Von der Leyen: Westbalkan-Länder sollen Stellung beziehen

Tirana (dpa) – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die sechs Staaten des westlichen Balkans aufgefordert, gegen autoritäre Staaten wie Russland Stellung zu beziehen. «Ihr müsst euch entscheiden, auf welcher Seite ihr steht – auf der Seite der Demokratie, das ist die Europäische Union, euer Freund und Partner. Oder wollt ihr einen anderen Weg nehmen?», sagte die deutsche Politikerin am Dienstag bei einem Gipfel der EU und der Westbalkanstaaten im albanischen Tirana.

Russland und China versuchten, Einfluss in der Region zu nehmen, aber die EU sei für den Westbalkan größter Investor und engster Partner.

Infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine seit Ende Februar stelle sich die Frage, ob sich Autokratien und das Recht des Stärkeren durchsetzten oder Demokratie und Rechtsstaat, sagte von der Leyen. «Dieses Ringen merkt man auch im Westbalkan.»

Serbien weist Vorwurf der Parteinahme für Moskau zurück

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic wies Vorwürfe zurück, dass sein Land im Ukraine-Krieg auf der Seite Russlands stehe. «Wir kennen unsere Verpflichtungen gegenüber der EU, aber wir sind ein unabhängiges Land», sagte der Staatschef. «Wir schützen unsere nationalen Interessen.» Serbien, das seit 2014 mit der Europäischen Union über einen Beitritt verhandelt, hat die EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine nicht übernommen.

Vucic verwahrte sich auch gegen Vorwürfe, seine Außenpolitik an Moskau anzulehnen und Nachbarländer zu destabilisieren. «Das sind Anschuldigungen und Fabrikationen.» Solche Behauptungen würden immer vorgebracht, wenn jemand Serbien kritisieren wolle und keine besseren Argumente finde. Russland ist für Serbien wichtig, weil es die Aufnahme des Kosovos in die Vereinten Nationen als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat verhindert. Das einst zu Serbien gehörende Land hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Belgrad beansprucht das Territorium weiterhin für sich.

Neuer Vorschlag zum Konflikt zwischen Serbien und Kosovo

Die EU legte einen neuen Vorschlag zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo vor. Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell wurde der Text kurz vor dem EU-Westbalkan-Gipfel am Dienstag in Albanien an Serbiens Präsidenten Aleksandar Vucic und den kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti übergeben. Nun müssten ernsthafte Diskussionen beginnen. Zum Inhalt äußerte sich Borrell in der albanischen Hauptstadt Tirana zunächst nicht.

An dem Gipfel nehmen neben Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten deren Kollegen aus Serbien, Albanien, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Kosovo teil. Alle sechs Länder streben in die EU.

EU-Ratspräsident Charles Michel betonte, wie wichtig Fortschritte bei den Beitrittsbemühungen der Länder sei. «Ich bin absolut überzeugt, dass die Zukunft unserer Kinder mit dem Westbalkan in der EU sicherer und wohlhabender sein wird», sagte der Belgier.

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