Musik als Perspektive – Grönemeyer-Album «Das ist los» Gegen die Angst

Von Gerd Roth, dpa

Berlin (dpa) – Da sucht einer. Nach von Isolation und Krisen, selbst Krieg geprägten Jahren braucht es sicher keine einfachen Antworten – aber Perspektiven, Wege, Aufbruch. Herbert Grönemeyer sucht mit seiner Musik. Das Resultat geht gut ins Ohr, ist teils mächtig tanzbar. 13 Songs, ein für seine Verhältnisse langes Album, markieren den vielschichtigen Blick des Musikers auf zwischenmenschliche Gefühle und gesamtgesellschaftliche Nöte. Der Titel wirkt wie ein Hinweis: «Das ist los» ist da.

Fragen über Fragen aus den vergangenen Jahren

«So eine Zeit wie in den letzten drei Jahren habe ich mit 66 auch noch nie erlebt. Wir alle nicht», sagt der Sänger. Die daraus resultierenden Fragen liefert er gleich mit: «Was schreibt man dann? Was ist da? Wie denkst du, wie fühlst du dich? Was hast du zu erzählen? Hast du überhaupt was zu erzählen? Wie geht es mit deinen Ängsten? Wie skeptisch bist du? Wie optimistisch bist du?»

Kunst wie etwa Musik sei «schon auch dafür da, Ängste ernst zu nehmen und gleichzeitig aber auch eine Perspektive zu formulieren». Dafür hat sich Grönemeyer zusammen mit Produzent Alex Silva in ein Haus nach Umbrien zurückgezogen. Er vergleicht es mit der Situation eines Malers: «Man sitzt zunächst wie vor einer weißen Leinwand.» Aber dann. «Diese italienische Lebensart, so eine luftige Heiterkeit, das hat uns dann schnell dabei geholfen, den Einstieg zu finden.»

Die Songs markieren nun eine hügelige Landschaft zwischen menschlichen Gefühlen und harten Realitäten, vieles noch im Nebel, aber manche Perspektive ist schon zu erkennen. Die Klavierballade «Tau» beschreibt Glück und Zweisamkeit: «Wir teilen die Kräfte auf». Im Opener «Deine Hand» singt Grönemeyer von Hoffnung, die «gerade so schwer zu finden» sei. Aber da ist eben auch jemand, der ihn gibt, «den Halt, den ich so dringend brauch’, um nicht zu brechen».

Ein Album voller Lebensfreude

Musikalisch lässt sich Grönemeyer durch seine Landschaften treiben. So wird das Album auch zu einer Zeitreise mit Anklängen früher Kraftwerk-Rhythmen («Herzhaft»), 80er Rock («Genie») oder 90er Pop («Das ist los»). Treibende Beats («Oh Oh Oh») wechseln sich ab mit Elektro- («Angstfrei») oder Hiphop-Sounds («Turmhoch»). Da steckt auch ganz viel Lebensfreude drin.

Ein Ausdruck für diese Lebensfreude kann Tanzen sein, von Grönemeyer in mehreren Songs aufgegriffen. «Nicht umsonst tanzen alle Kulturen, tanzen Kinder, weil sie sofort merken, sie sind versetzt in eine völlig andere Stimmung», sagt der Künstler. Tanzen sei elementar, um sorglos zu werden, «ein wunderbares Vehikel, um einfach mal für eine Zeit den ganzen Müll aus dem Kopf zu kriegen».

Als Musiker beschreibt er «dieses irre Privileg» für sich: «Ich gehe auf die Bühne, spiele ein Konzert und die Leute freuen sich daran. Ich kann das anschieben, dass die Leute sich in Bewegung versetzen.» Die erste Tour nach langen Pandemie-Jahren startet am 16. Mai.

Dabei kann Grönemeyer mit «Der Schlüssel» auch auf einen Song zu Migration und Flucht zurückgreifen. «Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl, Herkunft», sagt er. «Aber natürlich ganz klar: Wo fühle ich mich geborgen und in welcher Gemeinschaft fühle ich mich geborgen? Das ist ein Heimatbegriff, der – wenn man den wirklich sehr behutsam benutzt – uns alle interessiert.» Grönemeyer sieht viel von notwendiger Solidarität. «Leute versuchen hier, Flüchtlingen mit ihren Möglichkeiten eine neue Art von Heimat zu bieten. Wir sind eine starke Gemeinschaft, deswegen sind wir auch in der Lage, so vielen Menschen Schutz zu bieten.»

