Einer der heftigsten Hurrikans: Meterhohe Fluten in Florida

«Ian»
Von Julia Naue, Christiane Jacke, Andrej Sokolow und Denise Sternberg, dpa

Cape Coral (dpa) – Hurrikan «Ian» ist mit heftigen Winden, Regen und Sturmfluten auf die Westküste des US-Bundesstaates Florida getroffen. Mit Windgeschwindigkeiten von 240 Kilometern pro Stunde lag «Ian» am Mittwochnachmittag (Ortszeit) dabei nur knapp unterhalb der Schwelle zur höchsten Hurrikan-Kategorie. Auf seinem Weg ins Landesinnere Floridas schwächte sich der Sturm dann ab.

In der Nacht zum Donnerstag erreichte er Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometer pro Stunde. Meteorologen stuften den Hurrikan damit zunächst auf die niedrigste Stärke eins von fünf herab.

Auf einem mehr als hundert Kilometer breiten Landstreifen tobten heftige Unwetter. Meteorologen rechneten weiterhin mit Überschwemmungen durch starke Regenfälle. «Ian» dürfte in die Liste der fünf schwersten Hurrikans in Florida kommen, sagte Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Mehr als zwei Millionen Haushalte waren in der Nacht zeitweise ohne Strom, wie die Website Poweroutage zeigte. Das Ausmaß der Zerstörung dürfte erst mit Sonnenaufgang am Donnerstag klarer werden.

Regen flutet Straßen, Trümmer fliegen durch die Luft

Laut Meteorologen befand sich der Sturm in der Nacht rund 110 Kilometer südlich von Orlando. Er bewegte sich nur mit einer Geschwindigkeit von rund 13 Kilometern pro Stunde in nordöstlicher Richtung übers Land. Das machte ihn angesichts der starken Winde und Regenfälle noch gefährlicher. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Regen durch Straßen peitschte, von Autos nur die Dächer aus den Fluten herausragten und Trümmer durch die Luft flogen.

Sturmfluten erreichten zum Teil eine Höhe von rund 3,5 Metern, sagte DeSantis. Wetterexperten befürchteten, dass sie in der Spitze mehr als fünf Meter hoch werden könnten. Die Behörden rechneten mit schweren Schäden an Infrastruktur und Kommunikationsleitungen.

Einwohner wurden eindringlich gewarnt, auch am Donnerstagmorgen nicht ihre Häuser zu verlassen, um etwa die Schäden zu begutachten.

Auch wenn der Wirbelsturm abziehe, bestehe weiter Gefahr durch Trümmer, kaputte Stromleitungen und dergleichen. Für rund 2,5 Millionen Menschen in der Region galten Evakuierungsanweisungen. Einige von ihnen entschlossen sich trotzdem, in ihren Häusern zu bleiben.

Das Zentrum des Wirbelsturms der Stärke vier von fünf traf am Mittwochnachmittag (Ortszeit) bei der vorgelagerten Insel Cayo Costa nahe der Stadt Cape Coral auf die Küste, wie die Meteorologen mitteilten. «Ian» hatte zuvor über dem Golf von Mexiko an Kraft gewonnen.

Teils meterhohe Überschwemmungen

Erste Fotos und Videos in sozialen Medien zeigten im Bereich der Städte Fort Myers Beach, Cape Coral und Naples heftige – teils meterhohe – Überschwemmungen.

DeSantis erklärte, die Behörden stünden für Bergungs- und Reparaturarbeiten bereit, sobald das Wetter diese zulasse. Auf Twitter schrieb er, rund 7000 Soldaten der Nationalgarde und 179 Flugzeuge oder Hubschrauber könnten eingesetzt werden. Zudem hielten sich bereits mehr als 40.000 Monteure der Versorgungsunternehmen bereit, um Stromleitungen zu reparieren. Dem US-Hurrikanzentrum zufolge können Stromausfälle infolge der «katastrophalen Schäden» eines Hurrikans der Kategorie vier Wochen oder Monate andauern, ganze Landstriche könnten unbewohnbar sein.

Der Direktor des Nationalen Hurrikanzentrums, Ken Graham, betonte, es werde nach dem Eintreffen an Land vermutlich 24 Stunden dauern, bis der Wirbelsturm über Florida hinweggezogen sei. Das bedeute 24 Stunden heftiger Regenfälle.

Deanne Criswell von der US-Katastrophenschutzbehörde Fema sagte, die voraussichtlich von dem Sturm betroffene Region habe seit rund 100 Jahren keinen solchen Hurrikan mehr erlebt. Experten beunruhigt auch, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Region immer näher am Wasser gebaut wurde.

Guterres: Weiteres Beispiel dramatischer Klima-Aktivitäten

UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete «Ian» als «ein weiteres Beispiel dramatischer Klima-Aktivitäten, wie wir sie auf der ganzen Welt mit zunehmender Frequenz und zunehmender Zerstörung sehen».

«Ian» werde den Meteorologen zufolge zunächst weiter über Florida ziehen. Am Donnerstag werde der Sturm den Atlantik erreichen, bevor er dann voraussichtlich nach Norden in Richtung der US-Bundesstaaten Georgia und South Carolina weiterziehen werde.

Am Dienstag war «Ian» als Hurrikan der Kategorie drei von fünf in Kuba auf Land getroffen. In dem Staat mit gut elf Millionen Einwohnern fiel der Strom zeitweise landesweit aus. Ein Boot mit Migranten aus Kuba sank unterdessen am Mittwoch vor der Küste Floridas. Die US-Küstenwache suchte zunächst nach 23 Menschen, wie sie auf Twitter mitteilte. Drei wurden dabei gerettet. Zuvor hatten vier Migranten von dem Boot schwimmend die amerikanische Stock Island neben Key West in stürmischen Wetterverhältnissen erreicht.

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