Schulmassaker: Todesschütze nach einer Stunde erschossen

USA
Von Can Merey, Julia Naue, Christiane Jacke und Vivian Chang 

Washington/Uvalde (dpa) – Der Todesschütze von Uvalde hat offiziellen Angaben zufolge rund eine Stunde in dem Klassenzimmer verbracht, in dem er ein Blutbad anrichtete.

Erst dann sei Verstärkung eingetroffen und habe den Amokläufer getötet, sagte Victor Escalon vom Ministerium für öffentliche Sicherheit in Texas bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Der 18 Jahre alte Schütze hatte am Dienstag in der Kleinstadt Uvalde 19 Schulkinder und zwei Lehrkräfte erschossen.

In den USA geht nach dem Massaker die Debatte über eine Reform der Waffengesetze weiter. Ex-Präsident Donald Trump spricht am Freitag auf der Jahrestagung der Waffenlobby. Am Sonntag will US-Präsident Joe Biden in die betroffene Gemeinde reisen. Er werde von seiner Ehefrau Jill begleitet, teilte das Weiße Haus am Donnerstag mit.

Details zur Tat

Der 18 Jahre alte Angreifer Salvador Ramos habe etwa um 11.40 Uhr (Ortszeit) am Dienstag die Schule in der Gemeinde Uvalde und schließlich ein Klassenzimmer in der Nähe des Eingangs betreten. Sicherheitskräfte seien vor Ort gewesen, aber zunächst nicht in das Klassenzimmer gegangen, weil sie beschossen worden seien.

Die Polizisten hätten dann Verstärkung angefordert, so Escalon.Ihnen habe es an Spezialausrüstung gefehlt. Sie hätten Schulkinder und Lehrkräfte evakuiert und versucht, mit dem Schützen zu verhandeln. Dieser habe einen Großteil der Schüsse ganz zu Anfang abgefeuert.

«Während der Verhandlungen wurde nicht viel geschossen, außer dass er versuchte, die Polizisten auf Abstand zu halten», sagte Escalon.Es wurde außerdem bekannt, dass die Schule nicht abgeschlossen war. Die Polizei sei bereits gerufen worden, als Zeugen den bewaffneten Schützen vor der Schule gesehen hätten.

Details zum Täter

Zuvor waren mehr Details über den Amokläufer bekannt geworden. Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, sagte, der 18-Jährige habe Minuten vor der Tat auf Facebook geschrieben, dass er in einer Grundschule um sich schießen werde. Davor habe Salvador Ramos auf der Plattform bereits angekündigt, seine Großmutter zu erschießen – sie überlebte schwer verletzt. Der Täter soll nach einem Bericht des US-Senders CNN außerdem Kontakt zu einem 15 Jahre alten Mädchen in Frankfurt am Main gehabt haben.

Der Sender veröffentlichte Chat-Protokolle, denen zufolge der Täter der 15-Jährigen mitgeteilt habe, dass er seiner Großmutter in den Kopf geschossen habe und nun eine Grundschule angreifen werde.

Der 18-Jährige habe seit Anfang Mai in Kontakt mit dem Mädchen gestanden und ihr auch Videos von sich geschickt. CNN zitierte das Mädchen mit den Worten: «Er sah glücklich aus und fühlte sich wohl im Gespräch mit mir.» Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage mit: «Zu den Bezügen des Attentäters von Texas zu einem Mädchen in Deutschland gibt es derzeit noch keine gesicherten Erkenntnisse.»

Legal mit Sturmgewehren ausgerüstet

Der Amokläufer hatte am Dienstag an der Robb Elementary School in der Kleinstadt Uvalde in Texas 19 Kinder und zwei Lehrerinnen getötet, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Der 18-Jährige hatte legal zwei Sturmgewehre gekauft. Ein Motiv war auch am Donnerstag nicht bekannt.