Starke Frauen

Starke Frauen bestimmen immer wieder Teile des Albums. «Das Aufbegehren der Frauen im Iran, Afghanistan und überhaupt weltweit seit einigen Jahren schüttelt uns andere richtig durch und ist wichtig: Wir erkennen enorme Kraft, eine bedingungslose Radikalität für weibliche und humanistische Themen und den Kampf für echte Freiheit und es wird Zeit, dass die überall gesehen wird und Dinge sich nachhaltig ändern», sagt der Sänger.

«Ohne Druck keine Diamanten» singt Grönemeyer in «Turmhoch». Wie hat er den Weg zu seinen Songs empfunden? «Der Druck für mich bei diesem Album war enorm hoch. Ich glaube, das ist auch das Drama des Alters, dass der gefühlte Druck immer höher wird. Also auch der Anspruch an einen selber.» Erwartungen kommen allerdings auch von außen. Mit «Das ist los» hat Grönemeyer sein 17. Studioalbum eingespielt. Bisher elf davon landeten auf Platz eins.

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Entdeckungen und Etabliertes – Nominierungen für Leipziger Buchpreis

Von Birgit Zimmermann, dpa

Nach drei Absagen wegen Corona wird die Leipziger Buchmesse wieder veranstaltet. Auch ihr Buchpreis bekommt seinen bewährten Rahmen zurück. 15 Titel in drei Kategorien sind dafür in der Endauswahl.

Ein «alter Bekannter», etablierte Autorinnen, Entdeckungen – die Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse 2023 decken eine große Bandbreite ab. Mit dem Österreicher Clemens J. Setz («Monde vor der Landung») nominierte die Jury am Donnerstag in der Belletristik-Kategorie einen Autor, der den Preis vor zwölf Jahren schon einmal gewonnen hat. Ulrike Draesner («Die Verwandelten») und Angela Steidele («Aufklärung. Ein Roman») zählen zu den festen Größen in der Branche. Joshua Groß («Prana Extrem») und Dinçer Güçyeter («Unser Deutschlandmärchen») komplettieren die Shortlist.

Die Jury-Vorsitzende Insa Wilke hob die Vielfalt hervor: «In diesem Jahr haben uns quer durch die Sparten die unterschiedlichen Ausdrucksformen fasziniert, mit denen einerseits Geschichte zum Spiegel gegenwärtiger Fragen wird und andererseits die unmittelbare Gegenwart befragbar und sichtbar wird in ihren Ambivalenzen und komplexen Konfliktlagen», erklärte sie.

Der Preis wird am 27. April in Leipzig verliehen. Nach Angaben der Messe hatten diesmal 161 Verlage insgesamt 465 Werke eingereicht. Der Preis wird in den Kategorien Belletristik, Übersetzung und Sachbuch/Essayistik vergeben. Er ist mit insgesamt 60 000 Euro dotiert – je 15 000 Euro erhalten die Gewinnerin oder der Gewinner, jede Nominierung ist zudem 1000 Euro wert.

Der Chef des Literaturhauses Leipzig, Thorsten Ahrend, schätzte die Auswahl in der Belletristik-Sparte als ausgewogen und überraschend zugleich ein. «Es ist ein starkes Statement, mit Clemens J. Setz jemand zu nominieren, der den Preis schon einmal gewonnen hat», sagte Ahrend. Das sei eher unüblich und spreche dafür, dass «Monde vor der Landung» ein herausragender Roman sei. Generell stünden alle Nominierten zu Recht auf der Liste – auch wenn es natürlich immer auch noch andere Autorinnen und Autoren verdient hätten.

Aus Sicht der Bloggerin und Buchhändlerin Tina Lohrenz ermöglicht es der Preis der Leipziger Buchmesse immer wieder, «kleine Perlen» zu entdecken. Das sei auch dieses Jahr wieder so, sagte die 32-Jährige, die den Buchblog «Frollein von Kunterbunt» betreibt. Die Auswahl sei zudem sehr politisch und berücksichtige auch unabhängige Verlage.

