Tote und Verletzte nach neuem Erdbeben in Türkei und Syrien

Gaziantep/Damaskus (dpa) – In Folge des neuen Erdbebens in der südosttürkischen Provinz Hatay sind in Syrien Menschenrechtsaktivisten zufolge mindestens fünf Menschen gestorben. In den Orten Aleppo, Tartus und Hama seien Anwohner in Panik geraten und hätten etwa Herzstillstände erlitten, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Morgen mit. Unter den Todesopfern sei auch ein Kind, dessen Herz den Angaben zufolge stehen geblieben sei.

Mehr als 500 Menschen wurden den Angaben nach zudem verletzt, davon mindestens 350 in den von der Regierung kontrollierten Regionen und 150 in den Rebellen-Gebieten. Viele Menschen seien in Panik von Gebäuden gesprungen oder von Trümmern getroffen worden. Auch der Chef der Rettungsorganisation Weißhelme, Raed al-Saleh, meldete 150 Verletzte für die syrischen Regionen, die von Rebellen gehalten werden.

Viele Menschen hätten die Nacht bei eisigen Temperaturen wieder draußen verbracht, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle weiter. Auch bei dem erneuten Beben seien Häuser eingestürzt.

In der Türkei stieg die Zahl der Todesopfer auf sechs. Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad teilte heute mit, 294 Menschen seien verletzt worden, davon 18 schwer.

Die Behörden riefen die Menschen dazu auf, nicht in ihre Häuser zurückzukehren. Medien berichteten, dass es in der Provinz Hatay zu wenig Zelte gebe und viele Menschen dennoch in beschädigten Häusern übernachteten. Die Katastrophenschutzbehörde teilte nun mit, sie habe bereits in der Nacht 6000 weitere Zelte in die Region geliefert.

Ein Erdbeben der Stärke 6,4 hatte gestern die südosttürkische Provinz Hatay erschüttert. Menschen liefen in Panik auf die Straße, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Das Beben war auch im Norden Syriens und bis in den Libanon zu spüren. Am 6. Februar hatte früh morgens ein Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Das Epizentrum lag in beiden Fällen in der südtürkischen Provinz Kahramanmaras. Mehr als 47.000 Menschen kamen bislang ums Leben.

Baerbock und Faeser sagen anhaltende Hilfe zu

Deutschland sagte den Betroffenen des verheerenden Erdbebens bestmögliche akute Hilfe und anhaltende Unterstützung beim Wiederaufbau zu. «Unser Mitgefühl erschöpft sich nicht in Worten und es wird auch nicht nachlassen, wenn die Katastrophe und ihre Folgen in den Nachrichten von anderen Schlagzeilen verdrängt werden», versprach Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) heute zu einem gemeinsamen Besuch mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) im Südosten der Türkei.

Faeser versicherte die «tief empfundene Solidarität» der Bundesregierung angesichts der Zehntausenden Opfer. «Die Überlebenden, die alles verloren haben, brauchen schnell winterfeste Unterkünfte», sagte sie vor dem Abflug zu dem Besuch. Nachdem die Bundeswehr mit 20 Flügen mehr als 340 Tonnen Hilfsmaterial in die Türkei gebracht habe, transportiere die Luftwaffe heute erneut 13 Tonnen Hilfsgüter in die Türkei. Darunter seien 100 Zelte, 400 Feldbetten und mehr als 1000 Schlafsäcke.

Welthungerhilfe: Mehr Hilfe für syrische Erdbebenopfer

Die Welthungerhilfe mahnte kurz vor dem Besuch der Ministerinnen mehr Hilfe für die betroffenen Syrer an. «Insbesondere in Nordwestsyrien kommt bisher immer noch zu wenig von der dringend benötigten Unterstützung an», sagte der Generalsekretär der Hilfsorganisation, Mathias Mogge, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die Öffnung weiterer Grenzübergänge zwischen der Türkei und Syrien sei ein Anfang. «Aber nun müssen endlich Hilfsgüter wie Wasser, Medikamente, Nahrung und Zelte schnell in ausreichenden Mengen geliefert werden.»

Mitarbeiter vor Ort berichteten, «dass sich die Menschen in den syrischen Erdbebengebieten zum zweiten Male von der internationalen Staatengemeinschaft im Stich gelassen fühlen», sagte Mogge. Die Welthungerhilfe leiste mit lokalen Partnern Überlebenshilfe, aber die Not sei riesig. «Wir werden einen langen Atem brauchen, um den Opfern des Erdbebens nicht nur beim Überleben sondern auch in der ersten Phase des Wiederaufbaus zur Seite zu stehen», sagte er voraus.

Wie läuft die erleichterte Visa-Vergabe?

Die beiden deutschen Ministerinnen planten auch den Besuch eines der wiedereröffneten Visaannahmezentren und eines neu eingerichteten mobilen Visaannahmebusses. Erdbebenopfern soll mit Drei-Monats-Visa ermöglicht werden, übergangsweise bei nahen Angehörigen in Deutschland unterzukommen.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat Deutschland gut eine Woche nach der Einführung des vereinfachten Visa-Verfahrens einer «zweistelligen Zahl» von Menschen aus der Türkei Einreiseerlaubnisse erteilt. Weitere Anträge seien in Bearbeitung, hieß es. Bis Freitagnachmittag seien demnach 20 Visa ausgestellt worden.

Kritik am Verfahren war laut geworden, weil trotz des Versprechens einer unbürokratischen Hilfe für die Visaerteilung etwa ein gültiger Pass und ein biometrisches Foto benötigt werden. Kritiker monieren, diese seien angesichts der Zerstörung oft nicht zu beschaffen.

Deutschland hilft bisher mit 58 Millionen Euro

Bisher stellt Deutschland Hilfen in Höhe von 58 Millionen Euro für die Erdbebenopfer zur Verfügung – davon 8,2 Millionen Euro für Sachlieferungen, hieß es aus der Bundesregierung. Darunter seien etwa 200 Zelte für je zwölf Personen sowie Zeltausstattung wie Feldbetten, Schlafsäcke, Generatoren, Zeltheizung und Beleuchtung.

Laut Bundesregierung waren bisher 52 Helferinnen und Helfer sowie vier Rettungshunde des THW in dem Erdbebengebiet, 38 Einsatzkräfte und 3 Rettungshunde der NGO @fire, 43 Einsatzkräfte und 7 Rettungshunde von I.S.A.R. Germany sowie die Bundespolizei mit 25 Einsatzkräften und 5 Rettungshunden. Deren Einsätze seien abgeschlossen. Es seien noch weitere deutsche Hilfsorganisationen vor Ort. Eine abschließende Übersicht über die dort aktiven deutschen Nichtregierungsorganisationen liegt nicht vor.

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