Polizeisprecher Chris Olivarez sagte CNN, die Ermittlungen dauerten an. Man hoffe, bald die Großmutter als Zeugin vernehmen zu können. Nicht abschließend geklärt sei auch der zeitliche Ablauf der Tat und insbesondere die Frage, wie lang sich der Täter in dem Klassenraum einer vierten Klasse aufhielt, in dem er das Massaker anrichtete.

Der Direktor der Behörde für Öffentliche Sicherheit, Steve McCraw, hatte am Mittwoch gesagt, zwischen den ersten Schüssen auf einen Polizisten bis zum Tod des Täters seien zwischen 40 und 60 Minuten vergangen. Die «Washington Post» zitierte Javier Cazeres, dessen Tochter getötet wurde. Er sagte, er habe den Vorschlag unterbreitet, selber in die Schule einzudringen, weil die Polizisten zu zögerlich gewesen seien. «Es hätte mehr getan werden können.»

Bei einer Mahnwache in Uvalde am Mittwochabend trauerten Anwohner um die Opfer. «Ihr könnt weinen, denn unsere Herzen sind gebrochen. Wir sind am Boden zerstört», sagte Pastor Tony Gruben von der Baptist Temple Church. Wie die Zeitung «Texas Tribune» berichtete, fanden sich rund 1000 Menschen in einem Mehrzweckstadion der Kleinstadt ein, um mit Gebeten und Gesang der Opfer zu gedenken. Auf Englisch und Spanisch sprachen Pastoren verschiedener örtlicher Kirchen vor der versammelten Menge.

Debatte um die Waffengesetze

Das Schulmassaker hat die Debatte über schärfere Waffengesetze in den USA erneut angefacht. US-Präsident Joe Biden sprach sich nach dem Amoklauf erneut mit Nachdruck dafür aus. Entsprechende Initiativen seiner Demokraten scheitern jedoch regelmäßig am Widerstand von Trumps Republikanern und an der mächtigen Waffenlobby-Organisation NRA. An diesem Freitag tritt der frühere US-Präsident Donald Trump in Houston (Texas) bei der Jahrestagung der NRA auf. Der Republikaner ist vehement gegen eine Verschärfung der Waffengesetze.

«Amerika braucht in diesem Moment echte Lösungen und echte Führung, nicht Politiker und Parteilichkeit», schrieb Trump vorab auf der von ihm mitbegründeten Social-Media-Plattform Truth Social. Deshalb werde er seine Zusage einhalten, in Houston bei dem NRA-Treffen zu sprechen. Trump kündigte «eine wichtige Rede» an die Adresse der Amerikaner an. «In der Zwischenzeit beten wir alle weiter für die Opfer, ihre Familien und für unsere gesamte Nation.»

Bei Trumps Auftritt keine Schusswaffen erlaubt

Die NRA teilte mit, die zweistündige Veranstaltung mit Trump sei nur für ihre Mitglieder offen. Auf Anordnung der Sicherheitskräfte seien beim Auftritt des Ex-Präsidenten keine Schusswaffen oder Messer erlaubt. Die NRA wies darauf hin, dass es keine Möglichkeit zur Aufbewahrung von Schusswaffen gebe. Neben Trump stehen mehrere andere Redner auf dem Programm, darunter NRA-Führungskräfte und der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott. Trumps Teilnahme war bereits vor dem Schulmassaker angekündigt worden.

Das Recht auf Waffenbesitz in den USA ist in der Verfassung verankert. Der entsprechende Passus stammt aus dem 18. Jahrhundert. Biden betonte, bei der Verabschiedung des zweiten Verfassungszusatzes habe es bestimmte Waffen noch gar nicht gegeben. Dass ein 18-Jähriger heute einfach in ein Geschäft gehen könne, um Kriegswaffen zu kaufen, sei nicht richtig. «Das ist gegen den gesunden Menschenverstand.» Der US-Präsident kündigte an, er wolle «in den nächsten Tagen» mit seiner Ehefrau Jill nach Texas reisen und sich dort mit Familien treffen.

 

 

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