Unter den nominierten Übersetzerinnen und Übersetzern ist in diesem Jahr auch Antje Rávik Strubel, die 2021 als Autorin den Deutschen Buchpreis in Frankfurt gewonnen hatte. Sie steht für ihre Übertragung des Buches «Wer hat Bambi getötet?» aus dem Schwedischen auf der Shortlist. Außerdem wurden Nicole Nau, Johanna Schwering, Katharina Triebner-Cabald sowie Brigitte Oleschinski und Osman Yousufi nominiert. In dieser Kategorie sind vor allem kleinere Verlage vertreten.

Bei den Sachbüchern ist das thematische Spektrum ebenfalls groß. Sie reicht von Jan Philipp Reemtsmas Beschäftigung mit der modernen deutschen Literatur und dem Autor Christoph Martin Wieland («Christoph Martin Wieland. Die Erfindung der modernen deutschen Literatur») bis hin zur Ausbeutung der Natur in Afrika zu Gunsten westlicher Länder (Simone Schlindwein: «Der grüne Krieg. Wie in Afrika die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird – und was der Westen damit zu tun hat»). Nominiert sind außerdem Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey («Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus», Birgit Weyhe («Rude Girl») und Regina Scheer («Bittere Brunnen. Hertha Gordon-Walcher und der Traum von der Revolution»).

Nach drei Corona-Absagen der Leipziger Buchmesse hintereinander rechnet Literaturhaus-Chef Ahrend damit, dass der Preis in diesem mehr Aufmerksamkeit als zuletzt erzeugen wird. Zwar wurde die Auszeichnung auch in den Vorjahren vergeben, aber es sei natürlich etwas anderes, wenn das live und nicht in einer Videoschalte gemacht werde, sagte Ahrend. «Es wird eine größere Wirkung haben. Das ist für die Branche und die Buchmesse wichtig und natürlich auch toll für die Autorinnen und Autoren.»

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Astronaut Maurer: Müssen uns mehr um Erde kümmern

Weßling (dpa) – Sein knappes halbes Jahr im All hat für Astronaut Matthias Maurer den Horizont erweitert – im Wortsinn: In seiner Jugend habe er sein gesamtes Umfeld von einem kleinen Hügel in seiner saarländischen Heimat überblicken können, sagte Maurer am Freitag bei einem Pressetermin im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Weßling vor den Toren Münchens. «Das ist sozusagen mein Universum gewesen in den ersten 20 Jahren meines Lebens», sagte Maurer. «Jetzt ist mein Universum wirklich sprunghaft angestiegen.» Weiterlesen

Anklage gegen «Querdenken»-Initiator Ballweg erhoben

Stuttgart (dpa) – Wegen versuchten Betrugs und Geldwäsche hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen «Querdenken»-Initiator Michael Ballweg erhoben. Dies teilte ein Behördensprecher in Stuttgart mit. Außerdem gehe es um Steuerstraftaten. Nähere Angaben dazu machte der Sprecher mit Verweis auf das Steuergeheimnis aber nicht. Der 48-jährige Ballweg sitzt seit etwa neun Monaten in Untersuchungshaft.

Einer von Ballwegs Anwälten wies die Anklage zurück. «Die Vorwürfe werden vollumfänglich zurückgewiesen», sagte der Verteidiger. Die Anklageerhebung ist seit einigen Tagen bekannt. Aber die Details dazu wurden nun erst von der Behörde veröffentlicht. Ballweg wird laut Anklage vorgeworfen, spätestens seit Mai 2020 durch öffentliche Aufrufe von mehreren tausend Personen finanzielle Zuwendungen für die Organisation «Querdenken 711» im Umfang von mehr als einer Million Euro eingeworben zu haben. Er soll die Spender über die Verwendung der Gelder getäuscht haben. Außerdem darüber, dass er an der Anerkennung der Gemeinnützigkeit von «Querdenken 711» durch das Finanzamt in Form eines Vereins oder einer Stiftung arbeite. Es geht laut Anwalt um versuchten Betrug in 9450 Fällen. Weiterlesen

Prognose: Rekordhoch bei Beschäftigung in Deutschland

Nürnberg (dpa) – Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland wird nach der Frühjahrsprognose des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in diesem Jahr auf ein neues Rekordhoch schnellen. Die Nürnberger Experten rechnen für 2023 mit einem Plus von 340.000 Beschäftigten. Damit wären in Deutschland 34,85 Millionen Menschen in einem sozialversicherungspflichtigen Job.

