragt: Es gab außer mir wohl nur einen Mann, der schon mal an der Wand gearbeitet hat, das war in Brasilien», sagt Hermanns. Der habe aber oben ohne und mit Sixpack die Buchstaben gewendet. Das könne er nicht anbieten. Kraus ist dennoch froh über die Arbeitsteilung. «Ich habe knapp 1000 Sendungen an dieser Wand verbracht. Für mich wäre es tatsächlich etwas niederpulsig gewesen, das nun schon wieder zu machen», sagte sie.

Sonya Kraus beerbte einst Maren Gilzer

Kraus ist tatsächlich so etwas wie das personelle Verbindungsteil zu früheren Varianten. Sie beerbte einst Maren Gilzer, die zum Ursprungsteam gehört hatte, als das Format 1988 bei Sat.1 auf Sendung gegangen war. Moderatoren in dieser Erstauflage – die bis heute die prägenden Bilder in den Köpfen Dabeigewesener bestimmt – waren die charmierenden Peter Bond und Frederic Meisner, mythische Figuren des 90er-Jahre-Kapitalismus-Fernsehens.

1998 wechselte die Sendung zu Kabel eins (und Sonya Kraus stieß dazu), wo sie noch bis 2002 zu sehen war. Dann wurde sie vom damaligen Quiz-Boom dahingerafft. Zeitweilige Neuauflagen gab es später bei 9Live und bei RTLplus (heute RTLup). Große Spuren haben diese allerdings nicht im kollektiven Gedächtnis hinterlassen.

Mitschwimmen auf der Retro-Welle

Nun also ein neuer Versuch, der natürlich mit der aktuellen Retro-Welle zu tun hat, die auch schon Alt-Formate wie «Geh aufs Ganze!» und «Der Preis ist heiß» zurück in die Sender gespült hat.

Kann das «Glücksrad» da mithalten? Nun, unter anderem habe die Show nun mehr «Glamour», sagt Sonya Kraus. «Wenn man das Revival einer solchen Ikone anstrebt, muss man das auch pompös machen und nicht in so einer Spar-Version», sagt sie. Ein Vorteil dürfte sein, dass man nicht groß erklären muss, um was es geht und warum die Show so bunt aussieht. Das hat sich alles eingebrannt. «Als ich zum ersten Mal in dieser Pastell-Welt stand, war es wie ein Wannenbad», sagt Hermanns.

Ähnlich geht es Kraus. «Es fühlte sich schon ein wenig an, als würde man in sein Wohnzimmer zurückkehren. Es war schon alles sehr vertraut», sagt sie. «Ich vermute, dass ich die Sendung notfalls auch mit drei Promille moderieren könnte.»

Als Comeback nach ihrer Brustkrebs-Erkrankung will sie die Show nicht bezeichnen. Auch während ihrer Chemotherapie habe sie ja gearbeitet. «Aber ich nehme die Glückwünsche dazu dennoch gerne an», sagt sie. «Ich würde sagen: Das Glückskind ist wieder beim “Glücksrad”.»

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