Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew (dpa) – Im Norden der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist am Morgen bei einem Angriff auf ein Hochhaus ein Feuer ausgebrochen. Mindestens zwei Menschen seien getötet worden, berichtet das ukrainische Fernsehen.

Der staatliche Zivilschutz teilte zunächst mit, dass 63 Menschen evakuiert worden seien. Die Suche nach Opfern dauere an. Auf Fotos und Videos war zu sehen, wie Feuerwehrleute Bewohner mit Hilfe von Drehleitern retteten. Rauch stieg aus mehreren Etagen auf.

Das Feuer sei mittlerweile gelöscht. Das Hochhaus soll von einem Artilleriegeschoss getroffen worden sein. Das ließ sich nicht überprüfen.

Kiew erwartet Offensiven russischer Truppen

Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs bereiten russische Truppen im Land mehrere Offensiven vor. Dafür versuchten die Einheiten, sich an bisher von ihnen eingenommenen Punkten festzusetzen, Nachschub zu sichern und sich neu zu gruppieren, hieß es in einem in der Nacht zu Montag auf Facebook veröffentlichten Bericht. Sobald dies geschehen sei, erwarte man neue Angriffe etwa auf die Städte Charkiw im Osten, Sumy im Nordosten oder auch den Kiewer Vorort Browari.

Im Gebiet Luhansk im Osten des Landes konzentriere sich Russland vor allem auf den Vormarsch in Richtung Sjewjerodonetsk. Moskau hatte am Sonntag mitgeteilt, dass Kämpfer der prorussischen Separatisten den östlichen und südlichen Teil der Stadt mit 100.000 Einwohnern blockiert hätten. Die Angaben waren nicht unabhängig zu überprüfen.

Krim-Vertreter: Krim und Donbass verbunden 

Die von Russland annektierte Halbinsel Krim und der Donbass im Osten der Ukraine sollen nun durch einen Landkorridor verbunden sein. Das sagte der Vize-Ministerpräsident der Regierung der Krim, Georgi Muradow, der russischen staatlichen Agentur Ria Nowosti. «Die Autostraße von der Krim bis Mariupol wurde unter Kontrolle genommen», zitiert Ria Nowosti Muradow. Eine Bestätigung der Ukraine dafür gibt es nicht.

Muradow zufolge könne dies dabei helfen, Menschen in der Region Donezk mit humanitären Gütern zu versorgen. Gleichzeitig sollen erst am Sonntag russische Truppen laut Kiew einen Konvoi mit Hilfsgütern für die belagerte Hafenstadt Mariupol in der Region Donezk blockiert haben.

Beobachter gehen davon aus, dass eines der Ziele des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine ein Landkorridor von den an Russland grenzenden Separatistengebieten im Osten der Ukraine mit der Halbinsel Krim ist. 

Neue Verhandlungen gestartet

Rund zweieinhalb Wochen nach Kriegsbeginn haben neue Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine begonnen. Die Delegationen verhandeln diesmal per Video-Schalte, wie aus einem Tweet des ukrainischen Präsidentenberaters Mychajlo Podoljak hervorgeht.

Es ist bereits das vierte Treffen in größerer Runde. In den vergangenen Tagen wurde bereits in Arbeitsgruppen diskutiert. Bislang gibt es allerdings noch keinen Durchbruch.

Beide Seiten hätten ihre Positionen ausgetauscht, schreibt Podoljak. Die Kommunikation sei schwierig. «Grund für die Uneinigkeit sind die zu unterschiedlichen politischen Systeme.» In der Ukraine gebe es einen freien Dialog und einen notwendigen Konsens, in Russland hingegen werde die Gesellschaft unterdrückt, twittert Podoljak.

Vor den Gesprächen hatte er sich zurückhaltend gezeigt: «Obwohl Russland sich der Sinnlosigkeit seines aggressiven Vorgehens bewusst ist, hängt es der Illusion nach, dass 19 Tage Gewalt gegen friedliche Städte die richtige Strategie sind», schrieb Podoljak. Es gehe um Frieden, Waffenstillstand, den sofortigen Rückzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantien für die Ukraine.