Die Zahl der Erwerbstätigen – also inklusive Minijobber – werde sogar 45,95 Millionen erreichen, teilte das Institut heute in Nürnberg mit. Beschäftigungsaufbau werde es in fast allen Branchen geben, vor allem aber im Bereich öffentlicher Dienst, Gesundheit und Erziehung. Weiterlesen

Vicky Leandros gibt drei Konzerte in der Elphi

Die Schlagersängerin Vicky Leandros wird zu gleich drei Konzerten im Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie erwartet. Die 70-Jährige startet am Freitagabend (20.00 Uhr) ihr erstes Konzert mit dem Titel «Ich liebe das Leben». Dieses Zusatzkonzert war möglich, weil die Sängerin Jane Birkin ihr Konzert an dem Tag in der Elphi wegen Krankheit absagen musste. Am Samstag beginnt Vicky Leandros dann offiziell ihre Abschiedstournee in der Elbphilharmonie. Die beiden lange geplanten Leandros-Auftritte für Samstagnachmittag und -abend waren laut Konzertveranstalter Semmel Concerts sehr schnell ausverkauft. Es werde bereits das dritte Mal sein, dass Leandros in der Elbphilharmonie singt, heißt es auf der Webseite der Veranstaltungsstätte. Weiterlesen

Designer Rath: Jogginghosen halten jung

Berlin (dpa) – Modeschöpfer Thomas Rath ist gegen ein Jogginghosen-Verbot an Schulen. «Mode und die Art, wie wir uns kleiden, untermalt unsere Persönlichkeit und ist ein Spiegelbild unserer Emotionen», sagte Rath der Deutschen Presse-Agentur gestern. Eine Kleiderordnung für ein gepflegtes Aussehen befürworte er, allerdings könne auch eine Jogginghose gepflegt aussehen. Weiterlesen

Energie-Pauschale für Studis rollt an: 1,5 Millionen Anträge

Berlin/Hannover (dpa) – Auf die 200 Euro Einmalzahlung als Inflationsausgleich für Studierende und Fachschüler sind bundesweit bislang rund 1,5 Millionen Anträge eingegangen. Knapp 1,4 Millionen davon wurden bis Freitagmorgen ausgezahlt, wie aus Daten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hervorgeht.

Somit wurden rund 280 Millionen Euro ausgezahlt. Seit vergangener Woche Mittwoch ist die Antragsstellung bundesweit möglich – noch bis zum 30. September kann das Geld beantragt werden. Von der Bewilligung bis zur Auszahlung dauere es zwei Arbeitstage, sagte die Sprecherin des Wissenschaftsministeriums in Hannover heute. Weiterlesen

Über 220 neue Ladepunkte für E-Autos in Berlin verfügbar

Der Ausbau von Ladepunkten für Elektroautos kommt in Berlin voran. Mehr als 220 neue öffentliche Ladepunkte wurden im ersten Quartal des Jahres installiert, wie die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz am Dienstag mitteilte. Insgesamt sind derzeit 2280 Ladepunkte verfügbar und damit 431 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Weiterlesen

Gibt es bald eine «Abwrackprämie» für alte Heizungen?

Berlin (dpa) – In der Bundesregierung wird über eine mögliche Abwrackprämie für alte Heizungen diskutiert. «Wir stehen dem erstmal offen gegenüber, fänden das positiv», sagte eine Sprecherin des SPD-geführten Bundesbauministeriums heute in Berlin. Es handele sich bisher aber zunächst nur um einen Diskussionsbeitrag.

Der «Spiegel» hatte zuvor berichtet, dass eine «Abwrackprämie für alte Heizkessel» im Gespräch sei, ähnlich wie nach der Finanzkrise 2009 bei Autos. Regierungssprecher Steffen Hebestreit zeigte sich zurückhaltend und sagte: «Eine Abwrackprämie, wie ich es jetzt irgendwo gelesen habe, wäre mir neu.»

Ab 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das hatte die Ampel-Koalition bereits vor einem Jahr vereinbart. Über einen ersten Gesetzentwurf dazu aus dem Wirtschafts- und dem Bauministerium, der Ende Februar bekannt wurde, wird seitdem aber heftig diskutiert, denn die Pläne könnten auf ein De-facto-Einbauverbot neuer Gas- und Ölheizungen hinauslaufen. Weiterlesen

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