Am Wochenende hatten sich beide Seiten vorsichtig optimistisch gezeigt. «Wenn wir die Positionen der beiden Delegationen heute mit denen zu Beginn vergleichen, werden wir deutliche Fortschritte feststellen», hatte der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki im Staatsfernsehen, der zugleich der russischen Delegation angehört.

Die Ukraine fordert ein Ende des Kriegs und den Abzug russischer Truppen. Moskau verlangt, dass Kiew die Krim als russisches Territorium und die ostukrainischen Separatistengebiete als unabhängige Staaten anerkennt.

Selenskyj fordert erneut Flugverbotszone

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief den Westen erneut auf, den Luftraum über der Ukraine zu schließen. «Wenn Sie das nicht tun, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis russische Raketen auf Ihre Gebiete fallen», sagte er in einer Videoansprache. Die Nato lehnt eine Flugverbotszone ab, um nicht in einen direkten Konflikt mit Russland verwickelt zu werden.

Die Ukraine gehe durch die schwerste Bewährungsprobe ihrer Geschichte, sagte Selenskyj. Russische Raketen und Bomben hätten am Sonntag vom Westen bis zum Osten das Land getroffen. Beim Angriff auf einen Truppenübungsplatz an der Grenze zu Polen wurden 35 Menschen getötet und 134 verletzt. Selenskyj versuchte, den Bürgern Mut zuzusprechen. «Wir werden alle dunklen Tage überleben, weil wir zusammenhalten.»

Gesundheitsminister: Sieben Krankenhäuser zerstört

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs wurden in der Ukraine nach Angaben aus Kiew sieben Krankenhäuser irreparabel zerstört. Die Kliniken müssten nach russischem Beschuss ganz neu aufgebaut werden, sagte Gesundheitsminister Wiktor Ljaschko. Mehr als 100 weitere Gesundheitseinrichtungen seien beschädigt worden. Für besonderes Entsetzen hatte vor einigen Tagen ein russischer Angriff auf eine Geburtsklinik in der Hafenstadt Mariupol gesorgt.

Moskau behauptete, das Gebäude sei von ukrainischen Kämpfern genutzt worden. Von ukrainischer wie auch von UN-Seite jedoch hieß es, dass es sich um eine funktionierende Geburtsklinik gehandelt habe.

Separatisten: 20 Tote durch ukrainische Rakete

In der ostukrainischen Großstadt Donezk sind nach Angaben der prorussischen Separatisten mindestens 20 Menschen durch Trümmer einer ukrainischen Rakete getötet worden. Unter den Opfern seien Kinder.

Zudem seien neun Menschen verletzt worden, sagte der Anführer der Separatisten im Gebiet Donezk, Denis Puschilin, der russischen Agentur Tass zufolge. Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme.

Das Geschoss vom Typ Totschka-U sei zwar über der Separatistenhochburg abgefangen worden, Teile seien aber im Stadtzentrum niedergegangen, meldete die Agentur Tass. Ein Amateurvideo, das in Donezk aufgenommen worden sein soll, zeigte schwere Schäden an Geschäften und Fahrzeugen. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

US-Medien: Russland bat China um militärische Hilfe

Medienberichten zufolge hat Russland nach Angaben von Vertretern der US-Regierung China nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine um militärische und wirtschaftliche Hilfe gebeten. Die nicht namentlich genannten Regierungsvertreter machten demnach keine Angaben dazu, welche Waffen oder Munition Moskau sich von Peking erhoffte.

China hat die Berichte zurückgewiesen. «In letzter Zeit haben die USA ständig Desinformationen gegen China verbreitet. Das ist bösartig», sagte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. China habe immer eine konstruktive Rolle bei der Förderung von Friedensgesprächen gespielt. Oberste Priorität habe nun, dass alle Parteien Zurückhaltung üben, um die Situation zu deeskalieren, so der Sprecher weiter.

 

 

 

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